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Die technische Störung

Rudi Strahl

(gekürzt)

Das Haus, in dem ich wohne, ist ein ganz gewöhnlicher Neubau. Der stumme

Portier verrät, dass die Familien Huber und Süßmilch, ein Herr Klingbiel und ein Fräulein Stenz, die verwitweten Geschwister Zwillich und ich darin leben, sechs Mietparteien also, wie es in allen Häusern dieser Art üblich ist.

Obgleich nun schon zwei Jahre seit unserem Einzug vergangen sind, begegneten wir einander bis vor kurzem in gemessenem Abstand. Wir kamen über ein höfliches Entbieten der Tageszeit nie hinaus. Und es wäre sicher auch heute noch so, wenn nicht...

Es bahnte sich an, als Herr Süßmilch zum Abteilungsleiter befördert und somit eines Telefonapparates teilhaftig wurde. Die Folge davon war, dass sich bald auch Hubers per Draht mit der Außenwelt verbanden. Und kurz darauf Fräulein Stanz, Herr Klingbiel und ich. Die Geschwister Zwillich erst einige Monate später. Als es endlich angeschlossen wurde, geschah es: Einer der Monteure, der an seiner ersten Liebe litt, verwechselte die Litzen und Klemmen im Zentralsystem der Anlage. Ich bemerkte das an einem Sonntagsvormittag, als ich mit Micki die Verabredung für den Abend treffen wollte.

Ich wählte, wartete auf Mickis Stimme. Und war nicht wenig erstaunt, als ein solider Bierbass dröhnte: „Ja? Hier Süßmilch!“

„Falsch verbunden“, murmelte ich. „Verzeihen Sie, Herr Süßmilch“.

Nach nochmaligem Versuch – wobei ich Ziffer für Ziffer sorgfältig vom Gedächt­nis auf die Wählscheibe übertrug – sagte tatsächlich ein verschlafenes Stimmchen „Hallo?“

„Hallo, Herzchen“, sagte ich „wie ist es heute Abend mit uns beiden?“

Eine Sekunde Schweigen. Dann: „Ja, aber wer ist dort?“

Diese Frage verstörte mich.

„Hier ist Strahl“, sagte ich böse.

„Herr Strahl?“ Es war die Stimme von Fräulein Stenz zus dem ersten Stock. Vor Schreck fiel mir der Hörer aus der Hand auf die Gabel. Und ich ergriff ihn rein mechanisch, als es bei mir läutete.

„He, du alter Schwede“, krähte der seriöse Herr Huber aus dem Parterre.

„Wen meinen Sie?“ stammelte ich, um gleich darauf, nachdem ich wegen seiner Nummer im Telefonbuch nachgeschlagen hatte, bei ihm anzuklingeln.

„Entschuldigen Sie, Herr Huber“, sagte ich, als ein Knacken in der Leitung seine Hörbereitschaft ankündigte, „entschuldigen Sie vielmals, dass ich mich nicht ungestüm zu erkennen gab, als Sie mich irrtümlicherweise für jemand anderen hielten...“

„Bitte, bitte sprechen Sie lauter. Wir sind nämlich etwas schwerhörig...“

Das war der ältere Herr Zwillich.

Als ich die Störungsstelle verständigen wollte, fand sich prompt Herrn Klingbiel als Gesprächspartner ein. Er jedoch war schon über die Situation im Bilde und erzählte mir unter heftigen Lachanfällen, dass er Fräulein Stenz für sein Tantchen gehalten und dementsprechend mit ihr geredet habe.

Am gleichen Tag lud Frau Huber Familie Süßmilch zum Kaffee ein, während die Geschwister Zwillich dem Fräulein Stenz ihre Aufwartung machten.

Es würde zu weit führen, die Geschehnisse der nächsten Woche in allen Einzelheiten zu schildern.

Kurz und gut, wir fanden heraus, dass es sich bei allen Mietern unseres Hauses um nette, prächtige Leute handelte, ja zwischen Fräulein Stenz und Herrn Klingbiel begannen sich sogar intime Verhältnisse anzuspinnen. Und ihre Verlobung sah uns alle in fröhlicher Runde.

So war das also. Wir gelten heute als die vorbildlichste Hausgemeinschaft der ganzen Umgbung. Der Monteur aber, der in seiner Verliebtheit die Litzen und Klemmen verwechselte, verdient neben einem Tadel für sein Versehen die Dank­barkeit des ganzen Hauses.

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