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GEFUNDEN

Johann Wolfgang von Goethe

Ich ging im Walde

So für mich hin, 1

Und nichts zu suchen.

Das war mein Sinn. ' >

Im Schatten sah ich Ein Blümchen stehn, Wie Sterne leuchtend, Wie Äuglein schön.

Ich wollt es brechen, Da sagt es fein: So!) ich zum Welken Gebrochen sein?

Ich grub's mit allen Den Würzlein aus. . , Zum Garten trug ich's Am hübschen Haus.

Und pflanzt es wieder Am stillen Ort; Nun zweigt es immer Und blüht so fort.

SPRUCH, WIDERSPRUCH

Ihr müsst mich nicht durch Widerspruch verwirren! Sobald man spricht, beginnt man schon zu irren.

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WEIMAR - KULTURSTADT EUROPAS

„Dieser junge 27 jährige feurige Herr Doktor brachte eine wun« derbare Revolution in diesem Ort hervor, der bisher ziemlich phili­sterhaft gewesen war und plötzlich genialisiert wurde. Man kann sich keinen schöneren Mann vorstellen ... die seltene Vereinigung geistiger und körperlicher Vollkommenheit..." Diesen Satz sprach einst der Arzt Christoph Wilhelm Hufeland (1762-1836).

Der Leser fragt sich, welchen Ort er wohl gemeint hat und welche Person? Nun, die Stadt ist zwar nach der politischen Wende in Deutschland nicht die Landeshauptstadt des Bundeslandes und Freistaates Thüringen geworden. Dennoch ist Weimar für ein Jahr eine Art Hauptstadt, nämlich „Kulturstadt Europas". Und diese Tatsache hängt eben auch zusammen mit dem Mann, von dem jener Arzt gesprochen hat und der kein geringerer war als Johann Wolf­gang von Goethe, der deutsche Dichterfürst. Er kam 1776 nach Wei­mar, wo er bis zu seinem Tod am 22.3.1832 lebte und Weltliteratur schuf und wie kein anderer seiner Zeit das Denken und Handeln in vielen Lebensbereichen beeinflußte.

Über ihn haben wir in einer früheren Ausgabe des „Weges" ausführlich berichtet. Um ihn soll es hier nun also nicht gehen, sondern um die Stadt, die durch ihn „genialisiert" wurde. Stadt in der „grünen Mitte". Diese Stadt ist Weimar. Sie liegt in der „grünen Mitte" Deutschlands und etwa in der Mitte des Thüringer Beckens auf ca. 240 m N.N.1 Sie wird durchflössen von dem kleinen Flüss­chen Ilm, das aus dem Thüringer Wald kommend später in die Saale mündet. Ungefähr 60000 Einwohner leben in dieser mehr als uralten Siedlung. Die meisten der heutigen Einwohner sind evangelisch, wenn sie nach mehr als 40 jähriger sozialistischer Herrschaft der damaligen DDR denn überhaupt noch einer Kirche angehören.

Als Stadt wurde Weimar 1254 zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Im Laufe der Geschichte war sie schon mehrfach auch Residenz von Fürsten und Herzögen. Zuletzt war Weimar bis 1918 die Hauptstadt des Großherzogtums Sachsen-Eisenach. In moderner Zeit hat sie allerdings, wie schon erwähnt, den Wettbewerb um die Hauptstadt des neuen Bundeslandes gegen die Nachbarstadt Erfurt verloren. Wenngleich das Umland von Weimar land- und forstwirt­schaftlich geprägt ist, kann die Stadt doch auch Industrien auf­

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weisen, z.B. Landmaschinenbau, Kabel- und Apparatebau, Her­stellung feinmechanischer Geräte u.s.w. Goethe- und Schillerstadt Weimar ist Kreisstadt (Kfz-Kennzeichen WE) und verfügt über zwei bekannte Hochschulen für Architektur und Bauwesen bzw. für Musik.

