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буд 5 часть нем.doc
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05.03.2016
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Indem man einer Getreidehandlung zum Flor verhilft, indem man seine

eigene Person in einem kleinen Stück Welt geehrt, beliebt und mächtig

macht ... Dachtest du: Ich heirate die Stüwing, die ich liebe, und

schere mich um keine praktischen Rücksichten, denn sie sind Kleinkram

und Pfahlbürgertum?... Oh, auch wir sind gerade gereist und gebildet

genug, um recht gut zu erkennen, daß die Grenzen, die unserem Ehrgeize

gesteckt sind, von außen und oben gesehen nur eng und kläglich sind.

Aber alles ist bloß ein Gleichnis auf Erden, Onkel Gotthold! Wußtest du

nicht, daß man auch in einer kleinen Stadt ein großer Mann sein kann?

Daß man ein Cäsar sein kann an einem mäßigen Handelsplatz an der Ostsee?

Freilich, dazu gehört ein wenig Phantasie, ein wenig Idealismus ... und

den besaßest du nicht, was du auch von dir selbst gedacht haben magst.«

Und Thomas Buddenbrook wandte sich ab. Er trat ans Fenster und blickte,

die Hände auf dem Rücken, ein Lächeln auf seinem intelligenten Gesicht,

zu der schwachbeleuchteten und in Regen gehüllten gotischen Fassade des

Rathauses hinüber.

* * * * *

Wie es in der Natur der Dinge lag, gingen Amt und Titel des königlich

niederländischen Konsulats, das Thomas sofort nach dem Tode seines

Vaters hätte für sich in Anspruch nehmen können, zu Tony Grünlichs

maßlosem Stolze jetzt an ihn über, und das gewölbte Schild mit Löwen,

Wappen und Krone war nunmehr wieder an der Giebelfront in der Mengstraße

unter dem »_Dominus providebit_« zu sehen.

Gleich nach Erledigung dieser Angelegenheit, im Juni bereits desselben

Jahres, trat der junge Konsul eine Reise an, eine Geschäftsreise nach

Amsterdam, von der er nicht wußte, wieviel Zeit sie in Anspruch nehmen

werde.

Fünftes Kapitel

Todesfälle pflegen eine dem Himmlischen zugewandte Stimmung

hervorzubringen, und niemand wunderte sich, aus dem Munde der Konsulin

Buddenbrook nach dem Dahinscheiden ihres Gatten diese oder jene

hochreligiöse Wendung zu vernehmen, die man früher nicht an ihr gewohnt

gewesen war.

Bald jedoch zeigte es sich, daß dies nichts Vorübergehendes war, und

rasch war in der Stadt die Tatsache bekannt, daß die Konsulin gewillt

war, das Andenken des Verewigten in erster Linie dadurch zu ehren, daß

sie, die schon in den letzten Jahren seines Lebens, und zwar seit sie

alterte, mit seinen geistlichen Neigungen sympathisiert hatte, nun seine

fromme Weltanschauung vollends zu der ihren machte.

Sie strebte danach, das weitläufige Haus mit dem Geiste des

Heimgegangenen zu erfüllen, mit dem milden und christlichen Ernst, der

eine vornehme Herzensheiterkeit nicht ausschloß. Die Morgen- und

Abendandachten wurden in ausgedehnterem Umfange fortgesetzt. Die Familie

Versammelte sich im Eßsaale, während das Dienstpersonal in der

Säulenhalle stand, und die Konsulin oder Klara verlasen aus der großen

Familienbibel mit den ungeheuren Lettern einen Abschnitt, worauf man aus

dem Gesangbuch ein paar Verse zum Harmonium sang, das die Konsulin

spielte. Auch trat oft an die Stelle der Bibel eines der Predigt- und

Erbauungsbücher mit schwarzem Einband und Goldschnitt, dieser

Schatzkästchen, Psalter, Weihestunden, Morgenklänge und Pilgerstäbe,

deren beständige Zärtlichkeit für das süße, wonnesame Jesulein ein wenig

widerlich anmutete und von denen allzu viele im Hause vorhanden waren.

Christian erschien nicht oft zu den Andachten. Ein Einwand, den Thomas

bei Gelegenheit ganz vorsichtig und halb im Scherze gegen die Übungen

erhoben hatte, war mit Milde und Würde zurückgewiesen worden. Was Madame

Grünlich anging, so benahm sie sich leider nicht immer völlig korrekt

dabei. Eines Morgens -- es war gerade ein fremder Prediger bei

Buddenbrooks zu Gast -- war man genötigt, zu einer feierlichen,

glaubensfesten und innigen Melodie die Worte zu singen:

»Ich bin ein rechtes Rabenaas,

Ein wahrer Sündenkrüppel,

Der seine Sünden in sich fraß,

Als wie der Rost den Zwippel.

Ach Herr, so nimm mich Hund beim Ohr,

Wirf mir den Gnadenknochen vor

Und nimm mich Sündenlümmel

In deinen Gnadenhimmel!«

... worauf Frau Grünlich vor innerlicher Zerknirschung das Buch von sich

warf und den Saal verließ.

Die Konsulin selbst aber verlangte weit mehr noch von sich, als von

ihren Kindern. Sie richtete zum Beispiel eine Sonntagsschule ein. Am

Sonntagvormittag klingelten lauter kleine Volksschulmädchen in der

Mengstraße, und Stine Voß, die an der Mauer, und Mike Stuht, die in der

Glockengießerstraße, und Fike Snut, die an der Trave oder in der Kleinen

Gröpelgrube oder im Engelswisch zu Hause waren, wanderten mit ihrem

semmelblonden, mit Wasser gekämmtem Haar über die große Diele in das

helle Gartenzimmer, dort hinten, das als Kontor seit längerer Zeit nicht

mehr benutzt wurde, wo Sitzbänke aufgeschlagen waren und wo die Konsulin

Buddenbrook, geborene Kröger, mit ihrem Kleid aus schwerem schwarzem

Atlas, ihrem weißen, vornehmen Gesicht und ihrer noch weißeren

Spitzenhaube, ihnen an einem Tischchen, auf welchem ein Glas

Zuckerwasser stand, gegenübersaß und sie eine Stunde lang katechisierte.

Auch begründete sie den »Jerusalemsabend«, und an diesem mußte außer

Klara und Klothilde auch Tony sich wohl oder übel beteiligen. Einmal

wöchentlich saßen an der langausgezogenen Tafel im Eßsaale beim Scheine

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