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Stil. Syntax Nach Bernhard Sowinski.doc
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Der Aufforderungssatz

Der Aufforderungs- oder Heischesatz, zu dem wir auch Begehrens-, Wunsch-und Befehlssätze zählen, kann gelegentlich mit dem Ausrufesatz verwechselt werden, weil er oft emotional geprägt ist und zudem durch Ausrufezeichen gekennzeichnet wird. Inhaltlich ist der Aufforderungssatz jedoch durch den Ausdruck einer Willensäußerung bestimmt, die sich als Wunsch oder Befehl auf ein erwartetes Geschehen und an einen bestimmten Redepartner richtet:

Komm her! Laßt uns gehen! Schreib ihm doch bitte! Rauchen erboten! Links um! Stillgestanden! Heraus zur Protestdemonstration gegen Preiserhöhungen! Er lebe hoch! Nieder mit dem Krieg!

Die Beispiele verdeutlichen, daß es offenbar mehrere grammatische Kategorien zum Ausdruck von Aufforderungen gibt, die unterschiedliche stilistische Wirkungen hervorrufen. Die Formenskala der Willensäußerungen, die auf diese Weise, nach dem Grad der Höflichkeit abgestuft, vorgebracht werden können, reicht von der höflich fragenden Bitte (die jedoch keine Verneinung erwartet) bis zum schroffen Befehl:

Würden Sie so freundlich (gut, nett) sein, mir das Buch zurückzugeben?

Würden (könnten) Sie mir bitte das Buch zurückgeben?

Würden Sie mir das Buch zurückgeben? (!)

Ich bitte Sie, mir das Buch zurückzugeben!

Bitte, geben Sie mir das Buch zurück!

Ich wünsche das Buch zurück!

Ich muß darauf dringen, mir das Buch zurückzugeben!

Ich will das Buch zurückhaben!

Geben Sie mir das Bach zurück!

Das Buch ist zurückzugeben!

Das Buch zurückgeben!

Das Buch zurück (her)!

Die Wahl der jeweiligen Aufforderungsform kennzeichnet das Verhältnis der Redepartner zueinander und bewirkt so stilistische Differenzierungen. Der größere Grad der Höflichkeit findet sich hier irn größeren Wortreichtum gespiegelt, der größere Grad der energischen Bestimmheit im geringeren Redeaufwand.

Die Beispiele zeigen auch, daß sich nur wenige Aufforderungsformen der grammatischen Form des Imperativs bedienen (Geben Sie ...!), daß vielmehr höflichere Umschreibungen mit Hilfe von Modalverben im Konjunktiv II (werden, können, aber auch: sollen, müssen, wünschen, lassen) ebenso wie verkürzte Aufforderengen mehr Variationen zulassen. Die hier aufgezeigten Möglichkeiten der Aufforderung können noch durch Variationen in Stimmführung und Kontext abgewandelt werden. Die freundlichste Bitte kann z.B. barsch oder zynisch vorgetragen werden, der knappste Befehl liebenswürdig und freundlich klingen und wirken. Zwar entsprechen den unterschiedlichen gesellschaftlichen Erwartungsnormen unterschiedliche Heischeformen, ein Vergreifen in der Form, mitunter nicht nur aus gesellschaftlicher Unkenntnis, sondern durch Verstimmung, Verärgerung, Zorn oder Rücksichtslosigkeit motiviert, kann zur Verstimmung, Verärgerung, Beleidigung oder Angst anderer führen oder im Falle der Überhöflichkeit den Eindruck von Servilität oder Spott erwecken.

Von Bedeutung für die stilistische Wirkung ist daneben der Grad der persönlichen Ansprache an den Adressaten der Aufforderung. Aufforderungen in der Wir-Form, zuweilen auch in der Ihr-Form, wirken z.B. vertraulicher als in der Sie-Anrede und werden daher auch bei politischen und anderen Kollektivierungsversuchen häufig vewandt (Laßt uns Schluß machen mit der Politik des Kalten Krieges! - Vergessen wir nicht den 17. Juni 1953!). Die Sie-Anrede in Aufforderungen wahrt höfliche Distanz, respektiert den Angesprochenen, kann aber auch im Kontrast zwischen Anrede und Kontext oder unvermittelt Rucksichtslosigkeit und Unhöflichkeit offenbaren (vgl. Schließen Sie bitte die Tür! : Machen Sie die Tür zu!). Während in Werbung und Geschäftsverkehr die Formen der höflichen Sie-Aufforderungen dominieren (wenn auch in der Werbung ohne konjunktivische Umschreibungen), überwiegen im Bereich der Verwaltung und Exekutive, bei Militär und Bahn Aufforderungen in infinitiver oder partizipialer Form (Der Betrag ist einzuzahlen bis ... , Nicht hinauslehnen! Wegtreten! Aufgepaßt!), die neben dem Vorzug der Kürze den Nachteil der Anonymität aufweisen.

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