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буд 5 часть нем.doc
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Verwertung auszuzahlen. Es gibt, in Hamburg oder wo auch immer, sichere,

aber beschränkte Geschäfte genug, die einen Kapitalzufluß gebrauchen

können und in denen du als Teilhaber eintreten könntest ... Laß uns,

jeder für sich, die Sache mal überlegen und gelegentlich auch mit Mutter

darüber sprechen. Ich habe jetzt zu tun, und du könntest in diesen Tagen

die englische Korrespondenz noch erledigen, bitte ...«

»Wie denkst du zum Beispiel über H. C. F. Burmeester & Comp. in

Hamburg?« fragte er noch auf der Diele ... »Import und Export ... Ich

kenne den Mann. Ich bin überzeugt, daß er zugreifen würde ...«

* * * * *

Das war Ende Mai des Jahres siebenundfünfzig. Zu Beginn des Juni bereits

reiste Christian über Büchen nach Hamburg ab ... ein schwerer Verlust

für den Klub, das Stadttheater, das »Tivoli« und die ganze freiere

Geselligkeit der Stadt. Sämtliche »Suitiers«, darunter Doktor Gieseke

und Peter Döhlmann, verabschiedeten ihn am Bahnhofe und überbrachten ihm

Blumen und sogar Zigarren, wobei sie aus Leibeskräften lachten ... in

der Erinnerung ohne Zweifel an all die Geschichten, die Christian ihnen

erzählt hatte. Zum Schlusse befestigte Rechtsanwalt Doktor Gieseke unter

allgemeinem Hallo einen großen Kotillonorden aus Goldpapier an

Christians Paletot. Dieser Orden stammte aus einem Hause in der Nähe des

Hafens, einem Gasthause, das abends eine rote Laterne über der Haustür

führte, einem Orte zwangloser Zusammenkunft, an dem es stets heiter

herging ... und war dem scheidenden Krischan Buddenbrook für

hervorragende Verdienste verliehen worden.

Viertes Kapitel

Es klingelte am Windfang, und ihrer neuen Gewohnheit gemäß erschien Frau

Grünlich auf dem Treppenabsatz, um über das weißlackierte Geländer

hinweg auf die Diele hinabzulugen. Kaum aber war drunten geöffnet

worden, als sie sich mit einem jähen Ruck noch weiter hinabbeugte, dann

zurückprallte, dann mit der einen Hand ihr Taschentuch vor den Mund

drückte, mit der anderen ihre Röcke zusammenfaßte und in etwas gebückter

Haltung nach oben eilte ... Auf der Treppe zur zweiten Etage begegnete

ihr Mamsell Jungmann, der sie mit ersterbender Stimme etwas zuflüsterte,

worauf Ida vor freudigem Schreck etwas Polnisches antwortete, das klang

wie: »Meiboschekochhanne!« --

Zur selben Zeit saß die Konsulin Buddenbrook im Landschaftszimmer und

häkelte mit zwei großen hölzernen Nadeln einen Schal, eine Decke oder

etwas Ähnliches. Es war elf Uhr vormittags.

Plötzlich kam das Folgmädchen durch die Säulenhalle, pochte an die

Glastür und überbrachte der Konsulin watschelnden Schrittes eine

Visitenkarte. Die Konsulin nahm die Karte, rückte ihre Brille zurecht,

denn sie trug bei der Handarbeit eine Brille, und las. Dann blickte sie

wieder zu dem roten Gesichte des Mädchens empor, las abermals und sah

aufs neue das Mädchen an. Schließlich sagte sie freundlich, aber

bestimmt: »Was soll dies, Liebe? Was bedeutet dies, du?«

Auf der Karte stand gedruckt: »X. Noppe & Comp.« X. Noppe aber sowohl

wie das &-Zeichen waren mit einem Blaustift stark durchstrichen, so daß

nur das »Comp.« übrigblieb.

»Je, Fru Kunsel«, sagte das Mädchen, »doar wier'n Herr, öäwer hei red'

nich dütsch un is ook goar tau snaksch ...«

»Bitte den Herrn«, sagte die Konsulin, denn sie begriff nun, daß es die

»Comp.« sei, die Einlaß begehrte. Das Mädchen ging. Gleich darauf

öffnete es die Glastür aufs neue und ließ eine untersetzte Gestalt

eintreten, die im schattigen Hintergrunde des Zimmers einen Augenblick

stehenblieb und etwas Langgezogenes verlauten ließ, das klang wie: »Hab'

die Ähre ...«

»Guten Morgen!« sagte die Konsulin. »Wollen Sie nicht nähertreten?«

Dabei stützte sie sich leicht mit der Hand auf das Sofapolster und erhob

sich ein wenig, denn sie wußte noch nicht, ob es angezeigt sei, sich

ganz zu erheben ...

