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буд 5 часть нем.doc
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05.03.2016
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In den Hosentaschen, und ließ seine Augen auf ihr ruhen, ohne sie zu

sehen, in Gedanken, und indem er langsam den Kopf hin und her bewegte.

»Tony«, sagte er, »du machst mir nichts weis. Ich habe es schon vorher

gewußt, aber in deinen letzten Worten hast du dich verraten. Es ist gar

nicht der Mann. Es ist die Stadt. Es ist gar nicht diese Albernheit auf

der Himmelsleiter. Es ist das Ganze überhaupt. Du hast dich nicht

akklimatisieren können. Sei aufrichtig.«

»Da hast du recht, Thomas!« rief sie. Sie sprang sogar empor dabei und

wies ihm mit ausgestreckter Hand gerade ins Gesicht hinein. Ihr Gesicht

war rot. Sie blieb in einer kriegerischen Haltung stehen, mit der einen

Hand den Stuhl erfaßt, gestikulierte mit der anderen und hielt eine

Rede, eine leidenschaftlich bewegte Rede, die unaufhaltsam

hervorsprudelte. Der Konsul betrachtete sie tief erstaunt. Kaum, daß sie

sich Zeit ließ, Atem zu schöpfen, so brausten und brodelten schon wieder

neue Worte hervor. Ja, sie fand Worte, sie drückte alles aus, was sich

während dieser Jahre an Widerwillen in ihr gesammelt hatte: ein bißchen

ungeordnet und verworren, aber sie drückte es aus. Es war eine

Explosion, ein Ausbruch voll verzweifelter Ehrlichkeit ... Hier entlud

sich etwas, gegen das es keine Widerrede gab, etwas Elementares, worüber

nicht mehr zu streiten war ...

»Da hast du recht, Thomas! Das sage du nur noch einmal! Ha, ich bemerke

dir ausdrücklich, daß ich kein dummes Ding mehr bin und weiß, was ich

Vom Leben zu halten habe. Ich erstarre nicht mehr, wenn ich erfahre, daß

es nicht immer ganz säuberlich zugeht darin. Ich habe Leute wie

Tränen-Trieschke gekannt und bin mit Grünlich verheiratet gewesen und

kenne unsere Suitiers hier in der Stadt. Ich bin keine Unschuld vom

Lande, will ich dir sagen, und die Sache mit Babett an und für sich und

aus dem Zusammenhang genommen, hätte mich nicht auf und davon gejagt,

das glaube mir! Sondern die Sache ist die, Thomas, daß es das Maß voll

gemacht hat ... und dazu gehörte nicht viel, denn es war eigentlich

schon voll ... schon lange voll ... schon lange voll! Ein Nichts hätte

es überfließen lassen und nun gar dies! Nun gar die Erkenntnis, daß ich

mich nicht einmal in diesem Punkte auf Permaneder verlassen konnte! Das

hat allem die Krone aufgesetzt! Das hat dem Faß den Boden ausgeschlagen!

Das hat meinen Entschluß, von München auf und davon zu gehen, mit einem

Schlage zur Reife gebracht, und der war lange, lange im Reifen begriffen

gewesen, Tom, denn ich kann dort unten nicht leben, bei Gott und seinen

heiligen Heerscharen, ich kann es nicht! =Wie= unglücklich ich gewesen

bin, du weißt es nicht, Thomas, denn auch, als du zu Besuch kamst, habe

ich nichts merken lassen, nein, denn ich bin eine Frau von Takt, die

andere nicht mit Klagen belästigt und ihr Herz nicht an jedem Wochentage

auf der Zunge trägt, und habe immer zur Verschlossenheit geneigt. Aber

ich habe gelitten, Tom, gelitten mit allem, was in mir ist, und

sozusagen mit meiner ganzen Persönlichkeit. Wie eine Pflanze, um mich

dieses Bildes zu bedienen, wie eine Blume, die in fremdes Erdreich

verpflanzt worden ... obgleich du den Vergleich wohl unpassend findest,

denn ich bin ein häßliches Weib ... aber in fremderes Erdreich konnte

ich nicht kommen, und lieber ginge ich in die Türkei! Oh, wir sollten

niemals fortgehen, wir hier oben! Wir sollten an unserer Seebucht

bleiben und uns redlich nähren ... Ihr habt euch zuweilen über meine

Vorliebe für den Adel mokiert ... ja, ich habe in diesen Jahren oft an

einige Worte gedacht, die mir vor längerer Zeit einmal jemand gesagt

hat, ein gescheuter Mensch. `Sie haben Sympathie für die Adligen ...´

sagte er, `soll ich Ihnen sagen, warum? Weil Sie selbst eine Adlige

sind! Ihr Vater ist ein großer Herr und Sie sind eine Prinzeß. Ein

Abgrund trennt Sie von uns anderen, die wir nicht zu Ihrem Kreise von

herrschenden Familien gehören ...´ Ja, Tom, wir fühlen uns als Adel und

fühlen einen Abstand und wir sollten nirgend zu leben versuchen, wo man

nichts von uns weiß und uns nicht einzuschätzen versteht, denn wir

werden nichts als Demütigungen davon haben, und man wird uns lächerlich

hochmütig finden. Ja, -- alle haben mich lächerlich hochmütig gefunden.

Man hat es mir nicht gesagt, aber gefühlt habe ich es zu jeder Stunde

und auch darunter habe ich gelitten. Ha! In einem Lande, wo man Torte

mit dem Messer ißt, und wo die Prinzen falsches Deutsch reden, und wo es

als eine verliebte Handlungsweise auffällt, wenn ein Herr einer Dame

den Fächer aufhebt, in einem solchen Lande ist es leicht, hochmütig zu

scheinen, Tom! Akklimatisieren? Nein, bei Leuten ohne Würde, Moral,

Ehrgeiz, Vornehmheit und Strenge, bei unsoignierten, unhöflichen und

saloppen Leuten, bei Leuten, die zu gleicher Zeit träge und

leichtsinnig, dickblütig und oberflächlich sind ... bei solchen Leuten

kann ich mich nicht akklimatisieren und würde es niemals können, so wahr

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