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буд 5 часть нем.doc
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Ich kann nichts mehr ausrichten ... Ja, ihr müßt mir nun schon das

Gnadenbrot geben, mir unnützem Weibe. Ich hätte nicht gedacht, daß es

mir so gänzlich mißlingen würde, dir ein wenig zur Seite zu stehen, Tom!

Nun mußt du ganz allein zusehen, daß wir Buddenbrooks den Platz

behaupten ... Und Gott sei mit dir.«

Es rollten zwei Tränen, große, helle Kindertränen über ihre Wangen

hinunter, deren Haut anfing, kleine Unebenheiten zu zeigen.

Elftes Kapitel

Tony ging nicht müßig, sie nahm ihre Sache in die Hand. In der Hoffnung,

sie möchte sich beruhigen, besänftigen, anderen Sinnes werden, hatte der

Konsul vorläufig nur eines von ihr verlangt: sich still zu verhalten

und, sowie auch Erika, das Haus nicht zu verlassen. Alles konnte sich

zum besten wenden ... Fürs erste sollte nichts in der Stadt bekannt

werden. Der Familientag, am Donnerstag, ward abgesagt.

Aber schon am ersten Tage nach Frau Permaneders Ankunft ward

Rechtsanwalt Doktor Gieseke durch ein Schreiben von ihrer Hand in die

Mengstraße entboten. Sie empfing ihn allein, in dem Mittelzimmer am

Korridor der ersten Etage, wo geheizt worden war und wo sie zu

irgendeinem Behufe auf einem schweren Tische ein Tintenfaß, Schreibzeug

und eine Menge weißen Papiers in Folioformat, das von unten aus dem

Kontor stammte, geordnet hatte. Man nahm in zwei Lehnstühlen Platz ...

»Herr Doktor!« sagte sie, indem sie die Arme kreuzte, den Kopf

zurücklegte und zur Decke emporblickte. »Sie sind ein Mann, der das

Leben kennt, sowohl als Mensch wie von Berufs wegen; ich darf offen zu

Ihnen sprechen!« Und dann eröffnete sie ihm, wie sich mit Babett und im

Schlafzimmer alles begeben habe, worauf Doktor Gieseke bedauerte, ihr

erklären zu müssen, daß weder der betrübende Vorfall auf der Treppe,

noch die gewisse, ihr zuteil gewordene Beschimpfung, über die des Nähern

sich zu äußern sie sich weigere, einen hinlänglichen Scheidungsgrund

darstelle.

»Gut«, sagte sie. »Ich danke Ihnen.«

Dann ließ sie sich eine Übersicht der zu Recht bestehenden

Scheidungsgründe liefern und nahm daranschließend mit offenem Kopf und

eindringlichem Interesse einen längeren dotalrechtlichen Vortrag

entgegen, worauf sie den Doktor Gieseke vorläufig mit ernster

Freundlichkeit entließ.

Sie begab sich ins Erdgeschoß hinab und nötigte den Konsul in sein

Privatkontor.

»Thomas«, sagte sie, »ich bitte dich, dem Manne nun unverzüglich zu

schreiben ... ich nenne nicht gern seinen Namen. Was mein Geld

betrifft, so bin ich aufs genaueste unterrichtet. Er soll sich erklären.

So oder so, mich sieht er nicht wieder. Willigt er in die rechtskräftige

Scheidung, gut, so betreiben wir Rechnungslegung sowie Erstattung meiner

_dos_. Weigert er sich, so brauchen wir ebenfalls nicht zu verzagen,

denn du mußt wissen, Tom, daß Permaneders Recht an meiner _dos_ nach

seiner juristischen Gestalt allerdings Eigentum ist, -- gewiß, das ist

zuzugeben! -- daß ich aber materiell immerhin auch meine Befugnisse

habe, Gottseidank ...«

Der Konsul ging, die Hände auf dem Rücken, umher und bewegte nervös die

Schultern, denn das Gesicht, mit dem sie das Wort »_dos_« hervorbrachte,

war gar zu unsäglich stolz.

Er hatte keine Zeit. Er war bei Gott überhäuft. Sie sollte sich gedulden

und sich gefälligst noch fünfzigmal besinnen! Ihm stand jetzt zunächst,

und zwar morgenden Tages, eine Fahrt nach Hamburg bevor: zu einer

Konferenz, einer leidigen Unterredung mit Christian. Christian hatte

geschrieben, um Unterstützung, um Aushilfe geschrieben, welche die

Konsulin seinem dereinstigen Erbe entnehmen mußte. Um seine Geschäfte

stand es jammervoll, und obgleich er beständig einer Reihe von

Beschwerden unterlag, schien er sich im Restaurant, im Zirkus, im

Theater doch königlich zu amüsieren, und, den Schulden nach zu urteilen,

die jetzt zutage kamen und die er auf seinen gut klingenden Namen hin

hatte machen können, weit über seine Verhältnisse zu leben. Man wußte in

der Mengstraße, wußte es im »Klub« und in der ganzen Stadt, wer vor

allem schuld daran war. Es war eine weibliche Person, eine

alleinstehende Dame, die Aline Puvogel hieß und zwei hübsche Kinder

besaß. Von den Hamburger Kaufherren stand nicht Christian Buddenbrook

allein zu ihr in engen und kostspieligen Beziehungen ...

