Добавил:
Upload Опубликованный материал нарушает ваши авторские права? Сообщите нам.
Вуз: Предмет: Файл:
Ethik.doc
Скачиваний:
9
Добавлен:
26.11.2019
Размер:
172.54 Кб
Скачать

(1) Die normative Ethik

Sie versucht, moralische Normen aufzustellen und zu begründen und ist damit zweifellos die wichtigste Disziplin. Sie untersucht Fragen wie: Was ist gut, und was ist schlecht? Welche Handlungen soll man ausführen, und welche soll man unterlassen? Welche Handlungen sind richtig, und welche sind verboten? Ist Stehlen immer etwas Schlechtes? Darf man in gewissen Situationen lügen?

Dabei werden zwei Theoriebereiche unterschieden: a) Theorie des rechten Handelns, b) Theorie des Guten (Werttheorie).

(2) Die Meta-Ethik (analytische Ethik)

Vom übergeordneten Standpunkt einer Meta-Sprache untersucht diese Fragen wie: Welche Bedeutung haben die moralischen Begriffe »gut« und »böse«? Was ist die Funktion von Moralurteilen und ethischen Normen?

(3) Die empirisch-deskriptive Ethik

Sie gehört eigentlich nicht zur Philosophie, sondern in die Kompetenz von Historikern, Soziologen und Psychologen, eventuell Ethnologen (Völkerkundlern) und Ethologen (Verhaltensforschern; moralanaloges Verhalten von Tieren!). Die beschreibende Ethik beschäftigt sich mit Fragen wie: Was hat dieser oder jener Mensch, diese oder jene Gesellschaft für Moralvorstellungen? Was ist die Auffassung der katholischen Kirche über den Tyrannenmord? Wie rechtfertigt der Islam den “Heiligen Krieg”?

Meta-Ethik und empirische Ethik untersuchen moralische Normen, stellen aber keine solchen auf. Es gab auch Philosophen (etwa des Wiener Kreises), die Ethik auf eine empirische Ethik reduzieren wollten, weil sie glaubten, dass ethische Probleme nicht wissenschaftlich behandelbar seien. Heute werden die normative sowie die Meta-Ethik sehr wohl wissenschaftlich betrieben. Es gibt sogar eine eigene Logik, mit deren Hilfe der Zusammenhang von Normen untersucht wird. Der Auffassung, dass ethische Probleme nicht wissenschaftlich untersucht werden könnten, lag die Meinung zugrunde, dass ethische Werturteile keine Aussagen seien, sondern lediglich Sätze, die einen inneren Zustand ausdrücken, nämlich Zustimmung oder Ablehnung wie “Pfui, stehlen!”.

Grundlegung (Verankerung) moralischer Normen

Da die Aufzählung moralischer Gebote willkürlich sein und endlos fortgeführt werden kann, scheint es vorteilhaft, ein oder zwei grundlegende Normen (ethische Prinzipien) anzugeben, aus denen die anderen abgeleitet werden können. Das war ja einer der Gründe, warum Kant versuchte, ein allgemeines Prinzip für moralisches Handeln aufzustellen. Bei einer solchen apriorischen Begründung der Ethik bleiben freilich konkrete Lebensbedingungen unberücksichtigt. Auch werden Normen, welche die menschliche Triebstruktur nicht berücksichtigen und den Menschen überfordern, häufig nicht eingehalten.

Für jemanden, der ungefragt eine heteronome Moral (z.B. “die 10 Gebote Gottes”) akzeptiert, stellt sich die Frage einer Begründung nicht. Doch aus der Sicht einer Ethik als Wissenschaft ist es unabdingbar, moralische Normen zu “verankern”.

Der Kognitivismus (cognitio, lat. = Erkenntnis) hält ethische Sätze für beschreibende Aussagen, die wahr oder falsch sind. Zwei Standpunkte sind unterscheidbar: der Reduktionismus und der Intuitionismus.

