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§ 10. Das Problem der Redeteile (der grammatischen Wortarten)

Die grammatische Einordnung und Klassifizierung der ungeheuren Masse von Wörtern, über welche jede Sprache verfügt, gehört zu den schwierigsten Aufgaben der Sprachwissenschaft. Der für die sprachlichen Erscheinungen überhaupt charakteristische As­pektreichtum macht sich beim Wort im höchsten Grade geltend und widersetzt sich den Versuchen, eine solche Einordnung auf Grund eines einheitlichen Kriteriums durchzuführen. In dem Klassifizie­rungssystem, das in der traditionellen Grammatik herrscht, werden eben mehrere Seiten und Eigenschaften der Wörter berücksichtigt.

Vom Ende des vorigen Jahrhunderts an beginnt man, diesen Mangel an einem einheitlichen Einteilungsprinzip als unkorrekt und unwis­senschaftlich zu betrachten. Da aber die Systeme, die von einem einheitlichen (gewöhnlich streng formalen) Standpunkte aus unter­nommen wurden (für das Russische F. F. Fortunatow, für das Deutsche L. Sütterlin u. a.), ganz schematisch ausfielen, so entstand eine allgemeine Unsicherheit. Es kam zu immer neuen theoretischen Anregungsschriften und Diskussionen. Man stellte sogar die Behaup­tung auf, daß ein wissenschaftlich befriedigendes System der Redeteile für eine beliebige Sprache überhaupt unmöglich sei, da das Wort eine zu komplizierte und vielseitige grammatische Einheit darstelle.

Aber eben weil der Mangel an einem einheitlichen Kriterium bei der grammatischen Einteilung der Wörter aus der Beschaffenheit des Untersuchungsobjekts, d. h. der Wörter selbst, entspringt, so liegt kein Grund vor, eine Klassifizierung, die mehrere Aspekte des Objekts berücksichtigt, als unwissenschaftlich und subjektiv zu betrachten. Wissenschaftlich und objektiv ist alles, was dem Wesen des Unter­suchungsobjekts folgt. Die eigenartige aspektmäßige Natur der sprachlichen Erscheinungen, ihre Feldstruktur, erfordert auch eine eigenartige, aspektmäßige Methodik bei ihrer Klassifizierung. Die Arten und Klassen, die sich dabei ergeben, haben einen objektiven, wis­senschaftlichen Wert, sind kein belangloser Notbehelf. Diese Methodik muß nur bewußt und klar durchgeführt werden, mit klarer Hervorhe­bung der Aspekte, die hier zu beobachten sind.

Es besteht kein Zweifel, daß auch bei der sorgfältigsten und methodisch einwandfreien aspektmäßigen Behandlung des Materials manches auf dem Gebiete der Klassifizierung des Wortbestandes fragwürdig und strittig bleiben wird. Doch es handelt sich bei diesen Streitfragen um die Gruppierung von gewissen Wortarten, um ihre Hierarchie und um ihre Benennung, während das Vorhandensein der betreffenden Arten selbst fast immer eine unerschütterliche Tatsache ist. Wenn man also der terminologischen Seite nicht die entscheidende Bedeutung beimißt und die Existenz von Übergangsfällen, wie es dem

Wesen der Sprache gemäß ist, zuläßt, so ist man imstande, den Wortbestand der zu untersuchenden Sprache einer haltbaren und begründeten Klassifizierung zu unterziehen.

Dieser Schluß wird dadurch bekräftigt, daß einige Versuche, die man in der letzten Zeit unternommen hat, um die deutsche Grammatik im allgemeinen und das System der Redeteile insbesondere vollständig zu revidieren (H. Glinz), zu solchen Ergebnissen geführt haben, die sich von dem traditionellen System nur in nebensächlichen, vor allem in äußerlichen Einteilungslinien unterscheiden (215).

