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Renaissance

«Für die mittelalterliche Kunst ist kennzeichnend, daß sie 1. im Dienst der Kirche die Religion bebilderte, also nicht autonom war, 2. daß die Künstler sich als Handwerker empfanden und in Zünften organisiert waren und deshalb 3. anonym blieben, weil sie nicht etwas Originelles schaffen wollten, sondern nach Mustern kopierten.

Das alles änderte sich mit der Renaissance (—► Geschichte, Renaissance), die im Florenz des 15. Jahrhunderts ihren Ausgang nahm. Voraussetzung dafür war die Blüte der italienischen Städte und die Entstehung einer patrizischen Schicht, deren Reichtum es ihr ermöglichte, die führende Stellung durch Mäzenatentum, Prachtentfaltung und öffentliche Aufträge an Künstler zu legitimieren. Jetzt wird die Kunst selbständig. Die Künstler treten aus der Zunftordnung aus und damit als Persönlichkeiten in Erscheinung. Kunst wird nun gegen Handwerk profiliert. Handwerk ist Nachahmung, Kunst Neuschöpfung. Damit wird der Künstler zum Schöpfer, also zum kleinen Bruder oder sogar zum Sohn Gottes. Deshalb malt Dürer sich als Christus. Da Kunst jetzt alles zu ihrem Gegenstand machen kann, komme es zu einem Exzeß der detailversessenen Abbildung von allem und jedem. Leonardo da Vinci skizziert Gräser, Blätter, Wasserwirbel, Tiere und alle Seiten des menschlichen Körpers. Weil der Künstler die Natur zum zweiten Mal erschafft, wird in der Renaissance die Kunst zur Naturnachahmung. Man untermauert das durch wissenschaftliche Studien der Anatomie, der Mathematik und der Proportionslehre. Ab 1420 beschäftigt sich der Freundeskreis von Brunelleschi in Florenz mit der Übertragung des räumlichen Sehens auf die Fläche und entwickelt die Ästhetik der Zentralperspektive. Und Donatello und Ghiberti übertragen sie auf das Relief. Damit wird die gotische Komposition aufgegeben. Das war eine ästhetische Revolution. Im Mittelalter hatte die Malerei noch die Arbeit der Schrift miterfüllt: Vor der Erfindung des Buchdrucks dienten die Bilder auch der Information der Gläubigen, und man malte nicht nur das, was man sah, sondern das, was man wußte. Das Sichtbare wurde durch eine Stilisierung ins Zeichenhafte überformt: Wichtiges wurde größer gemalt als Unwichtiges; es dominierte das Flächige, und man malte in der Regel Zeichenserien und Bildgeschichten. So erschien in den Bildfolgen das, was nacheinander geschah, als gleichzeitig.

Mit der Komposition des Bildes von der Zentralperspektive aus wurde die Malerei ganz auf das Sehen abgestellt. Alles andere konnte man getrost der Information durch die Bücher überlassen. Zum Organisationsprinzip der Bildkomposition wurde nun der Raum, den man zu einem Zeitpunkt von einem Punkt aus sah. Damit wurden Zeit und Raum getrennt und beide aneinander gesondert erfahrbar: An den sich perspektivisch verengenden Platten eines Pflasters konnte man ermessen, wie lange es dauern würde, einen Platz zu überqueren. Und zugleich sah man daran, daß nur von einem einzigen Punkt im Räume aus der Platz so aussah, wie er im Bild erschien. Damit bekam der Beobachter eine feste Position im Raum. Der Raum wurde in dem Maße absolut, wie die Perspektive die Beobachtung auf ihre Standortgebundenheit relativierte.

Diese Schwelle markiert eine Revolution in der Erfahrung: Das Sein zeigt sich nicht mehr in seiner Totalität und in der Bedeutungsfülle der Zeichen, sondern was man sieht, hängt davon ab, wo man steht. Das Sehen wird ausdifferenziert und auf sich selbst gestellt. Und dafür wird der Reichtum jetzt allein im Sichtbaren entdeckt: im Raum, in der Farbe, im Licht und im Körper. In diesem illusionären Spiegelraum, der gewissermaßen den realen Raum verdoppelt, werden nun die aus der Antike ererbten Themen mit der sichtbaren Realität der Gegenwart verbunden.

