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буд 5 часть нем.doc
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Inspektionsgänge an den Hafen, in die Speicher, verhandelte als Reeder

mit Kapitänen ... und es folgten, unterbrochen nur durch ein flüchtiges

Frühstück mit der alten Konsulin und das Mittagessen mit Gerda, nach

welchem er eine halbe Stunde auf dem Diwan mit einer Zigarre und der

Zeitung verbrachte, bis in den Abend hinein eine Menge von Arbeiten:

handelte es sich nun um sein eigenes Geschäft oder um Zoll, Steuer, Bau,

Eisenbahn, Post, Armenpflege; auch in Gebiete, die ihm eigentlich

fernlagen und in der Regel den »Gelehrten« zustanden, verschaffte er

sich Einsicht, und besonders in Finanzangelegenheiten bewies er rasch

eine glänzende Begabung ...

Er hütete sich, das gesellige Leben zu vernachlässigen. Zwar ließ in

dieser Beziehung seine Pünktlichkeit zu wünschen übrig, und beständig

erst in der letzten Sekunde, wenn seine Gattin, in großer Toilette, und

der Wagen unten schon eine halbe Stunde gewartet hatten, erschien er mit

einem »Pardon, Gerda; Geschäfte ...« um sich hastig in den Frack zu

werfen. Aber an Ort und Stelle, bei Diners, Bällen und Abendgesellschaften

verstand er es doch, ein lebhaftes Interesse an den Tag zu legen, sich

als liebenswürdigen Causeur zu zeigen ... und er und seine Gattin

standen den anderen reichen Häusern an Repräsentation nicht nach; seine

Küche, sein Keller galten für »tip-top«, er war als verbindlicher,

aufmerksamer und umsichtiger Gastgeber geschätzt, und der Witz seiner

Toaste erhob sich über das Durchschnittsniveau. Stille Abende aber

verbrachte er in Gerdas Gesellschaft, indem er rauchend ihrem

Geigenspiel lauschte oder ein Buch mit ihr las, deutsche, französische

und russische Erzählungen, die sie auswählte ...

So arbeitete er und zwang den Erfolg, denn sein Ansehen wuchs in der

Stadt, und trotz der Kapitalsentziehungen durch Christians Etablierung

und Tonys zweite Heirat hatte die Firma vortreffliche Jahre. Bei alledem

aber gab es manches, was für Stunden seinen Mut lähmte, die Elastizität

seines Geistes beeinträchtigte, seine Stimmung trübte.

Da war Christian in Hamburg, dessen Sozius, Herr Burmeester, im Frühling

dieses Jahres 58 ganz plötzlich einem Schlaganfalle erlag. Seine Erben

entzogen der Firma das Kapital des Verstorbenen, und der Konsul

widerriet es seinem Bruder dringend, sie mit seinen eigenen Mitteln

fortzuführen, denn er wisse wohl, wie schwer es sei, ein größer

zugeschnittenes Geschäft mit plötzlich stark vermindertem Kapital zu

halten. Aber Christian drang auf die Fortdauer seiner Selbständigkeit,

er übernahm Aktiva und Passiva von H. C. F. Burmeester & Comp. ... und

Unannehmlichkeiten standen zu befürchten.

Da war ferner des Konsuls Schwester Klara in Riga ... Daß ihre Ehe mit

dem Pastor Tiburtius ohne Kindersegen geblieben war, mochte hingehen,

denn Klara Buddenbrook hatte sich niemals Kinder gewünscht und besaß

ohne Zweifel höchst wenig mütterliches Talent. Aber ihre Gesundheit

ließ, ihren und ihres Mannes Briefen zufolge, allzuviel zu wünschen

übrig, und die Gehirnschmerzen, an denen sie schon als junges Mädchen

gelitten, traten, so hieß es, neuerdings periodisch in fast

unerträglichem Grade auf.

Das war beunruhigend. Eine dritte Sorge aber bestand darin, daß auch

hier, an Ort und Stelle selbst, für das Fortleben des Familiennamens

noch immer keine Sicherheit gegeben war. Gerda behandelte diese Frage

mit einem souveränen Gleichmut, der einer degoutierten Ablehnung äußerst

nahe kam. Thomas verschwieg seinen Kummer. Die alte Konsulin aber nahm

die Sache in die Hand und zog Grabow beiseite. »Doktor, unter uns, da

muß endlich etwas geschehen, nicht wahr? Ein bißchen Bergluft in Kreuth

und ein bißchen Seeluft in Glücksburg oder Travemünde scheint da nicht

anzuschlagen. Was meinen Sie ...« Und Grabow, weil sein angenehmes

Rezept: »Strenge Diät; ein wenig Taube, ein wenig Franzbrot« in diesem

Falle doch wohl wieder einmal nicht energisch genug eingegriffen haben

würde, verordnete Pyrmont und Schlangenbad ...

