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буд 5 часть нем.doc
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Von seiner heißen Schokolade und plaudert mit verklärtem Gesicht in

einer ganz leichten Art, die im Gegensatze zu seiner Rede von besonderer

Wirksamkeit ist. In jeder seiner Bewegungen liegt ausgedrückt: Seht, ich

kann auch den Priester ablegen und ein ganz harmlos fröhliches Weltkind

sein! Er ist ein gewandter, anschmiegsamer Mann. Er spricht mit der

alten Konsulin ein wenig salbungsvoll, mit Thomas und Gerda weltmännisch

und mit glatten Gebärden, mit Frau Permaneder im Tone einer herzlichen,

schalkhaften Heiterkeit ... Hie und da, wenn er sich besinnt, kreuzt er

die Hände im Schoß, legt den Kopf zurück, verfinstert die Brauen und

macht ein langes Gesicht. Beim Lachen zieht er die Luft stoßweise und

zischend durch die geschlossenen Zähne ein.

Plötzlich entsteht draußen auf dem Korridor Bewegung, man hört die

Dienstboten lachen, und in der Tür erscheint ein sonderbarer Gratulant.

Es ist Grobleben: Grobleben, an dessen magerer Nase zu jeder Jahreszeit

beständig ein länglicher Tropfen hängt, ohne jemals hinunterzufallen.

Grobleben ist ein Speicherarbeiter des Konsuls, und sein Brotherr hat

Ihm einen Nebenverdienst als Stiefelwichser angewiesen. Frühmorgens

erscheint er in der Breiten Straße, nimmt das vor die Tür gestellte

Schuhwerk und reinigt es unten auf der Diele. Bei Familienfestlichkeiten

aber stellt er sich feiertäglich gekleidet ein, bringt Blumen und hält,

während der Tropfen an seiner Nase balanciert, mit weinerlicher und

salbungsvoller Stimme eine Ansprache, worauf er ein Geldgeschenk

entgegennimmt. Aber er tut es nicht =darum=!

Er hat einen schwarzen Rock angezogen -- es ist ein abgelegter des

Konsuls -- trägt aber Schmierstiefel mit Schäften und einen blauwollenen

Schal um den Hals. In der Hand, einer dürren, roten Hand, hält er ein

großes Bukett von blassen, ein wenig zu weit erblühten Rosen, die sich

zum Teil langsam auf den Teppich entblättern. Seine kleinen, entzündeten

Augen blinzeln umher, scheinbar ohne etwas zu sehen ... Er bleibt in

der Tür stehen, hält den Strauß vor sich hin und beginnt sofort zu

reden, während die alte Konsulin ihm nach jedem Worte ermunternd zunickt

und kleine, erleichternde Einwürfe macht, der Konsul ihn betrachtet,

Indem er eine seiner hellen Brauen emporzieht, und einige

Familienmitglieder, wie zum Beispiel Frau Permaneder, den Mund mit dem

Taschentuch bedecken.

»Ick bün man 'n armen Mann, mine Herrschaften, öäwer ick hew 'n

empfindend Hart, un dat Glück und de Freud von min Herrn, Kunsel

Buddenbrook, welcher ümmer gaut tau mi west is, dat geiht mi nah, und so

bün ick kamen, um den Hern Kunsel un die Fru Kunsulin un die ganze

hochverehrte Fomili ut vollem Harten tau gratuleern, un dat dat Kind

gedeihen mög', denn dat verdeinen sei vor Gott un den Minschen, un so'n

Herr, as Kunsel Buddenbrook, giwt dat nich veele, dat is 'n edeln Herrn,

un uns Herrgott wird ihn das allens lohnen ...«

»So, Grobleben! Dat hewn Sei schön segt! Veelen Dank ook, Grobleben! Wat

wolln Sei denn mit de Rosen?«

Aber Grobleben ist noch nicht zu Ende, er strengt seine weinerliche

Stimme an und übertönt die des Konsuls.

