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Пелашенко, Серебрякова. KONJUNKTIV.doc
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19.08.2019
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2. Lesen Sie zwei kleine Prosawerke. Finden Sie und markieren Sie im Text Konjunktiv II–Formen. Versuchen Sie einen der Texte in Ihre Muttersprache zu übersetzen.

Heinrich Böll

Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral

In dieser Erzählung ist alles auf dem Kontrast gebaut. Ein schick angezogener Tourist sieht einen ärmlich gekleideten Mann in seinem Fischerboot. Der Tourist ist voll Energie. Er betrachtet alles neugierig, er fotografiert eifrig das idyllische Bild im Hafen: blauer Himmel, grüne See mit friedlichen schneeweißen Wellenkämmen, schwarzes Boot, rote Fischermütze. Klick, noch einmal: klick … ein drittes Mal: klick. Der Fischer döst.

Der Kontrast wird durch lexikalische und stilistische Mittel erzielt. Derselbe Effekt kann auch durch grammatische Mittel erreicht werden. Im folgenden Auszug aus dieser Anekdote wird der Gegensatz zwischen Wirklichkeit und dem Traumleben durch Modi dargestellt.

Zigaretten werden in Münder gesteckt, ein fünftes Klick, der Fremde setzt sich kopfschüttelnd auf den Bootsrand, legt die Kamera aus der Hand, denn er braucht jetzt beide Hände, um seiner Rede Eindruck zu verleihen. „Ich will mich ja nicht in Ihre persönlichen Angelegenheiten mischen“, sagt er, „ aber stellen Sie sich mal vor, Sie führen heute ein zweites, ein drittes, vielleicht sogar ein viertes Mal aus und Sie würden drei, vier, fünf, vielleicht gar zehn Dutzend Makrelen fangen…Stellen Sie sich das mal vor“. Der Fischer nickt.

„Sie würden“, fährt der Tourist fort, “nicht nur heute, sondern morgen, übermorgen, ja, an jedem günstigen Tag, zwei -, dreimal, vielleicht viermal ausfahren – wissen Sie, was geschehen würde?“ Der Fischer schüttelt den Kopf.

„Sie würden sich spätestens nach einem Jahr einen Motor kaufen können, in zwei Jahren ein zweites Boot, in drei oder vier Jahren vielleicht einen kleinen Kutter haben, mit zwei Booten oder dem Kutter würden Sie natürlich viel mehr fangen – eines Tages würden Sie zwei Kutter haben, Sie würden …“, die Begeisterung verschlägt ihm für ein paar Augenblicke die Stimme, “Sie würden ein kleines Kühlhaus bauen, vielleicht eine Raucherei, später eine Marinadenfabrik, mit einem eigenen Hubschrauber rund fliegen, die Fischschwärme ausmachen und Ihren Kuttern per Funk Anweisung geben. Sie können die Lachsrechte erwerben, ein Fischrestaurant eröffnen, den Hummer ohne Zwischenhändler direkt nach Paris exportieren – und dann …“, wieder verschlägt die Begeisterung dem Fremden die Sprache. Kopfschüttelnd, im tiefsten Herzen betrübt, seiner Urlaubsfreude schon fast verlustig, blickt er auf die friedlich hereinrollende Flut, in der die ungefangenen Fische munter springen. „Und dann“, sagt er, aber wieder verschlägt ihm die Erregung die Sprache. Der Fischer klopft ihm auf den Rücken, wie einem Kind, das sich verschluckt hat. „Was dann?“ fragt er leise.

„Dann“, sagt der Fremde mit stiller Begeisterung, „dann könnten Sie beruhigt hier im Hafen sitzen, in der Sonne dösen, - und auf das herrliche Meer blicken.“ „Aber das tu’ ich ja schon jetzt“, sagt der Fischer, „ich sitze beruhigt am Hafen und döse, nur Ihr Klicken, hat mich dabei gestört.“

Überlegen Sie!

Welche Rolle spielt Konjunktiv II in diesem Text?

Wie ist die Rolle des Konjunktivs II in der Schilderung des Gegensatzes zwischen

Wirklichkeit und Nichtwirklichkeit?

Peter Bichsel

Blumen

In dieser Erzählung ist der Konjunktiv auch als stilistisches Mittel verwendet. Durch Modi wird eine ungewöhnliche Situation im Leben der Hauptpersonen dargestellt und ihr seelischer Zustand beschrieben.

Dann stellte er sie sich in einem Blumenladen vor, mit grüner Schürze und Nelkenlächeln. Er würde eintreten und fragen, ob es hier Blumen zu kaufen gebe und sie würde erschrecken und lächeln und sagen: „Fast nur Blumen“, und er würde auch lächeln. „Ja, ich sehe“, würde er sagen. Dann würde er fragen: „Duften sie?“

Sie gibt keine Antwort. Sie nimmt eine gelbe Blume aus der nächsten Vase in die Hand und dreht sie zwischen Zeigefinger und Daumen. „Was wünschen Sie?“ will sie fragen, lässt es aber sein.

„Hat er gefragt, „duften sie“; fragt sie sich. „Mir wird es peinlich“, denkt sie. In Gedanken versucht sie ihm zuzuflüstern, was er zu sagen hätte:

„Sie haben viele Blumen hier.“ „Lieben Sie die roten Blumen?“ „Astern gefallen mir gut.“ „Wie heißen die Blumen.“ Aber sie hat es vergessen. „Viele Blumen haben Sie hier.“ – „Ich liebe Blumen“, würde sie sagen. „Astern gefallen mir“, könnte er sagen. „Vor allem die roten“, würde sie antworten.

Und sie weiß, dass sie duften, aber die Blumen duften ganz anders, das weiß sie auch.

„Blumen duften ganz anders“, sagt sie. Und er würde nichts sagen. Und später würde sie fragen: „Was tun Sie hier?“ und er würde antworten: „Ich verkaufe Blumen.“ „Warum duften sie nicht?“ sagt sie. „Es sind Papierblumen.“ „Oh, sie sind schön“, flüstert sie.“ Aber sie duften nicht“, sagt er. „Kann man den Duft nicht herstellen?“ bemitleidet sie ihn. Oder er würde sagen: „Ich stelle Papierblumen her.“ „Oh, das ist sicher schwer“, sagt sie darauf, „ich möchte das auch können, aber ich liebe Papierblumen nicht.“ „Warum stelle ich Papierblumen her?“ würde er im Weggehen denken.

●Überlegen Sie!

 Welche Rolle spielt Konjunktiv II in der Erzählung von Р. Bichsel?

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