Zu seinen bekanntesten Museen zählen natürlich das Goethe- Nationalmuseum und das Schillerhaus. Auch Friedrich von Schiller (1759-1805) wirkte die letzten 18 Jahre seines Lebens in Weimar, wo er in vielen Dingen, vor allem im Bereich der Literatur und des Theaters, eng mit Goethe zusammenarbeitete. Deshalb hat man den beiden Großen vor dem Nationaltheater auch ein Denkmal gesetzt. Manche Leute sagen, ganz Weimar sei mit seinem Schloss aus dem 16. Jahrhundert und seiner Altstadt ein Museum, das leider durch einen Bombenangriff im Februar 1945 stark gelitten hat. Inzwischen sind jedoch die meisten Schäden behoben und die Stadt erstrahlt in neuem Glanz seiner alten historischen Architektur.

Demokratie und Faschismus. Zwei wichtige Ereignisse aus der jüngeren Geschichte müssen noch erwähnt werden, die Weimar auch bekannt gemacht haben: Nach dem Ende des 1. Weltkrieges versam­melte sich die verfassunggebende „Deutsche Nationalversamm­lung" in dem klassizistischen Bau des Nationaltheaters, um die par­lamentarisch-demokratische „Weimarer Republik" zu gründen. Diese Republik hatte Bestand bis zur Gründung des sogenannten 3. Reiches unter Adolf Hitler im Jahre 1933. Diese Zeit freilich gab der Stadt Weimar dann eine traurige Berühmtheit. Die Hitlerdiktatur er­richtete nämlich auf dem nahegelegenen Ettersberg das berüchtigte Konzentrationslager „Buchenwald". Tausende von Juden und Geg­nern des Nationalsozialismus kamen in diesem Lager ums Leben. Heute erinnert eine Gedenkstätte an diese bösen Zeiten.

Bedeutsame Ereignisse zuletzt: dass die Stadt Weimar nun für 1999 zur „Kulturstadt Europas" ernannt worden ist, verdankt sie dem Zusammentreffen verschiedener bedeutsamer Ereignisse: Am 28.8.1999 feierte die kulturelle Welt die 250. Wiederkehr des Geburtstags von Johann Wolfgang von Goethe; zum 80. Mal jährte sich die Unterzeichnung der „Weimarer Verfassung"; die zehn­jährige Wiederkehr des Mauerfalls in Berlin und der Öffnung der Westgrenzen der DDR, also auch der Grenzen Thüringens zu Bayern, Hessen und Niedersachsen gilt es zu feiern; außerdem liegt

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es genau 1100 Jahre zurück, dass Weimar als Ort in einer Urkunde erwähnt ist. Genug Gründe, der Stadt die besondere Ehre zuteil wer­den zu lassen. Die besondere Ehre ist aber auch eine besondere Ver­pflichtung: dass die Ernennung Weimars zur „Kulturstadt Europas" gefeiert wird mit einer Fülle von Veranstaltungen in der Stadt selbst und in ihrer Umgebung, das versteht sich natürlich. Für die relativ kleine Stadt bedeutet das einerseits hohe Investitionen vor allem finanzieller Art und andererseits einen großen Aufschwung ihrer Entwicklung in allen Bereichen ihres politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens. Es wird sich lohnen, dieses besondere Jahr für die bisher kleinste der „Kulturstädte Europas" auf irgendeine Weise mitzuerleben über das Fernsehen, das Radio, die Presse oder, wenn möglich, durch einen persönlichen Besuch.

1 Texterläuterungen 1: N.N. (nach'Norden) - на север '

ALEXANDER VON HUMBOLDT

Friedrich Wilhelm Heinrich Alexander Freiherr von Humboldt wurde am 14. September 1769 in Berlin, in der Jägerstraße 22 als Sohn eines Offiziers geboren. Alexander wuchs gemeinsam mit seinem Bruder Wilhelm im Schloss Tegel, dem Familienbesitz der Hum­boldts auf. In den Jahren von 1777-1789 unterrichteten Privatlehrer ihn und seinen Bruder Wilhelm, den Elementarunterricht erteilte unter anderem Joachim Heinrich Campe1 (1746-1818). 1779 stirbt der Vater. 1787 immatrikulieren die Brüder Alexander und Wilhelm von Humboldt an der Universität in Frankfurt/Oder, wechseln jedoch schon ein Jahr später an die Universität nach Göttingen.