»I bin so frei ...«, antwortete der Herr wiederum mit einer gemütlich

singenden und gedehnten Betonung, indem er, höflich gebückt, zwei

Schritte vorwärts tat, worauf er abermals stehenblieb und sich suchend

umblickte: sei es nun nach einer Sitzgelegenheit oder nach einem

Aufbewahrungsort für Hut und Stock, denn beides, auch den Stock, dessen

klauenartig gebogene Hornkrücke gut und gern anderthalb Fuß maß, hatte

er mit ins Zimmer gebracht.

Es war ein Mann von vierzig Jahren. Kurzgliedrig und beleibt, trug er

einen weit offenstehenden Rock aus braunem Loden, eine helle und

geblümte Weste, die in weicher Wölbung seinen Bauch bedeckte und auf der

eine goldene Uhrkette mit einem wahren Bukett, einer ganzen Sammlung von

Anhängseln aus Horn, Knochen, Silber und Korallen prangte -- ein

Beinkleid ferner von unbestimmter graugrüner Farbe, welches zu kurz war

und aus ungewöhnlich steifem Stoff gearbeitet schien, denn seine Ränder

umstanden unten kreisförmig und faltenlos die Schäfte der kurzen und

breiten Stiefel. -- Der hellblonde, spärliche, fransenartig den Mund

überhängende Schnurrbart gab dem kugelrunden Kopfe mit seiner

gedrungenen Nase und seinem ziemlich dünnen und unfrisierten Haar etwas

Seehundartiges. Die »Fliege«, die der fremde Herr zwischen Kinn und

Unterlippe trug, stand im Gegensatze zum Schnurrbart ein wenig borstig

empor. Die Wangen waren außerordentlich dick, fett, aufgetrieben und

gleichsam hinaufgeschoben zu den Augen, die sie zu zwei ganz schmalen,

hellblauen Ritzen zusammenpreßten und in deren Winkeln sie Fältchen

bildeten. Dies gab dem solcherart verquollenen Gesicht einen

Mischausdruck von Ergrimmtheit und biederer, unbeholfener, rührender

Gutmütigkeit. Unterhalb des kleinen Kinnes lief eine steile Linie in die

schmale weiße Halsbinde hinein ... die Linie eines kropfartigen Halses,

der keine Vatermörder geduldet haben würde. Untergesicht und Hals,

Hinterkopf und Nacken, Wangen und Nase, alles ging ein wenig formlos und

gepolstert ineinander über ... Die ganze Gesichtshaut war infolge aller

dieser Schwellungen über die Gebühr straff gespannt und zeigte an

einzelnen Stellen, wie am Ansatz der Ohrläppchen und zu beiden Seiten

der Nase, eine spröde Rötung ... In der einen seiner kurzen, weißen und

fetten Hände hielt der Herr seinen Stock, in der anderen ein grünes

Tirolerhütchen, geschmückt mit einem Gemsbart.

Die Konsulin hatte die Brille abgenommen und stützte sich noch immer in

halb stehender Haltung auf das Sofapolster.

»Wie kann ich Ihnen dienen«, sagte sie höflich, aber bestimmt.

Da legte der Herr mit einer entschlossenen Bewegung Hut und Stock auf

den Deckel des Harmoniums, rieb sich dann befriedigt die freigewordenen

Hände, blickte die Konsulin treuherzig aus seinen hellen, verquollenen

Äuglein an und sagte: »I bitt' die gnädige Frau um Verzeihung von wegen

dem Kartl; i hob kei onderes zur Hond k'habt. Mei Name ist Permaneder;

Alois Permaneder aus München. Vielleicht hat die gnädige Frau schon von

der Frau Tochter meinen Namen k'hert --«

Dies alles sagte er laut und mit ziemlich grober Betonung, in seinem

knorrigen Dialekt voller plötzlicher Zusammenziehungen, aber mit einem

vertraulichen Blinzeln seiner Augenritzen, welches andeutete: »Wir

verstehen uns schon ...«

Die Konsulin hatte sich nun völlig erhoben und trat mit seitwärts

geneigtem Kopfe und ausgestreckten Händen auf ihn zu ...

»Herr Permaneder! Sie sind es? Gewiß hat meine Tochter uns von Ihnen

erzählt. Ich weiß, wie sehr Sie dazu beigetragen haben, ihr den

Aufenthalt in München angenehm und unterhaltend zu machen ... Und Sie

sind in unsere Stadt verschlagen worden?«

»Geltn's, da schaun's!« sagte Herr Permaneder, indem er sich bei der

Konsulin in einem Lehnsessel niederließ, auf den sie mit vornehmer

Bewegung gedeutet hatte, und begann, mit beiden Händen behaglich seine

kurzen und runden Oberschenkel zu reiben ...

»Wie beliebt?« fragte die Konsulin ...

»Geltn's, da spitzen's!« antwortete Herr Permaneder, indem er aufhörte,

seine Knie zu reiben.

»Nett!« sagte die Konsulin verständnislos und lehnte sich, die Hände im

Schoß, mit erheuchelter Befriedigung zurück. Aber Herr Permaneder merkte

das; er beugte sich vor, beschrieb, Gott weiß warum, mit der Hand Kreise

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