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Lehrwerk 5. Studienjahr neu 12.02.13.doc
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1.13. Welche der Aussagen über die Deutschen hat Ihnen besonders gefallen und welche nicht? Warum möchten Sie keine Deutsche/ keinen Deutschen in der Verwandtschaft haben?

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1. Des Nachbars schöne Seiten

    1. Was könnte im Text mit diesem Titel stehen? Vermuten Sie.

1.2. Lesen Sie den Text durch und sagen Sie, ob Ihre Vermutungen richtig sind.

Des Nachbars schöne Seiten

ELF GRÜNDE UM DEUTSCHLAND ZU MÖGEN

„Deutschland, wer möchte da schon leben?”, dachte sich Philippe Remarque, als er im Januar 1999 nach Berlin kam. Über fünf Jahre berichtete der Journalist als Korrespondent für die niederländische Tageszeitung „De Volkskrant" aus der deutschen Hauptstadt – und änderte seine Meinung gründlich. Als er 2004 zurückmusste, wäre er am liebsten geblieben.

Als ich mich vor sechs Jahren aufmachte, um nach Berlin umzuziehen, hatten einige Niederländer Mitleid mit mir: „muss das wirklich sein?", „Dann musst du ja zwischen den Deutschen leben!" oder „Hatten die nichts Schöneres für dich?" bekam ich immer wieder zu hören. Vielen Dank für die Anteilnahme, aber es war halb so schlimm. Im Gegenteil: Die Zeit in Deutschland war sehr angenehm. Hatte ich anfangs noch gezögert, ertappte ich mich später dabei, wie ich mir mit meiner Frau vorstellte, dass wir durch einen unvorhergesehenen Zufall den Rest unseres Lebens hier verbringen müssten. Wir hielten das für keine schlechte Idee. Was man von niederländischen Emigranten in Berlin übrigens häufig hört. Dennoch sind für viele die schönen Seiten Deutschlands noch immer ein wohl behütetes Geheimnis – das muss nicht so bleiben. Schließlich wäre es ungerecht, all jene, die noch nie dort waren, nicht einzuweihen. Darum gebe ich hier elf Beispiele, warum das Leben in Deutschland so angenehm ist.

1. MENSCHEN Um schon vorab die größte Sorge vieler Ausländer vorwegzunehmen. Die Deutschen sind im Allgemeinen sehr, sehr nett, sie haben schon seit 60 Jahren kein Nachbarland mehr überfallen und man kann mit ihnen sogar lachen! Sie sind den Niederländern sehr ähnlich. Was kein Zufall ist, schließlich haben wir die gleichen Wurzeln. Zugegeben, die männlichen Vertreter in einem gewissen Alter führen sich manchmal etwas pedantisch auf. Auch wird Sie ein Deutscher nicht sofort in sein Haus schleppen und dazu zwingen, einen Liter Wodka mit ihm zu trinken. Aber zumindest ein Niederländer sollte mit der Reserviertheit der Nordeuropäer umgehen können – schließlich ist er selbst einer.

2. HÖFLICHKEIT Wie oft habe ich Gäste sagen hören, die mit dem Zug von Amsterdam nach Berlin gereist waren: „Mein Gott, was sind die Deutschen freundlich.“ Dieses Erstaunen drückt etwas über die Vorurteile in den Niederlanden, aber auch etwas über Deutschland aus. Nach der Housemusik aus dem Autoradio und dem endlosen Gejammer des Taxifahrers zu Hause ist die Fahrt im Berliner Taxi eine Erleichterung. Das Auto kommt immer innerhalb von drei Minuten, der Fahrer hält höflich die Tür auf, auf dem Armaturenbrett liegt „Die Zeit“, aus den Lautsprechern klingt dezente klassische Musik. Und die Fahrt ist vergleichsweise preisgünstig. Auch in den deutschen Zügen sind die Schaffner höflich, freundlich und nie aufdringlich. Und wo wir schon mal davon reden: Wussten Sie schon, dass die Deutsche Bahn auch dann noch pünktlich fährt, wenn Herbstblätter auf den Schienen liegen?

