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Text 5. Wie würden sie eigentlich den österreichischen nationalcharakter beschreiben?
Österreicher über sich selbst
Die Österreicher sind in erster Linie pragmatisch. Wir sind vom deutschen Idealismus nie angekränkelt gewesen. Zweitens sind die Österreicher leistungsbereit, sie sind fleißig, sie arbeiten hart. Das erkennt man ja auch an der Produktivitätsentwicklung unseres Landes. Gleichzeitig bewahren sie sich eine große Lebensfreude und einen gewissen Hang zum Lebensgenuss. Das beginnt beim Essen und Trinken, aber auch in der Kultur. Ich beobachte eine gute Balance zwischen Leistungsbereitschaft und der Fähigkeit, sich danach auch etwas zu gönnen. Wir sind grundsätzlich skeptisch. Bis wir etwas glauben, dauert es lange. Österreich ist schließlich ein Land der Ambivalenzen. Wir betrachten die meisten Dinge nicht eindeutig, sondern in ihrer Widersprüchlichkeit. Das ist auch der Grund, warum wir mit Kompliziertem nicht wirklich ein Problem haben. Sollte etwas nicht kompliziert sein, dann machen wir es in unserer Betrachtung kompliziert, damit es dann endlich das Niveau erreicht, das wir gewohnt sind. Ansonsten sind die Österreicher sehr verträglich. In den vergangenen Jahren ist man offener geworden, zugleich macht das vielen Angst. Heute hat man in Österreich sehr viele Deutsche, die hier arbeiten, und der Tiroler Tourismus ist nicht nur auf deutsche Touristen angewiesen, sondern ebenso auf deutsche Arbeitskräfte.
Texterläuterungen
von (D.) angekränkelt sein |
быть зараженным чем-либо |
verträglich |
уживчивый, миролюбивый |
sich (D.) etw. gönnen |
разрешать себе что-либо |
auf Akk. angewiesen sein |
нуждаться в чем-либо, зависеть от чего-либо |
sich (Dat.) eine große Lebensfreude bewahren |
сохранять любовь к жизни, оптимизм |
der Hang zum Lebensgenuss |
стремление получать удовольствие от жизни |
1) Erklären Sie die Bedeutung der aufgezählten Wörter und Wortgruppen auf Deutsch und bauen Sie damit Sätze
auf Akk. angewiesen sein, verträglich, Widersprüchlichkeit, eindeutig, ein Land der Ambivalenzen, skeptisch, sich etw. gönnen, Lebensgenuss, sich (Dat.) eine große Lebensfreude bewahren, etw. an Dat. erkennen, fleißig, leistungsbereit, angekränkelt, pragmatisch.
2) Schreiben Sie den Text in der Form eines Interviews um, ohne dass wichtige Informationen verloren gehen.
3) Zählen Sie Adjektive und Verben auf, die mit den Substantiven «Eigenschaft», «Nationalcharakter» inhaltlich eng zusammenhängen. Bilden Sie Sätze mit neuen Wortgruppen.
4) Aufgabe zur Gesprächssituation: versuchen Sie ein Rollenspiel. Berichten Sie über Ihre persönlichen Erlebnisse und Ihr Gesamteindruck, Gesamtbild von Österreichern.
5) Welche positiven und negativen Eigenschaften von Österreichern sind im vorliegenden Text genannt worden? Teilen Sie gebrauchte Attribute in 2 Gruppen ein und füllen Sie die Tabelle aus.
Positive Züge |
Negative Züge |
? |
? |
? |
? |
Text 6. Der nationalcharakter der griechen
Die geistigen Anlagen der Neugriechen sind überaus glücklich. Fast alle Gebildeten sprechen französisch und englisch; auf den Inseln sprechen viele Personen italienisch. Scharfsinn, feurige Einbildungskraft und Witz gehen auch dem gemeinsten Griechen nicht ab. Den Frauen sind tiefes Gefühl, ruhige Würde, Ehrbarkeit, Wärme des Ausdrucks, naive Beredsamkeit und eine gänzliche Hingebung und Aufopferung für den geliebten Gegenstand eigen, wie sie auch an Freiheitsliebe den Männern nicht nachstehen. Im Nationalcharakter der Griechen sind zumeist infolge des jahrhundertelang auf ihnen lastenden Druckes die schlechten Eigenschaften fast überwiegend; namentlich müssen Eitelkeit, Prahlsucht, Misstrauen gegen Fremde, Hang zum Lügen, Unzuverlässigkeit, Neigung zu Intrigen, Betrug und Übervorteilung als allgemeine Charakterfehler erwähnt werden. Die «griechische Treue» ist berüchtigt. Dazu kommt noch ihr Hang zu Müßiggang. Es herrscht Scheu vor jedem Handwerk und strenger Arbeit; jeder will Handel treiben, für den der Grieche allerdings wie geschaffen ist. Eine Folge davon ist der hohe Arbeitslohn in den Städten und der niedrige Stand der Bodenkultur. Die Landbewohner stellen sich übrigens in Bezug auf die angeführten Fehler besser als die Städter. Zu den guten Eigenschaften der Griechen gehören ihre Höflichkeit, Gefälligkeit und Freundlichkeit, die Freigebigkeit der Reichen zu wissenschaftlichen und kulturellen Zwecken. Ihre Gastfreundschaft erinnert an die Homerischen Erzählungen, auch Mäßigkeit ist eine der hervorragendsten Nationaltugenden. Der Grieche ist ferner tapfer, freiheitliebend, gewandt und bewahrt ein reizbares Gemüt, das sich ebenso leicht der Fröhlichkeit wie der unversöhnlichen Rachsucht hingibt. Die Lebensweise der Griechen hat ihre Eigentümlichkeiten am meisten auf dem Land und in kleinen Städten erhalten. Die Wohnungen der Landbewohner sind einfach und auf wenige Räume beschränkt. Der untere Teil der Behausung dient zu ökonomischen Zwecken, der obere zum Aufenthalt. Glasfenster und Stühle fehlen, eine hölzerne Bank oder der mit Matten belegte Fußboden ersetzt die letzteren. In den Städten sind die Häuser selten zwei Stockwerke hoch. Schornsteine fehlen. Vieles Hausgerät zeigt antike Form. Bei den Mahlzeiten herrscht noch vieles von der alten Sitte und Einfachheit. Selten isst das Landvolk warme Speisen. Brot, dazu etwas Käse, Früchte, Zwiebeln oder gesalzene Fische sind die tägliche Nahrung, reines Wasser oder ein Schluck wohlfeilen Harzweins das Getränk. Fleisch wird selten genossen, zumal die Griechen die häufig vorkommenden Fasttage gewissenhaft halten. Man sitzt bei den Mahlzeiten an kleinen Tischen auf türkische Weise und bedient sich der Finger statt Gabel und Messer; die Hausfrau bedient, ohne mit zu essen; vor und nach Tisch wäscht man die Hände. Den Kaffee nehmen die Männer in den Lokanden (Speisehäusern), deren es in dem kleinsten Dorf mehrere gibt. Das Tabakrauchen ist allgemein verbreitet und selbst vielen Frauen zur Gewohnheit geworden.
