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Sprach- und Stilnormen Sprach- und Stilnormen in Wechselbeziehung zu außerlinguistischen Faktoren

Unter Sprach- und Stilnormen verstehen wir die Gesamtheit historisch veränderlicher, aber dennoch über größere Zeitabschnitte hinaus stabil kodifizierter Gesetzmäßigkeiten, die die Beschaffenheit wie den Gebrauch der sprachlichen Einheiten auf allen Ebenen bewerten und verbindliche Kriterien für richtig/falsch, angemessen/unangemessen darstellen.

Die Norm ist ein Schnittpunkt zwischen linguistischen und außerlinguistischen Faktoren.

a) Beginnen wir mit der Zeit als außerlinguistischem Faktor.

Zur Illustration: absteigen – In welchem Hotel bist du abgestiegen? Das Verb absteigen wirkt heute in der genannten Redewendung gehoben und wird daher nur in besonderen Kommunikationssituationen verwendet (hingegen in der Alltagsrede: Wo hast du Unterkunft gefunden, ein Zimmer bekommen?).

b) Eine relevante Beziehung besteht zwischen Norm und Nation. Sprach- und Stilnormen sind nur innerhalb eines national homogenen Sprachkollektivs gültig. Da die deutsche Gegenwartssprache die nationalen Varianten des „deutschen Deutsch“, des Schweizer Deutsch und des österreichischen Deutsch umfasst, müssen wir auch die entsprechenden Normen dieser unterschiedlichen sprachlichen Ausprägungen als untereinander gleichberechtigt, als souverän anerkennen. So hat der Österreicher das Recht, die Perfektformen ich bin gegessen, bin gestanden als nationale Norm zu wahren, ebenso wie für den deutschsprachigen Schweizer etwa das Verb besammeln (versammeln) in allen finktionalen Bereichen und Sprechsituationen literarisch einwandfrei ist (Z.B.: die Touristen besammeln sich im Park).

c) Norm und Sprachschicht (sog. vertikale Gliederung). Wie bekannt, besitzen Literatursprache, Umgangssprache und auch die territorialen Dialekte ihre eigenen Normen, allerdings mit qualitativen und quantitativen Unterscheidungsmerkmalen. Auch die Wahl der Sprachschicht und damit ihrer Normen hängt unmittelbar von außerlinguistischen Faktoren ab: nicht nur von der sozialen Herkunft, von der Bildung, der beruflichen Zugehörigkeit und dem Alter der Gesprechspartner, sondern auch von nationalen und territorialen Momenten.

d) Norm und kommunikativer bzw. stilistischer Gebrauchswert. Innerhalb eines zeitlich beschränkten und national homogenen Normensystems lassen sich synchron zwei Gruppen unterscheiden: stilistisch neutrale und stilistisch markierte Normen. Die ersteren betreffen die Basis des Sprachbaus und gelten für sämtliche kommunikativen Sphären der Literatursprache und literarischen Umgangssprache, zum Teil auch für die Ortsdialekte der Gegenwart. Sie lassen allerdings auf allen Ebenen einen gewissen Spielraum für fakultative Varianten (z.B.: ´außerdem/außer´dem), die aber in kommunikativer und stilistischer Hinsicht irrelevant sind.

Die zweite Gruppe, die stilistisch markierten Normen, umfassen sprachliche Einheiten, die infolge ihrer absoluten, d.h. systemhaften Stilfärbung an bestimmte Verwendungsmöglichkeiten gebunden sind. Um ihren Gebrauchswert in der Rede zu determinieren, muss man unbedingt ihre stilistische Charakteristik (funktionelle, normative, expressive Komponente) im Auge haben. So zwingt z.B. die gehobene Stilfärbung, die dem Substantiv Angesicht eignet, den Sprecher/Schreiber, dieses Lexem im passenden Kontext zu verwenden, wie etwa: das teure Angesicht des Vaters/der Mutter, im Angesicht der Gefahr. Hingegen würde die Formulierung Wasch dir doch dein Angesicht ab, auf der Wange hast du Tintenflecke! der Situation nicht angemessen sein.