»... uns Herrgott wird ihn das allens lohnen, segg ick, ihn un die ganze

hochverehrte Fomili, wenn dat so wid is, un wenn wi vor sinen Staul

stahn, denn eenmal müssen all in de Gruw fahrn, arm un riek, dat is sin

heiliger Will' un Ratschluß, un eener krigt 'nen finen polierten Sarg ut

düern Holz, un de andere krigt 'ne oll Kist', öäwer tau Moder müssen wi

alle warn, wi müssen all tau Moder warn, tau Moder ... tau Moder ...!«

»Nee, Grobleben! Wi hebb'm 'ne Tauf' hüt, un Sei mit eern Moder!...«

»Un düs wärn einige Blumens«, schließt Grobleben.

»Dank Ihnen, Grobleben! Dat is öäwer tau veel! Wat hebb'm Sei sik dat

kosten laten, Minsch! Un so 'ne Red' hew ick all lang nich hürt!... Na,

hier! Maken Sei sik 'nen vergneugten Dag!« Und der Konsul legt ihm die

Hand auf die Schulter, indem er ihm einen Taler gibt.

»Da, guter Mann!« sagt die alte Konsulin. »Haben Sie auch Ihren Heiland

lieb?«

»Den hew ick von Harten leiw, Fru Kunselin, dat is so woahr ...!« Und

Grobleben nimmt auch von ihr einen Taler in Empfang, und dann einen

dritten von Madame Permaneder, worauf er sich unter Kratzfüßen

zurückzieht und die Rosen, soweit sie noch nicht auf dem Teppich liegen,

in Gedanken wieder mitnimmt ...

... Nun ist der Bürgermeister aufgebrochen -- der Konsul hat ihn

hinunter zum Wagen geleitet -- und das ist das Zeichen zum Abschiede

auch für die übrigen Gäste, denn Gerda Buddenbrook bedarf der Schonung.

Es wird still in den Zimmern. Die alte Konsulin mit Tony, Erika und

Mamsell Jungmann sind die letzten.

»Ja, Ida«, sagt der Konsul, »ich habe mir gedacht -- und meine Mutter

ist einverstanden -- Sie haben uns alle einmal gepflegt, und wenn der

kleine Johann ein bißchen größer ist ... jetzt hat er noch die Amme, und

nach ihr wird wohl eine Kinderfrau nötig sein, aber haben Sie Lust, dann

zu uns überzusiedeln?«

»Ja, ja, Herr Konsul, und wenn's Ihrer Frau Gemahlin wird recht

sein ...«

Auch Gerda ist zufrieden mit diesem Plan, und so wird der Vorschlag

schon jetzt zum Beschluß.

Beim Weggehen aber, schon in der Tür, wendet Frau Permaneder sich noch

einmal um. Sie kehrt zu ihrem Bruder zurück, küßt ihn auf beide Wangen

und sagt: »Das ist ein schöner Tag, Tom, ich bin so glücklich, wie seit

manchem Jahr nicht mehr! Wir Buddenbrooks pfeifen noch nicht aus dem

letzten Loch, Gott sei Dank, wer das glaubt, der irrt im höchsten Grade!

Jetzt, wo der kleine Johann da ist -- es ist so schön, daß wir ihn

wieder Johann genannt haben -- jetzt ist mir, als ob noch einmal eine

ganz neue Zeit kommen muß!«

Zweites Kapitel

Christian Buddenbrook, Inhaber der Firma H. C. F. Burmeester & Comp. zu

Hamburg, seinen modischen grauen Hut und seinen gelben Stock mit der

Nonnenbüste in der Hand, kam in das Wohnzimmer seines Bruders, der mit

Gerda lesend beisammen saß. Es war halb zehn Uhr am Abend des

Tauftages.

»Guten Abend«, sagte Christian. »Ach, Thomas, ich muß dich mal dringend

sprechen ... Entschuldige, Gerda ... Es eilt, Thomas.«

Sie gingen in das dunkle Speisezimmer hinüber, woselbst der Konsul eine

der Gaslampen an der Wand entzündete und seinen Bruder betrachtete. Ihm

ahnte nichts Gutes. Er hatte, abgesehen von der ersten Begrüßung, noch

nicht Gelegenheit gehabt, mit Christian zu sprechen; aber er hatte ihn

heute während der Feierlichkeit aufmerksam beobachtet und gesehen, daß

er ungewöhnlich ernst und unruhig gewesen war, ja, daß er im Verlaufe

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