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Viertes Kapitel

Der zusammengesetzte Satz und die höheren Redeeinheiten

§ 59. Strukturelle Grundzüge des Hauptsatzes und des Nebensatzes

Der Hauptsatz ist im wesentlichen strukturell dem selbständigen Satz analog. Der Hauptsatz hat die Wortstellung des selbständigen Satzes; der Nebensatz füllt dabei die Stelle eines seiner Glieder aus, kann aber noch einmal durch ein Korrelat aufgenommen werden. Ob er helfen will, das wird sich erst jetzt zeigen. Auch der Gebrauch der Modi im Hauptsatz ist dem im Einfachsatz sehr nah. Nur vom Standpunkt der Stimmführung aus wird formal der Zusammenhang des Hauptsatzes mit dem Nebensatz in vielen Fällen klar, da sie nur zusammen eine geschlossene rhythmisch-melodische Einheit bilden. Semantisch ist der Hauptsatz, wie gesagt, nicht immer der Träger des kommunikativ wichtigsten Inhalts, den das Satzgefüge enthält. Vgl.

Sie beobachteten, wie unter Scherzen und Gelächter kleine Kämpfe um die besten Plätze entstanden, wie Fräulein von Osierloh, eine Pelzboa um den Hals, von einem Gespann zum anderen lief, um Körbe mit Eßwaren unter die Sitze zu schieben, wie Doktor Leander, die Pelzmütze in der Stirn, mit seinen funkelnden Brillengläsern noch einmal das Ganze überschaute, dann ebenfalls Platz nahm und das Zeichen zum Aufbruch gab. (Th. Mann)

Der Nebensatz drückt im Deutschen seine grammatische Abhängigkeit vor allem durch die Wortstellung aus: das finite Verb steht entweder am Ende des Nebensatzes oder — in vorangestellten (viel seltener auch in nachgestellten) konjunktionslosen Konditionalsätzen und Konzessivsätzen — am Anfang des Satzes: Wenn er gekommen wäreWäre er gekommen. Abweichungen von dieser Regel kommen oft nur bei Objektsätzen vor, besonders nach den Verben des Redens und Meinens (uneingeleitete indirekte Rede): Er sagt, er habe Hunger. Hier aber tritt gewöhnlich der Konjunktiv als ein Zeichen auf, das nicht nur die fremde Rede als solche, sondern auch die grammatische Abhängigkeit bei diesem Gebrauch charakterisiert. Der Konjunktiv kommt überhaupt in manchen Arten von Nebensätzen vor (vgl. 260, §257,524—537). Auch die Konjunktionen drücken die Abhängigkeit des Nebensatzes aus, erweisen sich aber im, Deutschen als unterordnende Konjunktionen nur dann, wenn ihre Anwesenheit im Satz vor Veränderungen in der Wortstellung des Satzes begleitet wird. In rhythmisch­melodischer Hinsicht bildet der Nebensatz gewöhnlich (doch nicht immer) ein Syntagma (oder einige Syntagmen) des Satzgefüges.

Seinem grammatischen Bau nach erscheint der Hauptsatz in vielen Fällen «autosemantisch», d. h. seiner Bedeutung und seiner formalen Struktur nach relativ abgeschlossen. Dagegen ist der deutsche Nebensatz, eben wegen der Schlußstellung des finiten Verbs und des Gebrauchs der Konjunktionen, in der Regel «synsemantisch», d. h. Gibt nachdrücklich seine Unabgeschlossenheit kund, erfordert eine Stütze außerhalb seiner selbst. Es gibt aber auch eine Art von Nebensätzen, die ihrem grammatischen Bau nach autosemantisch ist. Dies sind die uneingeleiteten Objektsätze, z. B. bei den Verben des Sagens und Meinens, besonders wenn sie nicht im Konjunktiv stehen, z. B. Ich erinnere mich, er hatte weiße Haare (173, 580). Anderseits gibt es Hauptsatzarten, die synsemantischen grammatischen Bau aufweisen. Dies sind z. B. die Hauptsätze, in welchen das Subjekt in der Form eines Nebensatzes (des Subjektsatzes) auftritt, z. B. Wer wagt, gewinnt. Aber auch davon abgesehen, ist doch die Autosemantie der Hauptsätze und der uneingeleiteten Objektsätze nur eine relative, da sie intonationsmäßig nicht eine abgeschlossene, für sich stehende Einheit bilden, was auch in der Interpunktion seinen Ausdruck findet. Sie können eher als potentiell autosemantische Sätze bezeichnet werden (vgl. 27, 11).