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Koch_Mathematik fur das Ingenieurstudium.pdf
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345

8 Potenzreihen

Die Funktionen, die uns bisher am wenigsten Probleme bereitet haben, sind Polynome. Polynome lassen sich problemlos ableiten und integrieren. Funktionswerte von Polynomen kann man mit den vier Grundrechenarten berechnen, was mit Computern einfach zu realisieren ist. Potenzreihen beruhen auf der Idee, Funktionen durch Polynome anzunähern. Detailierter betrachten wir diese sogenannten Taylor-Polynome in Abschnitt 8.3.

Beispiel 8.1 (Näherung der e-Funktion durch Polynome)

Wir nähern die Funktion f(x) = ex durch Polynome an. Dazu starten wir mit dem Polynom p1 vom Grad 1, das an der Stelle x0 = 0 denselben Funktionswert und dieselbe erste Ableitung wie f besitzt:

f(x) = ex, f(0) = 1, f(0) = 1.

Das Polynom lautet p1(x) = 1 + x. Bei der Funktion f(x) = ex haben alle Ableitungen an der Stelle x0 = 0 den Wert 1.

 

y f (x)=ex

 

 

 

3

 

 

 

 

2

 

 

 

 

1

p2(x)=1+x+ 1 x2

 

 

 

 

2

−2

−1

1

2

x

 

Wir können leicht ein Polynom p2 vom Grad 2 konstruieren, bei dem auch die zweite Ableitung mit der zweiten Ableitung der Funktion f übereinstimmt, und dabei auf das Polynom p1 zurückgreifen:

 

( ) =

 

+

 

+

a2 x2, p

2( ) =

 

+

′′

(

 

) =

2 a2, p2

(

 

) =

( ) =

 

p2

x

1

 

x

 

x

1

 

2 a2 x, p2

 

x

 

 

0

 

1, p2

0

1 .

Aus der Bedingung p′′2 (0) = 1 ergibt sich der Koe zient a2 = 12 . Dieses Prinzip lässt sich auf Polynome mit beliebigem Grad n erweitern:

 

1

 

1

 

2

 

1

 

3

1

n

pn(x) = 1 +

 

x +

 

x

 

+

 

 

x

 

+ . . . +

 

x .

1!

2!

 

3!

 

n!

Mit diesen Polynomen können wir Näherungswerte für die Funktionswerte von f berechnen:

f(1) = e ≈ p3(1) = 1 + 1 + 1 + 1 = 8 . 2 6 3

Allerdings wissen wir nicht, um wie viel dieser Näherungswert vom exakten Wert abweicht. Ì

Annäherung durch Polynome

Funktionen lassen sich durch Polynome annähern. Dabei stellen sich folgende Fragen:

LWie bestimmt man zu einer Funktion ein geeignetes Näherungspolynom?

LFür welche x-Werte kann man das Näherungspolynom verwenden?

LWie groß ist die Abweichung zwischen Näherungspolynom und Funktion?

346

8 Potenzreihen

8.1 Unendliche Reihen

Unendliche Reihen sind nichts anderes als eine Summe von unendlich vielen Zahlen. Auf den ersten Blick scheint das eine völlig praxisferne Problemstellung zu sein. Dieser Eindruck täuscht jedoch total. Mit Computern lassen sich in endlicher Zeit sicher nicht unendlich viele Zahlen addieren. Trotzdem benötigt man die mathematische Theorie unendlicher Reihen, um sicherzustellen, dass der durch endlich viele Berechnungen erzielte Näherungswert nicht zu stark vom tatsächlichen Ergebnis abweicht.

Definition 8.1 (Unendliche Reihe)

Eine Summe von unendlich vielen Zahlen bezeichnet man als unendliche Reihe:

Q ak = a0 + a1 + a2 + . . . + an + . . .

k=0

Dabei muss der Summationsindex k nicht unbedingt bei k = 0 beginnen.

Beispiel 8.2 (Harmonische Reihe)

Bei der harmonischen Reihe

1

 

1

1

1

. . .

1

 

. . .

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

=

+ 2

+ 3 +

+ n +

k 1 k

 

 

 

Q=

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

werden die einzelnen Summanden immer kleiner. Trotzdem stellt sich die Frage, ob die Summe nicht doch über alle Grenzen wächst. Aus der Ungleichung

 

1

 

1

 

1

 

 

 

 

 

n

 

 

 

 

1 +

 

+

 

+

. . . +

 

 

 

≥ 1 +

 

 

 

 

 

 

 

2

3

2n

2

 

 

 

Ì

aus Abschnitt 1.6.4 ergibt sich, dass die harmonische Reihe keinen endlichen Wert hat.

Beispiel 8.3 (Alternierende harmonische Reihe)

 

Die Reihe aus Beispiel 8.2, bei der die Vorzeichen abwechselnd positiv und negativ sind,

 

1

 

k+1

1

1

 

 

1

. . .

