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02.05.2019
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26. Schreiben Sie einen Aufsatz zu einem der Themen:

1. Der Menschentyp, der mir besonders imponiert.

2. Der Charakter ist nicht angeboren, er kann anerzogen wer­den.

3. Auch der Wohlstand kann den Charakter eines Menschen ändern.

Hauslektüre

Der Sohn

Er würde dir kaum auffallen, wenn du ihm zufällig begegnetest. Ein hochaufgeschossener Bursche in jenen Jahren, in denen man sich noch gern mit „Männer“ anredet, die Haare kurz und den Mantel knapp bis ans Knie. Und du denkst dir bei diesem Anblick: Eben ausgelernt, anscheinend noch ein bisschen schüchtern. In seiner kleinen Wohnung fällt dir als erstes der Plattenspieler auf. Und während er das Frühstücksgeschirr wegräumt – „Da soll der Tag nun vierundzwanzig gleiche Stunden haben, aber die eine, morgens zwischen Wecken und Dienst, die wird täglich kürzer“ – und Teewasser. aufsetzt, kramst du den Plattenstapel durch: Beethoven, französische Chansons, ein bisschen Jazz, Chopin und Ernst Busch.

Anstandshalber legst du die Platte zurück und fragst, ob du ihm irgendwie behilflich sein kannst. „Ach wo“, sagt er leichthin, „ich mach' das doch immer allein.“ In diesem Augenblick fällt es dir ein: Warum macht er das immer allein? Wo sind seine Eltern? Du erschrickst, denn plötzlich entsinnst du dich: seine Eltern, zwei Berliner Arbeiter, jung verheiratet, wurden im Sommer 1942 wegen Wi­derstandes gegen die brutalste menschenfeindlichste Ordnung, den Hitlerstaat, verhaftet und in Plötzensee ermordet, der Vater vier Wochen nach der Geburt seines Sohnes, die Mutter, als der Junge acht Monate war und kaum sitzen konnte. Derselbe, dem du jetzt beim Tee gegenübersitzt. Das Zimmer verrät dir nichts. Ein Bild von den Eltern, viele, sehr viele Bücher. Auch die Routinefragen des Interviews helfen dir über Äußerlichkeiten nicht hinaus: Sein Abitur hat er an einer Thüringer Oberschule gemacht und bis vor kur­zem lebte er bei seinen Großeltern. Gegenwärtig arbeitet er in einem Tarifbüro, um sich auf sein Studium, Außenhandelskaufmann, vorzubereiten. Natürlich ist er in der FDJ, „schon seit den Pionieren“, und seit ein paar Monaten gehört er auch der SED an. „Ich hätte schon früher eintreten können“, sagt er, „aber ich wollte erst richtig mit dem Betrieb verwachsen sein.“ Kannst du dich damit zufrieden geben, wenn du weißt, was dieser Junge verkörpert? Du willst ihn besser kennenlernen, als es ein Besuch von Stunden ermöglicht. Du schlägst einen neuen Treff vor. Er könne sich gern einmal deine Busch-Platten anhören, die Songs aus der „Mutter“ beispielsweise. Und zu Hause durchwühlst du die Bücherregale nach jenem Band mit Briefen verurteilter Widerstands­kämpfer, der dich vor Jahren so gepackt hat: „Der kleine Hans – so wünsche ich – soll hart und stark werden, mit einem offenen, warmherzigen, hilfsbereiten Herzen und dem grundanständigen Charakter seines Vaters“, liest du im letzten Brief seiner Mutter.

(nach der Erzählung von K. Marschke)

Antworten Sie auf die Fragen zum Text.

1. Was kann man nach einer flüchtigen Bekanntschaft von dem Charakter eines Menschen sagen?

2. Wie hilft uns die Einrichtung der Wohnung bzw. des Zimmers den Charakter der Menschen, die dort wohnen, zu erraten?

3. Wie kann man die Charakterzüge eines Menschen mit seinen Interes­sen verbinden? Welche Charakterzüge besitzt ein Mensch, wenn er sich zugleich für die Musik von Beethoven, französische Chansons, Jazz, Chopin und Ernst Busch interessiert?

4. Welchen Einfluss übt die Familie auf die Erziehung des Charakters eines jungen Menschen aus? Wie wird der Charakter eines Waisenkindes gebildet und beeinflusst?

5. Verwirklichen sich immer die Wünsche der Eltern in Bezug auf die Entwicklung des Charakters ihrer Kinder?

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