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§ 14. Das Wesen des Substantivs

Der verallgemeinerte grammatische Bedeutungsgehalt, der die lexikale Bedeutung jedes Substantivs überlagert, ist die Bedeutung eines Dinges. Jeder Begriff und jede Vorstellung, die in der Form eines Substantivs zum Ausdruck gelangen, werden als ein Ding, als etwas Dinghaftes, als eine Substanz (bei H. Glinz als Größe) aufgefaßt. Die lexikale Bedeutung des Substantivs kann mit dieser grammatischen Substantivbedeutung zusammenfallen. Dies geschieht, wenn das Substantiv unmittelbar den Begriff eines Dinges (im weitesten Sinne des Wortes) bezeichnet: Baum, Katze, Stadt, Schule, Gesellschaft, Peter usw. Aber die lexikale Bedeutung des Substantivs kann der grammatischen Substantivbedeutung widersprechen. Dies geschieht, wenn das Substantiv unmittelbar den Begriff nicht eines Dinges, sondern eines Prozesses, einer Eigenschaft oder einer Beziehung bezeichnet: Bewegung, Röte, Liebe usw.

Das Substantiv gehört zu den Redeteilen, die besonders unmittelbar den großen Widerspruch zum Ausdruck bringen, der überhaupt dem Worte als solchem eigen ist und der darin besteht, daß ein Wort an und für sich das Allgemeine ausdrückt, aber im Redeprozeß auch das Einzelne, das Besondere zu bezeichnen hat. Bei dem Substantiv enthüllt sich dieser Widerspruch in der Fähigkeit eines und desselben Wortes, nicht nur einen dinghaften Begriff in seiner Allgemeinheit, als eine ganze Gattung, sondern auch einzelne Dinge, die zu dieser Gattung gehören, zu bezeichnen, d. h. das Substantiv kann in generalisierender und in individualisierender Bedeutung auftreten. Auch für das Pronomen ist diese Doppelheit von großer Wichtigkeit. Die Überwin­dung dieses Widerspruchs wird durch den Kontext und die Situation mit Hilfe von verschiedenen grammatischen Mitteln ermöglicht.

(Ober die Rolle des Artikels bei der Wiedergabe der generalisieren­den und der individualisierenden Bedeutung des Substantivs s. § 25.) i Die morphologische Struktur des Substantivs ist im Deutschen durch zwei Merkmale gekennzeichnet. Erstens wird das Substantiv dekliniert, also nach Kasus und Zahl verändert} wobei aber die Formen dieser grammatischen Kategorien sehr ungleichmäßig und zum Teil sehr unzureichend in der Struktur des Substantivs selbst bezeichnet werden (vgl. § 11, 14). Als Folge dieser flexivischen Mangelhaftigkeit des Substantivs werden zweitens in breiterem Umfange die gramma­tischen Kategorien des Substantivs durch die Form anderer Wortarten wiedergegeben, die zur Gruppe des Substantivs gehören und mit ihm kongruieren (das Prinzip der Monoflexion). Am wenigsten kommt dies bei der Bezeichnung der Zahl in Betracht, aber bei der Bezeichnung der Kasus spielt diese Erscheinung eine außerordentlich große Rolle, und sie wird zum Hauptmittel bei der Bezeichnung des grammatischen Geschlechts, der individuellen oder generellen Semantik und der Bestimmtheit

oder Unbestimmtheit des Substantivs. Einen wichtigen Anteil am Ausdruck aller grammatischen Inhalte des Substantivs hat der Artikel (vgl. § 26). Diese Eigenart des deutschen Substantivs, im Vergleich mit dem Substantiv in vielen anderen Sprachen, z. B. im Russischen oder im Englischen, ist besonders bemerkbar.

I Die syntaktischen Funktionen des Substantivs sind überaus mannigfaltig. Das Substantiv in einer entsprechenden Kasusform kann in der Rolle eines beliebigen Satzgliedes auftreten, das verbale Prädikat ausgenommen. Eingehender wird diese Frage im folgenden Kapitel behandelt, Sehr mannigfaltig sind auch die Verbindungen zwischen dem Substantiv und den Wortarten, die es bestimmen können.

Alle diese Wesenszüge des Substantivs machen es verständlich, daß die Rolle des Substantivs im deutschen Sprachbau außerordentlich groß ist. Dieser Redeteil ist auch der häufigste von allen. Die Anzahl der Dingbegriffe, die der Mensch in seinem gesellschaftlichen Leben der Praxis zu entnehmen und gedanklich und sprachlich auszudrücken hat, ist ungeheuer groß und nimmt ununterbrochen zu.