Ab 1790 trennen sich die Wege der beiden Brüder. Alexander studierte Kamerai- und Altertumswissenschaften, Theologie, Medi­zin, Physik, Mathematik und wechselte 1791 an die Handels­akademie in Hamburg und später an die Bergakademie in Freiberg. Nach seinem Studium trat Alexander von Humboldt in den preußi­schen Staatsdienst ein und wurde 1792 in Berlin zum Assessor im

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preußischen Bergdepartement ernannt. Bis 1797 wirkte er hier als Hergassessor und -meister und war zuständig für den Bergbau im I rankenwald und im Fichtelgebirge.

Während dieser Zeit unternimmt er mehrere Studienreisen und wird auf diplomatische Missionen geschickt. Wegen seiner hervor­ragenden Leistungen wollte sein Arbeitgeber ihn mit noch bedeuten­deren Aufgaben betrauen. Er aber lehnte ab und trat nach dem Tode seiner Mutter 1796, nicht zuletzt wegen seines naturwissenschaft­lichen Interesses, aus dem Staatsdienst aus. In den Jahren von 1796 bis 1798 widmet sich Alexander von Humboldt nun ausschließlich naturwissenschaftlichen Studien, die ihn auf ausgedehnte Reisen in mehrere Länder führen. Während dieser Zeit besucht Alexander von Humboldt unter anderem Johann Wolfgang von Goethe und Fried­rich von Schiller und bereitet sich auf eine Forschungsreise nach La- (cinamerika vor.

In Paris lernt Alexander von Humboldt den Botaniker Aimé Bon- pland kennen, mit dem er 1799 zu einer Reise nach Südamerika auf­bricht und bis 1804 im Gebiet der heutigen Staaten Venezuela, Kuba, Kolumbien, Ecuador, Peru und Mexiko forscht. Anschließend kehrte Alexander von Humboldt über Kuba und die USA, wo er in Washington Thomas Jefferson kennenlernte, nach Europa zurück.

Nach seiner Rückkehr promoviert2 Alexander von Humboldt 1805 an der Universität in Frankfurt/Oder und siedelt wenig später nach Berlin über. Alexander v. H. wird Mitglied der Akademie der Wissenschaften und erhält seine Ernennung zum Kammerherrn des preußischen Königs. Er hält Vorlesungen, schreibt wissenschaft­liche Abhandlungen und verfasst 1807 Vorschläge zur Reorga­nisation der Berliner Akademie.

Von 1907 bis 1827 lebte Humboldt meist in Paris, wo er an seinem 30-bändigen Werk „Voyage aux régions équinoxales du Nouveau Continent"3 arbeitet. 1808 erscheint das Werk „Ansichten der Natur" und in darauffolgendem Jahr das Werk „Versuch über den politischen Zustand des Königreichs Neu-Spanien", und 1817 veröffentlicht Humboldt eine Zeichnung der ersten Isothermenkarte4.

1827 kehrte Humboldt nach Berlin zurück und wurde Berater des preußischen Königs. An der Berliner Universität hält Humboldt 1827 und 1829 Vorlesungen über physikalische Erdbeschreibung. 1829 unternimmt Humboldt eine sibirische Forschungsreise, die ihn über das Baltikum und Moskau in den Ural und bis zur chinesischen Grenze führte.

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Alexander von Humboldt war der einflussreichste Mäzen seinci Zeit und investierte sein Erbe nicht nur in seine eigenen Untersu chungen, sondern förderte selbstlos auch andere junge Wissen schaftler und Künstler, unter andrem Justus von Liebig, Fclii Mendelssohn-Bartholdy, Heinrich Heine, Ludwig Tieck und Klaus Groth. Zu seinen Bekannten und engsten Freunden zählten Matthiiis Claudius, Jacob und Wilhelm Grimm, August Wilhelm Schlegel sowie Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich von Schiller nebst ihren Familien. Charles Darwin bezeichnete ihn als „den größten Wissenschaftsreisenden, der jemals gelebt hat". Nach seiner Rück­kehr wird Humboldt 1837 die „Copley-Medaille"5 für die Steigerung der naturwissenschaftlichen Erkenntnisse verliehen, und 1842 wird er mit einem Orden von König Friedrich Wilhelm IV. ausgezeichnet.

