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§ 7. Die innere Flexion und die analytischen Formen

Den morphologischen Bau des Wortes haben wir bis jetzt linear betrachtet. Wir analysierten die Beziehungen zwischen dem Grundmor­phem und den Hilfsmorphemen, die sich an das Grundmorphem oder unmittelbar aneinander anschließen und so die umgrenzte Gestalt des Wortes bilden. Aber es gibt auch kompliziertere morphematische Beziehungen. Im Deutschen sind es die innere Flexion und die analytischen Formen.

Das Wesen der inneren Flexion besteht darin, daß das Grundmor­phem außer der lexikalen Bedeutung des Wortes noch irgendwelche grammatische Bedeutungen zum Ausdruck bringt. Die grammatischen Bedeutungen, die sonst neben dem Grundmörphem realisiert werden, d. h. ihre Verkörperung finden, sind hier in dem Grundmorphem selbst gegeben. Im Deutschen wird das durch den Wechsel der Vokale im Grundmörphem erzielt. In der Wortform nahmst bezeichnet das Grundmorphem nahm- die lexikale. Bedeutung des betreffenden Wor­tes, zugleich aber dank dem Vokal [a:], der bei diesem Verb den Voka­len [e:], [i], [e:] und [d] gegenübersteht, auch die grammatische Bedeutung des Präterits und des Indikativs. (Vgl. die Formen nehmen, nimmst, nähme, genommen.) Die Überlagerung der lexikalen Bedeutung durch die grammatischen Bedeutungen, die das wichtigste Merkmal des grammatischen Wesens des Wortes überhaupt darstellt, kommt hier am allerklarsten, im wörtlichen Sinne dieses Begriffes zum Vorschein: diese Bedeutungen sind gleichzeitig in einem und demselben Morphem vorhanden.

Die Anknüpfung von mehreren Bedeutungen an ein Morphem kommt überhaupt im Deutschen öfters vor. So drückt in der Wortform Tagen die Endung -en zugleich die Zahl (Plural) und den Kasus (Dativ) aus. Aber in diesen Fällen handelt es sich um parallele grammatische Bedeutungen, also um parallele Erscheinungen, und das betreffende Morphem drückt jede von ihnen durch seinen vollen Bestand, in seiner Ganzheit, aus. Dagegen werden bei der inneren Flexion in einem und demselben Morphem ungleichartige (lexikale und grammatische) Bedeutungen zum Ausdruck gebracht, und sie bekommen auch einen formell differenzierten Ausdruck.' Die lexikale Bedeutung ist an die Lautgestalt des Grundmorphems im ganzen geknüpft, aber in erster Linie und unmittelbar an seinen konsonantischen Bestand (n-m bei dem Verb nehmen, b-nd- bei' binden, h-lf- bei helfen usw.), während die grammatischen Bedeutungen mit dem Vokal verbunden sind.

Wie oben angedeutet wurde, ist die innere Flexion im Neuhochdeut­schen sehr verbreitet. Sie erscheint zwar selten isoliert (Vater Väter), aber in Verbindung mit der äußeren Flexion spielt sie eine große Rolle in der deutschen Morphologie.

Die innere Flexion im Deutschen hat zwei ganz verschiedene geschichtliche Quellen: den Ablaut und den Umlaut. Der Ablaut ist der alte indoeuropäische Vokalwechsel. Als Umlaut bezeichnet man die mannigfaltigen, den betonten Vokal assimilatorisch bestimmenden Prozesse, die sich in den einzelnen altgermanischen Dialekten abspielten.

Heutzutage sind aber die sprachlichen Erscheinungen, die zu diesen verschiedenen Quellen zurückreichen, keineswegs scharf voneinander gesondert und durchkreuzen sich zuweilen.

Sowohl der Ablaut als auch der Umlaut haben jetzt einen morphologischen Wert, d. h. sie dienen zur Wortbildung und in viel breiterem Umfang zur Formbildung. Allerdings sind ihre Wirkungsge­biete in der Formbildung zum Teil differenziert. Beim Substantiv (Pluralbildung) und beim Adjektiv (Komparativ- und Superla­tivbildung) erscheint nur der Umlaut: Gast— Gäste, Mutter Mütter, stark stärker am stärksten usw. Aber im verbalen System, wo sich der Ablaut auswirkt (die Bildung der Grundformen von starken Verben: reiten ritt geritten, bieten bot geboten, binden band gebunden usw.), tritt auch der Umlaut in mannigfal­tigen Funktionen auf (beim starken Verb: Konjunktiv Präteriti — nähme, gäbe, würfe würfe usw., 2. und 3. Person Sg. Präsens Indikativ — du trägst, er trägt, mit einer älteren Form der Assimilation, oft Brechung genannt,— du gibst, er gibt usw.; beim schwachen Verb: kausative Verben, zum größten Teil ohne Umlaut geschrieben,— setzen zu sitzen, tränken zu trinken, Verben mit Rückumlaut — nennen nannte, rennen rannte usw.).

