Добавил:
Upload Опубликованный материал нарушает ваши авторские права? Сообщите нам.
Вуз: Предмет: Файл:
буд 5 часть нем.doc
Скачиваний:
12
Добавлен:
05.03.2016
Размер:
968.19 Кб
Скачать

Vorbereitungen!«

Stehend las er die Zeilen auf dem Papier, indem er eine seiner hellen

Brauen emporzog und langsam die lange Spitze seines Schnurrbartes durch

die Finger zog. Es war ein Telegramm und lautete: »Erschreckt nicht.

Komme umgehend mit Erika. Alles ist zu Ende. Eure unglückliche Antonie.«

»Umgehend ... umgehend«, sagte er gereizt und sah die Konsulin mit

schnellem Kopfschütteln an. »Was heißt umgehend ...«

»Das ist nur so eine Redensart, Tom, das hat nichts zu bedeuten. Sie

meint: `Sogleich´ oder etwas Ähnliches ...«

»Und aus Berlin? Was tut sie in Berlin? Wie kommt sie nach Berlin?«

»Ich weiß es nicht, Tom, ich begreife es noch nicht; die Depesche ist

Vor zehn Minuten gekommen. Aber es muß etwas geschehen sein, und wir

müssen abwarten, was es ist. Gott wird geben, daß alles sich zum Guten

wendet. Setze dich, mein Sohn, und iß.«

Er nahm Platz und schenkte sich mechanisch Porter in das dicke, hohe

Glas.

»Alles ist zu Ende«, wiederholte er. »Und dann `Antonie´. --

Kindereien ...«

Dann aß und trank er schweigend.

Nach einer Weile wagte die Konsulin zu bemerken: »Sollte es etwas mit

Permaneder sein, Tom?«

Er zuckte nur die Achseln, ohne aufzusehen.

Beim Weggehen, den Türgriff in der Hand, sagte er: »Ja, Mutter, wir

müssen sie erwarten. Da sie dir vermutlich nicht spät in der Nacht ins

Haus fallen will, wird es wohl morgen im Laufe des Tages sein. Daß man

mich benachrichtigt, bitte ...«

* * * * *

Die Konsulin wartete von Stunde zu Stunde. Sie ruhte höchst ungenügend

In der Nacht, klingelte nach Ida Jungmann, die jetzt neben ihr im

hintersten Zimmer des Zwischengeschosses schlief, ließ sich Zuckerwasser

bereiten und saß sogar während längerer Zeit mit einer Handarbeit

aufrecht im Bett. Auch der nächste Vormittag verstrich in ängstlicher

Spannung. Beim zweiten Frühstück erklärte der Konsul, daß Tony, wenn sie

käme, nur drei Uhr dreiunddreißig Minuten nachmittags von Büchen

eintreffen könne. Um diese Zeit saß die Konsulin im »Landschaftszimmer«

am Fenster und versuchte, in einem Buche zu lesen, auf dessen schwarzem

Lederdeckel ein in Gold gepreßter Palmzweig zu sehen war.

Es war ein Tag wie gestern: Kälte, Dunst und Wind; hinter dem blanken

Schmiedeeisengitter knisterte der Ofen. Die alte Dame erbebte und

blickte hinaus, sobald Wagenräder vernehmbar wurden. Und dann, um vier

Uhr, als sie eben nicht achtgegeben und beinahe ihrer Tochter vergessen

hatte, entstand eine Bewegung unten im Hause ... Sie wandte hastig den

Oberkörper zum Fenster, sie wischte mit dem Spitzentuch den tropfenden

Beschlag von der Scheibe: in der Tat, eine Droschke hielt drunten, und

schon kam man die Treppe herauf!

Sie erfaßte mit den Händen die Armlehnen des Stuhles, um aufzustehen;

aber sie besann sich eines Besseren, ließ sich wieder zurücksinken und

drehte nur mit beinahe abwehrendem Ausdruck den Kopf ihrer Tochter

entgegen, die, während Erika Grünlich an Ida Jungmanns Hand bei der

Glastür stehenblieb, mit schnellen und fast stürzenden Schritten durch

das Zimmer kam.

Frau Permaneder trug einen pelzbesetzten Überwurf und einen länglichen

Filzhut mit Schleier. Sie sah sehr bleich und angegriffen aus, ihre

Augen waren gerötet, und ihre Oberlippe bebte wie früher, wenn Tony als

Kind geweint hatte. Sie erhob die Arme, ließ sie wieder sinken und glitt

alsdann bei ihrer Mutter auf die Knie nieder, indem sie das Gesicht in

den Kleiderfalten der alten Dame verbarg und bitterlich aufschluchzte.

Dies alles machte den Eindruck, als sei sie in dieser Weise geraden

Weges von München in einem Atem dahergestürmt -- und da lag sie nun, am

Ziele ihrer Flucht, erschöpft und gerettet. Die Konsulin schwieg einen

Augenblick.

»Tony!« sagte sie dann mit zärtlichem Vorwurf, zog vorsichtig die große

Nadel hervor, die Frau Permaneders Hut an ihrer Frisur befestigte, legte

den Hut auf die Fensterbank und streichelte liebevoll und beruhigend mit

beiden Händen das starke, aschblonde Haar ihrer Tochter ...

