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II. Text 1 Petersburger Dialog: Russen und Deutsche

Der Petersburger Dialog wurde 2001 als offenes Diskussionsforum ins Leben gerufen. Er soll die Verständigung zwischen den Zivilgesellschaften beider Länder fördern, die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland in allen gesellschaftlichen Bereichen vertiefen, Vorurteilen in der Wahrnehmung des jeweils anderen Landes entgegenwirken, den Beziehungen zwischen beiden Ländern neue Anstöße geben und innerhalb der deutsch-russischen Beziehungen neue Projekte in die Wege leiten. Der Petersburger Dialog findet normalerweise jährlich abwechselnd in Deutschland und Russland statt.

Der Petersburger Dialog steht unter der Schirmherrschaft des jeweils amtierenden deutschen Bundeskanzlers und des amtierenden russischen Präsidenten. Teilnehmer der Konferenz sind auf deutscher und russischer Seite jeweils etwa 70 Vertreter des öffentlichen Lebens und junge Eliten aus allen gesellschaftlichen Bereichen. Der Petersburger Dialog wird von deutscher und von russischer Seite durch einen paritätisch besetzten, unabhängigen Lenkungsausschuss koordiniert, der das Gesprächsforum plant, thematisch vorbereitet und einberuft sowie die Finanzen für seine Durchführung sichert. Der Lenkungsausschuss besteht auf jeder Seite aus Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die sich zur Verfügung stellen, um die Ziele und Aufgaben des Dialogs inhaltlich zu gestalten.

Die Finanzierung des Petersburger Dialogs erfolgt durch politische und private Stiftungen, durch Wirtschaftsunternehmen aus Deutschland und Russland sowie durch die Bundesregierung und die Regierung der Russischen Föderation.

Nur Dialog kann Hindernisse beseitigen

Doch das gemeinsame Interesse nach einer deutsch-russischen Partnerschaft trifft ab und zu auf manche Hindernisse, die beim diesjährigen Petersburger Dialog wieder sichtbar geworden sind. "Partnerschaft zwischen Deutschland und Russland" war die meist gesprochene Phrase beim diesjährigen Petersburger Dialog und auch bei den fast parallel stattfindenden deutsch-russischen Regierungskonsultationen. Und trotz dieser rhetorischen Einigkeit im Ziel und den vielen gemeinsamen deutsch-russischen Interessen existierte ein unterschwelliges Unbehagen zwischen Deutschen und Russen, verursacht durch jüngste Geschehnisse in der Weltpolitik.

Bildunterschrift: Großansicht des Bildes mit der Bildunterschrift:  Ingo Mannteufel, Leiter der Russischen Online- und Radio-Redaktion der Deutschen WelleWenn sich deutsche und russische Politiker, Geschäftsleute und auch gesellschaftliche Vertreter treffen, so wird schnell klar, wie viele gemeinsame Interessen die beiden Länder haben. Klischeehaft heißt es dann, dass sich das rohstoffreiche Russland und das Industrieland Deutschland hervorragend ergänzen. Der Petersburger Dialog hat daher mit dem Motto der "Partnerschaft in der Modernisierung" die richtige Überschrift gefunden.

Doch so einig man sich über den Leitgedanken "Modernisierung" ist, so unterschiedlich wird er interpretiert. Die russische Seite versteht unter Modernisierung hauptsächlich eine ökonomisch-technische Modernisierung, beispielsweise die Steigerung der Energieeffizienz oder die Entwicklung von Nanotechnologie. Diesen Projekten gegenüber ist die deutsche Seite keineswegs abgeneigt.

 

Doch sie betrachtet Modernisierung als eine viel breitere und umfassendere Aufgabe, die auch gesellschaftliche Offenheit, Transparenz staatlichen Handelns und vor allem einen Ausbau des Rechtsstaates einschließt. Diesen Aspekten gegenüber sind nun die Vertreter der russischen Elite nach eigenen Worten nicht völlig abgeneigt, doch wissen sie nicht recht, was das konkret bedeuten soll. Vielmehr sehen sie darin schnell eine versuchte Bevormundung, Schulmeisterei und eine Einmischung in die inneren Angelegenheiten. So wird das gemeinsame Interesse nach einer Partnerschaft noch beim Begriff der Modernisierung geteilt, aber bereits die Definition davon weicht voneinander ab.

Zu dieser Differenz in der Definition von Modernisierung kommt ein zweites Hindernis hinzu. Die globalen Veränderungen seit dem Ende der Sowjetunion werden zu unterschiedlich bewertet: In Russland wird die Zeit seit 1989/91 als eine negative Entwicklung betrachtet. Die einstige Supermacht hat ihre Einflusszonen in der Welt und insbesondere in Ostmitteleuropa und im postsowjetischen Raum verloren. Aus russischer Sicht geht dieser außenpolitische Niedergang einher mit der Ausdehnung der westlichen Strukturen (EU und NATO) in die ehemaligen russischen Hegemonialgebiete. Das wird in Russland als Bedrohung empfunden.

 

In Deutschland wird zwar anerkannt, dass es für Russland nicht leicht war, den eigenen Großmachtverlust zu ertragen. Zugleich sehen die Deutschen die Zeit seit 1989/91 als positiv: Ausgehend von der deutschen Wiedervereinigung, die sich am 3. Oktober jährt, wird der Zerfall des sowjetisch-russischen Imperiums begrüßt, da sich so Freiheit und Demokratie in Osteuropa und in den sowjetischen Nachfolgestaaten verbreiten konnten.

 

Diese beiden tief sitzenden Hindernisse für eine angestrebte deutsch-russische Partnerschaft hat der Petersburger Dialog auch in diesem Jahr nicht lösen können. Doch eins ist auch klar: Ohne Gespräche werden sich diese Barrieren niemals lösen lassen.

(Hamburger Abendblatt, Deutsche Welle)