Ablaut und Umlaut berühren sich in den verbalen Formen so nahe, daß sie zuweilen schwer zu unterscheiden sind. So hat der Vokalwechsel bei den Verben vom Typus nennen nannte die charakteristische Form des Ablauts e — a und ist auch vom Standpunkt der grammatischen Bedeutung aus gleich orientiert (e ist präsentisch, a präterital, vgl. nennen nannte, werfen warf). Das Wesen des Ablauts und des Umlauts ist im neueren Deutsch rein morphologischer und nicht phonetischer Natur. Das erweist sich aus der Tatsache, daß viele Wortformen, die historisch keine phonetischen Vorbedingungen für das Eintreten des Umlauts besessen haben und seinerzeit wirklich umlautfrei gewesen sind, später doch den Umlaut erhielten. Vgl. Väter (mhd. vater, ahd. fater, fatera), glätter (mhd. glater, ahd. glataro — heute existiert noch die Parallelform glatter) usw. Es war in diesen Formen überhaupt kein i oder / vorhanden, das imstande wäre, den Umlaut hervorzurufen. Einige Formen fehlten überhaupt, als der Umlaut sich phonetisch entwickelte (Länder < mhd. lant). Viele Dialekte gehen noch weiter als die Hochsprache und führen den Umlaut, z. B. im Plural aller starken Substantive, frontal durch (Tage— Tag) (39,385—387).

Die eigentliche strukturelle Bedeutung dieses Aufblühens der inneren Flexion (und insbesondere des Umlauts) im Deutschen wird erst dann klar, wenn man diesen Entwicklungsgang mit dem Schicksal des Umlauts in anderen germanischen Sprachen vergleicht. Obgleich sich der Umlaut im Englischen und in den skandinavischen Sprachen phonetisch ursprünglich noch stärker ausgewirkt hatte als im Deutschen, flaute er später allmählich ab und spielt jetzt eine geringe, im Englischen eigentlich gar keine Rolle (die Pluralformen mlce von mouse (Maus), feet von foot (Fuß) usw. wirken als außerhalb jeglichen Systems stehende Rudimente). Dieser Unterschied ist für die viel stärkere Neigung zur Verwendung der flexivischen Mittel und ihre Kooperation mit analytischen Mitteln kennzeichnend, die der deutschen Sprache im Gegensatz zu anderen germanischen Sprachen (außer den inselskandinavischen) eigen ist.

Wir bemerkten eben, daß die innere Flexion das krasseste Beispiel bietet, wie die grammatischen Bedeutungsgehalte die lexikale Bedeutung im Grundmorphem überlagern. Das will aber keineswegs besagen, daß in den Fällen, wo die grammatischen Bedeutungen durch formbildende Morpheme ausgedrückt werden, keine derartige Überla­gerung geschieht, sondern die grammatischen Bedeutungen neben der lexikalen Bedeutung, von ihr losgelöst, фе\ . der Gestaltung und Aufnahme des Wortinhalts placiert sind. Tatsächlich' vollzieht sich auch hier bei der morphematisch getrennten Wiedergabe der im Worte vorkommenden Bedeutungen ein einheitlicher, wenn auch komplizierter Gestaltungs- und Aufnahmeprozeß, so daß die grammatischen Bedeutungsgehalte eben mitgedacht werden, gewissermaßen als Daseinsformen der lexikalen Bedeutung erscheinen, aber nicht zu selbständigen Gedankenobjekten werden. Die Schnelligkeit des Gestaltungs- und Aufnahmeprozesses und das feste Zusammenwach­sen der Morpheme, die in den Schranken eines Wortes fast automatisch aufeinander bezogen werden, ermöglichen diese Einheitlichkeit eines höchst differenzierten Verfahrens, das die Ungleichzeitigkeit bis zu einem gewissen Grade aufhebt. Zwar kommt es vor, daß der Sprechen­de, um eine Gedankenschattierung hervorzuheben, ein formbildendes Morphem besonders betont und auf diese Weise eine grammatische Bedeutung aussondert und sie zum relativ selbständigen Gedankenob­jekt macht. Vgl. den Dialog «Was hast du heute gekauft? Ein Heft?» «Hefte!», wo die Nebenbetonung auf dem Pluralsuffix -e eben die Aufgabe hat, auf den Begriff der Mehrzahl die Aufmerksamkeit zu lenken. Aber diese Fälle sind äußerst selten, und völlig losgelöst aus dem Bereiche der lexikalen Bedeutung wird dabei die grammatische Bedeutung doch nicht.

