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Koch_Mathematik fur das Ingenieurstudium.pdf
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3.2 Vektorrechnung ohne Koordinaten

75

Zu jedem Vektor existiert ein entsprechender Gegenvektor. Der Gegenvektor ist gleichlang, hat aber die entgegengesetzte Richtung. In der Physik ist dieses Prinzip bei Kräften unter dem dritten Newtonschen Gesetz als „actio et reactio“ bekannt, siehe [Hering-Martin].

Definition 3.4 (Gegenvektor)

Der Gegenvektor zum Vektor a ist derjenige Vektor, der antiparallel zu a ist und dieselbe Länge wie a besitzt. Für den Gegenvektor verwendet man die Bezeichnung −a:

a a, S − aS = SaS.

 

a

 

b

b

 

 

a

3.2 Vektorrechnung ohne Koordinaten

Beim Rechnen mit Vektoren denken die meisten zunächst an die Koordinatendarstellung von Vektoren. Viele Berechnungen mit Vektoren lassen sich jedoch auch ohne Koordinaten durchführen. Oftmals sind Berechnungen ohne Koordinaten kürzer und eleganter. Außerdem ist das Herleiten von Formeln in der koordinatenfreien Darstellung einfacher.

3.2.1 Addition und Subtraktion

Die Addition zweier Vektoren ergibt einen resultierenden Vektor. Der Betrag und die Richtung des resultierenden Vektors ist so festgelegt, dass der resultierende Vektor in seiner Wirkung der Gesamtwirkung der beiden einzelnen Vektoren entspricht. Am einfachsten kann man sich das bei Kräften in der Mechanik vorstellen. Die resultierende Kraft zweier Einzelkräfte ist so festgelegt, dass die Wirkung der beiden Einzelkräfte und der resultierenden Kraft gleich ist. Die resultierende Kraft ist eine Art Ersatzkraft der beiden Einzelkräfte.

Definition 3.5 (Addition von Vektoren)

Die Addition der Vektoren a und b ist durch folgendes Konstruktionsprinzip definiert:

(1)Verschiebe den Vektor b parallel so, dass der Anfangspunkt von b mit dem Endpunkt von a zusammenfällt.

 

+

b

a

 

 

 

b

b

(2)Der Summenvektor a + b startet im Anfangspunkt von a und endet im Endpunkt von b.

a

76

3 Vektoren

Wenn wir den Vektor a in den Endpunkt von Vektor b parallel verschieben, dann erhalten wir nach einem zu Definition 3.5 analogen Konstruktionsprinzip denselben Summenvektor. Also ergeben die beiden Additionen a+b und b+a wie erwartet dasselbe Ergebnis. Durch wiederholtes Anwenden des Konstruktionsprinzips aus Definition 3.5 kann man auch mehr als zwei Vektoren addieren. Das Ergebnis ist dabei unabhängig von der Reihenfolge.

Satz 3.1 (Rechenregeln für die Vektoraddition)

Für beliebige Vektoren a, b und c gilt:

L a + b = b + a

L a + (b + c) = (a + b) + c

Die erste Eigenschaft nennt man auch Kommutativgesetz, die zweite Assoziativgesetz. Im Grunde besagen die Rechenregeln der Vektoraddition nur, dass wir mit Vektoren und dem Pluszeichen genauso rechnen dürfen, wie wir es mit Zahlen gewohnt sind. Entsprechendes gilt auch für das Minuszeichen. Durch die Definition des Gegenvektors, siehe Definition 3.4, haben wir bereits festgelegt, was wir unter der Subtraktion von Vektoren verstehen:

a b = a + (−b) .

In einem Parallelogramm, das durch die Vektoren a und b aufgespannt wird, lassen sich beide Diagonalen jeweils in beide Richtungen durch Addition und Subtraktion der Vektoren a und b darstellen.

Diagonalen im Parallelogramm

Das Parallelogramm aus den Vektoren a und b besitzt folgende gerichtete Diagonalen:

La + b

La b

La + b

La b

b

 

 

 

 

 

a

b

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

+

 

 

 

 

a

 

 

 

 

 

 

 

 

a

 

 

 

 

 

 

+

b

a

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

b

 

b

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

a

 

a

 

 

 

 

 

 

 

 

b

Beispiel 3.1 (Addition von Vektoren)

Die Summe der drei abbgebildeten Vektoren

s = a + b + c

kann man bestimmen, indem man zunächst die beiden Vektoren a und b addiert. Der Vektor c wird zu diesem Zwischenergebnis addiert. Man kann jedoch die drei Vektoren auch in jeder beliebigen anderen Reihenfolge addieren. Der resultierende Vektor ist immer derselbe.

