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Remarque, Erich-Maria - Liebe Deinen Nchsten

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08.06.2015
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»DureistabwiedieFraueinesäußersterfolgreichenGeschäftsmannes«,erklärte Kern stolz.

»Geschäftsleute schenken keine Blumen,Ludwig.« »Doch,die jüngste Generation tut es wieder.«

ErlegteihrenKo erunddasKuchenpaketindasGepäcknetz. Siestiegmitihmaus.AufdemBahnhofnahmsieseinenKopfin die Hände und sah ihn ernst an.»Es war gut,daß du da warst.« Sie küßte ihn. »Und nun geh. Geh fort, während ich einsteige. Ich will jetzt nicht wieder weinen.Sonst glaubst du,ich könnte gar nichts anderes.Geh …«

Er blieb stehen.»Ich fürchte mich nicht vor einemAbschied«, sagte er. »Ich habe schon viele mitgemacht. Dies ist kein Abschied.«

Der Zug fuhr an.Ruth winkte.Kern blieb stehen,bis der Zug nicht mehr zu sehen war.Dann ging er zurück.Er hatte das Gefühl,die ganze Stadt wäre ausgestorben.

Vor dem Eingang des Hotels traf er Rabe. »Guten Abend«, sagte er, zog die Zigarettenschachtel heraus und hielt sie ihm hin. Rabe fuhr zurück und hob den Arm, als wollte er sich vor einem Schlage schützen. Kern blickte ihn erstaunt an. »VerzeihenSie«,sagteRabesehrverlegen.»Dasistnochsoeine…eine unwillkürliche Bewegung …«

Er nahm eine Zigarette.

STEINERWARSEITvierzehnTagenKellnerinderGastwirtschaft »Zum Grünen Baum«.Es war spät nachts.DerWirt schlief seit zwei Stunden,und nur noch ein paar Gäste saßen herum.

Steiner ließ die Läden herunter.»Feierabend!« sagte er. »Trinken wir noch einen,Johann«,erwiderte einer der Gäste, ein Tischlermeister mit einem Gesicht wie eine Gurke. »Gut«,erwiderte Steiner.»Mikolasch?«

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»Nein,keinen Ungarischen mehr.Fangen wir jetzt mit einem guten Zwetschgenwasser an.«

Steiner brachte die Flasche und die Gläser.»Trink einen mit«, sagte der Tischlermeister.

»Heute nicht. Entweder nichts mehr, oder ich müßte mich besaufen.«

»Dannbesaufdich.«DerTischlermeisterriebseineGurke.»Ich besaufe mich auch! Stell dir vor: Die dritte Tochter! Kommt da heute morgen die Hebamme heraus und sagt: Gratuliere, Herr Blau,diedrittegesundeTochter!‹Undichhab’mirgedacht,diesmal wird’s bestimmt ein Bub! Drei Mädchen und kein Stammhalter! Ist das nicht zumWahnsinnigwerden? Ist das nicht zum Wahnsinnigwerden,Johann?DubistdocheinMensch,dumußt das doch verstehen!«

»Na und wie«,sagte Steiner.»Nehmen wir größere Gläser?« Der Tischlermeister schlug mit der Faust auf den Tisch. »Verflucht noch einmal,da hast du verdammt recht! Das ist es! Größere Gläser, das ist eine Idee! Daß ich darauf noch nicht gekommen bin!«

SienahmengrößereGläserundtrankeneineStundelang.Dann verwechseltederTischlermeisterallesundbeschwertesichdarüber,daßseineFraudreiJungengeborenhätte.MitMühezahlte er und schwankte mit seinen Kumpanen hinaus.

Steiner räumte ab. Er schenkte sich noch ein Wasserglas voll Zwetschengeist ein und trank es aus. Sein Kopf dröhnte. Er setzte sich an den Tisch und brütete vor sich hin. Dann stand er auf und ging in seine Kammer.Er kramte aus seinen Sachen eineFotografieseinerFrauhervorundsahsielangean.Erhatte nie etwas von ihr gehört.Er hatte ihr auch nie geschrieben,weil er annahm,ihre Post würde überwacht.Er glaubte,daß sie sich hatte scheiden lassen.