Diese Stoffe, die die Humanisten wiederentdeckt haben, treten nun neben die kirchlichen Bildmotive. Die Aristokratie und die Patrizier lassen sich nun lieber als griechische Götter darstellen, zumal deren Bilderwelt ja freigegeben ist und nicht von einer Institution wie der Kirche verwaltet wird, die das Copyright auf religiöse Motive besitzt. Die Abkehr von der Religion leitet die religiösen Gefühle um in eine Feier diesseitiger Schönheit. Der menschliche Körper wird seines gotischen Faltenwurfs entkleidet und in seiner nackten Schönheit gemalt. Die Gesichtszüge werden im individuellen Porträt festgehalten, und die Natur wird in der Landschaftsmalerei von Pollaiuolo und Leonardo da Vinci entdeckt. Das alles wird für eine Gesellschaft produziert, in der die Kunst als eigenständige Sphäre öffentliche Anerkennung findet. Es werden Kunstakademien gegründet, Kunsttheorien entworfen, und Giorgio Vasari beginnt mit der Kunstgeschichte, indem er die Biographien bekannter Künstler schreibt. Es ist auch Vasari, der den Begriff >gotischer Stil< erfindet, womit er ihn in Erinnerung an die marodierenden Gotenheere als barbarisch kennzeichnen will. Die Kunst wird für die Auftraggeber zu einem Mittel, sich über den Tod hinaus Geltung zu verschaffen. In den Testamenten werden die Kunstsammlungen nicht mehr unter das sonstige Vermögen gerechnet und besonders behandelt.

In der Architektur orientiert man sich an den antiken Bauten und an dem Buch De architectura von Vitruv. Es ist das einzige überlieferte Handbuch der römischen Baukunst, das von der griechischen Architektur angeregt wurde, und deshalb ist es in seiner Wirkung nicht zu überschätzen. Vitruv lebte zur Zeit Caesars und Augustus'. Sein Werk behandelt die Grundsätze des Bauens überhaupt und enthält Baupläne für öffentliche Gebäude, Theater, Tempel, Bäder, Stadt- und Landhäuser und Vorschläge zu Kanalisation, Wandmalerei und Stadtplanung. Die Architekten der Renaissance - Bramante, Ghiberti, Michelangelo und Palladio - wurden direkt von ihm angeregt, und die klassische Tradition der Baukunst mit ihren regelmäßigen Proportionen, ihren Symmetrien und ihren dorischen, ionischen und korinthischen Säulen geht auf Vitruv zurück (—► Geschichte, Griechenland).

Seit der Renaissance pilgerten die Künstler und Kunstliebhaber Europas nach Italien. Die gesamte europäische Kunst der Neuzeit baute auf den Formen auf, die die italienischen Künstler entwickelt hatten. Bis zum 19. Jahrhundert gibt es keine Stilepoche, die nicht ihre Vorbilder in der italienischen Renaissance gesucht hätte. Zur Erziehung der englischen Gentlemen gehört bald die Bildungsreise nach Italien, mit dem Ergebnis, daß sich die englischen Landschaften mit Landhäusern im Stile Palladios füllen und sich in der Folge auch in den Vereinigten Staaten von Amerika ausbreiten.

Daran sieht man, daß die Stilgeschichte ähnlich wie die Evolution funktioniert: Ein Stil ist eine Art, bei der die Individuen wie die Kunstwerke sich durch Weitergabe ihrer Baupläne fortpflanzen. Dabei entwickelt sich ein Stil über Variationen, von denen diejenigen überleben, die wegen ihrer Originalität am besten an die Umwelt des Geschmacks angepaßt sind. Nur hin und wieder kommt es zu einer Mutation, bei der eine neue Art entsteht. Zunächst wird sie für eine monströse Abweichung gehalten. Das zeigt sich darin, daß Stilbezeichnungen wie Gotik oder Barock zunächst im abwertenden Sinne benutzt werden. Aber dann stabilisiert sich diese Abweichung, wird zu einer neuen Art und leitet eine neue Stilepoche ein, in der der alte Stil noch eine Weile weiterlebt und dann schließlich im Kampf um den Geschmack den kürzeren zieht und ausstirbt. Der neue Stil hat sich durchgesetzt.