 

 

 

+

c

 

 

b

 

 

+

 

 

a

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

a

a+b

c

b + c

b

Ì

3.2 Vektorrechnung ohne Koordinaten

77

3.2.2 Skalare Multiplikation

Die Multiplikation eines Vektors mit einer Zahl bezeichnet man als skalare Multiplikation. Die Multiplikation mit einem Skalar ändert lediglich den Betrag des Vektors, die Ausrichtung bleibt erhalten. Ist der Skalar positiv, so ändert sich die Richtung nicht. Die Multiplikation mit einer negativen Zahl erzeugt einen Vektor mit entgegengesetzter Richtung. Auch wenn die Namen ähnlich klingen, sollte man die skalare Multiplikation auf keinen Fall mit dem Skalarprodukt aus Abschnitt 3.2.3 verwechseln.

Definition 3.6 (Multiplikation eines Skalars mit einem Vektor)

Durch Multiplikation eines Vektors a mit einem Skalar λ wird die Länge des Vektors um den Faktor λ skaliert. Bei positiven Faktoren λ haben a und λ a dieselbe Richtung und bei negativen Faktoren λ haben a und λ a entgegengesetzte Richtungen.

a

a

3 a

1 a

2

2

 

 

2

 

 

 

 

Für die Multiplikation mit einem Skalar verwenden wir denselben Malpunkt wie bei der Multiplikation von zwei Zahlen. Schreibfaul wie die Mathematiker nun einmal sind, ist es auch hier üblich, den Malpunkt einfach wegzulassen. Im Zusammenhang mit Vektoren bezeichnet man üblicherweise Skalare mit griechischen Buchstaben, etwa mit λ oder µ.

Beispiel 3.2 (Multiplikation von Skalar und Vektor)

Wir konstruieren den Vektor

s = 3 a 1 b.

2

a

aus gegebenen Vektoren a und b. Dazu wird a zunächst mit dem Faktor 3 gestreckt und b mit dem Faktor 12 gestaucht. Anschließend wird der gestauchte Vektor vom gestreckten Vektor subtrahiert. Die Subtraktion entspricht der Addition mit dem Gegenvektor.

1b

2

 

a

 

3

 

b

1

b

 

2

 

a 3

Ì

Addition und skalare Multiplikation sind zwei verschiedene Operationen für Vektoren. Wir müssen nun prüfen, ob diese beiden Operationen miteinander verträglich sind. Wenn wir einen Vektor durch zwei unterschiedliche Werte skalieren und die entstandenen Vektoren dann addieren, erhalten wir dasselbe Resultat, wie wenn wir den Vektor mit den addierten Werten skalieren. Es spielt auch keine Rolle, ob wir zwei Vektoren erst skalieren und dann addieren oder ob wir die Vektoren erst addieren und dann den resultierenden Vektor entsprechend skalieren. Diese Verträglichkeit von Vektoraddition und skalarer Multiplikation bezeichnet man als Distributivgesetze. Distributivgesetze bedeuten letztendlich nur, dass man Klammern ausmultipizieren darf. Die Gültigkeit der Distributivgesetze kann man sich anschaulich klar machen.

78

3 Vektoren

Satz 3.2 (Rechenregeln für die skalare Multiplikation)

Für beliebige Vektoren a, b und Skalare λ, µ gilt:

L (λ + µ) a = λa + µa

L λ (a + b) = λa + λb

Die skalare Multiplikation kann man zur Normierung eines Vektors verwenden. Dazu teilt man einen Vektor durch dessen Länge. Der normierte Vektor hat die Länge 1.

Einheitsvektor in Richtung eines Vektors

Zu jedem beliebigen Vektor a 0 kann man durch Multiplikation mit dem Kehrwert des Betrags des Vektors einen Einheitsvektor in Richtung dieses Vektors a erzeugen:

ea =

1

a =

a

 

 

.

SaS

SaS

Der Einheitsvektor in Richtung a hat dieselbe Richtung wie a und die Länge 1.

Zu beachten ist, dass bei der Berechnung eines Einheitsvektors nicht durch den Vektor, sondern durch den Betrag des Vektors geteilt wird. Durch Vektoren kann man nämlich nicht teilen! Eine Folgerung aus der Normierung ist die Darstellung a = SaS ea. Jeder Vektor a lässt sich also aus dem Produkt von Länge und Einheitsvektor in Richtung von a darstellen.