3. INTELLEKTUELLE DEBATTE Es muss nur jemand laut sagen, dass er stolz auf Deutschland ist, und schon bricht in den Zeitungen die soundsovielte Debatte los. Natürlich lässt sich über die deutsche Neigung spotten, immer über das schwierige Vaterland zu grübeln. Aber wie scharf können die deutschen Intellektuellen denken und formulieren! Und wie schön schlagen sie sich gegenseitig rhetorisch die Schädel ein! Auch im Bundestag wird hart attackiert. Ab und zu schüttelt man wegen der extremen Formu­lierungen besorgt den Kopf, aber der Debatte tut es gut.

4. BRÖTCHEN & ZEITUNGEN Während sich ein Niederländer schon mal morgens mit dem geschnittenen Brot vom Vortag bestraft, beginnt der Tag in Deutschland mit frischen weißen Brötchen. Die Bäckereien duften herrlich, da immer wieder neue Backbleche mit Brötchen in den Ofen geschoben werden. Und dann geht man mit der warmen Tüte (offen, sonst werden die Brötchen weich!) mal kurz zum Kiosk, um die Zeitung zu holen. In den Niederlanden liegt die Zeitung auf der Türmatte. Was natürlich bequemer ist, aber man kommt nicht aus dem Haus. Der morgendliche Gang von Hunderttausenden zur Bäckerei und zum Kiosk trägt dagegen zum urbanen Lebensgefühl bei.

5. MEDIEN Deutschlandfunk: Keine Stimme ist so beruhigend, sonor und doch so freundlich wie diese zu jeder halben Stunde. Sie verspricht eine wohltuende, gut informierte Neutralität - und die liefert sie auch. Ruhig, mit Niveau und ohne bombastisches Wortgeklingel oder auch nur eine Sekunde Werbung meldet und beleuchtet der Deutschlandfunk die Nachrichten aus aller Welt. Die deutschen Regionalsender sind ebenso solide. Zwar zahlen die Deutschen etwas mehr Rundfunkgebühren, aber sie bekommen auch etwas dafür. Niederländer müssen sogar beim Frühstücksfernsehen zehn Minuten Werbung erdulden. Die niederländischen Rundfunkmacher glauben wohl, dass die Zuschauer ohne viel Lärm, pseudo-witzige Kommentare der Sprecher und Reportagen über einen Fahrradschlosser in Ommen, der sein Jubiläum feiert, den Nachrichten nicht gewachsen sind. Auch die deutschen Zeitungen bieten hohe Qualität. Sie sehen zwar langweilig aus und präsentieren auf den Titelseiten nur Politikthemen. Aber die deutschen Journalisten schreiben hervorragend.

6. KINDERKRIPPEN Ich sage gleich, dass dies nur auf Berlin zutrifft, denn im Süden Deutschlands ist die Kinderbetreuung oft weniger ideal geregelt. In Berlin können Eltern ihr Kind aber ab einem Alter von sechs Wochen in die Krippe geben. Obwohl nur relativ wenige Mütter und Väter von dem Angebot Gebrauch machen, ihr Kind so früh abzugeben, da in Deutschland auch die Regelungen für die Elternzeit ausgezeichnet sind. Aber in der Krippe ist es völlig normal, dass Mädchen und Jungen ab einem Alter von ungefähr einem Jahr bis zum Nachmittag mit ihren Altersgenossen spielen, behütet von sehr netten Damen. Eine warme Mahlzeit mit viel Soße ist dabei inbegriffen. Die Vollzeitbetreuung für zwei Kinder kostete mir 250 Euro monatlich. Niederländische Eltern sind immer vollkommen überrascht, wenn sie das hören. Denn die Niederlande geben zwar Geld für die Emanzipation der Frauen aus, aber die Kinderkrippen sind oft so teuer, dass die Eltern auf das Angebot lieber verzichten.

7. ALLES IST GROß Als einer der „55 Gründe, weshalb die niederländische Mannschaft heute Abend gegen uns verlieren wird“ gab die „Bild“-Zeitung 2003 vor einem Fußball-Länderspiel an: „Weil eure Häuser schmaler sind als unsere Kleiderschränke.“ Die Niederländer können daran selbstverständlich wenig ändern. Aber es ist schon wirklich ein Genuss, in Berlin zu wohnen, wo die Mauern der Häuser dick und die Straßen breit sind. Wie viel Platz dieses Land doch hat! Und von welch gediegener Qualität sind die Dinge! Wobei man es bei dem bleischweren Kinderwagen der Marke „Teutonia“ damit vielleicht etwas übertrieben hat. Aber die Häuser im Berliner Stadtteil Charlottenburg kann ich von ganzem Herzen empfehlen. Sie haben Zimmer so groß wie Ballsäle, Flügeltüren, und 3,60 Meter hohe Stuckdecken. Die Deutschen wussten schon 1907, als diese Häuser für gut betuchte Bürger gebaut wurden, dass ein Mensch Platz zum Atmen braucht.

