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Imitatio/Imitation

(f.), Nachahmung mustergültiger Vorbilder aus Literatur und Kunst (im Unterschied zur Naturnachahmung: Mimesis), durch Anpassung an Stil, Bildlichkeit, Form etc., vor allem in der Antike und im Mittelalter, aber auch im Barock von Martin Opitz gefordert.

Intertextualität

(f.), Bezug von Texten auf andere Texte. Der Begriff Intertextualität bezeichnet a) intentionale, d.h. vom Autor bewusst hergestellte Anspielungen eines Textes auf andere Texte sowie Textformen wie Parodie oder Travestie, die auf best. andere Texte oder Textgattungen Bezug nehmen; b) in der jüngeren Forschung jedoch im Sinne Julia Kristevas im Anschluss an Michail Bachtins Begriff der Dialogizität eine Qualität aller literarischen Texte, die im Kontext des Poststrukturalismus gerade die Vorstellung einer Autorintention und der Einheit und Abgeschlossenheit des einzelnen literarischen Werkes unterminiert (vgl. Tod des Autors). Nach Kristeva ist jeder Text ein Mosaik von Zitaten als Absorption und Transformation eines anderen Textes. Vgl. auch Transtextualität.

Inventio

Begriff aus der Rhetorik, der einen Teil der Aufgaben eines Redners bei der Konzeption seiner Rede bezeichnet: die Auffindung und Zusammenstellung des Stoffs

Invocatio

(f.): «Anrufung»; Anrufung der Musen, der Götter oder Gottes meist am Beginn von Epen oder Gedichten; auch die Anrufung Gottes oder der Heiligen in der Eingangsformel von Urkunden. Beispiel: Heilig Wesen! gestört hab ich die goldene / Götterruhe dir oft [...] (Hölderlin: Abbitte).

J

Jambus

(m., Pl. Jamben), antiker Versfuß aus einer kurzen und einer langen Silbe (uú), in der akzentuierenden Metrik der dt. Sprache aus einer unbetonten und einer betonten Silbe (uú), z.B. alleín (Ggs.: Trochäus). In Versen gebräuchlich sind v.a. der sechshebige jambische (Trimeter, Alexandriner) und der fünfhebige Jambus (Blankvers im Drama, Sonett, Stanze, Terzine als Gedicht- bzw. Strophenformen in der Lyrik).

K

Kadenz

(f.), Terminus zur Beschreibung des Versendes in akzentuierender Metrik. Die neuzeitl. Metrik unterscheidet i. allg. nur zwischen der a) männlichen oder stumpfen Kadenz: Abschluss auf einer betonten Silbe und b) weiblichen oder klingenden Kadenz: Abschluss auf einer Folge von einer betonten und einer unbetonten Silbe; in der mittelhochdeutschen Metrik gibt es aufgrund anderer Silbenstruktur weitere Unterteilungen. Im Gegensatz zu den aus der quantitierenden antiken Metrik stammenden Bezeichnungen katalektisch, akatalektisch und hyperkatalektisch (die teilw. auch auf Akzent. Metrik angewandt werden) sagt die Kadenz also nichts über die Silbenfüllung des letzten Versfußes aus: ein katalektischer, also unvollständiger Trochäus am Versende hat ebenso wie ein akatalektischer, also vollständiger Jambus eine männliche Kadenz, denn beide enden auf einer betonten Silbe.

Kanon

Zusammenstellung von Texten, die für exemplarisch und daher für besonders erinnerungswürdig gehalten werden.

katalektisch

(auch Katalexe, f.), in der antiken Metrik Bezeichnung für einen Vers, dessen letzter Versfuß unvollständig ist, d.h. die letzte (Trochäus) oder die letzten beiden (Daktylus) Senkungen fehlen. Vgl. auch akatalektisch, hyperkatalektisch sowie Kadenz.

Katharsis

griech. «Reinigung»; ursprünglich im medizinischen Sinn gebrauchter Terminus; bei Aristoteles das zentrale Wirkungsprinzip von Tragödien: die Tragödie erzeugt beim Zuschauer die tragischen Affekte phobos (Schauder) und eleos (Jammer); durch das heftige Durchleben dieser Affekte wird der Zuschauer von diesen Affekten «gereinigt», woraus eine seelische Stabilisierung auf ein sozialverträgliches Mittelmaß resultiert; Lessing hat phobos und eleos mit «Furcht» und «Mitleid» übersetzt und interpretiert das Katharsis-Prinzip als Veredelung dieser Affekte

Kettenreim

(m.), a) äußerer Ketten- oder Terzinenreim, Reimschema: aba bcb cdc etc.; b) innerer Kettenreim: Reimabfolge, die nach demselben Schema Wörter aus dem Versanfang, der Versmitte und dem Versende miteinander verbindet.

klassische Dämpfung

dramaturgisches Prinzip: in der Hochstil-Form der Tragödie darf innerhalb des klassizistischen Dramenkonzepts aufgrund der Maßgabe der bienséance z.B. von körperlichen Bedürfnissen keine Rede sein

Knittelvers

(m., auch Knüttelvers), paarweise gereimter, vierhebiger Vers der dt. Dichtung v.a. des 15. und 16. Jh., entweder als freier Knittelvers mit freier Senkungsfüllung (bis zu 16 Silben) oder als strenger Knittelvers mit alternierendem Prinzip und 8 Silben bei männl., 9 bei weibl. Kadenz. Von Opitz bekämpft, hält sich der Knittelvers in der Volksdichtung und wird im 18. Jh. (Gottsched, Goethe) für komische, parodistische oder volkstümliche Dichtung wieder verwendet.

