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Kontextstilfärbung in der Grammatik

Unter dem syntagmatischen Aspekt kann jede grammatische Form in der Morphologie und in der Syntax eine zusätzliche stilistische Information vermitteln ebenso wie jedes Wort.

Ein und dieselbe Form kann unterschiedlichen kontextualen Stilwert haben, z.B. man-Sätze. Aus paradigmatischer Sicht sind sie stilistisch neutral. Setzen wir sie aber in einige Sprechsituationen und beobachten ihre stilistische Wandlung.

  • Im wissenschaftlichen Stil: ihre hohe Gebrauchsfrequenz resultiert aus dem Streben nach Verallgemeinerung, nach unpersönlicher Darstellungsweise. Sie erwecken den Eindruck einer größeren Objektivität der dargelegten Tatsachen.

  • Dieses sachlich wirkende Satzmodell ist besonders für Anweisungen, Rezepte, allgemeine Feststellungen geeignet.

  • In einen anderen funktionalen Stil eingebettet, ändert der man-Satz seinen Stilwert. In der Figurensprache und in der erlebten Rede kann er anstelle eines persönlichen Satzes gesetzt werden – mit unterschiedlicher Wirkung je nach der Sprechsituation.

  • Die Wirkung einer schroffen und abweisenden Aussage erzielt man mit dem Konjunktiv in der Figurensprache beim Ausdruck eines Befehls: Man lache nicht! (Goethe).

  • In der Autorensprache kann das Pronomen man als Synonym des pluralischen sie gebraucht werden. Dabei kann das unbestimmt-persönliche Pronomen verschiedene Stilwirkung haben.

Mehrdeutigkeit der grammatischen Formen

In der Regel besitzt jede grammatische Form mehrere Bedeutungen, wobei eine von ihnen als Hauptbedeutung (oder paradigmatische Bedeutung), die anderen als Nebenbedeutungen (oder syntagmatische Bedeutungen) aufzufassen sind. Die Hauptbedeutung erschließt man aus einem minimalen, neutralen Kontext, wo die Ersatzprobe durch andere Oppositionsglieder deutlich die Unterschiedsmerkmale hervortreten lässt. Vgl.: der Platz ist besetzt – der Platz war besetzt. Ohne jegliche Kontext- und Situationshilfe verstehen wir, dass es sich im ersten Fall um die Gegenwart, im zweiten – um die Vergangenheit handelt. Nicht so einfach und leicht ergibt sich der grammatische Sinn derselben Zeitformen aus der syntagmatischen Sicht. Das Präsens kann in einer Erzählung über vergangene Ereignisse die Bedeutung des Präteritums annehmen (präsens historicum) und umgekehrt verdrängt das Präteritum oft das Präsens in der erlebten Rede. Dieser Austausch ist aber nur in einem Großkontext mit Hilfe der sog. Umschalter möglich, die die Hauptbedeutung ausschalten und die Nebenbedeutung einschalten.

  • Damit das Präsens die präteritale Bedeutung annimmt, muss es in die präteritale Umgebung übertragen werden.

  • Damit das Präteritum die Bedeutung der Gegenwart erlangt, braucht man einen starken Druck des Großkontextes. Nur in der erlebten Rede ist eine derartige Wandlung möglich: Das Präteritum wird zum kontextualen Synonym des Präsens und sogar des Futurs.

Ein anschauliches Beispiel liefern die kontextualen Synonyme du/Sie – wir in einer spezifischen Sprechsitiation, wenn ein Arzt einen Kranken (gewöhnlich ein Kind) anredet: Wie fühlen wir uns? statt Wie fühlst du dich? Die zweite Anrede ist im Gegensatz zu der ersten stilistisch nicht koloriert.