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§ 62. Die grammatisch-semantischen Bereiche des Satzes

In den Kapiteln I—IV des syntaktischen Teiles wurden der Elementarsatz und speziell einer seiner Bestandteile (die Substantivgruppe) und das Satzgefüge behandelt. Im folgenden wird eine Reihe von semantischen und strukturellen Erscheinungen charakterisiert, die für den Ganzsatz, d. h. sowohl für den Elementarsatz als auch für den zusammengesetzten Satz von Bedeutung sind.

Zuerst kommen einige semantische Fragen zur Sprache.

Wie die Analyse der morphologischen und syntaktischen Strukturen der deutschen Sprache gezeigt hat, werden oft grammatische Bedeutungen, die zu einem und demselben semantischen Bereich gehören, durch verschiedene grammatische Formen im Ganzsatz zum Ausdruck gebracht. Aber der Bestand von sprachlichen Mitteln, die dabei, miteinander konkurrierend und kooperierend, gebraucht werden, ist noch beträchtlicher, als es auf den ersten Blick scheint. Die temporale Bedeutung wird z. B. sowohl durch die Temporalformen des Verbs ausgedrückt als auch durch die temporalen Nebensätze (mit Hilfe von temporalen Konjunktionen), durch temporale Adverbialbestimmungen, durch die mit temporaler Semantik versehenen Substantive und Adjektive und endlich durch die Reihenfolge der Satzglieder (vor allem der gleichartigen Verben) und der Sätze. Gewöhnlich wird in einem Ganzsatz nur ein Teil dieser Mittel verwertet. Doch treten sie zuweilen auch in einer beträchtlichen Anzahl auf. So wird ein kompliziertes Bild von zeitlichen Beziehungen durch das Zusammenwirken mehrerer Formen mit temporaler Semantik erzielt in dem Ganzsatz:

Sobald ich dann die Stufen wieder hinauf stieg, schrumpfte die Treppe zusammen, um sich in den Tagen danach aufs neue zu dehnen bis zu jener Breite von früher. (M. Walser)

Es kommen hier in Betracht die Konjunktion des Temporalsatzes, die Abfolge der verbalen Temporalformen, die temporale Adverbialbestimmung in den Tagen danach und das temporale Präpositionalattribut von früher.

Auch mehrere andere grammatische Bedeutungsgehalte, vor allem der modale Gehalt des Satzes, die Semantik der Zahl und der Steigerung werden durch die Wechselwirkung solcher Mittel ausgedrückt, die zu verschiedenen Ebenen der Sprache gehören.

Auf die Notwendigkeit, die Totalität der sprachlichen Mittel zu erforschen, die dem Ausdruck ein und derselben grammatischen Bedeutung (einer «Idee», «begrifflichen Kategorie» usw.) dienen, wiesen seit langem bedeutende Sprachforscher hin. Man soll bei der Analyse des Sprachbaus nicht nur den Weg einschlagen, der von der Form zum Gehalt führt, sondern auch den Weg, der vom Gehalt zur Form führt, genauer zu einem mehr oder weniger organisierten System von Formen — mit solcher Forderung traten Ch. Bally und F. Brunot, О Jespersen und L. W. Scerba auf. Die Ansätze zu einer systematischen Erforschung der deutschen Sprache von diesem Standpunkt aus finden sich bei A. Hoppe. Das Modalsystem der deutschen Sprache wurde z.B von J. Erben (189) umrissen, auch von H. Brinkmann (149), der dabei den bereits 1951 bei G. Bech vorkommenden Ausdruck «Modalfeld» gebraucht. J. V. Gulyga und J. J. Sendeis nennen solche Bereiche «grammatisch-lexikale Felder», die als komplizierte Bildungen aufzufassen sind, gewöhnlich mit einer «Dominante» ausgestattet, die den Kern des Feldes bildet. So wird im Felde der Pluralität die Dominante durch die Pluralformen des Substantivs gebildet, die den Begriff (das «Semem» nach Gulyga und Sendeis) der Pluralität in Kontrast zum Begriff (dem «Semem») der Singularität in besonders reiner Form zum Ausdruck bringen. Aber auch die Pluralformen der mit dem Substantiv kongruierenden Wortarten, die Zahlwörter, die quantitativen Wörter vom Typus einige, manche, etwa, die Pluralformen der Personalpronomina und die Sammelnamen treten als Konstituenten des Pluralitätsfel-des auf. Auch durch die morphologische Singularform kann die Pluralität ihren Ausdruck finden. So bekommt im entsprechenden Kontext — als Folge der verbalen Semantik — die man-Konstruktion oft die Bedeutung der Mehrzahl trotz der Singularform des Verbs. Z. B. ist die Formel Man spricht... in der Regel als Manche sprechen... oder sogar Alle sprechen... aufzufassen. Ein grammatisch-lexikales Feld kann nach Gulyga und Sendeis in einzelne «Mikrofelder» eingeteilt werden: z. B. zerfällt das grammatisch-lexikale Feld der Zeit in die «Mikrofelder» der Gegenwart, der Vergangenheit und der Zukunft.