3.2.3 Skalarprodukt

Ein weiteres wichtiges Element ist der Winkel zwischen zwei Vektoren. Unter dem Winkel zwischen zwei Vektoren versteht man denjenigen Winkel, den die beiden Richtungen der Vektoren bilden. Man kann den Winkel zwischen zwei Vektoren ermitteln, indem man die Vektoren so parallel verschiebt, dass ihre Anfangspunkte übereinstimmen.

Winkel zwischen zwei Vektoren

Für den Winkel zwischen zwei Vektoren spielt die Reihenfolge der Vektoren keine Rolle:

b

(a, b) = (b, a).

b

Vektoren haben Winkel zwischen 0und 180, also zwischen 0 und π.

a

Das Produkt der Beträge zweier Vektoren mit dem Kosinus des Winkels zwischen den beiden Vektoren bezeichnet man als Skalarprodukt der beiden Vektoren. In der Physik verwendet man das Skalarprodukt zur Berechnung der Arbeit, siehe Abschnitt 3.5.2.

3.2 Vektorrechnung ohne Koordinaten

79

Definition 3.7 (Skalarprodukt)

Das Skalarprodukt der Vektoren a und b ist das Produkt aus den Längen der beiden Vektoren und dem Kosinus des von den beiden Vektoren eingeschlossenen Winkels

a b = SaS SbS cos (a, b).

Wie der Name schon sagt, ergibt das Skalarprodukt von zwei Vektoren einen Skalar und keinen Vektor. Auch beim Skalarprodukt verwendet man wieder den üblichen Malpunkt. Eine Verwechslungsgefahr mit dem Malpunkt der skalaren Multiplikation aus Definition 3.6 besteht nicht. Während das Skalarprodukt nur zwischen zwei Vektoren definiert ist, erfordert die skalare Multiplikation einen Skalar und einen Vektor.

Das Skalarprodukt ist ein Spezialfall des Matrixprodukts, siehe Abschnitt 4.2.2. In diesem Zusammenhang ist eine alternative Schreibweise des Skalarprodukts üblich, die wir aber erst in Abschnitt 4.2.2 einführen. Manchmal wird das Skalarprodukt a b auch durch spitze Klammern `a, be dargestellt.

Beispiel 3.3 (Skalarprodukt)

Der Vektor a besitzt die Länge 2 und der Vektor b die Länge 3. Der Winkel zwischen den Vektoren beträgt 30. Dann lautet das Skalarprodukt

a b = 2 3 cos (30) = 6 2

2 = 32.

Ì

1

 

 

 

 

 

 

Man kann die Sichtweise auf die Formel in Definition 3.7 auch umkehren. Angenommen, wir kennen den Wert des Skalarproduktes zweier Vektoren und die Beträge der beiden Vektoren. Dann können wir daraus den Winkel berechnen.

Skalarprodukt und Winkel

Wenn man das Skalarprodukt und die Längen der beiden Vektoren a und b kennt, dann kann man daraus den Winkel zwischen den beiden Vektoren berechnen:

(a, b) = arccos Πa b .

SaS SbS

Da der Arkuskosinus nur Werte zwischen 0 und π liefert, ergeben sich mit dieser Formel nur Winkel im Bereich von 0bis 180. Dies entspricht also genau der ursprünglichen Festlegung des Winkels.

Beispiel 3.4 (Winkel zwischen Vektoren)

Der Vektor a besitzt die Länge 2 und der Vektor b die Länge 8. Das Skalarprodukt der beiden

Vektoren beträgt

 

4

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Angaben berechnen:

. Dann können wir den Winkel aus diesen

 

 

 

 

 

2

4

 

 

 

1

 

 

 

a, b

 

arccos

 

 

 

 

arccos

 

 

 

 

.

(

) =

Œ

‘ =

Œ−√

 

8

2

 

 

 

 

 

 

 

Somit beträgt der Winkel 135.

 

 

 

 

 

 

Ì

80

3 Vektoren

Das Skalarprodukt der beiden Vektoren a und b kann nur negativ werden, wenn der Kosinus des Winkels negativ ist:

a b = SaS SbS cos (a, b) < 0.

Dies ist nur für Winkel zwischen 90und 180möglich.

Vorzeichen des Skalarproduktes

Das Skalarprodukt der beiden Vektoren a und b ist genau dann negativ, wenn der Winkel zwischen den beiden Vektoren größer als 90ist.

