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буд 5 часть нем.doc
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Ist doch am Ende nur der Gram, der ihn aufreibt, den armen Mann ... Was

Neues aus Kopenhagen?«

»Gar nichts, Herr Konsul. Sie wollen nicht. Da hat der Bund gut

erklären, daß die Gesamtverfassung für Holstein und Lauenburg

rechtswidrig ist ... Sie sind da oben ganz einfach nicht dafür zu haben,

sie aufzuheben ...«

»Ja, es ist ganz unerhört, Wenzel. Sie fordern den Bundestag ja zur

Exekution heraus, und wenn er ein bißchen alerter wäre ... Ach ja, diese

Dänen! Ich erinnere mich lebhaft, wie ich mich schon als ganz kleiner

Junge beständig über einen Gesangvers ärgerte, der anfing: `Gib mir, gib

allen denen, die sich von Herzen sehnen ...´ wobei ich `denen´ im Geiste

immer mit `ä´ schrieb und nicht begriff, daß der Herrgott auch den Dänen

irgend etwas geben sollte ...«

»Sehen Sie sich mit der spröden Stelle vor, Wenzel, Sie lachen ... Nun,

und jetzt wieder mit unserer direkten Hamburger Eisenbahn! Das hat schon

diplomatische Kämpfe gekostet und wird noch welche kosten, bis sie in

Kopenhagen die Konzession geben ...«

»Ja, Herr Konsul, und das Dumme ist, daß die Altona-Kieler

Eisenbahngesellschaft und genau besehen ganz Holstein dagegen ist; das

sagte Bürgermeister Doktor Överdieck vorhin auch schon. Sie haben eine

verfluchte Angst für den Aufschwung von Kiel ...«

»Versteht sich, Wenzel. Solche neue Verbindung zwischen Ost- und Nordsee

... Und Sie sollen sehn, die Altona-Kieler wird nicht aufhören, zu

intriguieren. Sie sind imstande, eine Konkurrenzbahn zu bauen:

Ostholsteinisch, Neumünster-Neustadt, ja, das ist nicht ausgeschlossen.

Aber wir dürfen uns nicht einschüchtern lassen, und direkte Fahrt nach

Hamburg müssen wir haben.«

»Herr Konsul nehmen sich der Sache warm an.«

»Tja ... soweit das in meinen Kräften steht, und soweit mein bißchen

Einfluß reicht ... Ich interessiere mich für unsere Eisenbahnpolitik,

und das ist Tradition bei uns, denn mein Vater hat schon seit 51 dem

Vorstand der Büchener Bahn angehört, und daran liegt es denn auch wohl,

daß ich mit meinen zweiunddreißig Jahren hineingewählt bin; meine

Verdienste sind ja noch nicht beträchtlich ...«

»Oh, Herr Konsul; nach Herrn Konsuls Rede damals in der

Bürgerschaft ...«

»Ja, damit habe ich wohl etwas Eindruck gemacht, und der gute Wille ist

jedenfalls vorhanden. Ich kann nur dankbar sein, wissen Sie, daß mein

Vater, Großvater und Urgroßvater mir die Wege geebnet haben, und daß

viel von dem Vertrauen und dem Ansehen, das sie sich in der Stadt

erworben haben, ohne weiteres auf mich übertragen wird, denn sonst

könnte ich mich gar nicht so regen ... Was hat zum Beispiel nach 48 und

zu Anfang dieses Jahrzehnts mein Vater nicht alles für die Reformation

unseres Postwesens getan! Denken Sie mal, Wenzel, wie er in der

Bürgerschaft gemahnt hat, die Hamburger Diligencen mit der Post zu

vereinigen, und wie er _anno_ 50 beim Senate, der damals ganz

unverantwortlich langsam war, mit immer neuen Anträgen zum Anschluß an

den deutsch-österreichischen Postverein getrieben hat ... Wenn wir jetzt

einen niedrigen Portosatz für Briefe haben und die Kreuzbandsendungen

und die Freimarken und Briefkasten und die telegraphischen Verbindungen

mit Berlin und Travemünde, er ist nicht der Letzte, dem wir dafür zu

danken haben, und wenn er und ein paar andere Leute den Senat nicht

immer wieder gedrängt hätten, so wären wir wohl ewig hinter der

dänischen und der Thurn- und Taxischen Post zurückgeblieben. Nun, und

wenn ich jetzt in solchen Sachen meine Meinung sage, so hört man

darauf ...«

»Das weiß Gott, Herr Konsul, da sagen Herr Konsul ein wahres Wort. Und

was die Hamburger Bahn betrifft: Das ist keine drei Tage her, daß

Bürgermeister Doktor Överdieck zu mir gesagt hat: `Wenn wir erst so weit

sind, daß wir in Hamburg ein geeignetes Terrain für den Bahnhof ankaufen

können, dann schicken wir Konsul Buddenbrook mit; Konsul Buddenbrook ist

bei solchen Verhandlungen besser zu gebrauchen als mancher Jurist´ ...