Der Reduktionist hält die praktischen Sätze der Ethik für verkleidete Aussagen (Sätze mit Wahrheitswert). »X ist gut« bedeutet »X bereitet Lust« (Hedonismus). »Die Handlung ist richtig« bedeutet dasselbe wie »Die Mehrheit billigt die Handlung« Der metaphysische Reduktionismus besagt z.B. »X ist gut« bedeute soviel wie »Gott befiehlt, X zu verwirklichen«.

Der Intuitionist vertritt die Meinung, moralische Prinzipien seien nur subjektiv-willkürlich und irrational, nicht objektiv-wissenschaftlich und rational zu verankern. Ethische Sätze können daher auch nicht intersubjektiv kritisiert werden. Sie sind Aussagen über moralische Fakten, die aber nur durch Intuition (Wesensschau), Evidenz (unmittelbare Einsicht) oder über das Gewissen erfasst werden können.

Wenn die kognitivistischen Positionen verworfen werden, bleibt als Alternative der Non-Kognitivismus. Danach beschreiben Normen keine Tatsachen. Sie sind keine Aussagen und daher auch nicht wahr oder falsch, sondern eher gut und zweckmäßig oder schlecht und unzweckmäßig. Ich kann nicht sinnvoll sagen “‘Du sollst nicht töten!‘ ist wahr.” Es ist dies eben kein Indikativsatz, sondern ein Imperativ, der in menschlichen Gesellschaften zweckmäßig und daher gut erscheint. Auch beim Non-Kognitivismus können zwei Positionen unterschieden werden: der Präskriptivismus und der Emotivismus. Nach ersterem haben Normen nur vorschreibende Funktion (“Du sollst nicht stehlen!”), nach letzterem sind Moralnormen lediglich Ausdruck von Gefühlen der Zustimmung oder Ablehnung (“Pfui, stehlen!”).

Seit David Hume wissen wir, dass aus Aussagen keine Normen abgeleitet werden können und daher eine logische Verankerung von Normen nicht möglich ist. Dennoch müssen (und dürfen!) moralische Normen nicht völlig willkürlich sein. Wie also können ethische Normen rational begründet werden? Nun, indem bestimmte Ziele und Basisnormen durch Übereinkunft festgesetzt werden. Diese Konventionen sind nicht beliebig, sondern stehen am Ende eines Entscheidungsprozesses. Die getroffenen (vernünftigen) Entscheidungen können aufgrund neuer Erfahrungen immer wieder in Frage gestellt und revidiert werden. Eine solche Begründung ethischer Normen ist zwar nicht logisch, aber dennoch rational. Und da somit ethische Normen Ergebnisse von Konventionen sind, ergibt sich daraus die Forderung nach Toleranz gegenüber anderen Letztzielen und daraus resultierenden Moralvorstellungen.

Wenn auch aus dem Sein des Menschen nicht - wie dies die Naturrechtslehre tut - deduziert werden kann, wie er sich verhalten soll, so können doch auf der Grundlage empirischer Erkenntnisse z.B. über die Triebstruktur des Menschen oder darüber wie höhere Tiere ihr moralanaloges Sozialverhalten regeln, indirekt Normen abgeleitet werden: Wenn dieses oder jenes Ziel erreicht werden soll, dann müssen wir uns so oder so verhalten. Beispiel: Wenn die Freiheit des einzelnen in Bezug auf seine Bedürfnisbefriedigung möglichst groß sein soll, so muss jeder sich so weit einschränken, dass die Freiheit des anderen möglichst wenig beeinträchtigt wird.

Die obersten Ziele und Normen

Da oberste Ziele und Normen einer Moral auf Übereinkunft beruhen, ist verantwortungsvolle Gewissensentscheidung nicht nur bei persönlichen moralischen Entscheidungen in bestimmten Situationen und bei der Festsetzung von Rechtsnormen notwendig, sondern schon bei der moralischen Grundsatzentscheidung in Bezug auf ethische Sätze. Die festzusetzenden obersten Ziele, die in einer Gesellschaft erreicht werden sollen, müssen von möglichst vielen Menschen akzeptiert werden können. Festzusetzende Normen dienen dazu, dieses Ziel zu erreichen.