Texterläuterungen
die Übervorteilung |
надувательство, обман |
die Anlagen |
задатки |
die Prahlsucht |
тяга к хвастовству |
der Scharfsinn |
проницательность, сообразительность |
die Einbildungskraft |
сила воображения, фантазия |
jmdm. abgehen |
не хватать |
die Ehrbarkeit |
степенность, благоприйстойность |
die Beredsamkeit |
красноречие, словоохотливость |
die Hingebung |
преданность |
die Aufopferung |
самоотречение |
(Dat.) an (Dat.) nachstehen |
уступать |
berüchtigt |
пресловутый, пользующийся дурной славой |
der Müßiggang |
безделье, праздность |
die Scheu vor (D.) |
боязнь, страх, застенчивость |
sich stellen |
становиться, притворяться, разыгрывать из себя |
die Gefälligkeit |
услужливость, любезность |
die Freigebigkeit |
щедрость |
die Gastfreundschaft |
радушие, хлебосольство |
die Mäßigkeit |
умеренность, сдержанность, воздержанность |
gewandt |
ловкий, проворный |
das Gemüt, die Gemüter |
нрав, характер |
die Rachsucht |
мстительность |
die Eigentümlichkeit |
своеобразие |
wohlfeil |
дешёвый, общедоступный |
der Harzwein |
вино, обработанное смолами |
der Fasttag Fasttage halten |
день поста соблюдать пост |
reizbar |
раздражительный, обидчивый, возбудимый |
sich (Dat.) hingeben |
предаваться, отдаваться чему-либо |
unversöhnlich |
непримиримый |
1) Lesen Sie den Text. Finden Sie Sätze, die die Hauptgedanken des Textes ausdrücken. Der Text ist unstrukturiert. Besprechen Sie in Kleingruppen, wie viel Textteile Sie hier sehen, betiteln Sie diese und fassen Sie die Hauptgedanken jedes Absatzes. Schreiben Sie Stichworte auf. Versuchen Sie anhand dieser Schlüsselwörter den Textablauf zu rekonstruieren.
2) Bilden Sie mit den angegebenen Wörtern und Wortgruppen Sätze.
Einbildungskraft, Freigebigkeit, Gefälligkeit, sich stellen, für etwas wie geschaffen sein, Scheu, Müßiggang, berüchtigt, Charakterfehler, Hingebung, Scharfsinn, Übervorteilung, Prahlsucht, überwiegend, der auf jemandem lastende Druck, jemandem an etwas nachstehen, Aufopferung, naive Beredsamkeit, Ehrbarkeit, jemandem abgehen, Gastfreundschaft, Mäßigkeit, gewandt, reizbares Gemüt, wohlfeil, den Fasttag halten
3) Welche positiven und negativen Eigenschaften von Griechen sind im vorliegenden Text genannt worden? Teilen Sie gebrauchte Attribute in 2 Gruppen ein und füllen Sie die Tabelle aus.
Positive Züge |
Negative Züge |
? |
? |
? |
? |
4) Schreiben Sie den Text in der Form eines Gesprächs von 2 Freundinnen, die ihre Meinungen über klischeehafte Vorstellungen und ihre persönlichen Eindrücke von Griechen austauschen, um.
5) Was halten Sie von folgender Aussage?
«Was ist denn unter Nationalcharakter zu verstehen? Gewöhnlich definiert man ihn als die Summe aller körperlichen, geistigen und sittlichen Eigenschaften, die allen oder doch den meisten Angehörigen der Nation gemein sind. Aus Geschichte und Geographie ein Deutungsmuster für nationalen Charakter und Identität zu gewinnen ist äußerst Kontrovers wenn nicht unmöglich. Es gibt keinen wissenschaftlichen Beweis für die Existenz von „Nationalcharakter“. Zu groß sind die provinziellen Unterschiede innerhalb einer Nation. Trotz großer Skepsis gegenüber nationaler Mentalität und Charakter bedienen sich dieser immer wieder Soziologen, Historiker und Philosophen». Machen Sie sich darüber Gedanken, formulieren Sie Pro- und Contra-Argumente und fassen Sie Ihre Überlegungen in Form eines Zeitungsartikels ab.