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Raffael

Im Schaffen Raffaels findet die Kunst der Hochrenaissance ihren Höhenpunkt. Es war die Zeit, da der Dominikanermönch Savonarola durch die italienischen Städte zog und leidenschaftlich den Luxus der Reichen und die Sittenlosigkeit am päpstlichen Hof anprangerte. Es war aber auch die Zeit, da der florentinische Staatsmann Machiavelli die Werke des römischen Historikers Livius kommentierte, da die schönsten Künste ebenso aufblühten wie Naturwissenschaften und Mathematik. Mehr und mehr entwickelte sich der Glaube an die Kraft des Guten und das Wissen, dass alles Gute und Schöne von den Menschen geschaffen und entwickelt werden kann.

Zeitgenossen bezeichneten die Malerei Raffaels als die Verkörperung der besten Bestrebungen und Hoffnungen ihrer Zeit. Sie belegten seine Geslalten mit der Bezeichnung „grazia". Darunter verstanden sie jedoch nicht nur die körperliche Grazie, sondern vor allem die geistige Schönheit des Menschen.

Raffael wurde 1483 in Urbina als Sohn des Malers Giovanni Santi geboren. Der Siebzehnjährige begann in der Werkstatt Peruginos zu arbeiten. Von diesem Meister hat Raffael viel übernommen. So stammt von Perugino die seelenvolle Zartheit des Ausdrucks, die ein wesentliches Kennzeichen der Kunst Raffaels ist.

Als Raffael im Jahre 1504 nach Florenz ging, wurden seine Formen selbständiger. Hier entwickelte er den für ihn charakteristischen Madonnentypus. In dem formvollendeten Oval seiner Madonnenköpfe entstand ein über alles Individuelle hinausgehendes Schönheitsideal. In seinen besten Madonnendarstellungen - Madonna mit dem Stieglitz, Madonna della Sedia, Sixtinische Madonna - verkörpert sich der Versuch, höchste menschliche Vollkommenheit als Einheit von Körper und Geist sichtbar zu machen. Dem dient die harmonische Ausgewogenheit der Form. In den Madonnen Raffaels vollzieht sich eine Entwicklung von äußerer Lieblichkeit zur menschlichen Würde, wie sie sich in der Sixtinischen Madonna vorbildlich verkörpert.

Durch Papst Julius II. im Herbst 1508 nach Rom berufen, malte Raffael in der Stanza della Segnatura des Vatikans bis zum Jahre 1511 eine Freskenfolge, die zu den größten, Leistungen der italienischen Kunst gehört. Zur gleichen Zeit, m der Michelangelo die Decke der Sixtinischen Kapelle schuf, entstanden hier lebensvolle Darstellungen jener Geistesmächte, die Europa am Beginn der Neuzeit bewegten: der Theologie, der Wissenschaft, der Poesie und der Jurisprudenz. Mit der Doppelleistung von Michelangelo und Raffael in der Sixtinischen Kapelle und in den Stanzen des Vatikans war der Höhepunkt der Renaissance erreicht.

Besonders großartig und monumental waren die Fresken „Disputa", in der Raffael die Theologie verkörperte, und „Schule in Athen", die den Triumph der Philosophie und Wissenschaft darstellte. In der „Schule von Athen" erwacht in monumentaler Größe die ganze Welt der Antike: Platon und Aristoteles, Sokrates und Diogenes, Pythagoras und Euklid - viele Repräsentanten verschiedener wissenschaftlicher und philosophischer Schulen. Erhaben und plastisch wurde hier der Gedanke an die schweren und glückbringenden Wege zur Erkenntnis ausgedrückt.

Raffael war auch ein sehr guter Porträtmaler. Er zeigte die von ihm gemalten Menschen als ausgeglichene und selbstsichere Persönlichkeiten. Sie haben einen Ausdruck ruhiger Besonnenheit, wie es dem humanistischen Ideal entsprach.

In den letzten Jahren seines Lebens begann Raffael die Ausmalung der Villa Farnesina. Seine Schüler haben dieses Werk und die von Ornamenten umrahmten biblischen Szenen in den Loggien des Vatikans vollendet.

Nicht zu übersehen ist die Tätigkeit Raffaels als Architekt. Er schuf Kapellen und Paläste, darunter die Villa Farnesina. Nach dem Tode Bramantes im März 1514 wurde ihm die Bauleitung des Petersdomes übertragen, die er bis an seinen Tod wahrnahm. Rechnet man dazu seine Tätigkeit als Konservator der antiken römischen Kunstdenkmäler und als Aufseher aller in Rom und seiner Umgebung betriebenen Ausgrabungen, so erhält man eine Vorstellung davon, wieviel der Menschheit durch den frühen Tod dieses Riesen der Renaissance auf ewig verloren gegangen ist. Erst 37 Jahre alt war Raffael, als er einem heftigen Fieber erlag, das er sich wahrscheinlich bei Ausgrabungen zugezogen hatte.