Der österreichische Philosoph Victor Kraft, Mitglied des Wiener Kreises, hält optimale Begehrensbefriedigung und optimales Funktionieren der Gesellschaft für zwei oberste Ziele, die jeder einsichtige Mensch aufgrund seiner Triebstruktur wollen muss. In Einsicht der Zweckmäßigkeit dieser Ziele muss jeder auch erkennen, dass eine Selbstbeschränkung notwendig ist, um diese Ziele zu erreichen und auch selbst den größtmöglichen Vorteil bei der Befriedigung seiner Wünsche zu haben. Lustgewinn und Egoismus sind so mit Altruismus durchaus vereinbar. Bei der Festsetzung oberster Ziele kann man verschieden vorgehen:

Man trifft eine Mehrheitsentscheidung. Diesen Weg, den Kraft beschritten hat, ist für den österreichischen Ethiker Edgar Morscher bedenklich, weil hier eine Mehrheit Recht dekretiert. Das kann zu ungerechten Gesetzen führen. Er hält deshalb eine andere Option für günstiger:

Man frage sich, ob man das Ziel auch in jeder möglichen Rolle, die man spielen könnte, akzeptieren würde. Ein Konsens darüber ist notwendig.

Ähnlich schlägt der amerikanische Ethiker John Rawls vor, sich in einem Gedankenexperiment vorzustellen, dass wir kein Wissen über unsere eigene Position in der Gesellschaft hätten. Er nennt dies den “Schleier des Nichtwissens”. Ich tue so, als wüsste ich nicht, ob ich gesund oder krank, reich oder arm, weiblich oder männlich usw. bin und frage mich dann, ob ich dennoch eine bestimmte Norm befürworten würde. Wenn ich z.B. nicht weiß, ob ich Frau oder Mann bin, werde ich wohl für Gleichberechtigung eintreten.

Der deutsche Wissenschaftsphilosoph Franz von Kutschera schlägt ein ethisches Grundgesetz vor, das folgende Frage beantwortet: Was sollen wir tun angesichts der Tatsache, dass andere von unseren Handlungen betroffen sind? Ein sich daraus ergebendes Prinzip der Ethik könnte dann lauten: Nimm bei jeder Entscheidung Rücksicht auf die Interessen aller davon Betroffenen. Dabei muss der andere als Person und seine Menschenwürde geachtet werden. Die Überzeugung, dass alle Menschen prinzipiell die gleiche personale Würde haben, ist nicht selbstverständlich, wie Folter, Sklavenhalterei, Kinderarbeit, Frauenfeindlichkeit, Rassendiskriminierung und Fremdenhass zeigen.

Ein wesentlicher Grundsatz der Verallgemeinerung ist das Prinzip der Fairness : Es dürfen nicht nur Vorteile beansprucht und die Opfer anderen aufgebürdet werden. Vor- und Nachteile, die sich aus Vorschriften ergeben, müssen gerecht verteilt sein. Die Menschen müssen in ähnlichen Situationen gleich behandelt werden.

Gerechtigkeit und Fairness sind neben der Achtung der personalen Würde jedes Menschen (auch einer künftigen Generation!) Bausteine einer grundlegenden Theorie der Moral.

Ein Problem ist die Durchsetzbarkeit moralischer Normen in der Praxis. Es wird immer Menschen geben, denen der (oft kurzfristige) eigene Vorteil wichtiger ist als die Einhaltung von Gesetzen oder gar bloß moralischer Normen, deren Durchsetzung nicht durch Sanktionen erzwungen werden kann.