Kollation

lat. «collatio» = «Zusammentragen», «Vergleichung»; Arbeitsschritt der klassischen Textkritik (Editionswissenschaft); bezeichnet den Vergleich (Wort für Wort) der gesammelten und ausgewerteten Textzeugen

Konjektur

lat. «coniectura» = «Vermutung»; Eingriff in die Leithandschrift: Korrektur von «Fehlern», die bereits für den Archetyp angesetzt werden, d.h. von vermuteten Fehlern, die dem Autor nicht zugetraut werden, für die es aber in der Überlieferung keine Beweise gibt (anders als im Falle der Emendation, bei der die Korrektur von Fehlern durch die übrige Überlieferung gestützt ist)

Kontamination

lat. «contaminare»: «durch Berührung/Vermischung verderben»; Begriff der Editionswissenschaft: bezeichnet das Phänomen der Textmischung, das eintritt, wenn eine Abschrift nicht nur auf einen Textzeugen, sondern auf mehrere Vorlagen zurückzuführen ist bzw. wenn einer Edition unterschiedliche Textzeugen zugrunde gelegt werden

Kreuzreim

(m.) auch Wechselreim, Reimschema: abab (cdcd).

kulturelles Wissen (kW)

Begriff der strukturalen Textanalyse (Strukturalismus); bezeichnet die Gesamtmenge der Annahmen über die Realität, die eine Kultur innerhalb eines bestimmten Zeitraums kennzeichnen (vom Alltagswissen bis zum Wissen der Theologie, der Philosophie, der Naturwissenschaften etc.; ferner: Normen, Geschlechterrollen etc.)

Kyklos

(m.), «Kreis», «Umrahmung», «Umschließung», rhetorische Figur; Wiederholung des ersten Wortes oder der ersten Wortgruppe eines Verses oder Satzes am Vers- oder Satzende. Beispiel: Mein Leben war sein Tod, sein Tod war mir mein Leben (Fleming, Andacht; zugleich Antithese und Chiasmus, in Bezug auf beide Teilsätze des Verses auch Anadiplosis: [...] sein Tod, sein Tod [...]).

L

lectio difficilior

lat. «schwierigere Lesart»; methodisches Prinzip in der Editionswissenschaft: bei der Bestimmung des Archetyps wird die seltenere und schwerer erklärbare Variante als besser und ursprünglicher betrachtet; beruht auf der Hypothese, dass dem tatsächlichen Autor die komplizierteste Variante zuzutrauen sei

lectio facilior

Gegenbegriff zur lectio difficilior

Lehre vom mehrfachen Schriftsinn

(f.), Verfahren der Allegorese, das hinter dem wörtlichen Sinn eines Textes mehrere Bedeutungsebenen ausmacht. In der für die christliche Bibelexegese bedeutsamen Lehre vom vierfachen Schriftsinn werden unterschieden: 1. der sensus litteraris oder historicus (der Wortsinn eines Textes: z. B. Jerusalem als historische Stadt), 2. der sensus allegoricus (der allegorische Sinn: Jerusalem als Kirche Christi), 3. der sensus moralis (die moralische Lehre: Jerusalem als Seele des einzelnen Gläubigen), 4. der sensus anagogicus (der Verweis auf die Eschatologie: das himmlische Jerusalem als künftiges Gottesreich). Im Mittelalter wurde die Lehre vom mehrfachen Schriftsinn auch für die Auslegung heidnischer Texte antiker Autoren fruchtbar gemacht, die somit einer christlichen Deutung zugänglich wurden.

Leithandschrift

Begriff der Editionswissenschaft: die Handschrift, die von allen überlieferten Textzeugen am ehesten dem Dichter zugetraut wird; dient – wenn der Originaltext verloren ist – oftmals als Basis für eine Edition

Leitmotiv

(n.), a) in der Musik wiederkehrende, eingängige Tonfolge, die zur Charakteristik von Figuren, Situationen oder Stimmungen dient, v.a. bei K. M. von Weber und R. Wagner; analog dazu b) in der Literatur eine einprägsame, wörtl. oder ähnl. wiederkehrende Aussage, die einer Figur, Situation, Stimmung, Idee, einem Gegenstand oder Sachverhalt zugeordnet ist und Vorausdeutungen oder Rückverweise herstellt, die den Text gliedern (Th. Manns Zauberberg: Halskrause des Großvaters, Bleistift); oft auch nur syntaktisch-stilistische Züge (Zauberberg: Peeperkorns elliptische Redeweise).

literaturnost’

russ. für «Literarizität»; Begriff aus der Formale Schulen; akzentuiert den spezifisch «literarischen» Charakter von Literatur: Ausblendung von außerliterarischen Bezügen (z.B. Biografie des Autors); stattdessen Untersuchung der Verfahren (russ. priem) in der poetischen Sprache und Form, die für die ästhetische Wirkung eines Kunstwerks verantwortlich sind

Litotes

(f.): rhetorisches Stilmittel, Trope; Mittel der untertreibenden Ausdrucksweise, wird durch Verneinung des Gegenteils erreicht, oft ironisch, z.B. er war nicht gerade groß statt er war klein.

