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буд 5 часть нем.doc
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Versehen mit der Empfehlung eines Amtsbruders, der ebenfalls einst in

der Mengstraße Mockturtlesuppe und Schinken mit Schalottensauce gegessen

hatte, machte er der Konsulin seine Aufwartung, ward für die Dauer

seines Aufenthaltes, der einige wenige Tage in Anspruch nehmen sollte,

zu Gaste geladen und bewohnte das geräumige Fremdenzimmer im ersten

Stockwerk am Korridor.

Aber er verweilte länger, als er erwartet hatte. Es vergingen acht Tage,

und noch immer hatte er diese oder jene Sehenswürdigkeit, den Totentanz

und das Aposteluhrwerk in der Marienkirche, das Rathaus, die

»Schiffergesellschaft« oder die Sonne mit den beweglichen Augen im Dom

nicht besucht. Es vergingen zehn Tage, und er sprach wiederholt von

seiner Abreise; infolge des ersten Wörtchens jedoch, das ihn zum Bleiben

aufforderte, verzog er aufs neue.

Er war ein besserer Mensch als die Herren Jonathan und Tränen-Trieschke.

Er bekümmerte sich durchaus nicht um Frau Antoniens gebrannte

Stirnlöckchen und schrieb ihr keinerlei Briefe. Desto aufmerksamer aber

beschäftigte er sich mit Klara, ihrer jüngeren und ernsthafteren

Schwester. In =ihrer= Gegenwart, wenn =sie= sprach, ging oder kam,

konnte es geschehen, daß seine Augen sich in ungeahnter Weise

erweiterten, größer und größer wurden, hervorquollen, fast

heraussprangen ... und beinahe den ganzen Tag hielt er sich bei ihr auf,

indem er geistliche und weltliche Gespräche mit ihr pflog oder ihr

vorlas ... mit seiner hohen, sich überschlagenden Stimme und in der

drollig hüpfenden Aussprache seiner baltischen Heimat.

Gleich am ersten Tage hatte er gesagt: »Erbarmen Sie sich, Frau

Konsulin! Welch einen Schatz und Gottessegen besitzen Sie an Ihrer

Tochter Klara. Das ist wohl ein herrliches Kind!«

»Sie haben recht«, erwiderte die Konsulin. Aber er wiederholte es so

oft, daß sie ihre hellen blauen Augen in diskreter Prüfung zu ihm

hinschweifen ließ und ihn veranlaßte, ein wenig eingehender von seiner

Herkunft, seinen Verhältnissen, seinen Aussichten zu erzählen. Es ergab

sich, daß er aus einer Kaufmannsfamilie stammte, daß seine Mutter bei

Gott sei, daß er Geschwister nicht besitze und daß sein alter Vater zu

Riga als Privatier mit einem auskömmlichen Vermögen lebe, welches

einstmals ihm selbst, dem Pastor Tiburtius, gehören werde; übrigens

sichere sein Amt ihm ein hinreichendes Einkommen.

Was Klara Buddenbrook betraf, so stand sie nun im neunzehnten Jahre und

war, mit ihrem dunklen, glattgescheitelten Haar, ihren strenge und

dennoch träumerisch blickenden braunen Augen, ihrer leicht gebogenen

Nase, ihrem ein wenig zu fest geschlossenen Munde und ihrer hohen,

schlanken Gestalt, zu einer jungen Dame von herber und eigentümlicher

Schönheit erwachsen. Im Hause hielt sie am festesten mit ihrer armen und

ebenfalls frommen Cousine Klothilde zusammen, deren Vater kürzlich

gestorben war und die mit dem Gedanken umging, sich demnächst einmal zu

»etablieren«, das heißt, mit einigen Groschen und Möbeln, die sie

ererbt, sich irgendwo in Pension zu begeben ... Von Thildas gedehnter,

geduldiger und hungriger Demut freilich kannte Klara nichts. Im

Gegenteil eignete ihr im Verkehr mit den Dienstboten, ja, auch mit ihren

Geschwistern und ihrer Mutter ein etwas herrischer Ton, und ihre

Altstimme schon, die sich nur mit Bestimmtheit zu senken, nie aber

fragend zu heben verstand, trug einen befehlshaberischen Charakter und

konnte oft eine kurze, harte, unduldsame und hochfahrende Klangfarbe

annehmen: an Tagen nämlich, wo Klara an Kopfschmerzen litt.

Sie hatte, bevor der Tod des Konsuls die Familie in Trauer hüllte, mit

unnahbarer Würde die Gesellschaften im Elternhause und den Häusern von

gleicher Rangstufe mitgemacht ... Die Konsulin betrachtete sie, und sie

konnte sich nicht verhehlen, daß es trotz der stattlichen Mitgift und

Klaras häuslicher Tüchtigkeit schwer halten werde, dies Kind zu

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