Selbst wenn man von verschiedenen Voraussetzungen ausgeht, kann man also nicht umhin, bei der Behandlung solcher Sprachen wie z. B. der germanischen mehr oder weniger in die Fußstapfen der traditionellen Grammatik zu treten. Es ist das Material selbst, das dazu zwingt.

Einige von den Vorschlägen, die jetzt Glinz macht, waren schon längst ausgesprochen worden. Die Kurzform der Adjektive wurde mit den adjektivischen Adverbien zu einer Wortart nicht erst von E. Her­mann im Jahre 1928, wie Glinz bemerkt, sondern schon von Adelung verbunden. Wir führen diese Tatsachen an, um zu betonen, daß einzelne Abänderungen im System der traditionellen Morphologie keineswegs einen Umbau des ganzen Systems erfordern.

Eine Übersicht der Einteilungsversuche des deutschen Wortar­tensystems bringt W. Schmidt (54—71), der auch einen neuen Vorschlag zur Einteilung der Wortarten macht (73—74). Sein System sieht 7 Wortarten vor (1. Substantiv, 2. Adjektiv, 3. Verb, 4. Stelle­vertreter und Begleiter des Substantivs, 5. Fügewort, 6. Kennzeich­nungswort, 7. Interjektion), wobei 3 von diesen Wortarten aus je zwei Funktionsklassen bestehen* (die vierte aus Artikel und Pronomen, die fünfte aus Präposition und Konjunktion, die sechste aus Adverb und Partikel).

Die aspektmäßige Betrachtung, die wir also bei der Aussonderung der Redeteile als einzige mögliche ansehen, erfordert eine klare Bestimmung der Aspekte (Kriterien), die man dabei zu beachten hat. W. W. Winogradow schlägt fünf Kriterien vor: 1. die syntaktische Funktion, 2. die morphologische Struktur des Wortes und der Wortform, 3. die lexikalen Bedeutungen der Wörter, 4. die Verschieden­heiten in der Art, wie die Wirklichkeit widergespiegelt wird, 5. die Verschiedenheiten in der Natur der grammatischen Kategorien, die mit dem betreffenden Redeteil in Verbindung stehen (vgl. 23, 38—39).

Aber einige von diesen Kriterien fallen paarweise leicht miteinander zusammen (3 mit 4, 5 mit 2). Die Art, wie die Wirklichkeit widergespie­gelt wird, ist von der lexikalen Bedeutung nicht zu trennen, denn nur zusammen ergeben. sie den verallgemeinerten abstrahierten Bedeu­tungsgehalt, der so wichtig für die Aussonderung der einzelnen Wortarten ist.

Die Verschiedenheiten in der Natur der grammatischen Kategorien sind schwer von der morphologischen Struktur des Wortes zu scheiden, da sich in dieser Struktur in erster Linie eben die grammatischen Kategorien des Wortes kundgeben. So wird die Zahl der Kriterien auf drei reduziert: 1. die syntaktische Funktion, 2. die morphologische Struktur des, Wortes, 3. die abstrahierte Bedeutung.

Ahnliche Kriterien treten bei Bestimmung der Redeteile bei den deutschen Grammatikern auf. Schon L. Sütterlin hat drei Eintei­lungsmerkmale konstatiert, die bei der Feststellung «der Arten des Wortes» verwendet werden: 1. Form Veränderlichkeit (Beugbarkeit), 2. Bedeutung, 3. Verwendung im Satze (97—100). Dabei hat aber Sütterlin nur das Kriterium der Beugbarkeit als verläßlich anerkannt, weshalb seinem System der Redeteile eben die morphologische Struktur des Wortes zugrunde gelegt ist. In den letzten Jahren wird besonders auf die Bedeutung und syntaktische Funktion hingewiesen. W. Jung sieht das Wesen der Wortart darin, daß sie «ein natürliches Bezie­hungsmittel ist», worunter man aber den verallgemeinerten abstrahier­ten Bedeutungsgehalt zu verstehen hat. («Die Wortarten bilden die Erscheinungsformen der Außenwelt sprachlich nach», 103—104.) H. Brinkmann fordert möglichst genaue und sorgfältige Detaillierung bei der Behandlung der Wortarten (149, XVII— XVIII).