Eine Schwierigkeit bei der morphologischen Analyse des Wortes bieten die sogenannten «analytischen grammatischen Formen», d. h. Verbindungen von zwei oder mehreren Wörtern, die eine gramma

tische Charakteristik eines von diesen Wörtern zum Ziele haben (vgl. Guehman). Diese Formen gehören zugleich zur Syntax (in formaler Hinsicht) und zur Morphologie, da die Konstruktion habe gemacht im Satz Ich habe es schon gemacht nur in ihrer Einheit eine grammatische und lexikale Bedeutung aufweist. Die Form habe besitzt in dieser Verbindung keine Eigenbedeutung, und auch die Form gemacht ist in dieser Verbindung kein grammatisch vollständiges Wort, obgleich zu ihrem Bestand ein Grundmorphem und zwei Hilfsmorpheme gehören. Aber diese beiden Formen stehen getrennt, und jede von ihnen hat die Gestalt eines selbständigen Wortes, was sie früher, vom geschichtlichen Standpunkt aus, wirklich waren. Erst wenn man gemacht und habe aufeinander bezieht, ergibt sich der Sinn: die Vergangenheit vom Verb machen. Bezeichnenderweise besteht hier das formbildende Morphem habe selbst aus einem Grundmorphem und einem formbildenden Morphem und drückt formal die Person, Zahl und den Modus aus. Die äußerlichen Formerscheinungen treten hier also in Widerspruch zu den inneren grammatischen Beziehungen, zu dem grammatisch-semanti­schen Sinn der Konstruktion. Entscheidend für den Sprachbau ist aber gewiß nicht die äußere Gestalt, sondern die innere Struktur. Und die Grammatiker haben dies schon seit Jahrhunderten richtig erkannt, indem sie diese Konstruktion in das Paradigma der deutschen Temporal formen als Perfekt einreihten.

Doch ist es unbedingt notwendig, auch die äußere Gestalt nicht unbeachtet zu lassen. Man muß feststellen, inwieweit und auf welche Weise die formalen Besonderheiten dieser Struktur die Beziehungen ihrer Komponenten modifizieren.

In unserem Fall verursacht die äußere Struktur eine größere räumliche und zeitliche Entfernung zwischen dem Grundmorphem -mach- (von zwei Hilfsmorphemen begleitet) und dem Wort habe, das die Rolle eines analytischen Hilfsmorphems spielt. Hier kann schon keine Rede von vollständiger (oder fast vollständiger) Gleichzeitigkeit bei der Hervorbringung und Aufnahme des Grundmorphems und Hilfsmorphems sein. Und auch die Einheitlichkeit des Wortes wird eine andere. Die grammatische Bedeutung, von einer getrennt stehenden Wortform ausgedrückt, bekommt etwas mehr von einem selbständigen Denkinhalt. Die Aufmerksamkeit des Sprechenden und des Hörenden wird von selbst auf diese Bedeutung gelenkt. Es ist kein Zufall, daß man verhältnismäßig oft auf eine bewußte Hervorhebung der Hilfsverben stößt, die eben den Zeitbegriff mit gewissen Aspektschattierungen, gewöhnlich mit der Nebenbedeutung der Vollendung, in den Vorder­grund treten läßt:

«Oh, ich will schon. Ich habe schon gewollt, gleich als ich die Geschichte kommen sah.» (Fontane)

Die analytischen Formen des Verbs gehören zu den wichtigsten Mitteln der strukturellen Gestaltung des deutschen Satzes, indem sie im Hauptsatz in der Regel Distanzstellung einnehmen und auf diese Weise den Rahmen des Satzes bilden.