Kurz, es gab außer Tonys Scheidungswünschen der widerwärtigen Dinge

noch mehr, und die Fahrt nach Hamburg war dringlich. Übrigens war es

wahrscheinlich, daß Permaneder seinerseits zunächst selbst von sich

hören lassen würde ...

Der Konsul reiste, und er kehrte in zorniger und trüber Stimmung zurück.

Da aber aus München noch immer keine Nachricht gekommen war, so sah er

sich genötigt, den ersten Schritt zu tun. Er schrieb; schrieb kühl,

sachlich und ein wenig von oben herab: Unleugbar sei Antonie im

Zusammenleben mit Permaneder schweren Enttäuschungen ausgesetzt gewesen

... auch abgesehen von Einzelheiten habe sie im großen und ganzen das

erhoffte Glück in dieser Ehe nicht finden können ... ihr Wunsch, das

Bündnis gelöst zu sehen, müsse dem billig Denkenden berechtigt

erscheinen ... leider scheine ihr Entschluß, nicht nach München

zurückzukehren, unerschütterlich festzustehen ... Und es folgte die

Frage, wie Permaneder sich diesen Tatsachen gegenüber verhalte ...

Tage der Spannung!... Dann antwortete Herr Permaneder.

Er antwortete, wie niemand, wie weder Doktor Gieseke, noch die Konsulin,

noch Thomas, noch selbst Antonie es erwartet hatte. Er willigte mit

schlichten Worten in die Scheidung.

Er schrieb, daß er das Vorgefallene herzlich bedaure, daß er aber

Antoniens Wünsche respektiere, denn er sähe ein: sie und er paßten »doch

halt nimmer so recht zueinand'«. Wenn er ihr schwere Jahre bereitet

habe, so möge sie versuchen, sie zu vergessen und ihm zu verzeihen ...

Da er sie und Erika wohl nicht wiedersehen werde, so wünsche er ihr und

dem Kinde für immer alles erdenkliche Glück ... Alois Permaneder. --

Ausdrücklich erbot er sich in einer Nachschrift zur sofortigen

Restituierung der Mitgift. Er für sein Teil könne mit dem Seinen sorglos

leben. Er brauche keine Frist, denn Geschäfte seien nicht abzuwickeln,

das Haus sei seine Sache, und die Summe sei sofort liquid. --

Tony war fast ein wenig beschämt und fühlte sich zum ersten Male

geneigt, Herrn Permaneders geringe Leidenschaft in Geldangelegenheiten

lobenswert zu finden.

Nun trat Doktor Gieseke aufs neue in Funktion, er setzte sich mit dem

Gatten in betreff des Scheidungsgrundes in Verbindung, »beiderseitige

unüberwindliche Abneigung« ward festgesetzt, und der Prozeß begann --

Tonys zweiter Scheidungsprozeß, dessen Phasen sie mit Ernst,

Sachkenntnis und ungeheurem Eifer verfolgte. Sie sprach davon, wo sie

ging und stand, so daß der Konsul mehrere Male ärgerlich wurde. Sie war

fürs erste nicht imstande, seinen Kummer zu teilen. Sie war in Anspruch

genommen von Wörtern wie »Früchte«, »Erträgnisse«, »Akzessionen«,

»Dotalsachen«, »Tangibilien«, die sie, den Kopf zurückgelegt und die

Schultern ein wenig emporgezogen, mit würdevoller Geläufigkeit beständig

hervorbrachte. Den tiefsten Eindruck von Doktor Giesekes

Auseinandersetzungen hatte ihr ein Paragraph gemacht, der von einem

etwaigen im Dotalgrundstück gefundenen »Schatze« handelte, welcher als

Bestandteil des Dotalvermögens anzusehen und nach Beendigung der Ehe

herauszugeben sei. Von diesem Schatze, der gar nicht vorhanden war,

erzählte sie aller Welt: Ida Jungmann, Onkel Justus, der armen

Klothilde, den Damen Buddenbrook in der Breiten Straße, die übrigens,

als ihnen die Ereignisse bekanntgeworden waren, die Hände im Schoße

zusammengeschlagen und sich angeblickt hatten: starr vor Erstaunen, daß

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