8. ORDNUNG Ich weiß, es ist ein heikler Punkt: Es gibt ihn wirklich, den deutschen Fußgänger, der lange vor der roten Ampel wartet, obwohl weit und breit kein anderer Verkehrsteilnehmer zu sehen ist. Und er kritisiert auch noch lauthals Menschen, die gegen die Regeln verstoßen und trotz Rot über die Ampel gehen. Es ist eine Angewohnheit, die in Deutschland leider stark verbreitet ist. Ordnung hat jedoch auch große Vorteile. All meinen niederländischen Gästen fiel auf, wie sauber die Straßen hier sind. Die Deutschen legen Wert auf die Erhaltung und Pflege von öffentlichen Einrichtungen, und es wird auch relativ wenig demoliert. Jahrelang habe ich mein Fahrrad, nur mit einem kleinen Ringschloss gesichert, abgestellt. Und selbst das habe ich ab und zu vergessen. Gestohlen wurde es jedoch nicht. Das ist nicht ganz unerheblich für die Lebensqualität! Selbst in der Millionenstadt Berlin muss man fast vor nichts Angst haben. Wer mit dem Zug nachts um 0.30 Uhr am Bahnhof Zoo ankommt und einige Tage später am Hauptbahnhof in Amsterdam, weiß, was ich meine.

9. DEUTLICHKEIT Die Deutschen mögen klare Strukturen: Regeln sind Regeln, der Lehrer wird gesiezt und ein Untergebener tut, was sein Chef ihm sagt. „Pfui Teufel“, denken Sie jetzt. Tatsächlich erschreckt man als Niederländer manchmal, wie unflexibel an Regeln festgehalten wird. Darüber hinaus drohen Deutsche beim kleinsten Konflikt mit einer Klage oder einem Rechtsanwalt. Aber versetzen Sie sich umgekehrt mal in einen Deutschen, der in einem niederländischen Unternehmen landet. Der Chef dort heißt Jasper, trägt keine Krawatte und sagt während einer der endlosen Meetings: „Vielleicht müssen wir das doch noch mal überdenken.“ Der Deutsche versteht nicht, dass das Projekt damit erledigt ist. Auch die Niederlande besitzen eine Hierarchie, aber die wird versteckt, da wir keine Wichtigtuerei mögen. Aber was ist ehrlicher? Und sind wir denn so zufrieden mit dem Ergebnis unserer „Duldungskultur“? Auch wenn dies nicht der einzige Grund ist, warum es den Ausländern in Deutschland so viel besser geht als in den Niederlanden – die deutsche Klarheit und Ordnung tragen gewiss hierzu bei.

10. GESUNDHEITSWESEN Man kann den Hausarzt belächeln, der alle sechs Monate vorschlägt, sicherheitshalber die Exkremente gründlich zu untersuchen. Oder die Mutter die nach einem gewiss nicht ernsthaften Sturz ihrer Tochter vom Klettergerüst den Krankenwagen vorfahren lässt. Kein Wunder dass das deutsche Gesundheitswesen jetzt abspecken muss. Aber wie sorglos ist man hier als Patient! Mit Routineuntersuchungen werden Krankheiten ausgeschlossen, die man nicht mal kannte. Die Operation kann übermorgen erfolgen und der MRI-Scan noch heute Nachmittag. Sie werden wohl verstehen, dass ich mich noch schnell vollständig untersuchen ließ, bevor ich wieder auf der niederländischen Warteliste landete.

11. KEIN NATIONALISMUS Ein Deutscher würde sein eigenes Land nie so sehr loben wie ich es jetzt getan habe. Das rührt natürlich daher, dass die damals noch junge deutsche Nation dem Nationalismus zum Opfer gefallen ist, mit den bekannten Folgen. Es gibt kein Land, das seine eigenen Übeltaten so gnadenlos verarbeitet – fast genauso gründlich, wie sie begangen wurden. Die kritische Haltung dem eigenen Land gegenüber grenzt schon an Depression Doch den in den Niederlanden so bekannten Spruch „Bei uns ist alles besser“ habe ich in Deutschland noch nie gehört.

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