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буд 5 часть нем.doc
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Ich denn anders? Konnte ich es denn?!... Sie, die nun bei Gott, und all

dem entrückt ist, sie schreibt mir von ihrem Sterbebette aus ... mit

Bleistift ... mit zitternder Hand ... `Mutter´, schreibt sie, `wir

werden uns hier unten niemals wiedersehen, und dies sind, das fühle ich

so deutlich, meine letzten Zeilen ... Mit meinem letzten Bewußtsein

schreibe ich sie, das meinem Manne gilt ... Gott hat uns nicht mit

Kindern gesegnet; aber was =mein= gewesen wäre, wenn ich Dich überlebt

hätte, laß es, wenn Du mir dereinst =dorthin= nachfolgst -- laß es =ihm=

zufallen, damit er es zu seinen Lebzeiten genieße! Mutter, es ist meine

letzte Bitte ... die Bitte einer Sterbenden ... Du wirst sie mir nicht

abschlagen ...´ Nein, Thomas! ich habe sie ihr nicht abgeschlagen; ich

konnte es nicht! Ich habe ihr depeschiert, und sie ist in Frieden

hinübergegangen ...« Die Konsulin weinte heftig.

»Und man gönnt mir nicht eine Silbe! Man verheimlicht mir alles! Man

geht über mich hinweg!« wiederholte der Senator.

»Ja, ich =habe= geschwiegen, Thomas; denn ich fühlte, daß ich die letzte

Bitte meines sterbenden Kindes erfüllen =mußte= ... und ich weiß, daß du

Versucht hättest, es mir zu verbieten!«

»Ja! bei Gott! Das hätte ich!«

»Und du hättest das Recht nicht dazu gehabt, denn drei meiner Kinder

sind einig mit mir!«

»Oh, mich dünkt, meine Meinung wiegt die zweier Damen und eines maroden

Narren auf ...«

»Du sprichst so lieblos von deinen Geschwistern, wie hart zu mir!«

»Klara war eine fromme aber unwissende Frau, Mutter! Und Tony ist ein

Kind, -- das übrigens bis zur Stunde ebenfalls nichts gewußt hat, denn

es hätte ja zur Unzeit geplaudert, nicht wahr? Und Christian?... Ja, er

hat sich Christians Einwilligung verschafft, dieser Tiburtius ... Wer

hätte dergleichen von ihm erwartet?!... Weißt du noch nicht, begreifst

du noch nicht, was er ist, dieser ingeniöse Pastor? Ein Wicht ist er!

Ein Erbschleicher ...!«

»Schwiegersöhne sind immer Filous«, sagte Frau Permaneder mit dumpfer

Stimme.

»Ein Erbschleicher! Was tut er? Er fährt nach Hamburg, er setzt sich an

Christians Bett und redet auf ihn ein. `Ja!´ sagt Christian. `Ja,

Tiburtius. Gott befohlen. Haben Sie einen Begriff von der Qual in meiner

linken Seite?...´ Oh, Dummheit und Schlechtigkeit sind gegen mich

verschworen --!« Und der Senator -- außer sich, an das Schmiedeeisengitter

der Ofennische gelehnt -- drückte seine beiden verschlungenen Hände

gegen die Stirn.

Dieser Paroxysmus von Entrüstung entsprach nicht den Umständen! Nein, es

waren nicht diese 127500 Kurantmark, die ihn in einen Zustand

versetzten, wie ihn noch niemals irgend jemand an ihm beobachtet hatte!

Es war vielmehr dies, daß in seinem vorher schon gereizten Empfinden

sich auch dieser Fall noch der Kette von Niederlagen und Demütigungen

anreihte, die er während der letzten Monate im Geschäft und in der Stadt

hatte erfahren müssen ... Nichts fügte sich mehr! Nichts ging mehr nach

seinem Willen! War es so weit gekommen, daß man im Hause seiner Väter in

den wichtigsten Angelegenheiten »über ihn hinwegging« ...? Daß ein

Rigaer Pastor ihn rücklings übertölpelte?... Er hätte es verhindern

können, aber sein Einfluß war gar nicht erprobt worden! Die Ereignisse

waren ohne ihn ihren Gang gegangen! Aber ihm schien, daß das früher

nicht hätte geschehen können, daß es früher nicht =gewagt= haben würde,

zu geschehen! Es war eine neue Erschütterung des eigenen Glaubens an

sein Glück, seine Macht, seine Zukunft ... Und es war nichts als seine

innere Schwäche und Verzweiflung, die vor Mutter und Schwester während

dieses Auftrittes hervorbrach.

Frau Permaneder stand auf und umarmte ihn.

»Tom«, sagte sie, »beruhige dich doch! Komm doch zu dir! Ist es so

schlimm? Du machst dich ja krank! Tiburtius braucht ja nicht gar so

lange zu leben ... und nach seinem Tode fällt ja das Erbteil an uns

zurück! Und es soll ja auch geändert werden, wenn du willst! Kann es

nicht geändert werden, Mama?«

Die Konsulin antwortete nur mit Schluchzen.

»Nein ... ach nein!« sagte der Senator, indem er sich zusammenraffte und

mit der Hand eine schwach ablehnende Geste beschrieb. »Es ist, wie es

ist. Meint ihr, ich werde in die Gerichte laufen und gegen meine Mutter

prozessieren, um dem internen Skandal einen öffentlichen hinzuzufügen?

Es gehe wie es will ...« schloß er und ging mit erschlafften Bewegungen

zur Glastür, wo er noch einmal stehenblieb.

»Nur glaubt nicht, daß es zum besten mit uns steht«, sagte er gedämpft.

»Tony hat 80000 Kurantmark verloren ... und Christian hat außer seiner

Mitgift von 50000, die er vertan, schon an die 30000 Vorschuß verbraucht

... die sich vermehren werden, da er ohne Verdienst ist und eine Kur in

Öynhausen gebrauchen wird ... Nun fällt nicht nur Klaras Mitgift für

immer, sondern dereinst auch ihr ganzer Vermögensanteil für

unbestimmbare Zeit aus der Familie hinaus ... Und die Geschäfte gehen

schlecht, sie gehen zum Verzweifeln, genau seit der Zeit, daß ich mehr

als Hunderttausend an mein Haus gewandt habe ... Nein, es steht nicht

gut um eine Familie, in der Veranlassung gegeben wird zu Auftritten wie

dieser hier. Glaubt mir -- glaubt mir das eine: Wäre Vater am Leben,

wäre er hier bei uns zugegen: er würde die Hände falten und uns alle der

Gnade Gottes empfehlen.«

Achtes Kapitel

Krieg und Kriegsgeschrei, Einquartierung und Geschäftigkeit: Preußische

Offiziere bewegen sich in der parkettierten Zimmerflucht der Bel-Etage

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