1 n+1

 

. . . ,

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(− )

 

 

 

3

(− )

+

 

k 1

 

 

2

 

 

 

 

 

Q=

 

k

 

 

= −

+ ±

n

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

bezeichnet man als alternierende harmonische Reihe. Die Beträge der einzelnen Reihenglieder entsprechen genau den Reihengliedern der harmonischen Reihe. Aufgrund des alternierenden Vorzeichens scheint die Summe jedoch nicht über alle Grenzen zu wachsen, sondern sich einem Wert zu nähern. In Beispiel 8.8 werden wir zeigen, dass die harmonische Reihe den Wert ln 2 hat. Ì

Aus Beispiel 8.2 und Beispiel 8.3 wird klar, dass wir uns intensiver mit der Frage beschäftigen müssen, ob eine Reihe einen endlichen Wert hat oder nicht. Dabei erfinden wir das Rad nicht nochmals neu, sondern beantworten diese Konvergenzfragen mit den bereits aus Abschnitt 5.5.1 bekannten Begri en und Methoden über Zahlenfolgen.

8.1 Unendliche Reihen

347

Definition 8.2 (Partialsumme und Konvergenz von Reihen)

Bei einer unendlichen Reihe bezeichnet man die Summe der ersten n+1 Reihenglieder

n

Sn = Q ak = a0 + a1 + a2 + . . . + an

k=0

als n-te Partialsumme. Eine unendliche Reihe konvergiert gegen den Grenzwert S, wenn die Zahlenfolge der Partialsummen (Sn) gegen S konvergiert.

Beispiel 8.4 (Geometrische Reihe)

Bei der geometrischen Reihe summiert man die Potenzen einer Zahl q:

Q qk = 1 + q + q2 + . . . + qn + . . .

k=0

Zur Konvergenzuntersuchung betrachten wir die Folge der Partialsummen (Sn). Wir bilden trickreich die Di erenz der Summe Sn und der Summe Sn multipliziert mit dem Faktor q:

 

 

 

 

 

Sn

=

1

q

q2

q3

+

. . .

qn−1

qn

qn+1

 

 

 

q Sn

 

+ q

+ q2

+ q3

. . .

+ qn−1

+ qn

(

1

q

)

Sn

=

1

 

+ + +

 

+

+

+ qn

1.

 

 

 

=

 

 

 

 

 

 

 

 

+

 

Dadurch erhalten wir eine explizite Formel für das n-te Folgenglied der Partialsumme. Die Summe ist konvergent, falls der Grenzwert

lim Sn

=

lim

1

qn+1

 

 

→∞

 

→∞

 

q

n

 

 

n

 

 

1

 

 

 

 

 

 

 

 

existiert. Dies ist sicherlich für SqS < 1 der Fall. Für SqS > 1 existiert der Grenzwert sicherlich nicht. Für q = 1 ergibt die Summe auch keinen endlichen Wert:

Q 1k = 1 + 1 + 1 + . . . + 1 + . . . → ∞.

k=0

Für q = −1 nimmt die Folge der Partialsummen abwechselnd die Werte 1 und 0 an:

n

k

 

 

 

 

n

 

1

für n gerade

 

k 0(−1)

= 1

− 1

+ 1

. . . + (−1)

= œ

Ì

 

 

0

für n ungerade .

Q=

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Geometrische Reihe

Die geometrische Reihe konvergiert nur für SqS < 1:

qk

 

1

 

q

 

q2

 

. . .

 

qn

 

. . .

 

 

1

,

 

q

 

1.

=

+

+

+

+

+

= 1

 

S

S <

kQ0

 

 

 

 

 

 

q

 

 

=

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Folge der Partialsummen konvergiert sicherlich nicht, falls die einzelnen Reihenglieder nicht gegen null gehen. Auch wenn die Folgenglieder abwechselndes Vorzeichen haben wie beispielsweise bei der geometrischen Reihe aus Beispiel 8.4 für q = −1, konvergiert die Reihe nur dann, wenn die Reihenglieder gegen null gehen.

348

8 Potenzreihen

Satz 8.1 (Notwendiges Konvergenzkriterium)

Die Reihenglieder einer konvergenten Reihe müssen eine Nullfolge bilden.

Nicht jede Reihe, bei der die Reihenglieder gegen null gehen, konvergiert jedoch. Das haben wir bereits bei der harmonischen Reihe in Beispiel 8.2 gesehen.

Definition 8.3 (Alternierende Reihe)

Eine Reihe, deren Glieder abwechselnd positives und negatives Vorzeichen haben, nennt man alternierend.

Gottfried Wilhelm von Leibniz hat erkannt, dass sich die Frage nach der Konvergenz einer Reihe bei alternierenden Reihen einfacher beantworten lässt als bei nicht alternierenden.

Satz 8.2 (Leibniz-Kriterium für alternierende Reihen)

Falls die Beträge der Reihenglieder SakS eine monotone Nullfolge bilden, konvergiert die alternierende Reihe gegen einen Grenzwert S. Die Abweichung der n-ten Partialsumme vom Grenzwert S ist kleiner als der Betrag des (n + 1)-ten Reihengliedes:

n

WQ ak SW < San+1S .

k=0

Das Leibniz-Kriterium garantiert, dass sich die Partialsumme vom Grenzwert um weniger als das erste Reihenglied, das nicht mehr berücksichtigt wurde, unterscheidet. Dadurch ist das Leibniz-Kriterium für praktische Problemstellungen hervorragend geeignet.