In den Jahren von 1845 bis 1862 arbeitet Humboldt an dem fünf- bändigen Werk „Kosmos", der Entwurf einer physischen Weltbe­schreibung. 1848 greift er in vermittelnder Weise in die revolutionä­ren Ereignisse des März ein und erweist den Gefallenen der Kämpe im Trauerzug die letzte Ehre. Humboldt nimmt Einfluss auf Wissen­schaft und Kunst in Berlin und engagiert sich 1857 für die Abschaf­fung6 der zweiten Leibeigenschaft7 in Preußen und konnte in Deutsch­land durchsetzen, dass das Gesetz „jeder Sklave, der Preußen betritt, ist frei" erlassen wurde. Alexander von Humboldt starb am 6. Mai 1859 in seiner Wohnung in der Oranienburger Straße 67 in Berlin und wurde im Park des Schlosses Tegel beigesetzt.

Texterläuterungen

  1. Joachim Heinrich Campe - Кампе Йоахим Генрих, немец­кий педагог, издатель, писатель, один из основоположников ли­тературы для детей и юношества

  2. promovieren - получить ученую степень доктора наук

  3. „Voyage aux régions équinoxales du Nouveau Continent" - „Путешествие в равноденственные области Нового света"

  4. die Isothermenkarte - изотермическая карта

  5. „Copley-Medaille" - медаль Копли, вручаемая Королев­ским научным обществом Великобритании за эксперименталь­ные исследования

  6. die Abschaffung - отмена, ликвидация, устранение 1>

  7. die Leibeigenschaft - крепостное право л:< ;

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! WILHELM VON HUMBOLDT

Friedrich Wilhelm Christian Karl Ferdinand Freiherr von Hum­boldt wurde am 22. Juni 1767 in Potsdam als Sohn eines Offiziers geboren. Wilhelm wuchs gemeinsam mit seinem Bruder Alexander Im Schloss Tegel, dem Familienbesitz der Humboldts auf. In den .fuhren von 1777-1789 unterrichteten Privatlehrer ihn und seinen Minder Alexander, den Elementarunterricht erteilte unter anderem Joachim Heinrich Campe1 (1746-1818). 1779 stirbt der Vater. 1787 immatrikulieren die Brüder Wilhelm und Alexander von Humboldt im der Universität in Frankfurt/Oder.

Wilhelm von Humboldt wechselt jedoch schon nach einem Semester an die Universität Göttingen, wo er drei Semester klas­sische Philologie und Naturwissenschaften studierte, unter anderem bei Georg Christoph Lichtenberg2. Während dieser Zeit setzte sich Wilhelm von Humboldt mit den Schriften Immanuel Kants aus­einander und schloss Freundschaft mit August Wilhelm Schlegel und Friedrich Heinrich Jacobi. Nach dem Studium der Naturwissen­schaften und der griechischen, lateinischen und französischen Spra­che erhielt er eine Einführung in die Staatswissenschaften und die Philosophie und las die Hauptschriften von Leibniz.

Im August 1789 besuchte Humboldt gemeinsam mit Campe das revolutionäre Paris, das Rheinland und die Schweiz. Im Januar 1790 trat Wilhelm von Humboldt in Berlin in den preußischen Staats­dienst ein. Bereits im Mai 1791 verließ Humboldt auf eigenen Ent- schluss wieder den Staatsdienst. Im Juni 1791 heiratet Wilhelm von Humboldt Caroline von Dacheröden, die Tochter eines preußischen Kammergerichtsrates, die er während seiner Besuche im Salon von Markus und Henriette Herz kennen gelernt hatte. Die folgenden Jahre verbrachte Humboldt auf den Familiengütern seiner Frau in Thüringen. Im Juni 1794 siedelte Humboldt nach Jena über, wo er als kritischer Berater und Mitarbeiter Friedrich von Schillers und später auch Johann Wolfgang von Goethes wirkte. Seine kreative Kritik be­gleitete und förderte die Entstehung unter anderem Schillers „ästhe­tischer Schriften" und der „Gedankenlyrik" sowie Goethes „Her­mann und Dorothea". Humboldt verfasste für Schillers Zeitschrift „Hören" zwei Beiträge und arbeitet an den „Ideen zu einem Versuch, die Grenzen der Wirksamkeit des Staates zu bestimmen". Gemein­sam mit seinem Bruder Alexander v.H. und Goethe besucht Humboldt Vorlesungen über vergleichende Anatomie. Im November 1797 zog