Dennoch bilden die Unterschiede zwischen gewöhnlichen und analytischen Hilfsmorphemen keine unüberbrückbare Kluft. Diese Unterschiede sind doch mehr quantitativ als qualitativ. Denn die Verschmelzung des gesamten Bedeutungskomplexes, auch in einer gewöhnlichen Wortform, ist nicht absolut. Schon die Tatsache, daß z. B. die Bedeutung der Pluralsuffixe hervorgehoben werden kann, obgleich es sehr selten geschieht, beweist dies ganz offensichtlich. Wie wir schon bemerkt haben, ist die Einheitlichkeit des grammatischen Bedeutungsgehalts des Wortes durchaus kompliziert. Es sind verschiedene Grade dieser Einheitlichkeit vorhanden. Aber solange die Bedeutung einer Form nur dazu dient, eine andere in Hinsicht auf irgendwelche grammatischen Kategorien zu charakterisieren, so daß sie mit dieser anderen Bedeutung mitgedacht wird, und solange sie alleinstehend überhaupt keinen klaren Sinn ergibt, solange bilden diese beiden Formen eine organische Einheit, die gerade für das Wesen des Wortes charakteristisch ist. Und das alles trifft bei der Konstruktion habe gemacht zu.

Wenn z. B. im Satz Er hat so viel erreicht die Form hat erklingt, so ist die Bedeutung und sogar die Funktion dieser Form unklar. Sie kann hier als Vollverb auftreten: Er hat... so viele Bücher oder als das erste Glied von modalen Konstruktionen: Er hat... so viel zu tun oder als Hilfsverb des Perfekts. Und selbst die nächstfolgenden Wörter so, viel bringen noch keine Klarheit. Die Spannung, die auf diese Weise im Satz entsteht, wird erst beim Erklingen des letzten Wortes (der Form erreicht) behoben. Erst dann, bei der Berührung mit der Form, die die lexikale Bedeutung trägt, tritt in der Form hat die entsprechende grammatische Bedeutung klar zutage, inderr^ßie die lexikale Bedeutung der Form erreicht grammatisch bestimmt. Also auch hier realisiert sich der grammatische Bedeutungsgehalt einer Form erst, indem er die Bedeutung einer anderen Form überlagert, mit ihr mitgedacht wird. Dasselbe geschieht, wenn am Beginn des Satzes die finiten Formen von sein und werden stehen.

Die festen Schemen der Wortstellung, die im Deutschen gerade die Stellung der Verbalformen bestimmen, machen den Zustand der semantisch-grammatischen Ungewißheit, die bei der Vorwegnahme der Form hat (auch ist, wird) entsteht, nicht nur möglich, sondern sogar fast notwendig. Die für den deutschen Satz typische Distanzstellung hat geradezu die Bildung einer Spannung zum Ziel, die sich erst am Ende des Satzes löst. Und am stärksten wird eine solche Spannung, wenn sich das an der zweiten Stelle des Satzes stehende Verbum finitum als Träger von ungeklärten, da auf keine lexikale Bedeutung bezogenen grammatischen Bedeutungen entpuppt, die auf das Verbum infinitum hinstreben, um dort geklärt zu werden. So ist diese merkwürdige Struktur, die die grammatischen Bedeutungen von der lexikalen Bedeutung nicht nur scheidet, sondern sie sogar stark voneinander distanziert, mit den allgemeinen strukturellen Gesetzmäßigkeiten des deutschen Satzbaus verbunden.

Der grammatische Wert des Verbum finitum bleibt freilich nicht immer so ungewiß bis zur Erscheinung der infiniten Verbalform wie im oben angeführten Beispiel. Kontext und Situation können schon von Anfang an die grammatische Bedeutung der finiten Form präzisieren.

Es ist schon von vornherein klar, daß man es mit dem perfektbildenden Hilfsverbum zu tun hat in dem Satz Ich habe diesen Aufsatz bis zu Ende geschrieben, wenn er als Antwort auf die Frage Was hast du denn heute am Morgen gemacht? kommt. Im Dialog, wenn von etwas Vergange­nem die Rede ist, sagt das finite haben oder sein überhaupt in den meisten Fällen das Perfekt voraus. Aber selbst die Möglichkeit der grammatischen Ungewißheit beim Erscheinen der betreffenden finiten Formen ist sehr wesentlich. Sie unterscheidet die morphologisch­analytischen Konstruktionen, in welchen das Hilfswort als eine besondere Art von Morphem erscheint, von syntaktisch-analytischen Konstruktionen, in welchen das Hilfswort an und für sich grammatisch klar charakterisiert ist und dem Morphem nicht gleichgestellt werden darf.

Die analytischen Formen der oben besprochenen Art, also die zusammengesetzten Temporalformen und Passivformen des Verbs, in welchen das Hilfsverb erst bei der Berührung mit der Nominalform seine wahre grammatische Bedeutung realisiert, stehen den Verbindun­gen von Morphemen, also der Struktur des Wortes, besonders nah.

