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Arsenyeva. Grammatik der deutschen Sprache.doc
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§ 170. Das Verb lassen nimmt eine Sonderstellung unter den Modalverben ein. Seine Eigentümlichkeit besteht darin, daß es nicht nur modale Bedeutungen besitzt, sondern auch

als Vollverb gebraucht wird. Als Modalverb bezeichnet lassen:

1. eine Erlaubnis, ein Zulassen;

Ohne jeden Widerstand ließ sich der kleine alte Mann von Kunze zum Sessel zurückführen. (B. Kellermann)

„Ich laß mich nicht fangen“, sagte er sich, während er lief. (B. Balazs)

2. einen Befehl, eine Aufforderung, eine Bitte;

Die Großmutter ließ sich von Christine noch einen Schal bringen. (J. R. Becher)

Leutnant Maurice rief die Wache und ließ seinen ehemaligen Vorgesetzten abführen. (W. Bredel)

Lassen Sie uns die Hoffnung nicht verlieren, Gleichen!“ versetzte Wolf gang. (B. Kellermann)

„Jetzt laß nicht wieder so 'ne Pause in der Freundschaft eintreten.“ — „Nein, Liesel.“ (A. Seghers)

3. eine Möglichkeit, eine Erlaubnis (in reflexiven Wendungen mit passiver Bedeutung).

„Das läßt sich hören“, sagte Lotte. (J. W. Goethe)...es läßt sich hier auch, ehe man seinen Arbeitsplatz aufsucht, noch gut ein Augenblick verplaudern. (E. Claudius)

Als Vollverb bedeutet lassen etwas bzw. jemanden verlassen, zurücklassen.

Dann ließen die Eltern Kätchen mit Diederich allein... (H. Mann)

„Wo hast du den Vater gelassen? Wo bleibt nur der Vater?“ fragte die Mutter durch die Tür. (J. R. Becher)

Als die Mutter klopfte, rief ich: „Laß mich!“ (J. R. Becher)

Das Vollverb lassen tritt häufig als Bestandteil von phraseologischen Wendungen auf: am Leben lassen, außer acht lassen, im Stich lassen, aus dem Spiel lassen, kein Auge von etwas oder jemandem lassen, es gut sein lassen, sich etwas (nicht) gefallen lassen, die Finger von etwas lassen u. a. m.

Lassen Sie mich in Ruh'. Ihren Brief habe ich nicht mehr.“ (H. Mann)

„Es ist einfach deine Pflicht, mir zu helfen... Du darfst mich nicht im Stich lassend (J. R. Becher)

(Über die übrigen Mittel, die zum Ausdruck der Modalität dienen, s. § 224 ff.)

DIE TERMINATIVEN UND DIE KURSIVEN VERBEN

§ 171. Das deutsche Verb hat im Gegensatz zum russischen keine grammatische Kategorie der Aktionsart. Man unterscheidet im Deutschen die sogenannten terminativen und die kursiven Verben (Verben mit begrenzter und Verben mit nichtbegrenzter Bedeutung), die mit den russischen perfektiven bzw. imperfektiven Verben nicht übereinstimmen.

Die terminativen Verben bezeichnen einen Vorgang, der zeitlich einen natürlichen Abschluß findet (transitive Verben: bringen, finden, bemerken, übergeben u. a.; intransitive Verben: kommen, wegfahren, fortgehen, einschlafen, verschwinden, erblühen u. a.).

Vergleichende Tabelle

Deutsch

Russisch

terminative Verben

perfektive Verben

imperfektive Verben

bringen

finden

übergeben

kommen

wegfahren

erblühen

принести

найти

передать

придти

уехать

расцвести

приносить

находить

передавать

приходить

уезжать

расцветать

Die kursiven Verben bezeichnen einen Vorgang, der in seiner Dauer durch nichts eingeschränkt ist (transitive Verben: tragen, suchen, lieben, fühlen u. a.; intransitive Verben: gehen, laufen, fahren, schlafen, blühen u. a.).

Zwischen diesen beiden Gruppen von Verben läßt sich keine scharfe Grenze ziehen. Es gibt sehr viele Verben, die sowohl terminative als auch kursive Bedeutung haben können. Meist hängt das von dem Inhalt der Aussage ab. Vgl.:

Jacques lebte im allgemeinen sehr mäßig, er rauchte wenig und trank fast nichts. (B. Kellermann)

Er... rauchte... eine Zigarette nach der anderen. (B. Kellermann)

Er trank ein Glas Wein im „Trajan“... (B. Kellermann)

Zuweilen können auch kursive Verben als terminative auftreten.