Raffaels „Sixtinische Madonna". Dieses Gemälde ist die höchste künstlerische Leistung Raffaels. Sieben Jahre vor seinem Tod malte Raffael im Jahre 1513 dieses Bild für den Hochaltar der Kirche San Sisto in Piacenta, einem kleinen Provinzkloster der sogenannten „schwarzen Mönche". Es witd angenommen, dass der berühmte, von den großen Fürsten der Höfe und der Kirche anerkannte Künstler dieses Gemälde nicht für die armen Mönche, sondern für das Grabmal des Papstes Julius II. malen sollte.

Die Aufkäufer des sächsischen Kurfürsten und Königs von Polen bemühten sich lange, dieses kostbare Gemälde für die Dresdener Gemäldegalerie zu kaufen. Wahrscheinlich wäre ihnen das nie gelungen, wenn der Abt und das Kloster nicht durch Krieg und Mißernte tief in Schulden geraten wäre. Darum baten sie Papst Benedict XIV. um Erlaubnis zum Verkauf der „Sixtinischen Madonna". 1754 konnte das Gemälde nach Dresden geschafft werden. Außer der Kaufsumme von 20 000 Zechinen verlangte, der Abt noch die Lieferung einer Kopie des Bildes an das Kloster.

Besucher aus vielen Ländern kamen eigens in die Gemäldegalerie nach Dresden, um die „Sixtinische Madonna" anzusehen. Der Ruf von der Schönheit des Gemäldes verbreitete sich rasch in der ganzen Welt. Während des furchtbaren zweiten Weltkriegs kamen viele Gemälde der Dresdener Gemäldegalerie zu Schaden. Als einziges Gemälde in einer Kiste verpackt, wartete die Madonna im feuchten Schacht des stillgelegten Kalkwerks Groß-Cotta bei Pirna auf ihre Rettung. Stunde um Stunde drang die Feuchtigkeit durch den Kalkstein und drohte die Madonna zu verderben.

Im Mai 1945 kamen die sowjetischen Truppen nach Dresden. Das 164. Bataillon der 5. sowjetischen Armee hatte den Auftrag erhalten, die Kunstschätze zu suchen und zu retten. Wo ist die Madonna? Das war die erste Frage, und zum Glück gehörte das herrliche Gemälde zu den ersten, die gerettet werden konnten.

In ihrem Tagebuch aus jenen schrecklichen Tagen schildert die Kunstwissenschaftlerin Natalie Sokolowa, wie die Kiste mit der „Sixtinischen Madonna" aus der Grube geschafft und später im Schloß Pillnitz geöffnet wurde. „Soldaten und Künstler standen wie eine Ehrenwache am Sarg einer bedeutenden Persönlichkeit. Einer von uns rief: „Die Mützen ab!", und alle leisteten dem Befehl Folge. Wir standen wie gebannt. Das Herz schlug. Jemand flüsterte aufatmend: ,Sie!' Wir schwiegen, denn niemand fand Worte..."

Einen langen Weg mußte die Madonna zurücklegen, bis sie im Jahre 1958 an ihre alte Heimstätte zurückkehren konnte. Mit den anderen von der Sowjetarmee geretteten Kunstwerken kam sie in die Sowjetunion, wo sie gehegt und gepflegt wurde - so lange, bis die Regierung der Sowjetunion beschloß, die geretteten Kunstwerke dem deutschen Volk zu übergeben. Heute leuchtet die „Sixtinische Madonna" wieder wie die Sonne den Besuchern der Dresdener Galerie entgegen.

Da steht sie vor uns, wie eine Bäuerin ihr Knäblein auf dem Arm tragend, eine junge Mutter aus dem Volke. Statt schwerer Brokatgewänder trägt sie einen einfachen blauen Überwurf über dem roten Gewand, ein leichter Schleier umflattert das Antlitz. Links unterhalb der Madonna blickt Papst Sixtus II., ein prächtig gekleideter Mann, dem lieblichen Wesen entgegen. Dieser mächtige Mann hat das Haupt entblößt. Ihm gegenüber ist die heilige Barbara in die Knie gesunken. Am unteren Rande des Bildes lehnen zwei Engel. Man könnte meinen, zwei reizende kleine Menschenkinder blickten nachdenklich in die Höhe.

Aus den großen dunklen Augen der Madonna leuchten Zärtlichkeit und Güte, ein kleines, beinahe schüchternes Lächeln umspielt ihre geschlossenen Lippen. Das glatt zurückgestrichene Haar unterstreicht die Schlichtheit des anmutsvollen Ovals ihres Gesichtes. Das Knäblein auf ihrem Arm scheint ernst und traurig zu sein.

Schwer, fast zu schwer, scheint der Körper des Kindes auf den Armen der Madonna zu lasten; schwer lastet die Verantwortung für das Leben des Kindes auf, der Seele der Mutter. Aber diese Mutter kommt nicht, um uns zur Ergebenheit aufzufordern, nein, das schöne Gesicht zeigt Stolz, Kraft und menschliche Würde.

Der russische Schriftsteller W.Weressajew schrieb am Abend seines ersten Besuches der Dresdener Galerie in sein Tagebuch, wie er von der Madonna entzückt war. „Plötzlich erfaßte mich eine helle Freude und Stolz auf die Menschheit, der es gelungen war, Mütterlichkeit in dieser Vollendung und Erhabenheit darzustellen. Sie war da. Und so lange sie da war, war das Leben schön und lebenswert!