Zu den syntaktisch-analytischen Konstruktionen gehören z. B. die Präpositionalgruppen. Zwar wurde auch die Ansicht ausgesprochen, daß die Präpositionen keine Wörter, sondern Hilfsmorpheme seien (22, 114). Aber jede Präposition trägt ihren grammatischen Wert in sich, bezeichnet selbst, wenn auch zuweilen nur mit Hilfe des Kontexts, ihre grammatische Funktion. Die meisten Präpositionen sind polysemantisch {an drückt sowohl räumliche und zeitliche Verhältnisse aus als auch die allgemeine Aufeinanderbezogenheit von irgendwelchen Dingen oder Erscheinungen, ungefähre Quantitätsbestimmungen usw.), aber immer geben sie sich als Präpositionen kund. In der Gruppe an dem' eisernen Gitter braucht man nicht auf das Substantiv zu warten, um an als Präposition zu bestimmen. Viele Präpositionen haben, freilich auch grammatische Homonyme — die trennbaren Vorsilben, mit welchen sie genetisch verwandt sind: mit ihm mitnehmen, an ihn anwenden usw. Doch erscheinen die trennbaren Vorsilben in der Rede fast immer in einer Stellung, die ihr Wesen bestimmt und sie scharf von den Präpositionen abgrenzt. Entweder verschmelzen sie mit den Nominal­formen des Verbs oder sie stehen am Ende des Satzes, wo sie unmöglich mit der Präposition identifiziert werden können. Diese morphologisch­syntaktische Gebundenheit der trennbaren Vorsilben verursacht, daß sich die Präpositionen als solche (nachgestellte Präpositionen ausgenommen, s. §28) in der Regel in ihrem grammatischen Wesen sogleich zu erkennen geben, ohne auf das nachfolgende Substantiv bezogen zu werden. Eben deswegen sind sie Wörter, wenn sie auch keine selbständigen Satzglieder bilden. Sie sind also Hilfswörter, aber keine Hilfsmorpheme, und die traditionelle Grammatik hat es längst richtig erkannt.

Etwas komplizierter ist das Wesen des Artikels als eines Bestandteils der analytischen Konstruktion. Sowohl der bestimmte als auch der unbestimme Artikel haben Honjonyme, auch in der Substan­tivgruppe, die ähnliche Stellungen einnehmen: der ist zugleich Artikel und Demonstrativpronomen, ein ist zugleich Artikel und Numerale. Wenn wir dennoch den Sprachforschern, die den Artikel im Deutschen als Hilfsmorphem betrachten, nicht zustimmen können, so geschieht es nur zum geringen Teil aus dem Grunde, daß die Bedeutung des Artikels in den Formen der und ein bei weitem überwiegt, so daß diese Formen, aus dem Kontext losgelöst, im Neuhochdeutschen geradezu als Artikel empfunden werden. Wesentlicher ist die Tatsache, daß der allgemeine grammatische abstrahierte Bedeutungsgehalt des Artikels nicht durch die Berührung mit dem Substantiv, auf das er bezogen ist, selbst endgültig geklärt wird, sondern durch den gesamten Kontext. Der bestimmte Artikel kann sowohl individualisierend als auch generalisie­rend sein. Aber die Verbindung mit einem Substantiv behebt diese Ungewißheit in der Deutung des bestimmten Artikels noch nicht. Der Mensch kann auch entweder individualisierend oder generalisierend auftreten-. Nur im Satz kann es wirklich entschieden werden, vgl. Das war der Mensch, den ich gestern schon gesehen hatte Der Mensch ist ein Säugetier. Also ist die grammatische Bedeutung des Artikels im wesentlichen aus seiner Form selbst und aus dem Kontext ersichtlich, wird nicht erst durch die Beziehung zum Substantiv enthüllt, so daß man es auch hier mit einem Hilfswort und nicht mit einem Hilfsmorphem zu tun hat.

So kommen wir zu dem Schluß, daß die analytischen Konstruktio­nen in der Gruppe des Substantivs syntaktisch-analytisch sind, während die wichtigsten analytischen Konstruktionen in der Gruppe des Verbs morphologisch-analytisch sind. Wir behaupten nicht, daß eine solche Verteilung der beiden Arten analytischer Formen die einzig mögliche sei. So tritt z. B. im Englischen das Hilfsverb to do so scharf umrissen in seiner grammatischen Funktion und Bedeutung auf, daß die mit ihm gebildeten Konstruktionen syntaktisch-analytisch anmuten. Aber im Deutschen ist der Unterschied zwischen der Substantivgruppe und der Gruppe des Verbs in dieser Hinsicht, wie in den Gestaltungs­prinzipien dieser Gruppen überhaupt, sehr groß.