Was nun die großen Künstler der Renaissance betrifft: Wir haben einen Anbau in unserem historischen Teil, da finden Sie unter der Überschrift Renaissance die Karrieren der großen Fünf dokumentiert: Botticelli, Leonardo da Vinci, Michelangelo, Raffael und Tizian. Dort können Sie das hier Gehörte durch Anschauung ergänzen.» (—► Geschichte, Renaissance)

Barock

«Wir gehen jetzt durch eine kleine Galerie mit einer Zeittafel an der Wand. Einen Einschnitt in der Kunstentwicklung Europas bedeutete die Reformation (ab 1517), die zu Wellen der Zerstörung von kirchlichen Kunstwerken führte, weil sie als Zeichen heidnischer Götzenverehrung galten (man spricht dabei von Ikonoklasmus [Bildersturm]). Als Gegenreaktion entwickelte sich mit der Gegenreformation (ab ca. 1550) in den katholischen Ländern der Barockstil. Der Name leitet sich aus dem Juwelierhandwerk her — barocco ist das portugiesische Wort für eine unregelmäßige Perle - und wird dann im Sinne von >schwülstig< gebraucht.

Die Kunst des Barock ist zunächst Propagandakunst der katholischen Kurie. Sie gab zahlreiche Kirchenbauten in Auftrag, die eine feierlich festliche Atmosphäre verbreiten sollten. In ähnlicher Absicht wurde die Formensprache des Barock von den absolutistischen Fürsten in Anspruch genommen und damit zum Stil fürstlicher Magnifizenz: In ihren barocken Palästen schufen sich die Fürsten die Kulissen für das absolutistische Staatstheater, dem sich auch die Aristokraten unterzuordnen hatten. In der Ausrichtung auf den höfischen oder göttlichen Kosmos betonte der Barockstil die Unterordnung der einzelnen Glieder der Bauten unter das Ganze. Die Spannung wird dann ausgedrückt durch geschwungene Formen und starke Bewegtheit. Das Schmuckwerk ist überreich, und die Innenräume werden malerisch gestaltet, so daß sie prächtig und festlich wirken. Das Zeitalter des Barock ist das 17. und 18. Jahrhundert.

In Frankreich wird der barocke Überschwang klassizistisch (durch antike Einfachheit) gezähmt, so daß die Schloßbauten sehr streng ausgerichtete Parkanlagen erhielten, die häufig von Le Notre entworfen wurden (Versailles). Maßgeblich für die Entwicklung des Barock waren die Bauten Berninis und Borrominis in Rom.

Im Deutschland, der verspäteten Nation, feierte das Spätbarock nach 1700 Triumphe in Form der Bauten von Fischer von Erlach in Österreich, Johann Balthasar Neumann in Würzburg, Andreas Schlüter in Berlin und Matthäus Pöppelmann und Georg Bahr in Dresden.

Ist Italien die Heimat der großen Maler der Renaissance, so übernehmen im Barock die Niederlande diese Rolle. Aber die Niederlande sind geteilt in das katholische habsburgische Flandern mit Brüssel und Antwerpen und das calvinistisch-protestantische Holland mit Amsterdam als Zentrum. Das 17. Jahrhundert ist nicht nur das Zeitalter der Gegenreformation, sondern auch des Aufstiegs Hollands zur ersten Seehandelsmacht Europas.

So arbeiten die niederländischen Maler einerseits für die Könige und Aristokraten und andererseits für das aufstrebende Handelsbürgertum. Folgen Sie mir bitte in den nächsten Saal.

Diese Ausrichtung zeigt sich idealtypisch am Gegensatz zwischen Rubens und Rembrandt; deshalb haben wir ihre Bilder einander gegenüber gehängt. Rubens (1577—1640) wird Hofmaler der Statthalter Belgiens und malt für die Fürsten Europas; diese wünschten große, repräsentative Bilder. Entsprechend produziert Rubens Palastbilder, riesig, prunkend und prächtig. Seine Spezialität ist das >barocke< Fleisch dicker Frauen, das sprichwörtlich geworden ist. Er malt für die Jesuiten und die Kirche, den König von Frankreich, den Kronprinzen von England, den Kurfürsten von Bayern und den König von Spanien. Um die vielen Aufträge ausführen zu können, unterhält er eine durchorganisierte Werkstatt mit Lehrlingen und Untermalern. Rubens selbst macht dann die Skizze zum Entwurf des Bildes, läßt sie ins Großformatige übertragen und von anderen ausmalen. Er selbst fügt dann den letzten Pinselstrich hinzu, der das Bild zu einem >Rubens< macht.