Beispiel 8.5 (Leibniz-Kriterium)

Aus Beispiel 8.1 kennen wir ein Näherungspolynom für die e-Funktion. Für x = −1 erhalten wir

 

1

 

1

 

1

1

 

e−1 ≈ 1 − 1 +

 

 

 

+

 

 

. . . +

 

(−1)n.

2

6

24

n!

Die Summe ist alternierend und die einzelnen Summanden bilden eine monotone Nullfolge. Wenn wir die Zahl e−1 mit einer maximalen Abweichung von 0.5 10−4 bestimmen möchten, dann können wir mit dem Leibniz-Kriterium entscheiden, nach wie vielen Stellen wir die Summe abbrechen:

San+1S =

1

< 0.5 10−4.

(n + 1)!

Für n = 6 ergibt sich

 

1

 

1

 

1

 

1

 

1

1

265

1

1

 

1

 

 

V‹

 

 

+

 

 

 

+

 

 

• −

 

V = V

 

 

V <

 

=

 

 

< 0.5 10−4.

Ì

2

6

24

120

720

e

720

e

7!

5040

Die Konvergenzuntersuchung bei nicht alternierenden Reihen ist deutlich aufwendiger als bei alternierenden Reihen. Trotzdem gibt es eine Reihe von Kriterien, die einem bei der Frage nach der Konvergenz helfen.

8.1 Unendliche Reihen

349

Definition 8.4 (Absolut konvergente Reihe)

Man nennt eine Reihe ∑ ak absolut konvergent, falls die Summe der Beträge der

k=0

Reihenglieder ∑ SakS konvergiert.

k=0

Jede absolut konvergente Reihe ist konvergent. Umgekehrt ist nicht jede konvergente Reihe auch absolut konvergent, siehe Beispiel 8.3 und Beispiel 8.2. Der Vergleich von Reihen liefert manchmal Aussagen über Konvergenz oder Divergenz.

Satz 8.3 (Majorantenund Minorantenkriterium)

Wenn die Reihenglieder ak ab einem gewissen Index k0

L nicht größer sind als die Reihenglieder bk der konvergenten Majorante

SakS ≤ bk für k k0, dann konvergiert auch die Reihe ∑ ak,

k=0

L nicht kleiner sind als die Reihenglieder ck der divergenten Minorante

0 ≤ ck ak für k k0, dann divergiert auch die Reihe ∑ ak.

k=0

bk, also

k=0

ck, also

k=0

Es gibt zwei Kriterien, mit denen man die Konvergenz oder Divergenz von Reihen anhand der Reihenglieder untersuchen kann. Das Quotientenkriterien geht auf Jean-Baptiste le Rond d’Alembert zurück, das Wurzelkriterium wird Augustin-Louis Cauchy zugeschrieben.

Satz 8.4 (Quotientenund Wurzelkriterium)

Zur Konvergenzuntersuchnung der Reihe

ak betrachtet man

 

 

 

L

 

 

 

 

 

 

k 0

 

 

 

 

ak

 

1

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

+

 

 

 

 

 

beim

Quotientenkriterium

den

Grenzwert

q

 

lim

 

 

 

 

 

 

,

 

 

 

 

=

 

 

k

 

ak

 

 

 

L

 

 

 

 

 

 

 

 

=

 

»

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

→∞

 

 

 

 

 

 

 

beim Wurzelkriterium den Grenzwert

 

 

S

 

 

S

.

 

 

 

 

klim

 

 

k

 

Für q

<

1 ist die Reihe absolut konvergent, für q

>

1 ist die Reihe divergent und für

q

=

1 liefern die Kriterien keine Aussage.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beispiel 8.6 (Quotientenkriterium)

Aus Beispiel 8.1 kennen wir ein Näherungspolynom für die e-Funktion. Wir betrachten nun für einen festen x-Wert die entsprechende unendliche Reihe

xk

 

1

+

x

+

1

x2

+

 

1

x3

+

. . .

 

 

xn

xn

+

. . .

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

k 0 k! =

 

 

 

 

2

 

6

 

 

 

+ n!

 

 

 

 

 

 

 

Q=

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nach dem Quotientenkriterium gilt

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

q

 

lim

ak

 

1

 

 

lim

 

 

xk+1

 

k!

 

lim

 

 

 

x

 

 

 

0.

=

 

 

 

+

 

 

V =

 

 

 

 

k

 

 

 

S

 

S1

 

=

 

 

→∞ V

 

 

 

 

 

 

 

→∞ W

 

k

1 !

x

 

W =

→∞

 

k

 

 

 

 

k

 

 

 

 

ak

 

 

 

k

 

 

 

 

 

 

 

 

k

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

jeden beliebigen x-Wert.

 

Ì

Die Reihe konvergiert also für ( +

 

)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

+

 

 

 

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