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19. Beschreiben sie die spezifik der Kritik der wilchelmissches reiches im roman „der Untertan“ von Heinrich Mann

Der Untertan ist ein Roman von Heinrich Mann. Das Manuskript wurde einen Monat vor Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 abgeschlossen. Bereits 1912 wurde im Simplicissimus Heft 5 S. 55 bis 57 und 63 ein Auszug unter dem Titel Die Neuteutonen abgedruckt. Der Roman erschien von Januar 1914 bis kurz nach Kriegsbeginn als Vorabdruck in Fortsetzungen in der Zeitschrift Zeit im Bild und als Buchausgabe erst 1918 bei Kurt Wolff (Einbandgestaltung: Emil Preetorius) in Leipzig; nach seiner Veröffentlichung kam es zu heftigen Kontroversen.

Der Roman erzählt von Diederich Heßling als Beispiel für einen bestimmten Typ Mensch in der Gesellschaft des deutschen Kaiserreichs. Heßling ist obrigkeitshörig, feige und ohne Zivilcourage. Er ist ein Mitläufer und Konformist. Heinrich Mann erzählt mit ironischer Distanz Heßlings Lebensgeschichte von dessen Kindheit bis hin zur Sicherung seiner Stellung in der wilhelminischen Gesellschaft. Er wird dargestellt als unsicherer junger Mann, Student, Mitglied einer schlagenden Studentenverbindung, Stammtischagitator, Fabrikbesitzer, Kontrahent des Proletariats, Beherrscher der Familie, lokalpolitischer Intrigant und Verehrer des deutschen Kaisers Wilhelm II. An eine Kette solcher Episoden, denen Zitate aus Kaiserreden als Leitfaden dienen, wird Heßlings Aufstieg zu Einfluss und Macht dargestellt, wobei sich seine Persönlichkeit einerseits als Tyrann gegen Schwächere auslebt, andererseits als Untertan, der sich freudig höheren politischen Gewalten unterordnet.

Heßling identifiziert sich mit den Weltmachtambitionen der radikalen Nationalisten, die den kommenden Weltkrieg herbeiwünschen. Bei der Einweihung eines kaiserlichen Denkmals, in der sich Heßling selbst als Bürger der Zeit beschreibt, wird die Ordnung durch ein apokalyptisch anmutendes Gewitter aufgelöst. Als kritischen Gegensatz zu Heßling lässt Heinrich Mann als Darstellung des verkümmernden Liberalismus den Vater eines Freundes, den 1848er-Revolutionär Buck, im Angesicht Heßlings sterben.

Vieles geht in diesem vorahnenden Roman über den Alltag des Wilhelminischen Reiches hinaus. Heßlings wollüstiges Erschauern, als ein unbewaffneter Arbeiter fast grundlos von einem Soldaten erschossen wird, gehört zu den Extremfällen. Man wird es 1912 für überspitzt gehalten haben, jemanden dadurch zu charakterisieren, daß man ihn nach einer solchen Gewalttat „schnaufend von innerer Bewegung“ ausrufen ließ: „Für mich hat der Vorgang etwas direkt Großartiges, sozusagen Majestätisches. Daß da einer der frech wird, einfach abgeschossen werden kann, ohne Urteil, auf der Straße! Bedenken Sie: mitten in unserem bürgerlichen Stumpfsinn kommt so was Heroisches vor! Da sieht man doch, was Macht heißt!“ Zur Gewohnheit wurde solche Gesinnung erst rund drei Jahrzehnte später.

Bei dem von Karrieristen und Geschäftemachern provozierten Majestätsbeleidigungsprozeß, Kernstück der Handlung, in dem Heßling als Hauptbelastungszeuge hervortritt, bezeichnet der skeptische, liberale Rechtsanwalt Buck den forschen, deutsch völkischen Untertanen, der sich zu einer Hauptgefahr für Deutschland und die Welt auswächst: „ ,Wie er’, sagte Buck, ‚waren zu jener Zeit viele Tausende, die ihr Geschäft versahen und eine politische Meinung hatten. Was hinzukommt und ihn zu einem neuen Typus macht, ist einzig die Geste: das Prahlerische des Auftretens, die Kampfstimmung einer vorgeblichen Persönlichkeit, das Wirkenwollen um jeden Preis, wäre er auch von anderen zu bezählen. Die Andersdenkenden sollen Feinde der Nation heißen und wären sie zwei Drittel der Nation

Die Untertanen, die stets ihre nationale Gesinnung hochspielen, halten Reden wie „Kreuzritter“. Damals hieß der „Erbfeind“ Frankreich, und Deutschland war das machtvolle Bollwerk gegen die von Westen andringende „Schlammflut der Demokratie“. Vorzeichen und „Erbfeinde“ konnten im Bedarfsfalle mühelos ausgewechselt werden. Der gleichgeschaltete Untertan war leicht umzuschalten. Seine Substanz blieb erhalten: „Die Verehrung der Macht.“ Der profitable Gehorsam; die karrierefördernde Gesinnung, das prämierte Denunziantentum.

Das Gespür Heinrich Manns für die Untertanenmentalität ist erstaunlich. Manches reicht auf nicht voraussehbare Weise in unsere Tage hinein – und zwar auch bezogen auf die andere Seite, wo die Macht sich verabsolutiert hat. Man liest mit Erschrecken den Satz: „Dann kann es geschehen, daß über das Land sich ein neuer Typus verbreitet, der in Härte und Unterdrückung nicht den traurigen Durchgang zu menschlicheren Zuständen sieht, sondern den Sinn des Lebens selbst...“ Der Untertan und der Parteifunktionär als Geschwister. Beider Hauptfeind ist die Aufklärung, der Freisinn. Im Roman ist der Feind verkörpert in der „beleidigenden Menschlichkeit“ des alten Buck (dem Vater des schwächlichen liberalen Anwalts). Der Alte, ganz XIX. Jahrhundert, war Vorkämpfer der bürgerlichen Revolution von 1848. Er zehrt von dem Ruhm, damals zum Tode verurteilt worden zu sein. Seine Generation steht dem Untertanen noch im Wege. Für Heßling war er: „der Antipode; da gab es nur eins: zerschmettern!“. Mit dem Sieg des Untertanen dankt das Zeitalter der Aufklärung ab.