Rubens gilt als repräsentativer Maler des Barock. Die Formel der Kunsthistoriker für den typischen Rubenstouch lautet: >malerischer, pathetischer Bewegungsstil<, weil seine Figuren sich häufig winden und im Zustand höchster Erregung gezeigt werden.

Wenden wir uns jetzt der anderen Wand zu. Rembrandt van Rijn (1606—1669) ist schon darin untypisch, daß er nicht zum Studium nach Italien geht, sondern nach einer Lehre bei einem Historienmaler in Leiden und dann in Amsterdam seine eigene Werkstatt eröffnet. Er malt zunächst im Stil der Historienmaler biblische Szenen - darin zeigt sich der Protestantismus —, entwickelt aber dabei seinen persönlichen Stil durch die Konzentration auf wenige Figuren, eine stärkere Dramatisierung und eine neue Intensität und Dramaturgie des Lichts. Zu seinem Markenzeichen werden die vom Seitenlicht getroffenen Figuren in helldunklen Räumen. Wie Rubens wählt Rembrandt im jeweiligen Geschehen den spannendsten Augenblick, z.B. das Messer kurz vor dem Auge bei der Blendung Samsons oder die letzten Sekunden der Opferung Isaacs vor seiner Errettung. So wird Rembrandt zum Maler der menschlichen Affekte unter Streß. In dieser Psychologisierung hat man in Zeiten, als man noch in solchen Kategorien dachte, das spezifisch Innerliche, weniger Oberflächliche des protestantischen Nordens gesehen und Rembrandt als Repräsentanten der deutschen Seelenlage reklamiert. Typisch hierfür war der Bestseller Rembrandt als Erzieher von Julius Langbehn von 1890, in dem der Verfasser mit Bezug auf Rembrandt die Deutschen zum Widerstand gegen Oberflächlichkeit und Materialismus aufrief und damit die Heimatkunstbewegung um die Worpsweder Künstlergruppe beeinflußt hatte. Dieser Mumpitz wirft ein Rembrandtsches Schräglicht auf die Kunstreligion.

Rembrandt erzielt seine Wirkungen, indem er die Bildtraditionen ins Momenthafte und Dramatische abwandelt. Porträts, die eigentlich repräsentativ zu sein haben, werden bei ihm psychologische Studien. In den Selbstbildnissen experimentiert er sogar mit Grimassen und extremen Ausdrucksvarianten. Die Tradition der steifen Schützenbilder, auf denen die Schützengilden der holländischen Städte sich verewigen lassen, werden bei ihm ins Szenische dramatisiert: Bekanntestes Beispiel ist die Nachtwache, die die Schützengilde im Moment der Sammlung zeigt.

1657 macht Rembrandt trotz seiner zahlreichen Aufträge aufgrund seines verschwenderischen Lebensstils Bankrott. Im Spätwerk danach treten besonders bei der Darstellung biblischer Stoffe (Christus in Emmaus, David und Saul, Jakobs Segen, Isaac und Rebecca) die dramatischen Handlungsbilder zurück.

Gleichzeitig übertrifft Rembrandt alle seine Zeitgenossen in der Landschaftsmalerei und besonders in der Radierung, bei der verschiedene Druckabzüge seine Entwicklung und seine Arbeitsweise dokumentieren.

Bis heute gilt Rembrandt als bedeutendster Maler der Niederlande, eines Landes, das so viele Maler hervorgebracht hat wie sonst nur noch Italien. Rubens und Rembrandt repräsentieren auch das Europa des 17. Jahrhunderts mit seiner konfessionellen Spaltung: Rubens ist der Maler der katholischen Gegenreformation und der absolutistischen Fürsten; und Rembrandt ist der Maler des protestantischen Geldbürgertums, der städtischen Würdenträger, Vereine und Berufsgruppen.

