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11. Lesen Sie den Text! Geben Sie den Inhalt des Textes wieder. Der Kinobesuch

Bodo lud Elke ins Kino ein. Er versprach ihr einen Film ganz besonderer Art, der ihr sicherlich gefallen wird.

Schon von weitem sah sie die Lichtreklame. Es lief ein alter James-Bond-Film, ein Gangsterfilm, ein Horrorfilm und der Film „Yol" von Yilmaz Güney. Sofort war ihr klar, dass Bodo Karten für Yilmaz Güneys „Yol" kaufen wollte. Die drei anderen Filmangebote beachtete sie überhaupt nicht. Vor dem Kino standen junge Mädchen und verteilten Flugblätter. Bodo und Elke glaubten zunächst, dass es sich um kommende Kinoprogramrne handelte. Es war statt dessen ein offener Brief an den Bundesjustizminister1 mit der Forderung, freies Geleit für Yilmaz Güney zu gewähren 2. Für den Film „Yol" war er in der Türkei zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Yilmaz Güney lebte in Frankreich im Asyl, wo er seinen neuen Film vorbereitete. Er konnte in die BRD nicht kommen, da zwischen der BRD und der Türkei ein Ausliefe­rungsvertrag 3 bestand.

Elke war noch in das Flugblatt vertieft, während Bodo die Eintrittskarten kaufte. Dann traten sie in den Kinoraum ein. Elke dachte an das Flugblatt. Der Gedanke, die Bundesregierung kann wirklich einen Filmemacher für einen Film an die Türkei ausliefern, wo ihm 15 Jahre Gefängnis drohten, war unerträglich für sie. Sie war weiß um die Lippen.

Bodo und Elke nahmen etwa in der Mitte des Kinos Platz. Zunächst glaubte sie, der Filmvorführer hatte die Filme verwechselt. Doch dann wurde ihr klar, dass sie und Bodo kein Wort darüber verloren hatten, in welchen Film sie gehen wollten. Sie war davon ausgegangen, dass es nur „Yol" sein konnte. Doch Bodo hatte Karten für einen ganz anderen Film gekauft, einen Film, der ihn furchtbar interessierte. Jn der Hauptrolle Sylvester Stallone. Der Filrn hieß „Rambo" und erzählte die Geschichte eines alten Viet­namveteranen, der nun, nachdem die Amerikaner den Krieg verlo­ren hatten, mitten in den Vereinigten Staaten gegen die National­garde zu kämpfen begann.

Nun fiel ihr auf, dass Bodo vom Film ergriffen war. Mit weit auf­gerissenen Augen sah er begeistert zu. Der Hauptdarsteller fas­zinierte ihn.

„Diese Vietnamhelden sind verdammt harte Nüsse“, sagte ein Nationalgardist. „Ein Kriegsheld. Er ist ein Kriegsheld“.

Sie sah nicht auf die Leinwand, sie beobachtete Bodo. Der leicht verächtliche Zug um seine Mundwinkel signalisierte ihr, dass er sich selbst als Rambo fühlte. Er identifizierte sich mit dem Helden von Vietnam, dem gnadenlosen Killer.

„Warum hat Gott so einen Mann geschaffen?“ schrie der Sheriff.

„Gott hat Rambo nicht geschaffen, sondern ich“, sagte der Colonel. „Er ist darauf trainiert, keine Schmerzen zu empfinden. Er war der beste. Er hat für uns in Vietnam getötet. Er ist nur auf eins gedrillt: zu zerstören. Sie und Ihre Männer haben keine Chance gegen ihn.“

Das Lächeln um Bodos Lippen wurde breiter. Die Welt aus Bru­talitäten und Grausamkeiten, die dieser Film schuf, war seine Welt. Darin fühlte er sich wohl. So sollte es sein. Nur so konnte er wirk­lich Mann sein. Sie empfand Ekel darüber4, doch sie konnte ihren Blick nicht von ihm losreißen. Sie war jetzt völlig nebensächlich für ihn, was galt, waren die Kämpfe auf der Leinwand.

Elke stand auf und ging nach draußen. Sie sah sich die Plakate zum Film an und las die Ankündigung: „Ein Film voller Kraft und Genialität", schrieb die New York Times. „Ein Superheld mit mysti­scher Ausstrahlung5“, schrieb Newsweek. Fassungslos stand sie davor. Natürlich wusste sie, dass solche Filme produziert wurden. Natürlich wusste sie, dass sinnlose Grausamkeit und der Fetischis­mus von Gewalt in den Kinos volle Kassen einspielten6. Doch sie konnte sich nicht vorstellen, welche Menschen solche Filme dreh­ten. Viel weniger noch konnte sie sich vorstellen, welche Leute sich solche Filme ansahen.

Sie kannte solche Menschen nicht. In ihrem Bekanntenkreis gab es keine. Ja gut, Vater, der sah schon mal einen Western mit ein paar Schießereien. Aber so etwas hier? Nein, das hätte er sicherlich abgelehnt. Genauso wie die japanischen Karatefilme.

Sie nahm noch einmal das Flugblatt aus der Tasche und las es. Dafür hatte Bodo nicht das geringste Interesse gezeigt. Rambo war ihm wichtiger gewesen.

Sie ging nach Hause. Der Gedanke, dass sie sich von Bodo hatte küssen lassen, von einem Mann, der sich durch die faschistische Gewalt beeinflussen ließ, den solche Szenen faszinierten – dieser Gedanke ließ sie erschauern7. Sie ekelte sich vor sich selbst. Sie wischte sich den Mund ab, so als könne sie es ungeschehen machen 8. Sie beschloss, ihn nicht mehr wiederzusehen.

(Nach Klaus-Peter Wolf

Die Abschiebung oder Wer tötete Mahmut Perver“)

Texterläuterungen

1. der Bundesjustizminister – федеральний міністр юстиції ФРН

2. ...mit der Forderung, freies Geleit für Güney zu gewähren – ...з вимогою забезпечити свободу пересування Гюнею

3. der Auslieferungsvertrag – конвенція про видачу переслідуваних осіб

4. Sie empfand Ekel darüber. – Вона відчула до цього огиду.

5. ...mit mystischer Ausstrahlung – тут: з таємничою силою впливу

6. in den Kinos volle Kassen einspielen – давати в кінотеатрах повні збори

7. Dieser Gedanke ließ sie erschauern. – Вона здригнулася від цієї думки.

8. .., so als könne sie es ungeschehen machen – неначе усього цього не було

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