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Kleines_woerterbuch_der_stilkunde.doc
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43 _ _______ Erlebte Beflexion

Rede, im voraus, durch eine ↑ Redeeinleitung; außerdem sind Syntax und Lexik ähnlich der Originalrede emotional geprägt, der Sprachstil nähert sich dem der Textperson. Nur dadurch und durch den Inhalt ist erlebte Rede vom reinen ↑ Autortext abzugrenzen. — 2. eine Form der ↑ Reflexionsdarstellung, die vom Autor gleichsam miterlebten, nicht ausgesprochenen Ge-danken, Gefühle, Assoziationen einer Person (z. B. Schweigend saß sie da. Was sollte sie tun? Konnte sie noch länger warten?). Da es sich hier nicht um Rede handelt, ist die Bezeichnung „erlebte Rede" irreführend; das gleiche gilt für die zahlreichen synonymen Benennungen, mit denen man dieser stilistischen Erscheinung beizukommen suchte, bevor sich die Bezeichnung „erlebte Rede" durchgesetzt hat (verschleierte Rede, Rede als Tatsache, uneigentlich direkte Rede, halbdirekte Rede, Imperfekt der Rede usw.). Hier handelt es sich nicht um Rede, sondern eindeutig um ↑ Reflexion, und zwar um ↑ erlebte Reflexion. Diese theoretische Scheidung ist unbedingt notwendig, auch wenn es in der Literatur Passagen gibt, die den Leser bzw. Hörer bewußt oder unbewußt im unklaren lassen, ob hier Gesagtes oder nur Gedachtes vorliegt. Die sprachstilistischen Prinzipien sind allerdings in beiden Fällen die gleichen: Da die Perspektive des Autors und der von ihm dargestellten Person verschmelzen, vereinigen sich ↑ Autorstil und ↑ personaler Stil zum ↑ Autor-Personen-Stil.

erlebte Reflexion: Form der ↑ Reflexionsdarstellung: Die inneren geistig-psychischen Vorgänge einer dargestellten Person, ihre nicht geäußerten Erwägungen, Zweifel, Gefühle, Assoziationen werden sprachlich so gefaßt, als erlebe sie der Autor mit. Erlebte Reflexion erscheint in der pronominalen ↑ Perspektive und in der ↑ Zeitebene des Kontextes — also gewöhnlich in ↑ Er-Form und im Präteritum —, unterscheidet sich demnach klar von ihrer Entsprechung, der ↑ direkten Reflexion; nur bei präsentischer Ich-Form eines Textes fällt sie mit dieser zusammen. Die Abgrenzung vom Kontext, dem eigentlichen ↑ Autortext, ist dagegen oft schwierig. Zunächst wird erlebte Reflexion meist durch eine ↑ Reflexionskennzeichnung, die auf augenblickliche Gedanken, Gefühle, Assoziationen einer Textperson hinweist, eingeleitet (K. erinnerte sich. N. versank in Gedanken usw.). Die Reflexion selbst hebt sich vom Autortext

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meist durch den Wechsel zu einem Sprachstil, der sich der geistigen Physiognomie und psychischen Verfassung der dargestellten Person anpaßt, ab: W. war fast erschrocken gewesen, wie gut der Rat geklappt hatte. Man hatte den Aldinger wrklich geholt (Seghers). Syntax und Lexik sind stärker emotional geprägt; miterlebte Entscheidungsfragen machen oft die geistig-psychische Situation deutlich. Diese Art gemeinsamen Erlebens von Autor und Person ist auch in nichtfiktiven, publizistischen Texten möglich, so in der Biographie: Was der Zweiundzwanzigjährige [Engels] sah, wühlte ihn im Innersten auf. War das nicht das Bild seiner Vaterstadt, nur greller in den Farben, ersohreckender in den Kontrasten? — Bisweilen leitet der Autor unmerklich zur erlebten Reflexion über: Schließlich unterzeichneten sie die Bestätigung. Da lag sie. Ein Fehler war Max unterlaufen: er hatte Christian nicht nach seiner Zustimmung gefragt. Nur einmal zwischendurch eine versteckte Anfrage (H. Otto).

Eine besondere Form der erlebten Reflexion ist die kollektive erlebte Reflexion; hier identifiziert sich der Autor mit einer Gruppe (ebenfalls unter Beibehaltung der pronominalen Per-spektive: sie oder ein stellvertretendes Indefinitpronomen oder die Gruppenbezeichnung selbst): Die Erregung unter den Männern . . . schlug hoch. Sie sollten bestraft werden für ihr Pech, das sie mit dem Gestängebruch hatten . . . Nur deshalb lagen sie mit der Planerfüllung am weitesten zurück. Deshalb keinen Kühlschrank für U 3. Niemand auf der Baustelle konnte das gutheißen (H. Otto).

Erlebte Reflexion über größere Textabschnitte hinweg, sprach-liches Identifizieren mit der Person, Hineinversetzen in ihre Perspektive führt auch beim Leser oder Hörer stärker zum Miterleben, führt suggestiv zu einer gewissen Identifikation (↑ Identiflkationszwang). Die erlebte Reflexion wird vielfach als erlebte Rede bezeichnet, obwohl diese (↑ erlebte Rede 1) eine Form der ↑ Rededarstellung ist; daneben gibt es zahlreiche andere Benennungen (↑ unter erlebte Rede 2).

Erörtern: Darstellungsart, mit deren Hilfe der Autor Kausal-zusammenhänge eines Geschehens in Natur und Gesellschaft in der Weise erfaßt und deutet, daß der Leser, Hörer oder Zu-schauer den Weg des Erkennens, den ihn der Autor führt, den Weg des Beweises verfolgen kann und auf solche Art zum Mit-

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