Jetzt schauen wir uns noch in dem kleinen Raum nebenan einen ganz anderen Barockmaler an. Nun, was kennen wir für Bildtypen? Wir haben das Porträt und die Historiengemälde erwähnt. Besonders die Gemälde mit biblischen und religiösen Szenen waren spezifischen Darstellungsregeln und einer bestimmten Bildsprache unterworfen. Das galt nicht für einen Bildtyp, der in der niederländischen Malerei besonders gepflegt wurde: das Genre-Bild: Das sind Bilder mit Szenen des Alltagslebens, und die dargestellten Personen bleiben meist anonym. Wir alle kennen solche Bilder, weil ihre Motive sehr populär geworden sind: Bauernhochzeiten, Wirtshausgelage, Wintervergnügungen auf zugefrorenen Teichen, Dorffeste und häusliche Szenen. Bekannte Vertreter des Genres sind Peter Brueghel der Ältere, Jan Steen und Peter de Hooch.

Der größte Vertreter der Genre-Malerei im Barock ist Jan Vermeer aus Delft (1632-1675). Einige seiner Bilder sind zu modernen Kalender-Ikonen geworden und werden immer wieder reproduziert. So etwa Das Brief lesende Mädchen am offenen Fenster. Der Grund dafür liegt in der Beschränkung auf einen Raumausschnitt und in der Gestaltung des Bildes durch die Lichtregie: Sie machen nämlich das Bild intim; die jeweiligen Figuren wirken wie versunken. Dem entsprechen die Motive des Lesens und des Musikmachens (Herr und Dame am Virginal, Gitarrespielerin und Die Musikstunde), bis Vermeer mit dem Maler und dem Modell in Die Allegorie der Malerei die Malerei selbst malt. Darin steigert er die kontemplative Stimmung des Bildbetrachters durch das, was er darstellt. Das ist der Grund für seine Popularität, die noch verstärkt wurde, als der geniale Kunstfälscher Jan van Meegeren Vermeer-Bilder so meisterhaft fälschte, daß die meisten Experten getäuscht wurden. Wenn Sie mir bitte folgen möchten?»

Rokoko

«Das späte Barock betont das Ornamentale in Malerei und Architektur und das Dekorative. Dabei spielt das Muschelornament eine besondere Rolle, und das heißt auf Französisch >rocaille<. Von diesem Wort leitete sich die Bezeichnung >Rokoko< ab, ein Stil, der die Zeit von 1720 bis 1760 beherrschte. Auch er geht wieder von Frankreich aus. Zwar ist er nach wie vor aristokratisch, aber er wandelt sich vom repräsentativen Staatstheater des Absolutismus zum Intimen, Spielerischen und Frivolen. Der entscheidende Einfluß ging von dem französischen Maler Antoine Watteau aus (1684-1721). Er schuf einen neuen Bildtyp: das galante Fest (fêtes galantes) und das Picknick (la fête champêtre). Es wurde das repräsentative Bildthema des Rokoko und drückte einen höfischen Eskapismus (Flucht vor dem Unangenehmen) ins Arkadische (ländlicher Glücksort) aus, bei dem man sich in Schäferspiele flüchtete und Träumen von ewiger Jugend und heiterer, nimmer versiegender Sinnlichkeit nachhing. Jean Honore Fragonard (1732-1806) malte im Auftrag der königlichen Mätresse Madame Dubarry erotische Szenen als Schäferstunden (Die vier Stationen der Liebe), die allerdings so freizügig waren, daß die Auftraggeberin sie zurückwies. In der Französischen Revolution wurde seine Kunst verboten. Das war dem dritten großen Maler des Rokoko nicht passiert: Francois Boucher (1703 -1770) verdankte seinen Aufstieg zum ersten Hofmaler der Madame Pompadour, einer Vorgängerin der Dubarry. Seine galant-erotischen Schäferspiele finden Gefallen, und man sieht ihm auch nach, daß er von der Mythologie nur die Liebesabenteuer der Götter zeigt: den Raub der Europa oder Leda und den Schwan. Das Rokoko feiert den Triumph der Erotik, und nirgends sind die Frauen so rosig wie auf den Bildern dieser Epoche.»