Normative Ethik

In der Normativen Ethik geht es um die Frage »Was soll ich tun, um moralisch richtig zu handeln?« Die deontologische Theorie (deon, gr. = das Gesollte, die Pflicht) oder Gesinnungsethik beurteilt eine Handlung nach der ihr zugrunde liegenden Gesinnung, die teleologische Theorie (telos, gr. = Ziel) oder Erfolgsethik nach deren Erfolg.

Vor Gericht sind beide Aspekte zu berücksichtigen, sonst wäre ja Mord von Totschlag oder gar unabsichtlicher Tötung (etwa im Straßenverkehr) nicht unterscheidbar.

Eine besondere Form der Erfolgsethik ist der Utilitarismus: Gut ist, was nützt. Wobei der Egoist nur an seinen Nutzen denkt, der Altruist aber v.a. das Wohl der anderen im Auge hat. Die Evolutionäre Ethik zeigt, dass altruistisches Handeln einem (vorausschauenden) Egoismus entspringen kann, weil der einzelne (gemäß der Goldenen Regel) erwarten darf, vom anderen in einer ähnlichen Situation auch entsprechend behandelt zu werden.

Das Gewissen

In Zusammenhang mit moralischen Wertungen ist das Phänomen des Gewissens ein vieldiskutiertes ethisches Problem.

In der theologischen Ethik ist das Gewissen häufig als “Stimme Gottes” gedeutet worden. Nach Sigmund Freud ‑ teilweise auch nach Viktor FRANKL ‑ ist das Gewissen vor allem Produkt der Erziehung und sozialen Umwelt. Im Zuge der Sozialisierung entwickelt das Kind Gewissen und Schuldbewusstsein: Verstößt es gegen die übernommenen Normen, so hat es ein schlechtes Gewissen und fühlt sich schuldig. Ein Gewissenskonflikt entsteht aus der Unvereinbarkeit zweier sittlichen Ansprüche.

Eine Gewissensentscheidung ist immer persönlich und muss aus der Sicht der Gesamtgesellschaft nicht unbedingt zu deren Wohl sein. Eine für andere schlechte Handlung wird nicht dadurch gut, dass der Handelnde von ihrer Richtigkeit überzeugt ist.

Zweifellos also ist das Gewissen der Menschen (abhängig von der jeweils gültigen Moral) historisch und soziokulturell mitbedingt. Nicht überall gelten dieselben Taten als “gut” und “böse”. Die christliche Religion verbietet den Selbstmord, während im Altertum die Stoiker für den Freitod eintraten.

Das Gewissen kann äußerst unterschiedlich ausgeprägt sein. Der eine hat ein skrupelhaftes Gewissen, der zweite ein laxes und der dritte scheinbar überhaupt keines. Er handelt “gewissenlos”. Ein Mensch, der außerhalb der Normen seiner Gesellschaft steht, hat auch keine ”Gewissensbisse”, wenn er diese Normen verletzt. Dennoch kann sich auch bei ihm das Gewissen regen, wenn er gegen die von ihm akzeptierten Normen einer Subkultur, etwa gegen die Normen der “Gano-venehre” (z.B. den Moralcodex der Mafia), verstößt.

Zu den traurigsten, aber leider unleugbaren Erfahrungen unseres Jahrhunderts gehört die Tatsache, dass das Gewissen durch Indoktrination (massive, psychologische Mittel nützende Beeinflussung einzelner oder ganzer Gruppen), entsprechenden Drill oder Drogen vernichtet werden kann.

Das Problem der Willensfreiheit

Der Begriff »Freiheit« ist vieldeutig. Wir sprechen von einer politischen, sittlichen oder psychologischen Freiheit. Letztere ist die Willensfreiheit. von der allein hier die Rede sein soll. Die Frage, ob der Wille des Menschen frei sei, lautet exakt formuliert, ob er in einer gegebenen Situation sich für jede beliebige Wahlmöglichkeit entscheiden kann oder nicht.