M

Manierismus

(m.), gesamteuropäischer, ursprünglich aus der bildenden Kunst stammender Stilbegriff für die Übergangsphase von der Renaissance zum Barock (1530-1630), gekennzeichnet durch Experimente mit formalen Extremen. Im literaturhistorischen Sinn Bezeichnung für einen selbstzweckhaften, nachdrücklich artifiziellen Stil unter Verwendung zahlreicher Tropen, Metaphern und Concetti. Berühmte literarische Vertreter waren in Spanien Luis de Gongora (Gongorismus), in Italien Giambattista Marino (Marinismus), in Deutschland v. a. Harssdörffer und die schlesische Dichterschule (Lohenstein, Hofmannswaldau).

medias in res

lat. «mitten ins Geschehen hinein»; neben dem Erzählen ab ovo eine seit der Antike praktizierte Form des Romanbeginns, bei der der Roman mitten in der Handlung einsetzt und die Vorgeschichte erst später nachliefert (aufgrund der «Unnatürlichkeit» die Erzählstrategie des Hochstil-Romans)

memoria

Begriff aus der Rhetorik, der einen Teil der Aufgaben eines Redners bei der Konzeption seiner Rede bezeichnet: das Auswendiglernen (Technik des Auswendiglernens: Mnemotechnik)

Metapher

griech. «metaphora» = «Übertragung»; Ersetzung eines Ausdrucks durch einen anderen aufgrund von semantischer Ähnlichkeit; uneigentlicher bzw. bildhafter Ausdruck; z.B. «Staatsschiff», «Motorhaube»

Metonymie

griech. «metonymia» = «Namensvertauschung», «Umbenennung»; Ersetzung eines Ausdrucks durch einen anderen, der zu ihm (anders als bei der Metapher) in tatsächlicher räumlicher, zeitlicher, kausaler etc. Beziehung steht; z.B.: «Autor» statt «Werk» «im Goethe lesen»), «Gefäß» statt «Inhalt» («ein Glas trinken»)

Metrik

(f.), Verslehre, Lehre von den strukturbildenden Prinzipien der Verssprache wie Versmaße (Metrum), Strophen, Reim und Rhythmus. Zu unterscheiden sind 1. eine rein silbenzählende Metrik mit Festlegung der Silbenanzahl (frz. Metrik, im dt. Barock von Weckherlin geübt) und im Gegensatz dazu drei Formen einer versch. Silbenklassen unterscheidenden Metrik: 2. quantitierende Metrik mit Unterscheidung der Silbendauer (gr., röm. Metrik), 3. akzentuierende Metrik mit Unterscheidung von betonten und unbetonten Silben (engl., dt. Metrik seit Opitz) und 4. tonale Metrik mit Unterscheidung der Tonhöhe (event. klass. chines. Metrik). So werden bei der Verwendung antiker Versmaße im Deutschen die antiken Längen zu betonten, die Kürzen zu unbetonten Silben, der Problematik solcher Übertragungen stellt sich die vergleichende Metrik. Die systematische Metrik erfasst die verschiedenen metrischen Gliederungsformen wie Versfuß, Vers, Strophe und Gedichtformen (Sonett, Ode etc.); die historische Metrik die zeitliche Abfolge versch. Metriken.

Metrum

(n.), a) Versmaß, d. h. die durch die Zahl der Silben und ihre Quantität (Zeitdauer, in antiker Dichtung) bzw. ihren Akzent (Betonung, seit Opitz in deutscher Dichtung) bestimmte Silbenabfolge eines Verses als abstraktes Schema; b) im engeren Sinne die kleinste metrische Einheit eines Verses als Versfuß oder Takt. – Der freie Rhythmus hat als best. Silbenabfolge streng genommen ein eigenes Metrum, aber kein metrisches Schema. Vgl. Metrik.

Mimesis

griech. «Nachahmung», «Darstellung»; zentraler Begriff der aristotelischen Poetik; nach Aristoteles basiert die Hervorbringung von Dichtung auf dem menschlichen Grundbedürfnis nach Nachahmung; dabei handelt es sich nicht um eine simple Kopie der Realität, sondern eine kreative Darstellung der Wirklichkeit nach der Maßgabe der «Wahrscheinlichkeit» (im Unterschied zur Geschichtsschreibung)

Monodie

(f.), a) in der antiken Tragödie lyrischer, von Aulos, Lyra oder Kithara (Flöten bzw. Leierinstrumenten) begleiteter Einzelgesang im Ggs. zum Chorlied, b) allgemein Einzelgesang (Ggs.: Chorlied), unbegleitet oder mit einer instrumentalen Begleitung in derselben Melodieführung, also immer einstimmig (Ggs.: Polyphonie).