Sie fuhren im Wagen des Professors durch den sommerlich-warmen Morgen... (M. Zimmering)

Der Generalstreik wurde durchgegeben. Wallisch rief seine Frau, und sie fuhren. (A. Seghers)

Er ging, ohne zu bezahlen, aber der Kellner lief hinter ihm her... (B. Kellermann)

Ein terminatives Verb entspricht in der Regel im Russischen einem terminativen Verb mit perfektiver bzw. imperfektiven Bedeutung; vgl.: kommen — прийти, приходить; finden — найти, находить; bringen — принести, приносить usw. Die kursiven Verben des Deutschen entsprechen meist den russischen kursiv-imperfektiven Verben; vgl.: gehen — идти, ходить; jedoch können sie zuweilen auch einem terminativ-perfektiven Verb entsprechen; vgl.: gehen — уйти.

Manche Vorsilben machen im Deutschen ein kursives Verb zu einem terminativen (aber nicht perfektiven!); meist stellt sich ein gewisser Bedeutungswandel ein; vgl.: blühen — erblühen; schlafen — einschlafen; gehen — entgehen; schießen — erschießen usw.

DIE NOMINALFORMEN DES VERBS

§ 172. Zu den Nominalformen des Verbs gehören der Infinitiv und die beiden Partizipien: das Partizip I und das Partizip II. Sie heißen Nominaiformen, weil sie außer verbalen Eigenschaften auch nominale aufweisen. Sie verändern sich nicht nach Person und Zahl und werden daher auch (als Bestandteil einer Verbalform) verbum infinitum genannt.

Der Infinitiv

§ 173. Der Infinitiv (die Nennform des Verbs) ist eine der drei Grundformen des Verbs. Er nennt einen Vorgang ohne Angabe der handelnden Person und dient zur Bildung einiger Zeitformen (Futur, Konditionalis).

Man unterscheidet im Deutschen zwei Formen des Infinitivs: den Infinitiv I und den Infinitiv II . Der Infinitiv I wird vom Präsensstamm des Verbs und dem Suffix -(e)n gebildet: trag-en, lehr-en, sammel-n, feier-n. Das Suffix -n bekommen Verben mit den Suffixen -er, -el sowie Verben, die von Substantiven (seltener von anderen Wortarten) auf -er, -el abgeleitet sind: lächel-n, zöger-n, segel-n, feier-n, erwider-n.

Der Infinitiv II wird mit dem Partizip II des entsprechenden Verbs und dem Infinitiv I des Hilfsverbs haben bzw. sein gebildet: gesagt haben, gefahren sein. Die transitiven Verben weisen außerdem noch zwei passive Formen auf: den Infinitiv I Passiv und den Infinitiv II Passiv.

Der Infinitiv I Passiv wird mit dem Partizip II des Vollverbs und dem Infinitiv I des Hilfsverbs werden gebildet: gelesen werden, getragen werden. Der Infinitiv 11 Passiv wird mit dem Partizip II des Vollverbs und dem Infinitiv II des Hilfsverbs werden gebildet: gelesen worden sein, getragen worden sein.

Tabelle

intransitive Verben

Infinitiv I

kommen

schlafen

Infinitiv II

gekommen sein geschlafen haben

transitive Verben

Infinitiv I

Infinitiv II

Aktiv

sammeln

lesen

gesammelt haben

gelesen haben

Passiv

gesammelt werden

gelesen werden

gesammelt worden sein gelesen worden sein

§ 174. Die verbalen Eigenschaftendes Infinitivs. Als verbale Form hat der Infinitiv eine relative zeitliche Bedeutung: der Infinitiv I bezeichnet die Gleichzeitigkeit (in bezug auf den durch das Prädikat ausgedrückten Vorgang).

Die Majorin sprach weiter, ohne auf Marianne zu achten. (B. Uhse)

Der Infinitiv II bezeichnet die Vorzeitigkeit.

Er ist fast traurig, den neuen Bekannten so schnell wieder verloren zu haben. (W. Bredel)

Beim ersten Zusammentreffen mit den republikanischen Truppen des Konvents lief er mit seiner Sektion über, ohne auch nur einen Schuß abgefeuert zu haben. (W. Bredel)

Im Zusammenhang mit der Bedeutung der Vorzeitigkeit steht die Abgeschlossenheit der Handlung, die durch den Infinitiv II ausgedrückt wird.