So wiederholen sich in verschiedenen Konzeptionen immer dieselben Erscheinungen, die man als Kriterien bei der Bestimmung der Wortarten hervorheben will. Bei dieser Musterung versuchten wir zu zeigen, daß einerseits die Einführung von einigen Kriterien überflüssig und daß andererseits die dominierende Stellung eines einzigen Kriteriums nicht gerechtfertigt ist. Wie oben angedeutet wurde, gibt es unserer Meinung nach (wenigstens in Anwendung auf solche Sprachen wie die deutsche oder die russische, da die gänzlich verschiedenen Arten des Sprachbaus verschiedene Kriterien errordern) drei miteinander eng verbundene, aber nicht verschmelzende Hauptkriterien für die Festlegung der grammatischen Wortarten. Das sind (in etwas anderer Reihenfolge als vorhin): 1. der verallgemeinerte abstrahierte Bedeu­tungsgehalt, -.2. die morphologische Struktur, 3. die syntaktische Funktion. Bei Behandlung jeder Wortart sind diese Kriterien unbedingt zu berücksichtigen.

Äußerlich fallen diese Kriterien mit dem Kriteriensystem zusammen, das L. Sütterlin aufgestellt hat. Aber die Auffassung dieser Kriterien, besonders des ersten und des zweiten, ist hier eine andere. So verstand Sütterlin unter der Bedeutung als einem der Einteilungsmerkmale die lexikale Bedeutung des Wortes als solche. Deswegen sah er eine Inkonsequenz darin, daß Freude und Sprung als Substantive aufgefaßt werden, obgleich sie keine Substanz bezeichnen. Hier aber, im Anschluß an manche Forscher, wird als Kriterium bei der Bestimmung der Wortarten der verallgemeinerte abstrahierte grammatische Bedeu­tungsgehalt hervorgehoben, der die unmittelbare konkrete Semantik des Wortes überlagert. Auch unter der morphologischen Struktur wird hier nicht nur das flexivische Paradigma verstanden, sondern auch die analytischen (analytisch-morphologischen und analytisch-syntak­tischen) Mittel, die bei der Bildung.der Wortformen irgendeiner Wortart gebraucht werden. (So ist es erforderlich, bei der Erforschung des morphologischen Baus der Substantive den Artikel und andere monoflektive Mittel zu berücksichtigen.)

Sehr wichtig für das Kriterium der morphologischen Struktur des Wortes ist der Grad der Einheitlichkeit in der Gestaltung der zum betreffenden Redeteil gehörenden Wörter. Wenn irgendwelche gramma­tischen Merkmale solcher Wörter konsequent, sozusagen frontal durch gleiche (oder sehr ähnliche) Formen zum Ausdruck gebracht werden, so steigert es die Zusammengehörigkeit dieser Wörter und ballt sie zu einer Einheit zusammen, die man mit größerem Recht als einen besonderen Redeteil betrachten kann. Dies gilt z. B. für das System der Negationen, das nicht nur durch scharf umrissene Verneinungsseman­tik der zu diesem System gehörenden Wörter zementiert wird, sondern auch dadurch, daß als Grundmorphem aller dieser Wörter letzten Endes n- erscheint (mit Ausnahme der Negation kein und der von dieser Negation gebildeten Wörter).

