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Учебное пособие 700247.doc
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Substantivierte emotive Komposita

Den Texten der schöngeistigen Literatur ist die Bildung der substantivierten emotiven Komposita eigen, welche aus zwei oder mehreren selbständigen Wörtern bestehen können. Eine ganz besondere Stelle nehmen unter ihnen zusammengesetzte Wörter (Zusammenrückungen) ein, vgl. das Abschiedfeiern, das Seelensterben, das Nichtlebenwollen, das Nichtsterbenkönnen u.a. Diese Komposita werden oft zur Beschreibung tiefer emotional-psychologischer Erlebnisse eines Menschen verwendet, was sich auch im folgenden Beispiel zeigt:

"Sonst respektierte sie mein Verlangen nach Alleinleben und Nichtbeachtetwerden stets, heute aber schien in der Tat zwischen mir und der Umwelt ein Schleier zerrissen, eine Schranke gefallen zu sein." (H. Hesse: Steppenwolf).

Intellektuell-kulturelle (oder gebildet-geistreiche ) Lexik

Solche substantivierten Komposita erweisen sich als Resultat des individuellen schöpferischen Wortschaffens. Sie werden in Zeitungstexten nur selten gebraucht.

In literarischen Werken ist die sogenannte emotive intellektuell-kulturelle (oder gebildet-geistreiche) Lexik92 sehr reich und vielfältig repräsentiert. Zum gebildet - geistreichen Wortschatz gehören, nach der Meinung von M. L. Gan­gsberg, vor allem "das Fremdwort, meist das lateinische und französische, und die Bildungsanspielungen" (Gangsberg 1964, S. 59).

Einen großen Raum im allgemeinen Bestand der emotiven intellektuell-kulturellen Lexik nehmen folgende Worttypen ein:

  • emotional gefärbte philosophische Lexeme (Epikureer, Philister, Philanthrop);

  • emotional gefärbte mythologische Lexeme (Sirene, Amor, Venus, Rachegöttin, Nixe);

  • emotional gefärbte historische Lexeme (byzantinisch, Barbar);

  • emotional gefärbte astrologische Lexeme (Zauber, Magie, Orakel, Weiser);

  • emotional gefärbte medizinische Lexeme (paranoid, geistesgestört);

  • emotional gefärbte Lexeme, die Namen berühmter literarischer Gestalten bezeichnen (Roland, Siegfried, Laura, Mephistophel, Faust) u.a.

Im Zeitungslexikon wird die emotive intellektuell-kulturelle (oder gebildet-geistreiche) Lexik meist von solchen lexikalischen Einheiten repräsentiert, die sich auf die Geschichte eines konkreten Landes oder auf die Weltgeschichte beziehen (z.B. Stasi, Glasnost, Perestroika, Wessi, Ossi etc.).

Invektivische Lexik

Als spezifisches Merkmal des emotiven Vokabulars der literarischen Texte gilt auch das Vorhandensein der invektivischen Lexik (oder der Schimpfwörter)93, da die deutsche Sprache der Gegenwart in bestimmtem Maße von der Umgangssprache geprägt wird.

Die invektivische Lexik dient besonders zum therapeutisch wertvollen Frustabbau. Die sogenannte humorvolle "Schimpfologie" findet ihren Ausdruck in zahlreichen Schimpfwörterbüchern, z.B.: im Hessischen, Fränkischen, Sächsischen, Bayrischen, Rheinischen, Märkischen, Schwäbischen, Friesischen, Pfälzischen, Saarländischen u.a.

Der Gebrauch von Schimpfwörtern zum Ausdruck verbaler Aggressionen ist für verschiedene schriftliche Genres charakteristisch. Nach der Meinung von Ludwig Reiners lebten in Deutschland zwei Klassiker der Schimpfliteratur: Martin Luther und Arthur Schopenhauer.

"Nie ist in einer Sprache etwas Gröberes geschrieben worden, so L. Reiners, als Luthers Schrift: Wider Hans Worst; mit diesem Namen bezeichnete er den Herzog Heinrich von Braunschweig" (Reiners 1944, S. 585).

Den Herzog charakterisierend, gebrauchte M. Luther, so L. Reiners, folgende Schimpfwörter:

ein voller, toller Filz und Trunkenbold; ein unsinniger, wütender Tyrann, der sich nicht voll Weines, sondern voll Teufel gefressen und gesoffen habe; Teufelsdreck...

L. Reiners betont weiter, dass Luthers Gegner ähnlich "wetterten". Thomas Murner schrieb gegen Luther eine "Schutzrede und Antwort wider das geistlose, sanftlebende Fleisch zu Wittenberg", die mit dem Satz begann:

"Doktor Lügner ist ein einfältiger Mann. . . und sich zu dem freundlichen Wünsche steigert: Aber schlaf sanft, liebes Fleisch! Ich röche dich lieber gebraten in deinem Trotz durch Gottes Grimm im Hafen oder Topf beim Feuer (Jeremias 1)... Du bist ein Eselsfleisch..." (ebenda, S. 586).

Ludwig Reiners bemerkt, daß Arthur Schopenhauer Luthers Leidenschaft nicht besessen hat, "wohl aber seine Grobheit - wenigstens in seinen Schimpfschriften gegen Hegel" (ebenda, S. 586). A. Schopenhauer bezeichnete ihn mit folgenden Schimpfwörtern:

Erznarr, Hanswurst, Tollhäusler, Bierwirtphysiognomie, ein so durchweg erbärmlicher Patron, Absurditätenlehrer, Philosophaster, Gaukler, Spaßphilosoph, Papier - und Kopfverderber. . .

L. Reiners erwähnt auch den Namen von J.W von Goethe, der beim Kampf um die Farbenlehre mit folgenden Wendungen über Newton schimpft:

"bis zum Unglaublichen unverschämt! ... barer Unsinn, ... fratzenhafte Erklärungsart..." (Reiners 1944, S. 587).

Die Analyse dieser reichen Liste von Beschimpfungen, die in verschiedenen Zeiten von bekannten deutschen Philosophen, Denkern und Schriftstellern gebraucht worden waren, ermöglicht es zu behaupten, dass die überwiegende Mehrheit von ihnen durch invektivische substantivische Lexeme repräsentiert wird.