Wenn wir wissen, dass das Skalarprodukt der beiden Vektoren a und b null ist,

a b = SaS SbS cos (a, b) = 0,

dann gibt es dafür drei mögliche Ursachen: Die Länge des Vektors a ist null, die Länge des Vektors b ist null oder der Kosinus des Winkels ist null. Im letzten Fall stehen die beiden Vektoren senkrecht aufeinander.

Skalarprodukt null

Wenn das Skalarprodukt der beiden Vektoren a und b null ergibt, dann

Lstehen die beiden Vektoren a und b senkrecht aufeinander oder

Leiner der beiden Vektoren a oder b ist der Nullvektor.

Bei der Formel für das Skalarprodukt können wir auch den Spezialfall a = b betrachten. In diesem Fall ist der Winkel 0 und wir erhalten

a a = SaS SaS cos 0 = SaS2.

Diese kleine und unscheinbare Formel ist manchmal äußerst nützlich. Sie stellt den Zusammenhang zwischen dem Betrag eines Vektors und dem Skalarprodukt her.

Skalarprodukt und Länge

Zwischen dem Skalarprodukt a a und der Länge des Vektors a besteht die Beziehung

SaS = a a.

Bei der Winkelberechnung spielt die Reihenfolge der beiden Vektoren a und b keine Rolle, deshalb gilt a b = b a. Wenn wir einen der beiden Vektoren mit einem Faktor λ skalieren, dann ändert sich der Winkel zwischen den beiden Vektoren nicht.

3.2 Vektorrechnung ohne Koordinaten

81

Satz 3.3 (Rechenregeln für das Skalarprodukt)

Für beliebige Vektoren a, b, c und Skalare λ gilt:

L a b = b a

L (λ a) b = a (λ b) = λ (a b)

L a (b + c) = a b + a c

Die erste Regel ist ein Kommutativgesetz, die zweite ein Assoziativgesetz. Die letzte Rechenregel in Satz 3.3 garantiert die Verträglichkeit des Skalarproduktes mit der Addition von Vektoren. Wie üblich dürfen Klammern ausmultipliziert werden. Auf einen expliziten Nachweis des Distributivgesetzes verzichten wir.

Beispiel 3.5 (Rechenregeln des Skalarproduktes)

Der Vektor a besitzt die Länge 4 und der Vektor b die Länge 2. Der Winkel zwischen den beiden

Vektoren beträgt 120. Wie lang ist dann der Vektor u

=

a

+

2b? Die Länge von u kann man aus

dem Skalarprodukt berechnen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

u

u u

» a 2 b a 2 b

 

 

a a 2 b a 2 a b 4 b b.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

) =

 

+

 

+

+

 

 

 

Mit denS ZwischenergebnissenS = = ( + ) ( +

 

 

 

 

a a = SaS2 = 16, b b = SbS2 = 4,

 

a

b = SaS SbS cos 120

= 4 2

‹−

1

• = −4

 

2

ergibt sich dann SuS =

 

= 4.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ì

16 − 8 − 8 + 16

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Rechenregeln für die skalare Multiplikation aus Satz 3.2 und für das Skalarprodukt aus Satz 3.3 erzeugen den Eindruck, dass man mit Vektoren genau wie mit Zahlen rechnen darf. Im Großen und Ganzen ist dieser Eindruck auch nicht falsch, allerdings ist bei einigen Umformungen Vorsicht geboten. Potenzielle Gefahrenstellen sind mehrfache Produkte:

 

 

i.Allg.

 

 

a

b c

a b

c.

(Skalar)

(Skalar)

 

 

´¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¶

 

´¹¹¹¹¹¹¹¹¸¹¹¹¹¹¹¹¹¶

 

Nur die Malpunkte in den Klammern bezeichnen Skalarprodukte. Die beiden anderen Malpunkte bezeichnen jeweils eine Multiplikation mit einem Skalar. Das Ergebnis der Berechnung auf der linken Seite ist ein Vektor, der in die Richtung von a zeigt. Auf der rechten Seite ergibt sich ein Vektor in Richtung c. Da a und c im Allgemeinen unterschiedliche Richtungen haben, gilt das Gleichheitszeichen nur in Spezialfällen. Ein Ausdruck der Form

a b c

ist also ohne Klammern gar nicht eindeutig definiert. Man muss hier unbedingt Klammern verwenden, um festzulegen, welche Operation zuerst auszuführen ist.

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