Das waren drei Bedenken. Und Tony? -- Arme Tony!

Achtes Kapitel

Sie schrieb: »Und wenn ich `Frikadellen´ sage, so begreift sie es nicht,

denn es heißt hier `Pflanzerln´; und wenn sie `Karfiol´ sagt, so findet

sich wohl nicht so leicht ein Christenmensch, der darauf verfällt, daß

sie Blumenkohl meint; und wenn ich sage: `Bratkartoffeln´, so schreit

sie so lange `Wahs!´, bis ich `Geröhste Kartoffeln´ sage, denn so heißt

es hier, und mit `Wahs´ meint sie `Wie beliebt´. Und das ist nun schon

die zweite, denn die erste Person, welche Kathi hieß, habe ich mir

erlaubt, aus dem Hause zu schicken, weil sie immer gleich grob wurde;

oder wenigstens schien es mir so, denn ich kann mich auch geirrt haben,

wie ich nachträglich einsehe, denn man weiß hier nicht recht, ob die

Leute eigentlich grob oder freundlich reden. Diese jetzige, welche

Babette heißt, was Babett auszusprechen ist, hat übrigens ein recht

angenehmes Exterieur und schon etwas ganz Südliches, wie es hier manche

gibt, mit schwarzem Haar und schwarzen Augen und Zähnen, um die man sie

beneiden könnte. Auch sie ist willig und bereitet unter meiner Anleitung

manches von unseren heimatlichen Gerichten, so gestern zum Beispiel

Sauerampfer mit Korinthen, aber davon habe ich großen Kummer gehabt,

denn Permaneder nahm mir dies Gemüse so übel (obgleich er die Korinthen

mit der Gabel herauspickte), daß er den ganzen Nachmittag nicht mit mir

sprach, sondern nur murrte, und kann ich sagen, Mutter, daß das Leben

nicht immer leicht ist.«

Allein, es waren nicht nur die »Pflanzerln« und der Sauerampfer, die ihr

das Leben verbitterten ... Gleich in den Flitterwochen hatte ein Schlag

sie getroffen, ein Unvorhergesehenes, Ungeahntes, Unfaßliches war über

sie hereingebrochen, ein Ereignis, das ihr alle Freudigkeit genommen

hatte und das sie nicht zu verwinden vermochte. Dieses Ereignis war

folgendes.

Erst als das Ehepaar Permaneder bereits einige Wochen in München lebte,

hatte Konsul Buddenbrook die testamentarisch fixierte Mitgift seiner

Schwester, das heißt 51000 Mark Kurant, flüssig machen können, und diese

Summe war hierauf, in Gulden umgesetzt vollkommen richtig in Herrn

Permaneders Hände gelangt. Herr Permaneder hatte sie sicher und nicht

ungünstig deponiert. Was er aber dann, ohne Zögern und Erröten, seiner

Gattin gesagt hatte, war dies: »Tonerl« -- er nannte sie Tonerl --

»Tonerl, mir war's gnua. Mehr brauchen mer nimmer. I hab' mi allweil

g'schunden, und jetzt will i mei Ruh, Himmi Sakrament. Mer vermieten's

Parterre und die zwoate Etasch, und dahier hamer a guate Wohnung und

können a Schweinshaxen essen und brauchen uns net allweil gar so nobi

z'sammrichten und aufdrahn ... und am Abend hab' i 's Hofbräuhaus. I bin

ka Prozen net und mag net allweil a Göld z'ammscharrn; i mag mei

G'müatlichkeit! Von morgen ab mach' i Schluß und werd' Privatier!«

»Permaneder!« hatte sie ausgerufen, und zwar zum ersten Male mit dem

ganz besonderen Kehllaut, mit dem sie Herrn Grünlichs Namen zu nennen

pflegte. Er aber hatte nur geantwortet: »A geh, sei stad!« und dann

hatte ein Streit sich entsponnen, wie er, so früh, so ernst und heftig,

das Glück einer Ehe für alle Zeit erschüttern muß ... Er war Sieger

geblieben. Ihr leidenschaftlicher Widerstand war an seinem Drang nach

»G'müatlichkeit« gescheitert, das Ende war gewesen, daß Herr Permaneder

sein in dem Hopfengeschäft steckendes Kapital liquidiert hatte, so daß

nun Herr Noppe seinerseits das »Komp.« auf seiner Karte blau

durchstreichen konnte ... und wie die Mehrzahl seiner Freunde, mit denen

er abends am Stammtische im Hofbräuhause Karten spielte und seine

regelmäßigen drei Liter trank, beschränkte Tonys Gatte nun seine

Tätigkeit auf Mietesteigern als Hausbesitzer und ein bescheidenes und

friedliches Kuponschneiden.