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Humboldt mit seiner Familie nach Paris, um seine Studien fortzufiih ren, aber auch um die gesellschaftliche Entwicklung in Frankreich zu verfolgen, denn Humboldt unterhielt auch Kontakte zu den führenden französischen Politikern und Intellektuellen.

Von November 1799 bis April 1800 unternahm Humboldt eine längere Reise nach Spanien, und im Frühjahr 1801 reist er ins Bas­kenland. Während seiner letzteren Reise entdeckt und studiert er das Baskische, dass für ihn einen Durchbruch zu einer eigenen Sprach­auffassung und Sprachwissenschaft markiert. 1803 kehrt Humboldt in den Staatsdienst zurück und vertritt bis Ende 1808 Preußen als preußischer Ministerresident am Heiligen Stuhl in Rom. Während dieser Zeit beschäftigte er sich neben dem Baskischen auch mit den amerikanischen Indianersprachen und mit Übersetzungen aus dem Griechischen. Seine Residenz in der Villa Gregoriana war Sammel­punkt der Künstler- und Gelehrtenkolonie. Nach dem Zusammen­bruch Preußens kehrte Wilhelm von Humboldt nach Deutschland zurück und wurde im Februar 1809 Direktor der Sektion für Kultur und Unterricht im preußischen Innenministerium. Während seiner Amtszeit leitete er die grundlegenden Reformen, durch die ein allge­meines und durchgehendes Erziehungssystem von der Elementar­schule über das Neuhumanistisches Gymnasium bis hin zur Uni­versität errichtet wurde und allen Schichten mehr Chancen des Bildungserwerbs sichern sollte. 1811 wurde er als Gesandter nach Wien geschickt und bewirkte maßgeblich den Beitritt Österreichs zur Koalition gegen Napoleon. An den Verhandlungen zum ersten und zweiten Pariser Friedensvertrag und auf dem Wiener Kongress nahm er als zweiter Bevollmächtigter Preußens teil. Auf letzterem setzte sich Wilhelm v. Humboldt erfolgreich für die jüdischen Bür­gerrechte ein, erfolglos hingegen blieben seine Bemühungen für eine liberale Verfassung für den Deutschen Bund.

Von 1815 bis 1819 war Wilhelm v. Humboldt erst preußischer Bevollmächtigter auf dem Bundestag in Frankfurt/Main, wenig später wurde er Vorsitzender einer Steuerreform-Kommission und letztlich preußischer Gesandter in London. 1819 kehrte Wilhelm v. Humboldt als Minister für ständische Angelegenheiten nach Berlin zurück. Nach einem Konflikt mit Friedrich Freiherr von Hardenberg und wegen seines Widerstandes gegen die Karlsbader Beschlüsse so­wie seines Versuches, eine liberale Verfassung für Preußen durchzu­setzen, wurde er Ende 1819 aller Ämter enthoben. Nach dem Aus­scheiden aus dem Staatsdienst zog sich Wilhelm v. Humboldt auf

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г

den Familiensitz nach Tegel zurück, wo er, nur unterbrochen durch eine Reise 1828 nach Paris und London, sich sprachwissenschaftli­chen Forschungen widmete. Wilhelm vom Humboldt starb am 8. Ap­ril 1835 auf dem Familienbesitz in Tegel.