Das waren seine Worte ...«

»Na, das ist mir sehr schmeichelhaft, Wenzel. Aber geben Sie da überm

Kinn noch ein bißchen Schaum; das muß da noch sauberer werden.«

»Ja, kurz und gut, wir müssen uns regen! Nichts gegen Överdieck, aber er

ist eben bei Jahren, und wenn ich Bürgermeister wäre, so ginge alles ein

wenig schneller, meine ich. Ich kann nicht sagen, welche Genugtuung ich

empfinde, daß nun die Arbeiten für die Gasbeleuchtung begonnen haben

und endlich die fatalen Öllampen mit ihren Ketten verschwinden; ich darf

mir gestehen, daß ich auch nicht ganz unbeteiligt an diesem Erfolge bin

... Ach, was gibt es nicht noch alles zu tun! Denn, Wenzel, die Zeiten

ändern sich, und wir haben eine Menge von Verpflichtungen gegen die neue

Zeit. Wenn ich an meine erste Jugend denke ... Sie wissen besser, als

ich, wie es damals bei uns aussah. Die Straßen ohne Trottoirs und

zwischen den Pflastersteinen fußhoher Graswuchs und die Häuser mit

Vorbauten und Beischlägen und Bänken ... Und unsere Bauten aus dem

Mittelalter waren durch Anbauten verhäßlicht und bröckelten nur so

herunter, denn die einzelnen Leute hatten wohl Geld, und niemand

hungerte; aber der Staat hatte gar nichts, und alles wurstelte so

weiter, wie mein Schwager Permaneder sagt, und an Reparaturen war nicht

zu denken. Das waren ganz behäbige und glückliche Generationen damals,

und der Intimus meines Großvaters, wissen Sie, der gute Jean Jacques

Hoffstede, spazierte umher und übersetzte kleine unanständige Gedichte

aus dem Französischen ... aber beständig so weiter konnte es nicht

gehen; es hat sich vieles geändert und wird sich noch immer mehr ändern

müssen ... Wir haben nicht mehr 37000 Einwohner, sondern schon über 50,

wie Sie wissen, und der Charakter der Stadt ändert sich. Da haben wir

Neubauten, und die Vorstädte, die sich ausdehnen, und gute Straßen und

können die Denkmäler aus unserer großen Zeit restaurieren. Aber das ist

am Ende bloß äußerlich. Das meiste vom Wichtigsten steht noch aus, mein

lieber Wenzel; und nun bin ich wieder bei dem _ceterum censeo_ meines

seligen Vaters angelangt: der Zollverein, Wenzel, wir müssen in den

Zollverein, das sollte gar keine Frage mehr sein, und Sie müssen mir

alle helfen, wenn ich dafür kämpfe ... Als Kaufmann, glauben Sie mir,

weiß ich da besser Bescheid als unsere Diplomaten, und die Angst, an

Selbständigkeit und Freiheit einzubüßen, ist lächerlich in diesem Falle.

Das Inland, die Mecklenburg und Schleswig-Holstein, würde sich uns

erschließen, und das ist um so wünschenswerter, als wir den Verkehr mit

dem Norden nicht mehr so vollständig beherrschen wie früher ... genug

... bitte, das Handtuch, Wenzel«, schloß der Konsul, und wenn dann noch

über den augenblicklichen Kurs des Roggens ein Wort gesagt worden war,

der auf 55 Taler stehe und noch immer verflucht zum Fallen inkliniere,

wenn vielleicht noch eine Bemerkung über irgendein Familienereignis in

der Stadt gefallen war, so verschwand Herr Wenzel durch das Souterrain,

um auf der Straße sein blankes Schaumgefäß aufs Pflaster zu entleeren,

und der Konsul stieg über die Wendeltreppe ins Schlafzimmer hinauf, wo

er Gerda, die unterdessen erwacht war, auf die Stirn küßte und sich

ankleidete.

Diese kleinen Morgengespräche mit dem aufgeweckten Barbier bildeten die

Einleitung zu den lebhaftesten und tätigsten Tagen, über und über

ausgefüllt mit Denken, Reden, Handeln, Schreiben, Berechnen, Hin- und

Widergehen ... Dank seinen Reisen, seinen Kenntnissen, seinen Interessen

war Thomas Buddenbrook in seiner Umgebung der am wenigsten bürgerlich

beschränkte Kopf, und sicherlich war er der erste, die Enge und

Kleinheit der Verhältnisse zu empfinden, in denen er sich bewegte. Aber

draußen in seinem weiteren Vaterlande war auf den Aufschwung des

öffentlichen Lebens, den die Revolutionsjahre gebracht hatten, eine

Periode der Erschlaffung, des Stillstandes und der Umkehr gefolgt, zu

öde, um einen lebendigen Sinn zu beschäftigen, und so besaß er denn

Geist genug, um den Spruch von der bloß symbolischen Bedeutung alles

menschlichen Tuns zu seiner Lieblingswahrheit zu machen und alles, was

an Wollen, Können, Enthusiasmus und aktivem Schwung sein eigen war, in

den Dienst des kleinen Gemeinwesens zu stellen, in dessen Bezirk sein

Name zu den ersten gehörte -- sowie in den Dienst dieses Namens und des

Firmenschildes, das er ererbt ... Geist genug, seinen Ehrgeiz, es im

kleinen zu Größe und Macht zu bringen, gleichzeitig zu belächeln und

ernst zu nehmen.

Kaum hatte er, von Anton bedient, im Speisezimmer das Frühstück

genommen, so machte er Straßentoilette und begab sich in sein Kontor an

der Mengstraße. Er verweilte dort nicht viel länger als eine Stunde. Er

schrieb zwei oder drei dringende Briefe und Telegramme, erteilte diese

oder jene Weisung, gab gleichsam dem großen Triebrade des Geschäftes

einen kleinen Stoß und überließ dann die Überwachung des Fortganges dem

bedächtigen Seitenblick des Herrn Marcus.

Er zeigte sich und sprach in Sitzungen und Versammlungen, verweilte an

der Börse unter den gotischen Arkaden am Marktplatz, tat

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