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»Verdammt!«Erstandauf.»Vielleichtlebtsielängstmiteinem andernundhatmichvergessen!«ErrißmiteinemRuckdieFotografie durch und warf sie zu Boden. »Ich muß auch da ’raus! Esmachtmichsonstkaputt.IchbineinMann,deralleinlebt,ich bin Johann Huber und nicht mehr Steiner,fertig!«

Er trank noch ein Glas, dann schloß er ab und ging auf die Straße.InderNähedesRingssprachihneinMädchenan.»Gehst du mit mir,Schatz?«

»Ja.«

Sie gingen nebeneinander her. Das Mädchen betrachtete Steiner forschend von der Seite.»Du hast mich ja nicht einmal angesehen.«

»Doch«,erwiderte Steiner,ohne den Blick zu heben. »Ich glaube nicht.Gefall’ich dir?«

»Ja,du gefällst mir.«

»Das geht ja schnell bei dir.« »Ja«,sagte er,»das geht schnell.«

SieschobihrenArmunterseinen.»Wasschenkstdumirdenn, Schatz?«

»Ich weiß nicht.Was willst du haben?« »Bleibst du die ganze Nacht?« »Nein.«

»Wie wäre es mit zwanzig Schilling?«

»Zehn.Ich bin ein Kellner,der nicht viel verdient.« »Du siehst nicht aus wie ein Kellner.«

»Es gibt auch Leute,die sehn nicht aus wie Staatspräsidenten und sind es doch.«

DasMädchenlachte.»Dubistlustig.IchmaglustigeLeutegern. Alsozehn,meinetwegen.IchhabeeinschönesZimmer.Paßauf, ich werde dich glücklich machen.«

»So?« sagte Steiner.

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DasZimmerwareinerotePlüschbudemitNippesfigurenund DeckchenüberTischenundSesseln.AufdemSofasaßeineReihe von Teddybären, Fastnachtspuppen und Sto a en. Über dem Sofa hing die vergrößerte Fotografie eines Feldwebels in voller Uniform mit glotzendem Blick und gewichstem Schnurrbart. »Ist das dein Mann?« fragte Steiner.

»Nein,der Selige von derAlten.«

»Die ist wohl froh,daß sie ihn los ist,was?«

»Hast du eineAhnung!« Das Mädchen nestelte sich die Bluse los.»Dieheultihmheutenochnach,sofabelhaftsollergewesen sein.Stramm,weißt du?«

»Weshalb hängt sie ihn denn dann hier zu dir herein?«

»Sie hat bei sich noch ein anderes Bild von ihm. Größer und bunt.NatürlichnurdieUniformbunt,verstehstdu?Komm,mach mir die Hafteln hinten auf!«

Steiner spürte feste Schultern unter seinen Händen. Er hatte das nicht erwartet. Er wußte aus seiner Militärzeit, wie Huren sich anfühlten – immer etwas zu weich und grau.

Das Mädchen warf die Bluse auf das Sofa. Die Brüste waren voll und fest. Sie paßten zu den kräftigen Schultern und dem Hals.»Setz dich,Schatz«,sagte sie.»Mach dir’s bequem.Kellner und unsereins haben immer müde Füße.«

Sie streifte den Rock ab

»Verdammt«,sagte Steiner,»du bist ja schön!«

»Dashatmirschonmanchergesagt.«DasMädchenlegteseinen Rock sorgfältig zusammen.»Wenn’s dich nicht stört …« »Doch,es stört mich.«

Sie wandte sich halb um. »Du machst Witze … bist halt ein lustiger Patron!«

Steiner sah sie an.

»Was siehst du mich denn so an?« sagte das Mädchen.»Man

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könntesichjavordirfurchten.Jesus,wieeinMesserstecher!Hast lange keine Frau gehabt,was?«

»Wie heißt du?« fragte Steiner.

»Duwirstlachen…Elvira.WarsoeineIdeevonmeinerMutter. Die hat immer hoch hinaus wollen.Komm ins Bett.«

»Nein«,sagte Steiner,»laß uns noch was trinken.« »Hast du Geld?« fragte sie rasch.

Steiner nickte. Elvira ging nackt und unbekümmert zur Tür. »Frau Poschnigg!« schrie sie.»Was zu trinken.«

DieWirtin erschien so schnell,als hätte sie hinter der Tür gelauscht.Siewarrund,inschwarzenSamtgepreßtundhatterote Backen und glänzende Kugelaugen. »Wir hätten einen Champagner«,sagte sie dienstfertig,»wie Zucker!«

»Schnaps«, erwiderte Steiner, ohne sie anzusehen. »Zwetschgenwasser,Kirsch,Enzian,ganz egal.«

Die beiden Frauen wechselten einen Blick. »Kirsch«, sagte Elvira. »Von dem guten auf dem obersten Brett. Kostet zehn Schilling,Schatz.«

Steiner gab ihr das Geld. »Wo hast du die Haut her?« fragte er.