Texterläuterungen

  1. Joachim Heinrich Campe - Кампе Йоахим Генрих, немец­кий педагог, издатель, писатель, один из основоположников ли­тературы для детей и юношества

  2. Georg Christoph Lichtenberg - Лихтенберг Георг Кристоф (1742-1799), немецкий писатель-сатирик эпохи Просвещения, ученый-физик

OTTO VON GUERICKE

Am 30. November jährt sich zum 400. Mal der Geburtstag des Universalgenies, der nicht nur herausragender Naturforscher, son­dern auch begnadeter1 Ingenieur, Politiker, Diplomat und Stadtpla­ner war. Sein gesamtes Leben und Wirken stellte der ausgebildete Jurist Otto von Guericke in den Dienst seiner Vaterstadt Magdeburg, in der er 1602 geboren und 1686 begraben wurde.

Von 1662 bis 1678 wirkte Guericke als Mitglied des Rates der Alten Stadt Magdeburg, als Bauherr, Ingenieur, Kämmerer2, Schol- arch3 und Apothekenherr. Besonders hervorzuheben ist seine drei­ßigjährige Amtszeit als einer der vier Bürgermeister Magdeburgs (1646 bis 1676).

Guericke beobachtete, dass im weißen Morgenlicht der Schatten eines Fingers, geworfen auf ein weißes Blatt Papier, im gelben Schein einer Kerze blau aussieht. Der Erfinder der Polaroid-Kamera, Edwin Land, berief sich ausdrücklich auf diese „Magdeburger Farb­schatten", als er in den 1970er Jahren aus der Farbumkehr im Schat­tenbild gemäß den Komplementärfarben4 des Farbkreises eine Theo­rie des Farbsehens beim Menschen entwickelte.

Während des Reichstages zu Regensburg im Jahre 1654 führte Otto von Guericke seine Vakuumexperimente erstmals öffentlich vor. Die von ihm erfundene Methode zur Bestimmung des Luftdrucks zählt zu den bedeutendsten physikalischen Experimenten und war Grundlage für die Vervollkommnung der Vakuumtechnik durch spä­tere Naturforscher.

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Otto von Guericke inszeniert um 1656 in Magdeburg ein auf­sehenerregendes Experiment mit zwei Kupferschalen: Mit einer „umgekehrten" Feuerspritze5 pumpt Guericke die Luft aus den lost« aneinander liegenden Halbkugeln. Dann spannt er an jede Kupferschn le acht Pferde und treibt sie an. Den Pferden aber gelingt es nicht diese voneinander zu trennen. Das Gewicht der Luft auf den Halbkn geln, der Luftdruck, ist stärker.

Das spektakuläre Experiment mit den „Magdeburger Halbkn geln" wiederholt Guericke 1663 mit 24 Pferden für den Kurfürsten in Berlin. Diese Vorführung ist einer von vielen Versuchen über Vakuum, die Otto von Guericke zwischen 1646 und 1663 anstellt Sie zeigen auch, dass Feuer ohne Luft nicht brennen kann, dass Weintrauben sich im Vakuum ein halbes Jahr lang halten, vor allem aber, dass sich mit Luftdruck Arbeit verrichten lässt. Alle Experi

Der Magdeburger-Halbkugel-Versuch:

Otto von Guerickes als Stich6 aus seinem 1672 in Amsterdam erschienenen Buch

äst)

w

mente basieren auf eigens konstruierten Luftpumpen, dieGuericke aus einer „umgekehrten" Feuerspritze entwickelt.

Vom Nachweis des Vakuums ...

Gibt es in der Welt Leere, und wenn ja, wie ist sie beschaffen7? Diese Frage beschäftigte schon die antiken Philosophen. Der Phy­siker und Politiker Otto von Guericke überzeugt 1656 mit dem „Halbkugel-Experiment" die Öffentlichkeit von der Existenz des Vakuums und der Kraft des Luftdrucks. Bis ins 17. Jahrhundert sind die meisten Gelehrten überzeugt, dass es so etwas wie „Leere" oder „Vakuum" nicht geben könne. Die Behauptung des „Nichts" wider­spricht der Allgegenwart Gottes. Erst dem Galilei-Schüler Evange- lista Torricelli gelingt 1644 der experimentelle Nachweis von Va­kuum. Blaise Pascal errechnet 1648 als erster die Dichte der Luft.

