Добавил:
Опубликованный материал нарушает ваши авторские права? Сообщите нам.
Вуз: Предмет: Файл:
Учебное пособие 700247.doc
Скачиваний:
15
Добавлен:
01.05.2022
Размер:
1.6 Mб
Скачать

Zur Abgrenzung von emotivem Lexikon der Literatursprache und Pressesprache

(von Fomina Sinaida, 1999)

Besonders klar zeigen sich die Unterschiede im emotiven Vokabular literarischer und Zeitungstexte beim Vergleich ihrer Kernwörter113.

Als Kernwörter treten in Texten der schöngeistigen Literatur vor allem diejenigen Wörter auf, die vielfältige anthropologische Begriffe emotional bezeichnen. Dabei steht der Begriff "Mensch" als "homo quodammodo omnia" ("Der Mensch ist im bestimmten Sinne alles") (Gregor der Große), als "Welt im Kleinen" oft im Mittelpunkt einer Bewertung. Hier möchte ich auf die folgende Feststellung von Rita Schober verweisen:

"Kunst und Literatur bauen keine Dingwelt, sondern eine Wertwelt. Ihr eigentlicher Darstellungsgegenstand und damit auch ihr Erkenntnisobjekt ist das Verhältnis des Menschen zur Welt unter dem Aspekt der Bedeutung dieses Verhältnisses für sein geistiges Sein..." (Schober 1973, S. 14).

Einen großen Raum nehmen in Texten der schöngeistigen Literatur solche anthropologischen Begriffe ein, die mit der Beschreibung innerer, psychologischer Empfindungen, Erlebnisse und mit der Beschreibung menschlicher Gefühle/Zustände verbunden sind. Hermann Böschenstein schreibt:

"Etwas Neues ist damals... entstanden, die deutsche Gefühlskultur, neben der deutschen Philosophie und der Geschichtswissenschaft das bedeutendste Ereignis in diesem Sprachraum, nach unserer Meinung, von gleichem Wert wie die Weltweisheit, weil das Fühlen diese selbst erst erlebbar machen und auf ihren Daseinswert prüfen musste" (Böschenstein 1954, S. 7).

Kernwörter bewerten in Texten der schöngeistigen Literatur vorwiegend solche Gemütsbewegungen, die von einem Menschen ausgehen und in ihn selbst wieder zurück einfließen, ohne dabei die Grenzen seiner inneren Welt zu verlassen. Novalis bezeichnete dieses Phänomen als die "innere Außenwelt" oder "Außenwelt in uns" (Novalis. In: Bollnow 1953, S. 203-204).

Die Sphäre menschlicher Gefühle repräsentieren vor allem folgende Kernwörter: "Seele", "Herz", "Gefühl", "Leid", "Angst", "Traurigkeit", "Einsamkeit" (Not der Einsamkeit, Traurigkeit der Einsamkeit), "Verzweiflung", "Lebensleere", "Todes­furcht", "Liebe", "Glück", "Nächst­enliebe", "Hoffnungsstrahl" u.a.

Die Liste der Kernwörter, die Gefühlssphären kennzeichnen, ist umfangreich und vielfältig. Die am häufigsten gebrauchten Wörter sind ihrem semantischen Inhalt nach pejorativ, vgl. Trümmerfeld (des Daseins), "Sieg der Jahre", "Niedergang", "Katastrophe", "Spätherbst" etc. Diese Tatsache ist nicht als etwas Unerwartetes und Überraschendes wahrzunehmen, weil viele Forscher der deutschen Prosa darauf hinweisen. (Vormweg 1968, Beutin 1972 u.a.). (Dieses Phänomen ist im gleichen Maße auch für die russische Prosa charakteristisch). So schreibt z.B. W. BEutin:

"Was zunächst die Melioration anlangt, so muss gefragt werden: Welches sind im älteren Neuhochdeutschen Ausdrücke, die damals die pejorative Bedeutung aufwiesen, während ihnen heutzutage eine positive eigen ist? Ihre Zahl ist offenbar geringer als Zahl der Ausdrücke, welche in der älteren neuhochdeutschen Sprache ohne pejorative Bedeutung vorkommen und gegenwärtig mit dieser" (Beutin 1972, S. 207). Der Sprachforscher beantwortet die Frage wie folgt: "Der Grund dafür kann auch sein: Die Autoren vergangener Zeiten gebrauchten Ausdrücke mit pejorativer Bedeutung selten oder vermieden sie tunlichst" (ebenda, S. 207).

Silvio Vietta, der die deutsche Gegenwartsliteratur von "Hölderlin bis Thomas Bernhard" analysiert hat, stellt fünf metaphorische Bildfelder fest, unter denen alle, außer dem Bildfeld des Romantismus, einen negativen (pejorativen) Inhalt besitzen. Er hebt folgende Bildfelder hervor:

1. "Bilder der erscheinenden Schönheit";

2. "Abgrund", "Absturz", "Weltende";

3. "Krankheit", "Wahnsinn";

4. "Nacht", "Kälte", "Wüste";

5. "Labyrinth" (Vietta 1992, S. 153-192).

S. Vietta drückt die folgende Meinung bezüglich dieses Ergebnisses aus:

"Die Labyrinthe der literarischen Moderne sind nicht einfach resignative Karten der Undurchschaubarkeit der Welt, sondern immer auch Anstöße, wenn nicht den Ausweg, so doch inmitten des Labyrinths, vernünftige Wege zu suchen. Und wenn die literarische Darstellung das Werk eines Einzelnen ist, so war sich Dürrenmatt gleichwohl bewußt: Was alle angeht, können nur alle lösen." (ebenda, S. 192). Das drücken auch die Zeilen von Hölderlin aus: "Wo Gefahr ist, wächst das Rettende auch" (Fr. Hölderlin. In: Jung 1931, S. 434).

Kernwörter in Zeitungstexten explizieren soziale Realitäten, die meist durch verschiedene negative Tätigkeiten/Handlungen der Menschen verursacht werden. Zu den typischen negativ gefärbten Kernwörtern zählen:

  • "Anschlag": Mordanschlag, Brandanschlag;

  • "Krieg": Tschetschenienkrieg, Nahostkrieg;

  • "Mord": Mordhandwerk, Mordserie;

  • "Blut": Blutvergießen, Blutbad;

  • "Terror": Terrorismus, Giftgasterror, Terrorist;

  • "Extremismus": Rechtsextremismus", Extremisten;

  • "Affäre": Plutonium-Affäre, Schmiergeldaffäre, Grundstückaffäre;

  • "Mafiosi": Mafia, Politmafia, der Mafioso;

  • "Opfer": Maueropfer, Mordopfer, Terroropfer;

  • "Flüchtlinge": Flüchtlingstragödie, Flüchtlingsdrama u.a.

Kernwörter des emotiven Zeitungslexikons beziehen sich also vorwiegend auf folgende Sphären:

  • sozial-politische (Machtmissbrauch, Arbeitslosigkeit, Hungersnöte);

  • sozial-wirtschaftliche (Zwangsvereinigung, Zwangskollektiv);

  • kriminelle ( Korruption, Messer­stecherei, Prügelorgie, Vergewaltigung, Mord, Folter, Totschlag);

  • ökologische (Ökokrieg, Müllplanet);

  • intellektuell-psychologische (Infoschrott, Stress);

  • Naturkatastrophen (Erdbeben, Seuchen, Überschwemmung) u.a.