»KeinWimmerl,was?«Elviradrehtesichvorihmhinundher. »Das findest du nur bei Rothaarigen.«

»Ja«,sagte Steiner,»das habe ich vorhin nicht gesehen,daß du rote Haare hast.«

»Das kommt vom Hut,Liebling.« Elvira nahm derWirtin die Flasche ab.»Trinken Sie einen mit,Frau Poschnigg?«

»Wenn ich darf?« Die Wirtin setzte sich. »Gut haben Sie’s, Fräulein Elvira!« Sie seufzte. »Unsereins, eine arme Witwe … immer einsam …«

Die armeWitwe kippte das Glas hinunter und goß sich sofort neu ein.»Gesundheit,fescher Herr!«

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Sie erhob sich und blitzte Steiner kokett an. »Alsdann besten Dank! Und vielVergnügen.«

»Bei der hast du Chancen,Schatz«,erklärte Elvira.

»Gib mir mal dasWasserglas da her«,sagte Steiner.Er goß es voll und trank es aus.

»Jesus!« Elvira blickte ihn besorgt an. »Du wirst doch nichts kaputtschlagen,Liebling?DieWohnungistkostbar,verstehstdu? So was ist teuer,Schatzi!«

»Setz dich hierher«,sagte Steiner.»Neben mich.«

»Wir hätten lieber ’rausfahren sollen. In den Prater oder in denWald.«

Steiner hob den Kopf. Er spürte den Kirsch mit weichem Hämmern hinter seiner Stirn gegen die Augäpfel schlagen. »In denWald?« fragte er.

»Ja,in denWald.Oder in ein Kornfeld,jetzt im Sommer.« »Ein Kornfeld – im Sommer? Wie kommst du auf ein Kornfeld?«

»Wie man eben so drauf kommt«,plapperte Elvira eifrig und besorgt.»WeilhaltSommerist,Schatz!Dagehtmangerninein Kornfeld,weißt du?«

»VersteckdieFlaschenicht,ichhau’dirdeineBudenichtkaputt. Ein Kornfeld sagst du …im Sommer?«

»Natürlich im Sommer,Schatz,imWinter ist’s ja kalt.« Steiner goß sein Glas voll.»Verdammt,wie du riechst …« »Rothaarige riechen alle ähnlich,Schatzi.«

Die Hämmer hämmerten schneller. Das Zimmer schwankte. »Ein Kornfeld …« sagte Steiner langsam und schwer,»und der Wind nachts …«

»Ist das dein Mann?« fragte Steiner. »Nein,der Selige von derAlten.«

»Die ist wohl froh,daß sie ihn los ist,was?«

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»Hast du eineAhnung!« Das Mädchen nestelte sich die Bluse los.»Dieheultihmheutenochnach,sofabelhaftsollergewesen sein.Stramm,weißt du?«

»Weshalb hängt sie ihn denn dann hier zu dir herein?«

»Sie hat bei sich noch ein anderes Bild von ihm. Größer und bunt.NatürlichnurdieUniformbunt,verstehstdu?Komm,mach mir die Hafteln hinten auf!«

Steiner spürte feste Schultern unter seinen Händen. Er hatte das nicht erwartet. Er wußte aus seiner Militärzeit, wie Huren sich anfühlten – immer etwas zu weich und grau.

Das Mädchen warf die Bluse auf das Sofa. Die Brüste waren voll und fest. Sie paßten zu den kräftigen Schultern und dem Hals.»Setz dich,Schatz«,sagte sie.»Mach dir’s bequem.Kellner und unsereins haben immer müde Füße.«

Sie streifte den Rock ab

»Verdammt«,sagte Steiner,»du bist ja schön!«

»Dashatmirschonmanchergesagt.«DasMädchenlegteseinen Rock sorgfältig zusammen.»Wenn’s dich nicht stört …« »Doch,es stört mich.«

Sie wandte sich halb um. »Du machst Witze … bist halt ein lustiger Patron!« – Steiner sah sie an.

»Was siehst du mich denn so an?« sagte das Mädchen.»Man könntesichjavordirfurchten.Jesus,wieeinMesserstecher!Hast lange keine Frau gehabt,was?«

»Wie heißt du?« fragte Steiner.

»Duwirstlachen…Elvira.WarsoeineIdeevonmeinerMutter. Die hat immer hoch hinaus wollen.Komm ins Bett.«

»Nein«,sagte Steiner,»laß uns noch was trinken.« »Hast du Geld?« fragte sie rasch.

