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буд 5 часть нем.doc
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Ich gebe dir ja zu, daß die Antwort vielleicht nicht der Stimmung

entsprach, daß sie geschmacklos war. Aber man sucht sich eben die Leute

aus, zu denen man dergleichen sagt ... wenn es schon einmal durchaus

gesagt werden muß ... und setzt sich nicht in seiner Albernheit einer so

schnöden Abfertigung aus! Hagenström hat die Gelegenheit benutzt, uns

... ja, nicht nur dir, sondern =uns= eins zu versetzen, denn weißt du,

was sein `Ich meinerseits´ bedeutete? `Solche Erkenntnisse verschaffen

Sie sich wohl im Kontor Ihres Bruders, Herr Buddenbrook?´ =Das=

bedeutete es, du Esel!«

»Na ... Esel ...«, sagte Christian und machte ein verlegenes und

unruhiges Gesicht ...

»Schließlich gehörst du nicht dir allein an«, fuhr der Konsul fort,

»aber trotzdem soll es mir gleichgültig sein, wenn du dich persönlich

lächerlich machst ... und womit machst du dich =nicht= lächerlich!« rief

er. Er war blaß, und die blauen Äderchen an seinen schmalen Schläfen,

Von denen das Haar in zwei Einbuchtungen zurücktrat, waren deutlich zu

sehen. Eine seiner hellen Brauen hielt er emporgezogen, und selbst die

steifen, lang ausgezogenen Spitzen seines Schnurrbartes hatten etwas

Zorniges, während er mit hinwerfenden Handbewegungen seine Worte

seitwärts vor Christians Füße hin auf den Kiesweg niedersprach ... »Du

machst dich lächerlich mit deinen Liebschaften, mit deinen

Harlekiniaden, mit deinen Krankheiten, mit deinen Mitteln dagegen ...«

»Oh, Thomas«, sagte Christian, schüttelte ganz ernsthaft den Kopf und

hob in etwas ungeschickter Weise einen Zeigefinger empor ... »Was das

betrifft, das kannst du nicht so ganz verstehen, siehst du ... Die Sache

ist die ... Man muß sozusagen sein Gewissen in Ordnung halten ... Ich

weiß nicht, ob du das kennst ... Grabow hat mir eine Salbe für die

Halsmuskeln verordnet ... gut! Gebrauche ich sie nicht, unterlasse ich

es, sie zu gebrauchen, so komme ich mir ganz verloren und hilflos vor,

bin unruhig und unsicher und ängstlich und in Unordnung und kann nicht

schlucken. Habe ich sie aber gebraucht, so fühle ich, daß ich meine

Pflicht getan habe und in Ordnung bin; dann habe ich ein gutes Gewissen,

bin still und zufrieden, und das Schlucken geht herrlich. Die Salbe tut

es, glaube ich, nicht, weißt du ... aber die Sache ist, daß so eine

Vorstellung, versteh mich recht, nur durch eine andere Vorstellung, eine

Gegenvorstellung aufgehoben werden kann ... Ich weiß nicht, ob du das

kennst ...«

»Ach ja --! Ach ja --!« rief der Konsul und hielt einen Augenblick

seinen Kopf mit beiden Händen fest ... »Tue es doch! Handele doch

danach! Aber rede nicht darüber! Schwatze nicht darüber! Laß andere

Leute mit deinen widerlichen Finessen in Ruhe! Auch mit dieser

unanständigen Geschwätzigkeit machst du dich lächerlich vom Morgen bis

zum Abend! Aber das sage ich dir, das wiederhole ich dir: Es soll mich

kalt lassen, wie sehr du dich persönlich zum Narren machst; aber ich

verbiete dir, hörst du mich wohl? ich =verbiete= es dir, die Firma in

einer Weise zu kompromittieren, wie du es gestern abend getan hast!«

Hierauf antwortete Christian nicht, sondern fuhr langsam mit der Hand

über sein schon spärliches rötlichblondes Haar und ließ, einen unruhigen

Ernst auf dem Gesichte, seine Augen haltlos und abwesend umherschweifen.

Ohne Zweifel beschäftigte er sich noch mit dem, was er zuletzt gesagt

hatte. Es herrschte eine Pause. Thomas schritt in stiller Verzweiflung

daher.

»Alle Kaufleute sind Schwindler, sagst du«, begann er von neuem ...

»Gut! bist du deines Berufes überdrüssig? Bereust du es, Kaufmann

geworden zu sein? Du hast damals die Erlaubnis von Vater erwirkt ...«

»Ja, Tom«, sagte Christian nachdenklich; »ich würde wahrhaftig lieber

studieren! Auf der Universität, weißt du, das muß sehr nett sein ... Man

geht hin, wenn man Lust hat, ganz freiwillig, setzt sich und hört zu,

wie im Theater ...«

»Wie im Theater ... Ach, ins _Café chantant_ gehörst du als Possenreißer

... Ich scherze nicht! Es ist meine vollkommen ernsthafte Überzeugung,

daß das dein heimliches Ideal ist!« beteuerte der Konsul, und Christian

widersprach dem durchaus nicht; er blickte gedankenvoll in der Luft

umher.

