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буд 5 часть нем.doc
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Von denen sie mit Erlaubnis des Kellners sogar einige zum Andenken in

die Tasche steckte; und dann saß, während Herr Permaneder mehrere

tiefschwarze Zigarren zum Biere und der Konsul seine Zigaretten rauchte,

die Familie mit ihrem Gaste noch längere Zeit beisammen und plauderte;

-- bemerkenswert aber war, daß niemand mehr der Abreise des Herrn

Permaneder gedachte und daß überhaupt die Zukunft völlig unberührt

gelassen ward. Vielmehr tauschte man Erinnerungen aus, besprach die

politischen Ereignisse der letzten Jahre, und Herr Permaneder

berichtete, nachdem er über einige achtundvierziger Anekdoten, die die

Konsulin ihrem verstorbenen Gatten nacherzählte, sich vor Lachen

geschüttelt hatte, von der Revolution in München und von Lola Montez,

für welche Frau Grünlich sich unbändig interessierte. Dann aber, als

allgemach die erste Stunde nach Mittag vorüber war, als Erika, ganz

erhitzt und bepackt mit Gänseblumen, Wiesenschaumkraut und Gräsern, von

einem Streifzug mit Ida zurückkehrte und die Pfeffernüsse in Erinnerung

brachte, die noch einzukaufen seien, brach man zu einem Gang in den Ort

hinunter auf ... nicht bevor die Konsulin, deren Gäste heut alle waren,

mit einem gar nicht kleinen Goldstück die Rechnung beglichen hatte.

Vorm Gasthaus ward Order gegeben, daß in einer Stunde der Wagen

bereitstehen solle, denn man wollte in der Stadt vor Tisch noch ein

wenig ruhen können; und dann wanderten sie langsam, denn die Sonne

brannte auf den Staub, den niedrigen Häusern des Fleckens zu.

Gleich nach der Au-Brücke ordnete sich ungezwungen und von selbst die

Reihenfolge, die dann während des Weges innegehalten ward: Voran nämlich

war Mamsell Jungmann, vermöge ihrer langen Schritte, neben der

unermüdlich springenden und nach Kohlweißlingen jagenden Erika, dann

folgten miteinander die Konsulin, Thomas und Gerda und zuletzt, in

einigem Abstande sogar, Frau Grünlich mit Herrn Permaneder. Vorn war es

laut, denn das kleine Mädchen jubelte, und Ida stimmte mit ihrem

eigentümlich tiefen, gutmütigen Wiehern ein. In der Mitte schwiegen alle

drei, denn Gerda war wegen des Staubes aufs neue in eine nervöse

Verzagtheit verfallen, und die alte Konsulin sowohl wie ihr Sohn waren

in Gedanken. Auch hinten war es still ... aber nur scheinbar, denn Tony

und der Gast aus Bayern unterhielten sich gedämpft und intim. -- Wovon

sprachen sie? Von Herrn Grünlich ...

Herr Permaneder hatte die treffende Bemerkung gemacht, daß Erika »fei«

ein gar zu liebes und hübsches Kind sei, daß sie aber trotzdem der Frau

Mama fast gar nicht ähnlich sehe; worauf Tony geantwortet hatte: »Sie

ist ganz der Vater, und man kann sagen: nicht zu ihrem Schaden, denn

äußerlich war Grünlich ein Gentleman -- alles, was wahr ist! So hatte er

goldfarbene Favoris; völlig originell; ich habe nie wieder dergleichen

gesehen ...«

Und dann erkundigte er sich, obgleich Tony ihm schon bei Niederpaurs in

München die Geschichte ihrer Ehe ziemlich genau erzählt hatte, noch

einmal genau nach allem und erfragte eingehend und mit einem ängstlich

teilnehmenden Blinzeln alle Einzelheiten bei dem Bankerott ...

»Er war ein böser Mensch, Herr Permaneder, sonst hätte Vater mich ihm

nicht wieder weggenommen, das können Sie mir glauben. Nicht alle

Menschen haben auf Erden immer ein gutes Herz, das hat das Leben mich

gelehrt, wissen Sie, so jung wie ich für eine Person, die seit zehn

Jahren Witwe oder etwas Ähnliches ist, noch bin. Er war böse, und

Kesselmeyer, sein Bankier, der obendrein so albern war wie ein junger

Hund, war noch böser. Aber das soll nicht heißen, daß ich mich selbst

für einen Engel halte und aller Schuld bar erachte ... mißverstehen Sie

mich nicht! Grünlich vernachlässigte mich, und wenn er einmal bei mir

saß, so las er die Zeitung, und er hinterging mich und ließ mich

beständig in Eimsbüttel sitzen, weil ich in der Stadt von dem Morast

hätte erfahren können, darin er steckte ... Aber ich bin auch nur eine

schwache Frau und habe meine Fehler und bin ganz sicher nicht immer

richtig zu Werke gegangen. Zum Beispiel gab ich meinem Mann durch

Leichtsinn und Verschwendungssucht und neue Schlafröcke Grund zu Sorge

und Klage ... Aber eins darf ich hinzufügen: ich habe eine

Entschuldigung, und die besteht darin, daß ich ein Kind war, als ich

heiratete, eine Gans war ich, ein dummes Ding. Glauben Sie zum Beispiel,

daß ich ganz kurze Zeit vor meiner Verlobung auch nur gewußt hätte, daß

vier Jahre früher die Bundesgesetze über die Universitäten und die

Presse erneuert worden seien? Schöne Gesetze übrigens!... Ach, ja, es

ist wahrhaftig so sehr traurig, daß man nur einmal lebt, Herr

Permaneder, daß man das Leben nicht noch einmal anfangen kann; man würde

so manches geschickter anfassen ...«

Sie schwieg und blickte gespannt auf den Weg nieder; sie hatte ihm,

nicht ohne Geschick, einen Anhaltspunkt gegeben, denn die Erwägung lag

gar nicht fern, daß ein ganz neues Leben zu beginnen zwar unmöglich, der

Wiederbeginn einer neuen, besseren Ehe aber doch nicht ausgeschlossen

sei. Allein Herr Permaneder ließ die Gelegenheit vorübergehen und

beschränkte sich darauf, mit heftigen Worten auf Herrn Grünlich zu

schelten, wobei die Fliege über seinem kleinen, runden Kinn sich

sträubte ...

»Der fade Kerl, der z'widre! Den wann i dahier hätt', den Hund, den

ausg'schamten, der wann net a Watschen dawischen tät' ...«

»Pfui, Herr Permaneder! Nein, damit müssen Sie aufhören. Wir sollen

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