Monologizität

(f.), Gegensatz zur Dialogizität; nach M. Bachtin Kennzeichen von Texten mit nur einer dominanten Stimme, die damit hierarchische Verhältnisse der Gesellschaft spiegeln.

Monopodie

(f.), in der antiken Metrik im Gegensatz zur Dipodie der einzeln gezählte Versfuß, etwa beim Daktylus.

Motiv

(n.), Element eines literarischen Textes, dessen Inhalt schematisiert beschrieben werden kann. Man unterscheidet inhaltlich 1. Situations-Motive (Bsp.: Dreiecksverhältnis, Doppelgänger, feindliche Brüder), 2. Typus-Motive als Charakterschemata (femme fatale, Einzelgänger, Intrigant), 3. Raum-Motive (Schloss, Wald, Insel) und 4. Zeit-Motive (Mitternacht, Frühling); gattungstheoretisch etwa Dramen-Motive (feindliche Brüder), lyrische Motive (Einsamkeit, Abschied), Märchen-Motive (Ring, Vogel, Verwandlung) etc.; formal primäre, Zentral- oder Kernmotive von sekundären, Rand- oder Rahmenmotiven und Leitmotiven. Die Motivgeschichte untersucht die historische Konstanz und Wandlung von Motiven und ihrer Bedeutung in der Literatur- und Kunstgeschichte.

N

narratio

Begriff aus der Rhetorik, der einen Teil einer Rede bezeichnet: eine kurze Darlegung des Themas/Sachverhalts

Novelle

ital. «novella» = «Neuigkeit» (Geschichte, die man unbedingt weitererzählen will, etwas Interessantes); epische Form, die nach Goethe »eine sich ereignete unerhörte Begebenheit« zum Gegenstand hat; nach Paul Heyse ist die Novelle eine Erzählform, die einen elementaren Kern (einen «Falken») enthält, um den sich die Handlung dreht

O

Ode

(f.), meist reimlose, strophische Form der Lyrik, die sich durch Erhabenheit und Feierlichkeit auszeichnet. In der gr. Antike war die Ode der Überbegriff für alle zur Musikbegleitung vorgetragene Lyrik, sie umfasste also das Chorlied ebenso wie die Monodie; die festen Versmaße der letzteren gingen als spezielle Odenmaße in die Tradition ein. Horaz verband die pindarische Tradition des Chorlieds mit monodischen Elementen. Die deutsche Odendichtung setzt mit sangbaren Liedern gesellschaftlichen Inhalts im Barock ein (Weckherlin, Opitz, Fleming, Gryphius). Höhepunkte bilden die pathetischen Oden Klopstocks, der die (neuzeitl.) Bestimmung der Ode als erhaben-feierliches Gedicht wesentlich prägte, sowie Hölderlin. Die Abgrenzung der Ode, v.a. in ihrer frei-rhythmischen Form, von der Hymne wird schon bei Klopstock und dann in der Lyrik des Sturm und Drang fließend.

Orchestra

(f.), urspr. kultischer Tanzplatz der Dionysien, später Spielraum des attischen Dramas zwischen Zuschauertribüne und Bühnenhaus; im 17. Jh. ging die Bezeichnung Orchestra nach der Verlegung der Musiker aus dem hinteren Bühnenraum in den Halbkreis vor der Bühne auf die Musiker über.

ornatus

Prinzip der antiken Stil-Lehre: sprachliche und stilistische Formgebung (einschließlich Schmuck und Gestaltung wie Tropen und rhetorische Figuren

Oxymoron

(n.): «Widersprüchlichkeit», rhetorische Figur; enge Verbindung zweier sich widersprechender Begriffe, z.B. helldunkel, traurigfroh, heißer Schnee (letzteres bildet den Spezialfall einer contradictio in adjecto). Vgl. auch Antithese.

P

Paarreim

(m.) einfachstes und häufiges Reimschema: aa bb cc etc.

Parallelismus

(m.), a) rhetorische Figur; «Gleichlauf» durch Wiederholung einer Wortgruppe. Man unterscheidet zwischen syntaktischem Parallelismus, z.B. Meine Ruh ist hin, Mein Herz ist schwer (Goethe: Faust I) und semantischem Parallelismus, der durch die Aufspaltung einer Aussage in zwei Glieder bestimmt ist. Stellt das zweite Glied eine semantische Erweiterung oder Fortführung des ersten dar, so handelt es sich um einen synonymen Parallelismus (so muss ich dich verlassen, von dir scheiden; Schiller: Wallenstein); stellt es einen Gegensatz dar, so handelt es sich um einen antithetischen Parallelismus (Friede den Hütten, Krieg den Palästen; Büchner: Der hessische Landbote) wobei auch hier oft ein syntaktischer Parallelismus gegeben ist (s. Bsp., dagegen Überkreuzstellung beim Chiasmus). b) im weiteren Sinne strukturelles Kompositionselement eines literarischen Werkes, etwa durch Wiederholung gleichrangiger Teile in der Prosa (v.a. im Märchen) oder in Figurenkonstellationen im Drama.