»Und du erfrechst dich, eine solche Bemerkung von dir zu geben, du, der

du keine Ahnung ... nicht einmal eine Ahnung davon hast, was Arbeit ist,

der du dein Leben ausfüllst, indem du dir mit Theater und Bummelei und

Narreteien eine Reihe von Gefühlen und Empfindungen und Zuständen

verschaffst, mit denen du dich beschäftigen, die du beobachten und

pflegen, über die du in schamloser Weise schwatzen kannst ...«

»Ja, Tom«, sagte Christian ein wenig betrübt und strich wieder mit der

Hand über seinen Schädel. »Das ist wahr; das hast du ganz richtig

ausgedrückt. Das ist der Unterschied zwischen uns, siehst du. Du siehst

auch gern ein Theaterstück an und hast früher, unter uns gesagt, auch

deine Techtelmechtel gehabt und lasest eine Zeitlang mal mit Vorliebe

Romane und Gedichte und dergleichen ... Aber du hast es immer so gut

verstanden, das alles mit der ordentlichen Arbeit und dem Ernst des

Lebens zu verbinden ... Das geht mir ab, siehst du. Ich werde von dem

anderen, von dem Kram, ganz und gar aufgebraucht, weißt du, und behalte

für das Ordentliche gar nichts übrig ... Ich weiß nicht, ob du mich

verstehst ...«

»Also, das siehst du ein!« rief Thomas, indem er stehenblieb und die

Arme auf der Brust kreuzte. »Das gibst du kleinlaut zu, und dennoch läßt

du alles beim alten! Bist du denn ein Hund, Christian?! Man hat doch

seinen Stolz, Herrgott im Himmel! Man führt doch nicht ein Leben fort,

das man selbst nicht einmal zu verteidigen wagt! Aber so bist du! =Das=

ist dein Wesen! Wenn du eine Sache nur einsiehst und verstehst und sie

beschreiben kannst ... Nein, meine Geduld ist zu Ende, Christian!« Und

der Konsul tat einen raschen Schritt rückwärts, wobei er mit dem Arme

waagrecht eine heftige Bewegung machte ... »Sie ist zu Ende, sage ich

dir! Du beziehst deine Prokura, aber du kommst niemals ins Kontor ...

das ist es nicht, was mich aufbringt. Gehe hin und verjökele dein Leben,

wie du es bisher getan! Aber du kompromittierst uns, uns alle, wo du

gehst und stehst! Du bist ein Auswuchs, eine ungesunde Stelle am Körper

unserer Familie! Du bist vom Übel hier in dieser Stadt, und wenn dies

Haus mein eigen wäre, so würde ich dich hinausweisen, da hinaus, zur

Türe hinaus!« schrie er, indem er eine wilde und weite Bewegung über den

Garten, den Hof, die große Diele hin vollführte ... Er hielt nicht mehr

an sich. Eine lange aufgespeicherte Menge von Wut entlud sich ...

»Was fällt dir ein, Thomas!« sagte Christian. Er hatte einen Anfall von

Entrüstung, was sich ziemlich sonderbar ausnahm. Er stand da in der

Haltung, die oft Krummbeinigen eigen ist, ein wenig geknickt, ein wenig

fragezeichenartig, Kopf, Bauch und Knie nach vorn geschoben, und seine

runden, tiefliegenden Augen, die er so groß wie möglich machte, hatten

sich, wie bei seinem Vater, wenn er zornig war, mit roten Rändern

umgeben, die bis zu den Wangenknochen liefen. »Wie sprichst du zu mir!«

sagte er. »Was habe ich dir getan! Ich gehe schon von selbst, du

brauchst mich nicht hinauszuwerfen. -- =Pfui!=« fügte er mit

aufrichtigem Vorwurf hinzu, und dieses Wort begleitete er mit einer

kurzen, schnappenden Handbewegung nach vorn, als finge er eine Fliege.

Merkwürdigerweise entgegnete Thomas hierauf durchaus nicht noch

heftiger, sondern senkte schweigend den Kopf und nahm dann langsam den

Weg um den Garten wieder auf. Es schien ihn zu befriedigen, ihm geradezu

wohlzutun, seinen Bruder endlich in Zorn gebracht ... ihn endlich zu

einer energischen Erwiderung, einem Protest vermocht zu haben.

»Du kannst mir glauben«, sagte er ruhig, indem er die Hände wieder auf

dem Rücken zusammenlegte, »daß diese Unterredung mir aufrichtig leid

tut, Christian, aber sie mußte einmal stattfinden. Solche Szenen

innerhalb der Familie sind etwas Fürchterliches, aber aussprechen mußten

wir uns einmal ... und wir können ganz gelassen über die Dinge reden,

mein Junge. Du gefällst dir nicht in deiner jetzigen Position, wie ich

sehe, nicht wahr ...?«

»Nein, Tom, das hast du richtig erkannt. Siehst du: zu Anfang war ich ja

außerordentlich zufrieden ... und ich habe es hier ja auch besser, als

in einem fremden Geschäft. Aber was mir fehlt, ist die Selbständigkeit,

glaube ich ... Ich habe dich immer beneidet, wenn ich dich sitzen sah

und arbeiten, denn es ist eigentlich gar keine Arbeit für dich; du

arbeitest nicht, weil du mußt, sondern als Herr und Chef, und läßt

andere für dich arbeiten und machst deine Berechnungen und regierst und

bist frei ... Das ist ganz etwas anderes ...«

»Gut, Christian; hättest du das nicht schon früher sagen können? Es

steht dir doch frei, dich selbständig oder selbständiger zu machen. Du

weißt, daß Vater dir so gut wie mir ein vorläufiges Erbteil von 50000

Kurantmark ausgesetzt hat und daß ich selbstverständlicherweise in jeder

Sekunde bereit bin, dir diese Summe zu einer vernünftigen und soliden

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