Es ist zu erwarten, daß das Zusammenwirken von verschiedenen sprachlichen Mitteln in einzelnen semantischen Bereichen im Ganzsatz nun immer mehr Beachtung finden wird. Übrigens kann man schon jetzt auf solche Arbeiten auf diesen Gebieten verweisen wie die Untersuchung von A. Weiss, Starke u. a.

Sehr kompliziert und interessant sind die Beziehungen zwischen den grammatisch-semantischen Bereichen des Satzes, die den Anspruch auf den Status von Satzaspekten erheben könnten, und den eigentlichen Satzaspekten. Es gibt hier Übergangserscheinungen.

Dies gilt vor allem für die Bereiche des Raumes und der Zeit. Aus unterschiedlichen Gründen scheinen sie mir nicht zu den Satzaspekten zu gehören.

Die lokale Semantik ist ja an keine spezielle grammatische Form geknüpft. Es gibt allerdings lokale Adverbien und Konstruktionen mit Lokalpräpositionen, die als das Zentrum des Feldes der lokalen Semantik zu betrachten sind. Aber diese beiden Erscheinungen selbst unterscheiden sich von den anderen Erscheinungen derselben grammatischen Formen nur durch ihre lexikale Semantik und durch die Ansätze zur Bildung eines Systems, das die verschiedenen Arten der lokalen Beziehungen zu einem Koordinatensystem verbindet, das von dem Lokalpunkt des Redeakts, von «hier» aus abgezählt wird (vgl. 157, 149). Aber die lexikale Füllung und Ausrichtung dieses Feldes überwiegt ganz entschieden, so daß hier von einem Aspekt des Satzes als einer grammatischen Einheit schwerlich die Rede sein kann.

Was aber die temporale Semantik betrifft, so ist sie trotz der Mannigfaltigkeit der lexikalen Mittel, die zu ihrer Explizierung dienen (temporale Adverbialbestimmungen, temporale Konjunktionen, Substantive und Adjektive mit temporaler Semantik, die in verschiedenen Funktionen auftreten), zu eng mit einer morphologischen Kategorie verbunden, die speziell auf die Wiedergabe der temporalen Beziehungen eingestellt ist, nämlich mit dem temporalen System des Verbs, um als eine Erscheinung der spezifischen syntaktischen Satzaspekte gelten zu dürfen.

Es gibt aber noch einen und m. E. den wichtigsten Grund, weshalb das lokale und das temporale Feld der Sprache in das System der Satzaspekte nicht recht hineinpassen. Die lokale und temporale Semantik bildet ja den allgemeinen Existenzrahmen für alle Sachverhalte, für alle Beziehungen, die im Satz zum Ausdruck kommen. Sie ist auch außerordentlich eng mit dem Kontext verknüpft und setzt, wenn es keine Gegenbeweise gibt, den im vorhergehenden Textabschnitt angekündigten Raum- und Zeitstatus fort, wobei die lokale Semantik gewöhnlich überhaupt nicht expliziert wird, sondern stillschweigend fortexistiert.

Selbstverständlich dürfen bei der Vollständigkeit anstrebenden Analyse des Satzes die Bereiche des Raums und der Zeit nicht umgangen werden. Sie haben hier im Gegenteil eine große Rolle zu spielen. Dies werde ich auch im Anhang zu zeigen versuchen. Aber es sind andersgeartete Erscheinungen, als die Satzaspekte als solche.