Paratext

(m.), von G. Genette geprägter Begriff zur Bezeichnung aller Texte, die die Rezeption des eigentlichen literarischen Textes steuern, etwa Autorname, Titel, Klappentext, Widmung, Vorwort etc., vgl. Paratextualität.

Paratextualität

(f.), Beziehung zwischen den Paratexten und dem eigentlichen, literarischen Text; nach G. Genette eine Form der Transtextualität.

Parenthese

(f.): «Einschub», rhetorische Figur; Unterbrechung eines Satzes durch den Einschub eines grammatikalisch vollständigen und selbstständigen weiteren Satzes in Gedankenstrichen oder Klammern, z.B.: Eduard – so nennen wir einen reichen Baron im besten Mannesalter – Eduard hatte in seiner Baumschule die schönste Stunde eines Aprilnachmittags zugebracht, um frisch erhaltene Pfropfreiser auf junge Stämme zu bringen. (Goethe, Die Wahlverwandtschaften).

Parodie

(f.), in krit., satir. oder polem. Absicht verfasste, verspottende Nachahmung eines bekannten Werkes oder einer Gattung unter Beibehaltung der jeweils charakteristischen Form, jedoch mit anderem, nicht dazu passendem Inhalt (umgekehrt: Travestie). Die Komik beruht auf der so entstandenen Diskrepanz zwischen Form und Inhalt. Bsp.: Friedrich Th. Vischer, Faust III. Teil. Vgl. auch Intertextualität.

Parodos

(f.), a) seitlicher Zugang zur Orchestra im antiken Drama, b) das Einzugslied des Chors beim Betreten der Orchestra im antiken Drama, urspr. der Anfang des Dramas bzw. Dityhrambus, später nach dem Prolog. Vgl. auch Stasimon, Exodos, Chorlied.

Paronomasie

(f.): rhetorische Figur; Wortspiel durch a) die (widersprüchliche) Verbindung von Wörtern desselben Stammes (vgl. Figura etymologica und Polyptoton) oder b) die Verbindung ähnlich klingender Wörter, z.B. Der Rheinstrom ist worden zu einem Peinstrom, die Klöster sind ausgenommene Nester, die Bistümer sind verwandelt in Wüsttümer [...] (Schiller, Wallensteins Lager).

pathos

griech. «Unglück», «Leid», «Affekt», «Leidenschaft»; bezeichnet in der aristotelischen Dramentheorie den Schmerz, den der tragische Konflikt bei den Figuren auslöst

Pentameter

antikes Versmaß; Achtung: Da es im Deutschen kaum echte Sponden gibt, weicht der Pentameter der deutschen Dichtung von den antiken Vorbildern ab (vgl. etwa «Voll-Mond», das wir nur mit Betonung auf der ersten Silbe sprechen können: «Vollmond»). klassischer Pentameter: 2 Daktylen – 1 Spondeus – 2 Anapäste deutscher Pentameter: 6 Hebungen! Der Spondeus wird ersetzt durch eine betonte Silbe, auf die eine Diärese (= kurze Sprechpause) folgt. Der letzte Versfuß besteht aus einer betonten Silbe.

Peripetie

griech. «peripeteia» = «plötzliches Umschlagen»; zentrales Element der aristotelischen Dramentheorie; bezeichnet den unerwarteten, plötzlichen Umschwung in der Handlungsstruktur, durch den entweder eine Wendung zum Guten (Komödie) oder Schlimmen (Tragödie) eingeleitet wird

peroratio

Begriff aus der Rhetorik, der den Schlussteil einer Rede bezeichnet; auch: «conclusio»

Personifikation

(f.), rhetorische Figur; Vermenschlichung; Darstellung von abstrakten Begriffen (vgl. Allegorie), Eigenschaften, leblosen Dingen oder Naturerscheinungen als handelnde oder sprechende Personen; Bsp.: der Sommer stand und lehnte und sah den Schwalben zu (Benn: Astern).

perspicuitas

Prinzip der antiken Stil-Lehre: Klarheit und Verständlichkeit

persuadere

lat. «überzeugen» und «überreden»; Begriff aus der Rhetorik, der das Ziel einer Rede bezeichnet

Petrarkismus

(m.), auf Francesco Petrarca (1304-1374) zurückgeführtes Konzept der Liebeslyrik vom 14. bis zum 17. Jh., gekennzeichnet durch eine verbindliche, schematisierte Formsprache, die der Irrationalität des Liebesempfindens Rechnung trägt (Metaphern, Antithesen, Hyperbeln) und einen festen Motivkanon wie Liebesschmerz, Frauenpreis und eine Aufzählung der körperlichen Vorzüge der Frau – Sprecher im Petrarkismus ist immer der Mann (Ausnahmen im sog. «Anti-Petrarkismus»). Nähe zum Manierismus.

phobos

Katharsis

Pindarische Ode

(f.), seit 600 v. Chr. übliche, jedoch durch Pindar (5. Jh. v. Chr.) zur Berühmtheit gelangte Form des gr. antiken Chorliedes, die aus zwei gleichgebauten Strophen (Strophe und Antistrophe oder auch Ode und Antode) und einer metrisch abweichenden dritten Strophe besteht (Epode: Abgesang).