Steiner nickte. Elvira ging nackt und unbekümmert zur Tür. »Frau Poschnigg!« schrie sie.»Was zu trinken.«

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DieWirtin erschien so schnell,als hätte sie hinter der Tür gelauscht.Siewarrund,inschwarzenSamtgepreßtundhatterote Backen und glänzende Kugelaugen. »Wir hätten einen Champagner«,sagte sie dienstfertig,»wie Zucker!«

»Schnaps«, erwiderte Steiner, ohne sie anzusehen. »Zwetschgenwasser,Kirsch,Enzian,ganz egal.«

Die beiden Frauen wechselten einen Blick. »Kirsch«, sagte Elvira. »Von dem guten auf dem obersten Brett. Kostet zehn Schilling,Schatz.«

Steiner gab ihr das Geld. »Wo hast du die Haut her?« fragte er.

»KeinWimmerl,was?«Elviradrehtesichvorihmhinundher. »Das findest du nur bei Rothaarigen.«

»Ja«,sagte Steiner,»das habe ich vorhin nicht gesehen,daß du rote Haare hast.«

»Das kommt vom Hut,Liebling.« Elvira nahm derWirtin die Flasche ab.»Trinken Sie einen mit,Frau Poschnigg?«

»Wenn ich darf?« Die Wirtin setzte sich. »Gut haben Sie’s, Fräulein Elvira!« Sie seufzte. »Unsereins, eine arme Witwe … immer einsam …«

Die armeWitwe kippte das Glas hinunter und goß sich sofort neu ein.»Gesundheit,fescher Herr!«

Sie erhob sich und blitzte Steiner kokett an. »Alsdann besten Dank! Und vielVergnügen.«

»Bei der hast du Chancen,Schatz«,erklärte Elvira.

»Gib mir mal dasWasserglas da her«,sagte Steiner.Er goß es voll und trank es aus.

»Jesus!« Elvira blickte ihn besorgt an. »Du wirst doch nichts kaputtschlagen,Liebling?DieWohnungistkostbar,verstehstdu? So was ist teuer,Schatzi!«

»Setz dich hierher«,sagte Steiner.»Neben mich.«

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»Wir hätten lieber ’rausfahren sollen. In den Prater oder in denWald.«

Steiner hob den Kopf. Er spürte den Kirsch mit weichem Hämmern hinter seiner Stirn gegen die Augäpfel schlagen. »In denWald?« fragte er.

»Ja,in denWald.Oder in ein Kornfeld,jetzt im Sommer.« »Ein Kornfeld – im Sommer? Wie kommst du auf ein Kornfeld?«

»Wie man eben so drauf kommt«,plapperte Elvira eifrig und besorgt.»WeilhaltSommerist,Schatz!Dagehtmangerninein Kornfeld,weißt du?«

»VersteckdieFlaschenicht,ichhau’dirdeineBudenichtkaputt. Ein Kornfeld sagst du …im Sommer?«

»Natürlich im Sommer,Schatz,imWinter ist’s ja kalt.« Steiner goß sein Glas voll.»Verdammt,wie du riechst …« »Rothaarige riechen alle ähnlich,Schatzi.«

Die Hämmer hämmerten schneller. Das Zimmer schwankte. »Ein Kornfeld …« sagte Steiner langsam und schwer,»und der Wind nachts …«

»Komm jetzt ins Bett,Liebling,zieh dich aus …« »Mach das Fenster auf …«

»DasFensteristjao en,Schatzi.Komm,ichmach’dichglücklich!«

Steiner trank.»Warst du mal glücklich?« fragte er und starrte auf den Tisch.

»Natürlich,oft.«

»Ach,halt den Schnabel.Mach das Licht aus.« »Zieh dich doch erst aus.«

»Mach das Licht aus.«

Elviragehorchte.DasZimmerwurdedunkel.»KomminsBett, Schatz.«

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»Nein. Bett, nein. Bett ist was anderes. Verdammt! Bett, nein!«

SteinergoßmitschwankenderHandKirschwasserinseinGlas. Sein Kopf toste.Das Mädchen ging durchs Zimmer.Es kam am FenstervorbeiundbliebeinenAugenblickstehenundblicktehinaus.DasschwacheLichtderLaternenvondraußenfielüberihre dunklen Schultern.Hinter ihrem Kopf stand die Nacht.Sie hob eine Hand in ihr Haar …»Komm her«,sagte Steiner heiser.

Sie drehte sich um und kam weich und lautlos auf ihn zu.Sie kam, reif wie ein Kornfeld, dunkel und unerkennbar, mit dem Geruch und der Haut von tausend Frauen und einer … »Marie«,murmelte Steiner.

Das Mädchen lachte tief und zärtlich.»Da sieht man,wie beso en du bist,Schatz …ich heiß’doch Elvira …«

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