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Juristische berufe.doc
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15.08.2019
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Rechtspositivismus

Ein profunder Mangel an Rechtsstaatlichkeit

In Russland gibt es nach wie vor einen strukturellen Mangel an Rechtsstaatlichkeit, das heißt: Regelung und Begrenzung staatlicher Machtausübung durch die strikte Bindung an Verfassung und Gesetze; Gewaltenteilung als Strukturprinzip, unabhängige Gerichte und eine Justiz ohne Korruption; grundlegend: die Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz und die Gewährleistung der Menschenrechte. Noch immer dominieren autoritär-hierarchische Regelungsmuster in Politik und Verwaltung. Rechtsgültige Regelungen werden immer wieder unterlaufen durch Interventionen des Präsidenten oder einzelner Mächtiger. Eine gewaltige Zahl von unübersichtlichen, unklaren, widersprüchlichen, z. T. veralteten Rechtsnormen verhindert Rechtssicherheit und erlaubt Willkür durch die Behörden und die Polizei. Die Menschenrechtsbeauftragten haben nur wenig Einfluss und genießen nur wenig Achtung bei den Mächtigen.

Die Unabhängigkeit der Gerichte konnte bisher trotz einzelner Bemühungen nicht hinreichend gewährleistet werden. Staatsanwaltschaft und allgemeine Polizei (milicija) werden teilweise politisch instrumentalisiert. Das gilt auch für den Geheimdienst FSB, der nicht selten kompromittierendes Material (Kompromat) über Politiker veröffentlicht, die das Missfallen des Präsidenten erregt haben und so diskreditiert wurden. Insgesamt hat die Kriminalität aller Art seit den Sowjetzeiten erheblich zugenommen - objektiv und vor allem subjektiv im Kriminalitätserleben der Bürger. Straffrei gehen häufig die aus, die reich genug sind, um die fast tarifmäßig geregelten Bestechungsgelder bei der Polizei oder anderen Justizorganen zu bezahlen.

Der noch immer nicht modernisierte Strafvollzug nimmt oft unmenschliche Züge an. Nur wenige Bürger erhoffen sich und suchen ihr Recht vor den Gerichten. Dieser Mangel an demokratischer Rechtskultur findet sich schon in der Zaren- und Sowjetzeit; er ist im Staat, bei der Machtelite wie bei vielen Bürgern leider tief verwurzelt. Ansätze für eine Justizreform gab und gibt es, doch bisher ohne durchgreifende Wirkung. Gegen den profunden Mangel an Rechtsstaatlichkeit haben die Mächtigen bisher viel zu wenig getan.

Ansätze zur Verbesserung der Rechtskultur

Die Defizite des Rechts und der Rechtskultur werden in Russland sehr bewusst wahrgenommen. Ob allerdings der von Putin verwendete Slogan von der „Diktatur des Gesetzes“, mit dem gerade gegen Willkür bei der Rechtsanwendung und gegen Rechtsnihilismus vorgegangen werden soll, der richtige Ansatz ist, darf man bezweifeln, impliziert der Begriff „Diktatur des Gesetzes“ doch gerade eine blinde Rechtsumsetzung statt eines reffektiven Umgangs mit rechtlichen Regelungen. Immerhin aber ist zu beobachten, dass bei der Rechtsreform die Akzente nicht nur auf die Ausarbeitung moderner Kodifizierungen, sondern auch auf eine grundlegende Umstrukturierung der Justiz gelegt wurden.

Texterläuterungen

1. profund = groβ

2. einen strukturellen Mangel an - отсутствие структуры правового

Rechtsstaatlichkeit государства

3. werden immer wieder unterlaufen - постоянно нарушаются

4. durch Interventionen - из-за вмешательства

5. Mächtige pl - власть имущие

6. z. T. = zum Teil - частью

7. genießen nur wenig Achtung - пользуются небольшим уважением

8. politisch instrumentalisiert - быть политически настроенным

werden

9. … das Missfallen des Präsidenten - …не понравились президенту

erregt haben

10. Kriminalitätserleben n - восприятие преступности

11. tarifmäßig - зд.: в установленном (кем-то)

размере

12. Bestechungsgelder pl - взятки

13. nimmt oft unmenschliche Züge an - имеет нечеловеческий характер

14. Ansätze pl - шаги (в направлении)

15. soll … vorgegangen werden - … как утверждают, будут бороться

16. impliziert …doch - ведь … включает в себя

17. reffektiv - вдвойне эффективный

18. die Akzente legen - делать упор

Übungen

2. Sammeln Sie in Einzelarbeit Vokabeln und Passagen aus dem Text, die den Begriff “Rechtsstaatlichkeit“ beschreiben.

Tragen Sie diese dann im Unterricht an der Tafel zusammen.

3. Besprechen Sie mit einem Partner / einer Partnerin die folgenden Textpassagen und erklären Sie diese schriftlich auf Deutsch:

- Noch immer dominieren autoritär-hierarchische Regelungsmuster in Politik und Verwaltung

- eine gewaltige Zahl von unübersichtlichen, unklaren, widersprüchlichen, z. T. veralteten Rechtsnormen verhindert Rechtssicherheit

- Staatsanwaltschaft und allgemeine Polizei (milicija) werden teilweise politisch instrumentalisiert

- die fast tarifmäßig geregelten Bestechungsgelder

- er ist im Staat, bei der Machtelite wie bei vielen Bürgern leider tief verwurzelt

- der Slogan von der „Diktatur des Gesetzes“

- eine grundlegende Umstrukturierung der Justiz

4. Sprechen Sie über die Rechtsstaatsprinzipien. Was können Sie über ihre Einhaltung in Russland sagen?

5. Eine gewaltige Zahl von z. T. veralteten Rechtsnormen (so der Text) erlaubt Willkür durch die Behörden und die Polizei. Auf welche Weise kann solche Lage beseitigt werden?

6. Die Bestechlichkeit der Miliz und der anderen Justizorgane. Wie kann das nebeneinander bestehen? Liegt der Grund nur noch in der schlechten Belohnung der Leute? Oder ist hier auch der Mangel an demokratischer Rechtskultur schuld? Sprechen Sie über das Problem der Bestechungsgelder.

7. Um welche Ansätze zur Verbesserung der Rechtskultur geht es im Text?

8.Referieren Sie über den Rechtspositivismus im heutigen Russland.

Gespräch

(Interview mit dem Rektor der Staatlichen Juristischen Akademie des Ural in Jekaterinburg Doktor der Jura Professor Viktor Dmitrijewitsch Perewalow)

1. Lesen Sie das folgende Interview. Notieren Sie sich die Hauptgedanken des Interviews. Geben Sie den Inhalt des Interviews in deutscher Sprache wieder.