Die Begründung, weshalb die betreffende Wortart als eine besondere grammatische Klasse der Wörter ausgesondert ist, wird bei der Behandlung jeder Wortart gegeben. Wir ziehen vor, diese Wortarten als die wichtigsten grammatischen Wortgruppierungen terminologisch von den anderen Typen der Wortarten abzusondern und sie mit dem alten Fachausdruck «Redeteile» zu bezeichnen. Hier bringen wir nur eine allgemeine Übersicht der Redeteile im Deutschen (in Klammern stehen die verbreitetsten deutschen Fachausdrücke, die den lateinischen entsprechen):

1. Das Substantiv (Hauptwort);

2. Das Adjektiv (Eigenschaftswort);

3. Das Numerale (Zahlwort);

4. Das Pronomen (Fürwort);

5. Die Negation (Verneinung);

6. Das Verb (Zeitwort, Tätigkeitswort);

7. Das Adverb (Umstandswort);

8. Das Modalwort;

9. Der Artikel (Geschlechtswort);

10. Die Präposition (Verhältniswort);

11. Die Konjunktion (Bindewort);

12. Die Partikel (Füllwort);

13. Die Interjektion (Empfindungswort).

Vier von diesen dreizehn Wortarten (Artikel, Präposition, Kon­junktion, Partikel) umfassen die Hilfs- oder Formwörter, d. h. solche Wörter, die ausschließlich zur morphologischen und-syntaktischen Bestimmung und Gestaltung anderer Wörter, Wortgruppen und Sätze dienen. Aber zu den Hilfswörtern gehören auch einige Arten der Verben (Hilfsverben und Kopula), Pronomina (Reflexivpronomina, es, zum Teil Personalpronomina) und Negationen. Den Hilfswörtern stehen andere Wörter als Vollwörter gegenüber. Die Arten der Hilfswörter (Artikel und Präpositionen), die völlig auf die grammatische Charakte­risierung des Substantivs eingestellt sind, werden im Zusammenhang mit dem Substantiv besprochen.

Manche Wortarten von geringerem Umfang werden sich auch bei diesem Klassifizierungssystem als Übergangserscheinungen qualifizieren und im Begriffe sein, sich zu gleicher Zeit an verschiedene Redeteile anzuschließen, z. B. die Wörter manche, einige und ähnliche, die zugleich zu Adjektiven, Numeralien und Pronomina neigen. Mannig­fache Kreuzungen mit anderen Redeteilen und Grenzfälle werden fast bei jedem Redeteil zu verzeichnen sein — und das ist eine selbstverständliche Folge des allgemeinen Aspektreichtums der sprachlichen Erscheinungen. Das alles wird weiter unten zur Sprache kommen. Aber es wird sich hoffentlich auch bestätigen, daß das hier aufgestellte System der Redeteile, das sich nur unwesentlich von den traditionellen Systemen unterscheidet, doch keineswegs als eine Anzahl von unverbindlichen und zufälligen Wortgruppierungen anzusehen ist, sondern daß diese Redeteile gewisse Verdichtungen und Anstauungen von wesentlichen und verschiedenartigen aspektmäßigen gramma­tischen Merkmalen des Wortbestandes sind (ihre Synthesierung), die dem Wesen des deutschen Sprachbaus selbst entsprechen.

Eine besondere Stellung nehmen unter den Wortarten die Interjektionen ein, da sie eine ganz eigenartige Bedeutung besitzen (der Ausdruck einer Gemüts- oder Willensregung), die Rolle eines Satzgliedes nicht spielen können und eine vollständige und selbständige Äußerung bilden. Wegen des Raummangels werden in diesem Buche die Interjektionen speziell nicht behandelt (vgl. 173, 338—344; 343, 235). (Über die Unterschiede zwischen den Systemen der Wortarten, auch zwischen ihren Benennungen in 15 zeitgenössischen Grammatiken der deutschen Sprache s. 209.)

Um Wiederholungen vorzubeugen, die unumgänglich wären, falls man einige bei mehreren Wortarten vorkommende grammatische Erscheinungen jedesmal bei der Analyse der betreffenden Wortart besprechen würde, werden in diesem Kapitel zusammenfassend drei Fragen behandelt: das System der Deklination im Deutschen, die Komparation, die Fügungswerte der Wortformen.