Der Indeterminismus behauptet, dass wir in unseren Entscheidungen (mehr oder weniger) frei sind. Freiheitsgefühl (das Gefühl, auch anders handeln zu können), die Gefühle von Verantwortung, Reue und Schuld seien ohne Willensfreiheit sinnlos. Allerdings ist das Verantwortungsgefühl eher ein Motiv für unser Handeln als das Resultat freien Wollens. Und reuige Selbstvorwürfe richten sich gegen die Umstände, die zu einer bestimmten Entscheidung geführt haben.

Argumente für einen “wohlverstandenen” Determinismus

Richtig ist zwar, dass der Indeterminismus strenggenommen nicht widerlegbar ist, da die Faktoren, die eine bestimmte Handlung determinieren, niemals vollständig aufweisbar sind. Die seelischen Prozesse sind zu komplex. Es gibt jedoch gewichtige empirische Argumente und Überlegungen, die eher für einen wohlverstandenen Determinismus sprechen, also dafür, dass wir frei nur in einem gewissen eingeschränkten Sinne handeln können:

Getrennt aufgewachsene eineiige Zwillinge zeigen verblüffend ähnliche Verhaltensweisen und Vorlieben. Vermutlich ist ein viel größerer Teil unserer Entscheidungen genetisch vorprogrammiert, als wir gemeinhin denken. Vielleicht ist unser Vertrauen in unsere Willensfreiheit auch deshalb so groß und unerschütterlich, weil uns die Begegnung mit einem erbgleichen Doppelgänger in aller Regel erspart bleibt.

Wenn das Denken untrennbar mit chemischen und physikalischen Gehirnprozessen verknüpft ist – und daran ist ja wohl nicht zu zweifeln –, muss der strengen logischen Struktur des Denkens eine ebenso streng kausal bestimmte Folge materieller Prozesse entsprechen. So konnte nachgewiesen werden, dass etwa die Absicht, einen Finger zu krümmen, 0,2 Sekunden vor der entsprechenden Muskelbewegung im Gehirn existiert, dass jedoch die dazugehörigen Hirnströme bereits 0,4 Sekunden vor der Handlung nachweisbar sind. Bereits eine Fünftelsekunde bevor die Handlung bewusst wird, “beschließt” also eine Planungsstelle im Großhirn, den Finger zu krümmen. Möglicherweise “befürwortet” unser Bewusstsein nur noch Entscheidungen, die irgendwo im Gehirn längst gefällt wurden.

Bedeutsam sind in diesem Zusammenhang die Untersuchungen an Patienten mit gespaltenem Großhirn, wo beide Hemisphären getrennt arbeiten. Sperry: “Die Tatsache, dass zwei freie Willen innerhalb desselben Schädels wohnen, erinnert uns daran und verstärkt die Vermutung, dass der freie Wille eine Illusion ist, wie das Auf- und Untergehen der Sonne. Je mehr wir über Hirn und Verhalten lernen, umso deterministischer, gesetzmäßiger und kausaler erscheint es uns.”

Ein wirklich freier Wille würde dazu führen, dass wir uns auf niemanden mehr verlassen könnten. Ohne die Möglichkeit der Erwartung bestimmten Verhaltens anderer Menschen wüssten wir nicht, wie wir mit unseren Mitmenschen umgehen sollten.