Polyphonie

(f.), Mehrstimmigkeit; a) nach M. Bachtins Theorie der Dialogizität versammelt ein polyphoner Roman im Gegensatz zu einem monologischen (Monologizität) eine Vielzahl von divergierenden Stimmen und Perspektiven. Polyphonie und Dialogizität werden oft synonym verwendet; b) mehrstimmiger Gesang, Ggs.: Monodie.

Polyptoton

(n.): rhetorische Figur Form der Paronomasie; Wiederholung desselben Wortes innerhalb eines Satzes oder eines Verses in verschiedenen Beugungsformen (im Unterschied zur Gemination oder Epanalepse). Beispiele: homo hominis lupus, Aug um Auge. Oft als Superlativ, z.B. König der Könige, das Beste vom Besten. Vgl. auch Figura etymologica.

Polysyndeton

(n.): «Vielverbundenheit»; rhetorische Figur; Reihung gleichgeordneter Wörter, Satzglieder oder Satzteile mit verbindenden Konjunktionen, z.B.: Und es wallet und siedet und brauset und zischt (Schiller). Gegenteil: Asyndeton

Postmoderne

Kunst-Stil bzw. Kunst-Epoche im Horizont von Poststrukturalismus/Dekonstruktion; prominentestes Beispiel in der Literatur: Umberto Eco, Il nome della rosa, 1980

Poststrukturalismus

neben der Systemtheorie das derzeit prominenteste Theorie-Paradigma; nach 1960 vor allem von französischen Theoretikern entwickelt; bekanntester Vertreter: Jacques Derrida (geb. 1930; différance) betont in Abgrenzung zum klassischen Strukturalismus die zwangsläufige Offenheit und Mehrdeutigkeit von Sprache, die Unschärfe von Zeichen; Konsequenz: da es keine starre Struktur-Beziehung zwischen signifiant (Bezeichnendem) und signifié (Bezeichnetem) gibt, werden Zeichen in erster Linie als autonom/selbstreferentiell verstanden; d.h. es wird das Wechselverhältnis der Zeichen zu anderen Zeichen betont, nicht ihr Bezug zur Wirklichkeit

prodesse

aut prodesse volunt aut delectare poetae

puritas

auch: «Latinitas»; Prinzip der antiken Stil-Lehre: Sprachreinheit und Sprachrichtigkeit

R

Recensio

Arbeitsschritt in der klassischen Textkritik (Editionswissenschaft): Herstellung des Archetyps

Reim

(m.), Gleichklang zweier oder mehrerer Wörter ab dem letzten betonten Vokal (anders: Stabreim), meist als Endreim in einem Vers (vgl. jedoch auch Binnenreim, Anfangsreim). Man unterscheidet als Reimformen zwischen dem männlichen oder stumpfen Reim (Reim der letzten Hebungssilbe: Haus – Maus) und dem weiblichen oder klingenden Reim (Reim von Hebung und Senkung: Träume – Schäume); weiterhin zwischen reinem oder Vollreim (vollkommener Gleichklang: s. vorige Bsp.) und unreinem oder Halbreim (unvollkommener Gleichklang: blüht – flieht). Vgl. als Reimschemata Paarreim, Kreuzreim, Schweifreim, Kettenreim, umarmender Reim.

Rhetorik

a) «praktische» Rhetorik: kunstvolles Reden als ausgeübte Redekunst, Beredsamkeit: ars bene dicendi, ars oratoria, eloquentia; b) «theoretische» Rhetorik als Analyse und (Lehr-)System: ratio dicendi, ars rhetorica; c) konkretes Lehrbuch der Rhetorik, z.B.: die Rhetorik des Aristoteles

rhetorische Figur

dient dem ornatus; Variante uneigentlichen Sprechens (d.h.: Abweichung vom «normalen» Sprachgebrauch), die – im Unterschied zur Trope – mehr als ein Wort enthält; z.B.: «Der Lotse geht von Bord»

Rhythmus

(m., Pl. Rhythmen), Gliederung der laut gesprochenen Sprache als Wechsel von betonten und unbetonten (akzentuierendes Prinzip) bzw. langen und kurzen Silben (quantifizierendes Prinzip, vgl. Metrik) in der Zeit. Der allgemeine Sprachrhythmus wird in der «gebundenen» Verssprache durch lautliche (etwa Reim) oder syntaktische Mittel (etwa Anapher, Epipher) noch verstärkt, der Begriff «Rhythmus» also meist auf Versebezogen. Während sich das Metrum durch ein festes Schema auszeichnet, wird unter Rhythmus allgemein die Spannung der lautlichen Abfolge eines Verses als Wiederholung und/oder Variation verschiedener Folgen von Hebungen und Senkungen (bzw. Längen und Kürzen) der Silben verstanden; der Rhythmus lässt sich so als individuelle Realisierung des schematisierten Metrums sehen. Vgl. auch freie Rhythmen.