Der Konsulin war dies ganz einfach mitgeteilt worden. In den Briefen

aber, die Frau Permaneder darüber an ihren Bruder geschrieben hatte, war

der Schmerz zu erkennen gewesen, den sie empfand ... arme Tony! ihre

schlimmsten Befürchtungen waren weitaus übertroffen worden. Sie hatte

zuvor gewußt, daß Herr Permaneder nichts von der »Regsamkeit« besaß, von

der ihr erster Gatte zu viel an den Tag gelegt hatte; daß er aber so

gänzlich die Erwartungen zuschanden machen werde, die sie noch am

Vorabend ihrer Verlobung gegen Mamsell Jungmann ausgesprochen hatte, daß

er so völlig die Verpflichtungen verkennen werde, die er übernahm,

indem er eine Buddenbrook ehelichte, das hatte sie nicht geahnt ...

Es mußte verwunden werden, und ihre Familie zu Hause ersah aus ihren

Briefen, wie sie resignierte. Ziemlich einförmig lebte sie mit ihrem

Manne und Erika, welche die Schule besuchte, dahin, besorgte ihren

Hausstand, verkehrte freundschaftlich mit den Leuten, die für das

Parterre und den ersten Stock sich als Mieter gefunden hatten, sowie mit

der Familie Niederpaur am Marienplatz und berichtete dann und wann von

Hoftheaterbesuchen, die sie mit ihrer Freundin Eva vornahm, denn Herr

Permaneder liebte dergleichen nicht, und es erwies sich, daß er, der in

seinem »liaben« München mehr als vierzig Jahre alt geworden war, noch

niemals das Innere der Pinakothek erblickt hatte.

Die Tage gingen ... Die rechte Freude aber an ihrem neuen Leben war für

Tony dahin, seit Herr Permaneder sich sofort nach dem Empfang ihrer

Mitgift zur Ruhe gesetzt hatte. Die Hoffnung fehlte. Niemals würde sie

einen Erfolg, einen Aufschwung nach Hause berichten können. So wie es

jetzt war, sorglos aber beschränkt und so herzlich wenig »vornehm«, so

sollte es unabänderlich bleiben bis an ihr Lebensende. Das lastete auf

ihr. Und aus ihren Briefen ging ganz deutlich hervor, daß gerade diese

nicht sehr gehobene Stimmung ihr die Eingewöhnung in die süddeutschen

Verhältnisse erschwerte. Es ging ja im einzelnen. Sie lernte es, sich

mit den Dienstmädchen und Lieferanten zu verständigen, »Pflanzerln«

statt »Frikadellen« zu sagen und ihrem Manne keine Fruchtsuppe mehr

vorzusetzen, nachdem er dergleichen als »a G'schlamp, a z'widres«

bezeichnet hatte. Aber im großen ganzen blieb sie stets eine Fremde in

ihrer neuen Heimat, denn die Empfindung, daß eine geborene Buddenbrook

zu sein hier unten durchaus nichts Bemerkenswertes war, bedeutete eine

beständige, eine unaufhörliche Demütigung für sie, und wenn sie

brieflich erzählte, irgendein Maurersmann habe sie, in der einen Hand

einen Maßkrug und in der anderen einen Radi am Schwanze, auf der Straße

angeredet und gesagt: »I bitt', wiea spät is', Frau Nachborin?«, so war

trotz aller Scherzhaftigkeit ein sehr starker Unterton von Entrüstung

fühlbar, und man konnte überzeugt sein, daß sie den Kopf zurückgelegt

und den Mann weder einer Antwort noch eines Blickes gewürdigt hatte ...

Übrigens war es nicht diese Formlosigkeit und dieser geringe Sinn für

Distanz allein, was ihr fremd und unsympathisch blieb: Sie drang nicht

tief in das Münchener Leben und Treiben ein, aber es umgab sie doch die

Münchener Luft, die Luft einer großen Stadt, voller Künstler und Bürger,

die nichts taten, eine ein wenig demoralisierte Luft, die mit Humor

einzuatmen ihre Stimmung ihr oft verwehrte.

Die Tage gingen ... Dann aber schien doch ein Glück kommen zu wollen,

und zwar dasjenige, welches man in der »Breiten Straße« und der

»Mengstraße« vergeblich ersehnte, denn nicht lange nach dem Neujahrstage

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