Eines ist freilich wahr: Es sind meine ureigenen Gefühle, Bedürfnisse oder Interessen, die als Motiv zu einer Wahlentscheidung führen. Immer bin ich durch Motive bestimmt, sonst könnte ich überhaupt nicht zu einer Entscheidung kommen. Ein strenger Freiheitsbegriff – in jeder Wahlsituation jede beliebige, jede denkbare Verhaltensmöglichkeit wählen zu können – ist offensichtlich unsinnig. Denn ich kann ja nicht wollen, dass irgendein - zufälliges - Motiv zum Zug kommt. Wir wählen vielmehr jene Handlung, die unserer Persönlichkeit am besten entspricht. Freiheit besteht höchstens in dem Sinne, dass der Mensch nur durch sich selbst, nicht durch äußere Umstände determiniert ist; als Entschluss kommt das heraus, was ich will. Diese Auffassung ist nicht mit dem Fatalismus zu verwechseln. Dieser erklärt, dass alles Geschehen außerhalb der menschlichen Kontrolle liege und dass sich alles in vorbestimmter Weise ereigne, was wir auch unternehmen mögen. Der wohlverstandene Determinismus hingegen lehrt, dass wir sehr wohl zur Ursache von Ereignissen werden können; der Mensch erfährt sich als Verursacher und fühlt sich daher frei. Und er ist in seinen Handlungen auch meist frei, frei nämlich von äußerem Zwang. Echte Freiheit besteht darin, nicht von außen, sondern von innen her durch uns selbst bestimmt zu sein. Der Begriff des Determinismus darf nicht mit dem der Unfreiheit verwechselt werden.

Strafrecht und deterministisches Weltbild

Da unser Strafrecht in seiner heutigen Form weitgehend auf der Ideologie des freien Willens aufbaut, ist zu klären, wie Strafe im Rahmen eines indeterministischen Weltbildes zu deuten ist. Der Rechtsbrecher wird nach allgemeiner Auffassung ja für sein freiwillig böses Wollen bestraft. Nur wenn er eine Handlung ”freiwillig” ausgeführt hat, also nicht etwa im Affekt oder aus einem abartigen Trieb heraus, kann der Mensch für seine Tat zur Verantwortung gezogen werden. Wenn jemand so handeln musste, wie er es getan hat, so kann man ihn für seine Tat nicht zur Rechenschaft ziehen. Genau genommen verlieren in einem deterministischen Weltbild “Schuld” und “Strafe” als Vergeltungsmaßnahme oder Rache ihren Sinn. Ohne Schuldvorwurf kann aber niemand bestraft werden. Allerdings kann es sehr notwendig sein, die Gesellschaft vor ihm als Ursache eines Übels oder Leids durch entsprechende Maßnahmen zu schützen. An die Stelle eines Strafrechts (= Vergeltungsrecht) hat ein Besserungsrecht sowie ein Schutz- und Bewahrungsrecht zu treten. Mittels geeigneter Maßnahmen soll das gesellschaftsschädigende Verhalten des Delinquenten zu einem gesellschaftsfreundlichen umgewandelt werden. Wieweit es im Erwachsenenalter noch möglich ist, Erziehungsfehler oder gar charakterliche Anlagen zu korrigieren, ist freilich eine andere Frage. Strafe als Erziehungsmaßnahme ist auch dann sinnvoll, wenn es keinen freien Willen gibt, doch hat sie Zukunftssinn und ist keine Vergeltung. Von diesem Standpunkt aus ist es unmöglich, die Todesstrafe zu rechtfertigen. Sie hat keinen Zukunftssinn: weder für den Delinquenten noch als Abschreckung für andere potentielle Straftäter, wie Kriminalstatistiken belegen.

Ein Staat, der tötet, signalisiert seinen Bürgern, dass menschliches Leben nicht unbedingt schützenswert ist

Ein Staat, der tötet, trägt zur Verrohung der Sitten bei

Ein Staat, der tötet, erhöht nachweislich die Zahl der Gewaltverbrechen

Ein Staat, der tötet, richtet immer auch Unschuldige hin

Ein Staat, der tötet, befriedigt die perversen Bedürfnisse von Spießern

Ein Staat, der tötet, erhebt die Blutrache zum gesellschaftlichen Prinzip

Ein Staat, der tötet, stellt sich auf die gleiche moralische Stufe wie seine Mörder

Ein Staat, der tötet, muss mit Hilfe der Weltgemeinschaft aus dem Neandertal geführt werden

(aus dem Internet)

Соседние файлы в предмете [НЕСОРТИРОВАННОЕ]