S

Schweifreim

(m.), Reimschema: aabccb; die Variante aabaab wird auch «Zwischenreim» genannt.

semantischer Raum

Begriff der strukturalen Erzähltheorie nach Jurij M. Lotman (Strukturalismus); Hintergrund: Lotman geht davon aus, dass räumliche Strukturen oft semantisiert werden, d.h., dass räumlichen Ordnungen zusätzliche, nicht-räumliche Merkmale zugeschrieben werden. Ein «semantischer Raum» bezeichnet die Menge zusammen auftretender und untereinander korrelierter, für den Text relevanter, semantischer Größen, die bezüglich mindestens eines Merkmals in Opposition zu (mindestens) einer zweiten solchen Menge stehen (z.B. Stadt: Bürger, reich, krank, lasterhaft vs. Land: Bauern, arm, gesund, tugendhaft)

skaz

kaum ins Deutsche übersetzbarer Terminus (von russ. «skazat» = «sagen»); bei Boris Michaijlovic Eichenbaum (Formale Schule) gebrauchter Begriff, um die Erzählweise eines literarischen Textes zu beschreiben, die durch den «persönlichen Ton» des fiktiven Erzählers gekennzeichnet ist; der skaz bezeichnet den komischen Effekt, der sich aus der spezifischen Redeweise eines Textes ergibt (z.B. Sprachspiele, Kalauer, Alogismen)

Sonett

(n.), aus dem Italienischen stammende Gedichtform, Grundform: 14 Verszeilen, gegliedert in zwei vierzeilige Quartette als «Aufgesang» mit nur zwei Reimen (umarmender Reim: abba abba oder Kreuzreim: abab abab) und zwei dreizeilige Terzette als «Abgesang» mit urspr. ebenfalls nur zwei Reimen (cdc dcd). Dem Aufbau korrespondiert die innere Struktur von These (1. Quartett), Antithese (2. Quartett) und Synthese (Terzette); der Vers ist urspr. und meist ein Endecasillabo bzw. fünfhebiger Jambus, im Frz. und dt. Sonetten des Barock jedoch auch der Alexandriner. Die Reimschemata wurden, v.a. in den Terzetten, früh variiert; als «deutsches Sonett» gilt die Erweiterung der Quartette auf vier Reime (abba cddc oder abab cdcd). Neben dieser strengen, «petrarkistischen» Sonettform gibt es das englische oder Shakespeare-Sonett, das aus drei kreuzweise gereimten Quartetten und einem abschließenden Reimpaar, dem Couplet, besteht: abab cdcd efef gg.

Spondeus

(m., Pl. Spondeen), antiker Versfuß aus zwei langen Silben (úú), auch als Daktylus oder Anapäst durch Zusammenziehung der beiden Kürzen zu einer Länge. Die Nachbildung von Spondeen in akzentuierender Metrik ist schwierig, da selbst bei annähernd gleicher Betonungsschwere zweier aufeinanderfolgender Silben doch meist eine den Hauptton trägt; Spondeen erscheinen in deutschen Nachbildungen so meist als Trochäen. Bsp.: Spríngquéll (vgl. Schillers Merkspruch unter Distichon).

Stabreim

(m.), besondere Form der Alliteration in der germanischen Dichtung, gleicher Anlaut (vgl. dagegen Endreim) verschiedener, in jedem Fall aber bedeutungstragender Wörter (also Nomen und Verben). Es staben alle Vokale untereinander, die Konsonanten sowie die Konsonantengruppen st, sp, sk staben jeweils unter sich. Vgl. Stabreimvers.

Stabreimvers

(m.), auch Alliterationsvers, durch den Stabreim bestimmter germanischer Vers aus einer Langzeile, die durch zwei Kurzzeilen gebildet wird, selten auch nur aus einer Kurzzeile (altnordischer Ljoðaháttr). Es staben durch Alliteration in der Langzeile meist die erste und zweite Haupthebung des Anverses (erste Kurzzeile), selten nur eine von beiden, und die erste Haupthebung des Abverses (zweite Kurzzeile). Bsp.: Welaga nû, waltant got / wewurt skihit (Hildebrandslied).

Stanze

(f.) auch Ottaverime, Oktave; ital. Strophenform aus acht Endecasillabi, im Deutschen aus acht fünffüßigen Jamben mit wechselndem männl. oder weibl. Versschluss (vgl. Kadenz) und strengem Reimschema aus zwei Terzinen und einem Reimpaar: aba bab cc. Dem Aufbau korrespondiert, ähnlich wie beim Sonett, die innere Struktur: Die beiden Schlussverse dienen der inhaltlichen Steigerung, Zusammenfassung o.ä.

Stasimon

(n., Pl. Stasima) Standlied; meist strophisches, auf der Orchestra gesungenes Chorlied des antiken Dramas, das die einzelnen Schaupielszenen (Epeisodia) voneinander trennt. Vgl. auch Parodos, Exodos.

