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Österreich in den 90er-Jahren

In der 2. Hälfte der 80er-Jahre begann auch ein Prozess der Neuformierung der politischen Landschaft, der sich dann in den 90er-Jahren beschleunigt fortsetzte. Die Wurzeln reichen allerdings schon in die 70er-Jahre zurück, als sich Bürgerbewegungen und Bürgerinitiativen abseits der Parteien bildeten. Sie waren das Signal für nachhaltige innenpolitische Veränderungen.

1978 wurde in einer Volksabstimmung die Inbetriebnahme des Kernkraftwerkes Zwentendorf verhindert. Ausschlaggebend für den knappen Sieg der Kernkraftgegner waren aber eher parteipolitische Querelen im Zenit der SPÖ-Alleinregierung. Erst die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl 1986 brachte das endgültige Aus für die Bemühungen, das Kraftwerk doch in Betrieb zu nehmen Zwentendorf kann damit als Beginn und erster Höhepunkt einer neuen politischen Qualität gesehen werden: In mehr oder weniger lose organisierten Bürgerinitiativen zusammengeschlossene Menschen nehmen zu Entscheidungen von Politikern und Behörden Stellung und mischen sich als unmittelbar Betroffene ein. Im Konflikt um das Kraftwerk Hainburg östlich von Wien kam es in der Folge zu einer tiefgreifenden Zäsur in der politischen Landschaft der 2. Republik, die 1986 zum Einzug der ,,Grünen Alternative" ins Parlament führte. Tausende Menschen besetzten im Dezember 1984 ein zur Rodung vorgesehenes Gelände in den Donau-Auen und verhinderten damit den Baubeginn für ein sehr umstrittenes Kraftwerksprojekt. Erstmals setzte sich ökologisches Bewusstsein gegen eine am Wachstum orientierte Bau- und Energiewirtschaft durch.

Das Ende der durchformierten und durchorganisierten Gesellschaft zeichnete sich ab. Die meist sehr zentralistisch geführten Interessenverbände und Parteien gerieten in eine Identitätskrise. Die großen weltanschaulichen Lager wurden immer schwächer.

Nicht zuletzt waren es die sogenannten „neuen Mittelschichten" (junge, gut ausgebildete Bürger), die durch ihre große Mobilität und ihre Offenheit das Parteienspektrum gehörig durcheinander wirbelten. Zugleich gab es aber bei den sozial schwächeren und weniger gebildeten Schichten immer mehr Menschen, die unter dem Modernisierungsprozess und dem zunehmend schärferen Wettbewerb in der Wirtschaft litten. Diese „Modernisierungsverlierer" neigen, aus Sorge um ihre soziale Sicherheit zu oft aggressiven Abwehrreaktionen gegen „die Ausländer" und „die Politiker", Sie wandten sich enttäuscht von „ihren" Parteien SPÖ (Arbeiter) und ÖVP (Bauern, Kleingewerbler) - ab und „wanderten" größtenteils Richtung FPÖ ab. Fast alle Wahlen in den späten 80er- und in den 90er-Jahren brachten zum Teil erhebliche Verluste für SPÖ und ÖVP und große Gewinne für die FPÖ. Der FPÖ gelang es, tief in die Wählerschaft von SPÖ und ÖVP einzubrechen. Parteichef Jörg Haider stellte sich als der Anwalt des „kleinen Mannes" dar und stellte populistisch die Themen „Ausländer" und „Politikerprivilegien" in den Mittelpunkt. 1993 initiierte die FPÖ ein „Ausländer-Volksbegehren", mit dem Ziel, die Regierung zu einer rigiden Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik zu zwingen. Gegen diese Initiative bildete sich sehr schnell eine überparteiliche breite Plattform („SOS Mitmensch") und die von der FPÖ erhoffte große Zustimmung für das Volksbegehren blieb aus. Dennoch verschärfte die Regierung in den folgenden Monaten die Gesetze, die den Aufenthalt von Ausländern und Flüchtlingen in Österreich regeln.

Die FPÖ wuchs allmählich von einer Kleinpartei zur Mittelpartei heran. 1996 bei den Wahlen zum Europa-Parlament war sie nur mehr 1,5 % bzw. 2 % hinter SPÖ und ÖVP. Dieses rasante Wachstum konnte auch nicht durch die Abspaltung der kleinen liberalen Fraktion in der FPÖ (1993) gebremst werden. Die Ausgetretenen gründeten das Liberale Forum, das seit dieser Zeit im Parlament vertreten ist.