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85. Rondel

Verflossen ist das Gold der Tage,

Des Abends braun und blaue Farben:

Des Hirten sanfte Flöten starben

Des Abends blau und braune Farben

Verflossen ist das Gold der Tage.

86. Sommer

Am Abend schweigt die Klage

Des Kuckucks im Wald.

Tiefer neigt sich das Korn,

Der rote Mohn.

Schwarzes Gewitter droht

Über dem Hügel.

Das alte Lied der Grille

Erstirbt im Feld.

Nimmer regt sich das Laub

Der Kastanie.

Auf der Wendeltreppe

Rauscht dein Kleid.

Stille leuchtet die Kerze

Im dunklen Zimmer;

Eine silberne Hand

Löschte sie aus;

Windstille, sternlose Nacht.

Kurt Tucholsky (1890 - 1935) war ein deutscher Journalist und Schriftsteller. Er schrieb auch unter den Pseudonymen Kaspar Hauser, Peter Panter, Theobald Tiger und Ignaz Wrobel. Tucholsky zählte zu den bedeutendsten Publizisten der Weimarer Republik. Als politisch engagierter Journalist und zeitweiliger Mitherausgeber der Wochenzeitschrift „Die Weltbühne“ erwies er sich als Gesellschaftskritiker in der Tradition Heinrich Heines. Zugleich war er Satiriker, Kabarettautor, Liedtexter, Romanautor und Lyriker. Er verstand sich selbst als linker Demokrat, Pazifist und Antimilitarist und warnte vor rechten Tendenzen – vor allem in Politik, Militär und Justiz – und vor der Bedrohung durch den Nationalsozialismus. Als Dichter von Chansons und Couplets trug Tucholsky dazu bei, diese Genres für die deutsche Sprachwelt zu erschließen. Als Lyriker verstand er sich jedoch nur als „Talent“, im Gegensatz zum „Jahrhundertkerl“ Heinrich Heine. Das Gedicht „Mutterns Hände“ ist ein typisches Beispiel seiner „Gebrauchslyrik“, wie Tucholsky diese poetische Richtung, deren Hauptvertreter Erich Kästner war, in einem gleichnamigen Artikel bezeichnete. Zum Tucholsky-Repertoire in Schullesebüchern gehören auch Gedichte wie „Augen in der Großstadt“ und „Das Ideal“.

87. Das Ideal

Ja, das möchste:

Eine Villa im Grünen mit großer Terrasse,

vorn die Ostsee, hinten die Friedrichstraße;

mit schöner Aussicht, ländlich - mondän,

vom Badezimmer ist die Zugspitze zu sehn -

aber abends zum Kino hast du’s nicht weit.

Das Ganze schlicht, voller Bescheidenheit:

Neun Zimmer, - nein, doch lieber zehn!

Ein Dachgarten, wo die Eichen drauf stehn,

Radio, Zentralheizung, Vakuum,

eine Dienerschaft, gut gezogen und stumm,

eine süße Frau voller Rasse und Verve -

(und eine fürs Wochenend, zur Reserve) - ,

eine Bibliothek und drumherum

Einsamkeit und Hummelgesumm.

Im Stall: Zwei Ponies, vier Vollbluthengste,

acht Autos, Motorrad - alles lenkste

natürlich selber - das wär ja gelacht!

Und zwischendurch gehst du auf Hochwildjagd.

Ja, und das hab ich ja vergessen:

Prima Küche - erstes Essen-

alte Weine aus schönem Pokal -

und egalweg bleibst du dünn wie ein Aal.

Und Geld. Und an Schmuck eine richtige Portion.

Und noch ne Million und noch ne Million.

Und Reisen. Und fröhliche Lebensbuntheit.

Und famose Kinder. Und ewige Gesundheit.

Ja, das möchste!

Aber, wie das so ist hienieden:

manchmal scheint’s so, als sei beschieden

nur pöapö, das irdische Glück.

Immer fehlt dir irgendein Stück.

Hast du Geld, dann hast du nicht Käten;

hast du die Frau, denn fehln dir Moneten -

hast du die Geisha, dann srört dich der Fächer:

bald fehlt uns der Wein, bald fehlt uns der Becher.

Etwas ist immer.

Tröste dich

Jedes Glück hat einen kleinen Stich.

Wir möchten so viel: Haben. Sein. Und gelten.

Dass einer alles hat:

das ist selten.

Rudolf Otto Wiemer (1905 - 1998) war ein deutschsprachiger Lyriker, Puppenspieler und Pädagoge. 1921 schloss er sich der Wandervogel-Bewegung an, in der Literatur, Musik, Theaterspiel und Naturverbundenheit besonders gepflegt wurden. Als Puppenspieler gehörte er zu den künstlerisch geachteten Vertretern dieses Berufsstandes. Ein Markenzeichen war die Figur des Jochen Holtschuh. Sein literarisches Gesamtwerk umfasst Lyrik, Erzählungen, Romane, Kinderbücher, Theater (Puppenspiele wie Schauspiele) und Hörspiele.