»Was ist, mein Kind ... Was ist geschehen?«

Aber man mußte sich mit Geduld waffnen, denn es dauerte noch ziemlich

lange, bis dieser Frage eine Antwort zuteil wurde.

»Mutter«, brachte Frau Permaneder hervor ... »Mama!« Allein dabei blieb

es.

Die Konsulin erhob den Kopf nach der Glastür, und während sie mit einem

Arm ihre Tochter umfing, streckte sie die freie Hand ihrer Enkelin

entgegen, die dort, einen Zeigefinger am Munde, verlegen stand.

»Komm, Kind; komm her und sage guten Tag. Du bist groß geworden und

siehst frisch und wohl aus, wofür wir Gott danken wollen. Wie alt bist

du nun, Erika?«

»Dreizehn, Großmama ...«

»Tausend! Eine Dame ...«

Und über Tonys Kopf hinweg küßte sie das kleine Mädchen, worauf sie

fortfuhr: »Geh' nun mit Ida hinauf, mein Kind, wir werden bald essen.

Aber jetzt hat Mama mit mir zu reden, weißt du.«

Sie blieben allein.

»Nun, meine liebe Tony? Willst du nicht aufhören zu weinen? Wenn Gott

uns eine Prüfung schickt, so sollen wir sie mit Fassung ertragen. Nimm

dein Kreuz auf dich, heißt es ... Aber hast du vielleicht den Wunsch,

ebenfalls erst hinaufzugehen, ein wenig zu ruhen und dich zu erfrischen

und dann zu mir herunterzukommen? Unsere gute Jungmann hat dein Zimmer

vorbereitet ... Ich danke dir für dein Telegramm. Es hat uns recht sehr

erschreckt ...« Sie unterbrach sich, denn Laute drangen bebend und

gedämpft aus ihren Kleiderfalten hervor: »Er ist ein verworfener Mensch

... ein verworfener Mensch ist er ... ein verworfener ...«

Über dieses starke Wort kam Frau Permaneder nicht hinweg. Es schien sie

völlig zu beherrschen. Sie preßte ihr Gesicht dabei fester in den Schoß

der Konsulin und machte neben dem Stuhle sogar eine Faust.

»Solltest du etwa deinen Mann damit meinen, mein Kind?« fragte die alte

Dame nach einer Pause. »Ich sollte nicht auf diesen Gedanken kommen, ich

weiß es; aber es bleibt mir nichts anderes zu denken übrig, Tony. Hat

Permaneder dir Leid zugefügt? Hast du dich über ihn zu beklagen?«

»Babett ...!« stieß Frau Permaneder hervor ... »Babett ...!«

»Babette?« wiederholte die Konsulin fragend ... Dann lehnte sie sich

zurück und ließ ihre hellen Augen durchs Fenster schweifen. Sie wußte

nun, um was es sich handelte. Eine Pause trat ein, die dann und wann von

Tonys allmählich seltener werdendem Schluchzen unterbrochen ward.

»Tony«, sagte die Konsulin nach einer Weile, »ich sehe nun, daß dir in

der Tat ein Kummer zugefügt worden ist ... daß dir Grund zur Klage

gegeben wurde ... Aber war es nötig, diese Klage so stürmisch zu äußern?

War diese Reise von München hierher notwendig, zusammen mit Erika, so

daß es für weniger verständige Leute als ich und du beinahe den Anschein

haben könnte, als wolltest du niemals zu deinem Manne zurückkehren ...?«

»Das will ich auch nicht!... Nie ...!« rief Frau Permaneder, indem sie

mit einem Ruck den Kopf erhob, ihrer Mutter aus weinenden Augen ganz

wild ins Gesicht blickte und dann ebenso plötzlich ihr Antlitz wieder

in den Kleiderfalten verbarg. Die Konsulin überhörte diesen Ausruf.

»-- Nun aber«, setzte sie mit erhöhter Stimme ein und wandte langsam

ihren Kopf von einer Seite zur anderen ... »nun aber, da du hier bist,

ist es gut so. Denn nun wirst du dein Herz erleichtern können und wirst

mir alles erzählen, und dann wollen wir sehen, wie mit Liebe, Nachsicht

und Bedacht der Schaden zu korrigieren ist.«

»Nie!« sagte Tony noch einmal. »Nie!« Aber dann erzählte sie, und

obgleich man nicht jedes Wort verstand, denn sie sprach in den faltigen

Tuchrock der Konsulin hinein, und ihr Bericht war explosiv und von

Ausrufen der äußersten Entrüstung zerrissen, so ward doch klar, daß ganz

einfach folgender Sachverhalt bestand.

Um die Mitternacht zwischen dem 24. und 25. des laufenden Monats war

Madame Permaneder, die während des Tages an Störungen der Magennerven

gelitten und sehr spät Ruhe gefunden hatte, aus einem leichten Schlummer

geweckt worden. Ein anhaltendes Geräusch dort vorn an der Treppe war

schuld daran gewesen, ein schlecht unterdrückter, geheimnisvoller Lärm,

Соседние файлы в предмете [НЕСОРТИРОВАННОЕ]