Stemma

= «Stammbaum»; graphische Darstellung der Abhängigkeit verschiedener Textzeugen im Verfahren der klassischen Textkritik (Editionswissenschaft)

Stichomythie

griech. «stichos» = «Zeile»; «mythos» = «Rede»; «Zeilenrede»: Dialog von Figuren, wobei Zeile für Zeile (bzw. Vers für Vers) ein Sprecherwechsel stattfindet; dient der rhetorischen Intensivierung

Strophe

(f.), Zusammenfassung mehrerer, gleich oder verschieden gebauter Verszeilen zu einer metrischen Einheit. Seit der Antike gibt es eine Vielzahl verschiedener, durch bestimmte Metren, Versanzahlen, Versarten und Reimschemata bestimmte Strophenformen, vgl. etwa Stanze, Terzine.

Strukturalismus

internationaler und interdisziplinärer Ansatz mit Wurzeln in der strukturalen Linguistik (Ferdinand de Saussure) sowie im Russischen Formalismus (Formale Schule). Man unterscheidet drei lokale Strukturalismen: a) den tschechischen Strukturalismus (u.a. Mukarovský); b) den französischen Strukturalismus (u.a. Lévi-Strauss, Genette, Barthes, Foucault); c) den sowjetischen Strukturalismus (u.a. Lotman). Wirkung in Deutschland seit den 60er Jahren. Die strukturale Methode versucht, die Gegenstände der nicht-naturwissenschaftlichen Bereiche als Systeme zu beschreiben und zu interpretieren; die Systeme (etwa: ein einzelner literarischer Text, eine Gattung, ein Gattungssystem, eine historische Epoche) stehen in komplexen Relationen zu ihren – wiederum als System beschreibbaren – Umwelten. In der Literaturwissenschaft unterscheidet man eine Vielzahl strukturalistischer Ansätze, darunter die strukturale Textanalyse (Titzmann), die strukturale Erzähltheorie (Lotman) und die strukturale Literaturgeschichtsschreibung.

Symbol

(n.), bildhaftes Zeichen, das über sich selbst hinaus auf einen höheren, geistigen Bedeutungszusammenhang verweist. Im Gegensatz zur willkürlich gesetzten Allegorie ist die Beziehung zwischen Bild und Sinn im Symbol nicht rational auflösbar, sondern offenkundig, wenn auch oft nur vor einem gemeinsamen kulturellen Hintergrund verständlich, in dem das Symbol tradiert ist (Kreuz = Christentum, Taube = Frieden); das Symbol zielt statt auf den Intellekt eher auf eine Gefühlswirkung ab; und Symbole sind ganzheitlich, d.h. ihr Sinn addiert sich nicht aus ihren Bestandteilen (vgl.Allegorie). Das im Besonderen des Symbols durchscheinende Allgemeine lässt sich so meist nicht endgültig fassen und auf einen Begriff bringen; nach Goethe verwandelt die Symbolik die Erscheinung in Idee, die Idee in ein Bild, und so, daß die Idee im Bild immer unendlich wirksam und unerreichbar bleibt und, selbst in allen Sprachen ausgesprochen, doch unaussprechlich bliebe (in: Maximen und Reflexionen).

Symploke

(f.) (auch: Completio oder Complexio, f.): «Verflechtung», rhetorische Figur; Verbindung von Anapher und Epipher.

Systemtheorie

neben dem Poststrukturalismus das derzeit prominenteste Theorie-Paradigma; im Wesentlichen von Niklas Luhmann (1927-1998) entwickelt; intendiert eine möglichst objektive Beschreibung von Sachverhalten in historischer Perspektive, d.h. im Hinblick auf geschichtliche Wandlungen; basiert auf der (sozialwissenschaftlichen) Beobachtung, dass sich Systeme «ausdifferenzieren», d.h. sich gegenüber einer Umwelt strikt abgrenzen; so entstehen (Teil-)Systeme (z.B. Wirtschaft, Justiz, Kunst)

T

Transtextualität

(f.), von Gérard Genette geprägter Überbegriff zur Kennzeichnung intertextueller Bezüge von Texten. Genette unterscheidet 1. Intertextualität (i.e.S.) als Zitat, Anspielung oder Plagiat, 2. Paratextualität als Beziehung zwischen Paratexten und Text, 3. Metatextualität als Kommentar zu einem Text, 4. Hypertextualität als Transformation eines Hypotextes etwa in einer Parodie oder Nachahmung und 5. Architextualität als allgemeine Gattungsbezüge.

Travestie

(f.), Nachahmung eines Werkes als Wiedergabe von dessen Inhalt in anderer, nicht dazu passender Form, oft in niederem Stil (umgekehrt: Parodie). Die Komik beruht auf der so entstandenen Diskrepanz zwischen Form und Inhalt. Vgl. auch Intertextualität.

Trope

dient dem ornatus; bezeichnet die Variante des uneigentlichen Sprechens, die sich auf ein Wort bezieht (vs. Figur); z.B.: Metapher, Antonomasie

U

umarmender Reim

(m.), auch umschließender Reim, Reimschema: abba (cddc), etwa in den Quartetten eines streng gebauten Sonetts.

ut pictura poesis

lat. «die Dichtung wie die Malerei»; zentrale Idee aus Horaz’ De arte poetica: Übertragung der Prinzipien der Malerei auf die Dichtung, z.B. der Idee des Kunstwerks als einheitliches Ganzes («unum»)

V