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буд 5 часть нем.doc
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Ihn verlassen, denn ich glaube wirklich, daß er mit Noppe bei der

Niederpaurschen Brauerei ziemlich viel verdient. Und wenn ich seine Frau

bin, Ida, das sollst du sehen, dann will ich schon dafür sorgen, daß er

ehrgeiziger wird und uns weiterbringt und sich anstrengt und mir und

uns allen Ehre macht, denn =die= Verpflichtung übernimmt er schließlich,

wenn er eine Buddenbrook heiratet!«

Sie faltete die Hände unterm Kopf und sah zur Decke hinauf.

»Ja, das ist nun gut und gern seine zehn Jahre her, seit ich Grünlich

nahm ... Zehn Jahre! Und nun bin ich wieder so weit und soll wieder

jemandem mein Jawort erteilen. Weißt du, Ida, das Leben ist furchtbar

ernst!... Aber der Unterschied ist, daß damals ein großes Wesen gemacht

wurde und alle mich drängten und quälten, und daß sich jetzt alle ganz

still verhalten und es als selbstverständlich nehmen, daß ich Ja sage;

denn du mußt wissen, Ida, diese Verlobung mit Alois -- ich sage schon

Alois, denn es soll ja schließlich doch sein -- ist gar nichts

Festliches und Freudiges, und um mein Glück handelt es sich eigentlich

gar nicht dabei, sondern, indem ich diese zweite Ehe eingehe, mache ich

nur in aller Ruhe und Selbstverständlichkeit meine erste Ehe wieder gut,

denn das ist meine Pflicht unserem Namen gegenüber. So denkt Mutter, und

so denkt Tom ...«

»Ach wo, Tonychen! wenn ihn nicht wirst wollen, und wenn er dich nicht

wird glücklich machen ...«

»Ida, ich kenne das Leben und bin keine Gans mehr und habe meine Augen

Im Kopf. Mutter ... Das mag sein, die würde nicht geradezu darauf

dringen, denn über fragwürdige Dinge geht sie hinweg und sagt _Assez_.

Aber Tom, der will es. Lehre du mich Tom kennen! Weißt du, wie Tom

denkt? Er denkt: `Jeder! Jeder, der nicht absolut unwürdig ist. Denn es

handelt sich diesmal nicht um eine glänzende Partie, sondern nur darum,

daß die Scharte von damals durch eine zweite Ehe so ungefähr wieder

ausgewetzt wird.´ So denkt er. Und sobald Permaneder angekommen war, hat

Tom in aller Stille geschäftliche Erkundigungen über ihn eingezogen, da

sei überzeugt, und als die ziemlich günstig und sicher lauteten, da war

es beschlossene Sache bei ihm ... Tom ist ein Politiker und weiß, was er

will. Wer hat Christian an die Luft gesetzt?... Obgleich das ein hartes

Wort ist, Ida, aber es verhält sich so. Und warum? Weil er die Firma und

die Familie kompromittierte, und das tue ich in seinen Augen auch, Ida,

nicht mit Taten und Worten, sondern mit meiner bloßen Existenz als

geschiedene Frau. Das, will er, soll aufhören, und damit hat er recht,

und ich liebe ihn darum bei Gott nicht weniger und hoffe auch, daß das

auf Gegenseitigkeit beruht. Schließlich habe ich mich in all diesen

Jahren immer danach gesehnt, wieder ins Leben hinauszutreten, denn ich

langweile mich bei Mutter, Gott strafe mich, wenn das eine Sünde ist,

aber ich bin kaum dreißig und fühle mich jung. Das ist verschieden

Verteilt im Leben, Ida; du hattest mit dreißig schon graues Haar, das

liegt in eurer Familie, und dein Onkel Prahl, der am Schluckauf

starb ...«

Sie stellte noch mehrere Betrachtungen an in dieser Nacht, sagte hie und

da noch einmal: »Schließlich soll es ja doch so sein«, und schlummerte

dann fünf Stunden lang sanft und tief.

Sechstes Kapitel

Dunst lag über der Stadt, aber Herr Longuet, Mietkutschenbesitzer in der

Johannisstraße, der um acht Uhr in eigener Person einen gedeckten, aber

an allen Seiten offenen Gesellschaftswagen in der Mengstraße vorfuhr,

sagte: »In 'ner lütten Stund' is de Sünn durch«, und somit konnte man

beruhigt sein.

Die Konsulin, Antonie, Herr Permaneder, Erika und Ida Jungmann hatten

miteinander gefrühstückt und fanden sich nun einer nach dem anderen

reisefertig auf der großen Diele ein, um Gerda und Tom zu erwarten. Frau

Grünlich, in cremefarbenem Kleide mit einer Atlaskrawatte unterm Kinn,

sah trotz der verkürzten Nachtruhe ganz vortrefflich aus; Zagen und

Fragen schienen in ihr ein Ende gefunden zu haben, denn ihre Miene,

während sie im Gespräch mit dem Gaste langsam die Knöpfe ihrer leichten

Handschuhe schloß, war ruhig, sicher, fast feierlich ... Sie hatte die

Stimmung wiedergefunden, die ihr aus früheren Zeiten her wohlbekannt

war. Das Gefühl ihrer Wichtigkeit, der Bedeutsamkeit der Entscheidung,

die ihr anheimgestellt war, das Bewußtsein, daß abermals ein Tag

gekommen sei, der es ihr zur Pflicht mache, mit ernstem Entschluß in die

Geschichte ihrer Familie einzugreifen, erfüllte sie und machte ihr Herz

höher schlagen. Diese Nacht hatte sie im Traume die Stelle in den

Familienpapieren vor Augen gesehen, an der sie die Tatsache ihrer

zweiten Verlobung zu vermerken gedachte ... diese Tatsache, die jenen

schwarzen Flecken, den die Blätter enthielten, tilgte und bedeutungslos

machte, und nun freute sie sich mit Spannung auf den Augenblick, wo Tom

erscheinen und sie ihn mit ernsthaftem Nicken begrüßen würde ...

