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Учебное пособие 700247.doc
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Zur Abgrenzung von Alltagssprache und Umgangssprache

(von Hofmann Michael, 2007)

Vordringlich erscheint die Bestimmung des Verhältnisses von Alltagssprache und Umgangssprache84 deshalb, weil beide Varietätennamen in der Literatur auch synonym verwendet werden. Betrachtet man das vorgestellte Modell des Varietätenraums, lassen sich mehrere Ausprägungen von Umgangssprache ableiten. Umgangssprache wird verstanden als Sub- bzw. Nonstandard, der im Varietätenraum auf verschiedene Variablen beziehbar, also mehrdimensional ist, wobei in jeder Dimension spezieller Aspekt zum Vorschein kommt (vgl. auch Hoffmann 2001, 26f.):

1. Im Bezug auf die Variable ‚Region’ erscheint Umgangssprache als ein Regiolekt, nämlich als Ausgleichsvarietät zwischen Hochsprache (als Standardvarietät) und Dialekten. Solche regionalen Umgangssprachen finden wir insbesondere in Großstädten und Industriegebieten; man spricht von Urbanolekten, Stadtsprachen, Stadtdialekten (z.B. Berlinisch).

2. Im Bezug auf die Variable ‚Kommunikationskanäle’ stellt sich Umgangssprache als ein Mediolekt dar, nämlich als spontane gesprochene Sprache (Sprechsprache), die neben der elaborierten geschriebenen Sprache (Schreib- oder Literatursprache) existiert.

3. Im Bezug auf die Variablen ‚Gruppe’ und ‚Fachgebiete’ erscheint Umgangssprache als Gruppen- bzw. Fachjargon (als ein Sozio- bzw. Professiolekt). Gruppenjargons (gruppensprachliche Jargons) sind beispielsweise Jugendsprache und Soldatensprache oder Varietäten mit Bindung an soziale Randgruppen (Obdachlose, Prostituierte, Häftlinge). Fachjargons (fachsprachliche Jargons) umfassen einen Fachwortschatz, dem die Kodifizierung in Gestalt schriftlich fixierter, definierter Bedeutungen fehlt.

4. Im Bezug auf die Variable ‚Soziale Situation’ ist Umgangssprache ein Emotiolekt, genauer: stilistischer Substandard, der sich in die Stilschichten ‚umgangssprachlich’, ‚salopp-umgangssprachlich’ und‚derb/vulgär’ weiter untergliedern lasst.

Alltagssprache kann anhand dieser Unterscheidungen als eine funktionale Varietät bestimmt werden, die Sprachvarianten aller aufgeführten Ausprägungen von Umgangssprache in sich aufgenommen hat:

Stadtsprachliche Regionalismen, sprechsprachliche Varianten, Gruppen- und Fachjargonismen sowie stilistische Substandardismen (z.B. Vulgarismen).

Da auch Dialektismen auf allen Ebenen des Sprachsystems und die Merkmale einer einfachen Standardsprache (Grundwortschatz, einfacher Satzbau) zum Erscheinungsbild von Alltagssprache gehören, ist eine Gleichsetzung von Alltags- und Umgangssprache nicht gerechtfertigt.

Empfohlene Literatur zur Vertiefung:

Duden-Grammatik (2005): „Gesprochene Sprache“. S. 1175-1256.

Fleischer/Michel (1975): „Alltagsverkehr“. S. 253-256;

Hofmann, Michael (2007): Funktionale Varietäten des Deutschen. Potsdam: Potsdamer Universitätsverlag. 2007, S.14-18.

Riesel (1963): „Der Stil des Alltagsverkehrs“. S. 461-477;

Riesel (1970): Der Stil der deutschen Alltagsrede .

Schwitalla (1997): Gesprochenes Deutsch.