„Ich bin wirklich glücklich, Sie zu Hause getroffen zu haben“, sagte Charlotte. (B. Kellermann)

Die obenerwähnten Eigenschaften und Funktionen des Infinitivs kennzeichnen ihn als eine verbale Form. Die verbalen Kategorien sind es auch, die für das System der Infinitive entscheidende Bedeutung haben. Die Zahl und die gegenseitigen Beziehungen der Infinitivformen zueinander werden durch die Wechselbeziehungen zweier Verbalkategorien bedingt: der relativen Zeit und des Genus.

§ 175. Nominale Eigenschaften weist von den vier Formen des Infinitivs vor allem der Infinitiv I Aktiv auf. Seiner Bedeutung nach steht der Infinitiv I den Substantiven nahe, die einen Vorgang bezeichnen, denn er nennt einen Prozeß bzw. Zustand ohne Hinweis auf Person und Zeit, vgl.: übersetzen (das Übersetzen) — die Übersetzung.

Der Infinitiv (sowie die Infinitivgruppe, d. h. ein Infinitiv mit näheren Bestimmungen) erfüllt im Satz die Funktionen, die vor allen Dingen dem Substantiv zukommen: diejenigen des Subjekts und des Objekts des Satzes.

Handeln ist leicht, denken schwer; nach dem Gedachten handeln unbequem. (J. W. Goethe)

Papke nahm es auf sich, alles Notwendige zu organisieren. (W. Bredel)

Ich war froh, mein Gewissen... beruhigen zu können... (J. R. Becher)

Auch die übrigen syntaktischen Funktionen des Infinitivs (die eines Attributs und einer Adverbialbestimmung) unterscheiden ihn von den persönlichen Formen des Verbs.

Der Wunsch, aufzustehen, wegzugehen, allein zu sein, kribbelte in ihm. (F. C. Weiskopf)

Aber eines Tages ging sie ins Dorf Sirup holen... (B. Brecht)

§ 176. Im Deutschen tritt das Gemeinsame zwischen Infinitiv und Substantiv auch in der großen Leichtigkeit zutage, mit der sich jeder Infinitiv substantivieren läßt: geben — das Geben, lesen — das Lesen, verstehen — das Verstehen usw. Der substantivierte Infinitiv ist sächlichen Geschlechts und wird meist mit dem Artikel gebraucht. Er kann dekliniert werden und läßt sich durch Attribute näher bestimmen.

Das Klopfen ist doch eine herrliche Endeckung... (W. Bredel)

Ich verstand zwar nicht die Worte, die er sprach, aber da er während des Sprechens beständig trommelte, so wußte ich doch, was er sagen wollte. (H. Heine)

Als aber zu seinem Erstaunen der Sanitätsrat eintrat, wich er unwillkürlich einen Schritt zurück. (B. Kellermann)

Aus dem Personenwagen hinter der Lokomotive drang grölendes Singen und Gelächter. (B. Kellermann)

Manche substantivierten Infinitive haben sich gänzlich vom entsprechenden Verb losgelöst und werden nicht mehr als Substantivierung empfunden: das Leben, Essen, Leiden, Vergnügen, Vermögen, Betragen, Verbrechen u. a. m. Einige von diesen Substantiven können auch im Plural gebraucht werden: die Vermögen, die Leiden, die Verbrechen.

Der Gebrauch des Infinitivs. Die Infinitivgruppen

§ 177. Der Infinitiv wird mit bzw. ohne die Partikel zu gebraucht und tritt im Satz als unabhängiger bzw. abhängiger Infinitiv auf. Zum Infinitiv treten häufig nähere Bestimmungen, das sind Wörter bzw. Wortgruppen, die vom Infinitiv abhängig sind. Der Infinitiv bildet mit seinen näheren Bestimmungen eine Infinitivgruppe und steht in dieser meist mit zu. Es gibt auch Infinitivgruppen, in denen der Infinitiv stets abhängig ist und mit zu gebraucht wird; sie werden durch die Konjunktionen um, (an)statt bzw. ohne eingeleitet.

Steve ging zurück zu Johanna, um Abschied zu nehmen. (L. Frank)

Statt Nachricht zu schicken, kam sein Freund Wu selbst am Nachmittag in die angegebene Herberge. (A. Seghers)

Sie bewegte in einem fort die Lippen, ohne ein Wort zu sagen. (A. Seghers)

Hat das Verb im Infinitiv einen trennbaren Bestandteil, so steht die Partikel zu zwischen diesem und dem zweiten Bestandteil.

„Was hat er sich da hereinzumischenl“ (J. R. Becher)

Sie... wird sich freuen, daß mir einmal etwas schiefgegangen ist, und vielleicht hoffen, mich dadurch kleinzukriegen. (E. Claudius)

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