Etwas verspätet, denn die junge Konsulin Buddenbrook war nicht gewohnt,

so früh ihre Toilette zu beenden, traf der Konsul mit seiner Gattin ein.

Er sah gut und munter aus in seinem hellbraunen, kleinkarierten Anzug,

dessen breite Reverse den Rand der Sommerweste sehen ließen, und seine

Augen lächelten, als er Tonys unvergleichlich würdevolle Miene gewahrte.

Aber Gerda, deren ein wenig morbide und rätselhafte Schönheit einen

seltsamen Gegensatz zu der hübschen Gesundheit ihrer Schwägerin bildete,

zeigte durchaus keine Sonntags- und Ausflugsstimmung. Wahrscheinlich

hatte sie nicht ausgeschlafen. Das satte Lila, das die Grundfarbe ihrer

Robe ausmachte und in höchst eigenartiger Weise mit dem Dunkelrot ihres

schweren Haares zusammenklang, ließ ihren Teint noch weißer, noch matter

erscheinen; tiefer und dunkler als sonst lagerten in den Winkeln ihrer

nahe beieinander liegenden braunen Augen bläuliche Schatten ... Kalt bot

sie ihrer Schwiegermutter die Stirn zum Kusse, reichte Herrn Permaneder

mit ziemlich ironischem Ausdruck die Hand, und als Frau Grünlich bei

ihrem Anblick die Hände zusammenschlug und mit lauter Stimme ausrief:

»Gerda, o Gott, wie =schön= bist du wieder --!« antwortete sie lediglich

mit einem ablehnenden Lächeln.

Sie hegte eine tiefe Abneigung gegen Unternehmungen wie die heutige:

zumal im Sommer, und nun gar am Sonntag. Sie, deren Wohnräume meistens

verhängt, im Dämmerlicht lagen, und die selten ausging, fürchtete die

Sonne, den Staub, die festtäglich gekleideten Kleinbürger, den Geruch

von Kaffee, Bier, Tabak ... und über alles in der Welt verabscheute sie

die Erhitzung, das Derangement. »Mein lieber Freund«, hatte sie

beiläufig zu Thomas gesagt, als die Ausfahrt nach Schwartau und dem

»Riesebusch« verabredet worden war, damit der Münchener Gast auch ein

wenig von der Umgebung der alten Stadt kennenlerne -- »du weißt: wie

Gott mich gemacht hat, bin ich auf Ruhe und Alltag angewiesen ... In

diesem Falle ist man für Anregung und Abwechselung nicht geschaffen.

Nicht wahr, ihr dispensiert mich ...«

Sie würde ihn nicht geheiratet haben, wenn sie nicht bei solchen Dingen

im wesentlichen seiner Zustimmung sicher gewesen wäre.

»Ja, lieber Gott, du hast natürlich recht, Gerda. Daß man sich bei

derartigen Sachen amüsiert, ist meistens bloß Einbildung ... Aber man

macht sie eben mit, weil man vor den anderen und sich selbst nicht gern

als Sonderling erscheinen möchte. Diese Eitelkeit hegt jeder, du

nicht?... Man gerät sonst leicht in einen Schein von Vereinsamung und

Unglück und büßt an Achtung ein. Und dann noch eins, liebe Gerda ... Wir

alle haben Ursache, dem Herrn Permaneder ein bißchen den Hof zu machen.

Ich zweifle nicht, daß du die Situation übersiehst. Es entwickelt sich

da etwas, und es wäre schade, ganz einfach schade, käme es nicht

zustande ...«

»Ich sehe nicht ein, lieber Freund, inwiefern meine Gegenwart ... aber

gleichviel. Da du es wünschest, so sei es. Lassen wir dies Vergnügen

über uns ergehen.«

»Ich werde dir aufrichtig verbunden sein.« --

Man trat auf die Straße hinaus ... Wahrhaftig, schon jetzt begann die

Sonne durch den Morgendunst zu dringen; sonntäglich läuteten die Glocken

von Sankt Marien, und Vogelgezwitscher erfüllte die Luft. Der Kutscher

zog den Hut, und mit dem patriarchalischen Wohlwollen, das Thomas

manchmal ein bißchen in Verlegenheit brachte, nickte die Konsulin ein

überaus herzliches »Guten Morgen, lieber Mann!« zu ihm hinauf. »Also

eingestiegen denn nun, ihr Lieben! Es wäre Zeit zur Frühpredigt, aber

heut' wollen wir Gott in seiner freien Natur mit unseren Herzen loben,

nicht wahr, Herr Permaneder?«

»Is scho recht, Frau Konsul.«

Und man kletterte nacheinander über die beiden Blechstufen durch das

schmale Hintertürchen in den Wagen hinein, der zehn Personen gefaßt

haben würde, und machte es sich auf den Polstern bequem, die -- ohne

Zweifel zu Ehren Herrn Permaneders -- blau und weiß gestreift waren.

Dann klinkte das Türchen ins Schloß, Herr Longuet schnalzte mit der

Zunge und stieß unterschiedliche Ho- und Hürufe aus, seine muskulösen

Braunen zogen an, und das Gefährt rollte die Mengstraße hinunter,

entlang der Trave, am Holstentore vorbei, und später nach rechts auf der

Schwartauer Landstraße dahin ...

Felder, Wiesen, Baumgruppen, Gehöfte ... und man suchte in dem immer

höheren, dünneren, blaueren Dunst nach den Lerchen, deren Stimmen man

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