Otto von Guericke baut auf Pascals Ergebnissen auf. Er kann daraufhin die Kraft des Luftdrucks ermitteln, die auf eine Kugel beliebigen Durchmessers wirkt.

... zum Teilchenbeschleuniger

Guericke bahnt8 mit seinen Untersuchungen zum Vakuum nicht nur den Weg zu einer neuen Weltsicht, sondern auch zur modernen Technik und Wissenschaft. Er gilt als einer der Wegbereiter der ex­perimentellen Physik. Die wissenschaftlichen Resultate Guerickes werden bald umgesetzt: Denis Papin9 baut 1690 eine mit Vakuum ar­beitende Kraftmaschine. Sie ist der Vorläufer der Wattschen Dampf­maschine10. Auch die Bewegungslehre Newtons fußt auf Guerickes Überlegungen. Aus vielen Fertigungsprozessen der heutigen Industrie, aber auch aus der naturwissenschaftlichen Forschung, ist die Vakuum­technik nicht mehr wegzudenken: Ob Glühbirne, Fernsehschirm oder Computerchip, Röntgenstrahlen und Teilchenbeschleuniger - ohne Vakuum wäre die moderne Welt um einiges leerer.

Texterläuterungen

  1. begnadet - одаренный

  2. der Kämmerer - надзиратель

  3. der Scholarch - основатель монастыря

, 4. Komplementärfarben - дополнительные цвета

    1. die Feuerspritze - ствол (пожарный), брандспойт

    2. der Stich - зд. гравюра (

    3. beschaffen - доставать, приобретать , i и .г-'-,

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    1. den Weg bahnen - прокладывать путь

    2. Denis Papin - Дени Папен (1647-1712), французский инже­нер, в конце XVII века описал и построил первую модель паровой машины.

10. Wattschen Dampfmaschine - паровая машина Уатта; Джеймс Уатт (1736-1819) - английский изобретатель, создатель уни­версального теплового двигателя

PROFESSOR LIS HEIßER OFEN

Global forschen - lokal feuern. Ein chinesischer Chemiker hat an der Universität Siegen1 ein Mittel gegen den großen Smog daheim gefunden. Der hohe Besuch beugt sich über den Bauernjungen in der hintersten Bank der Schulklasse, direkt vor dem matt glänzenden Ofen2. Ob ihm kalt sei, fragt er ihn. Kalt und dann wieder heiß? Der 13-Jährige schüttelt den Kopf: „Hen shufu" (zu deutsch: „Ich fühle mich pudelwohl"). Darauf der hohe Herr - er ist wirklich von stattlicher Größe - zu dem Jungen: „Auf deinem Platz hier habe ich auch mal gesessen. Aber ich habe damals entweder jämmerlich geschwitzt oder gefroren." Das ist 30 Jahre her. Als 44-Jähriger ist der Wissenschaftler Li Jinghai an diesem Tag in sein Dorf zurückge­kehrt. Es heißt Fengrong und liegt tief in Nordchinas kohlereicher Provinz Shanxi. Vor einem Jahr wurde der Direktor des Instituts für Chemische Metallurgie an der Akademie der Wissenschaften vom renommierten3 chinesischen Wissenschaftsrat zum Mitglied auf Le­benszeit ernannt.

Der Große Gelerte ist wieder daheim. Die Nachricht, der Große sei wieder da, er sei extra aus dem 400 Kilometer, also zehn Bahnstunden entfernten Peking gekommen, hat sich bei den 2300 Bauern in Windeseile herumgesprochen. Sie laufen um ihn zusam­men. „Kennst du mich noch?", fragen immer wieder alte Frauen mit Stolz. Lis Körpergröße war sein Pech. Der Dorflehrer pflegte seinen sichtbarsten Schüler ganz nach hinten zu setzen - neben den fürchterlichen Ziegelofen. Der verstopfte jedes Mal, wenn Kohle nachgeschüttet wurde und brachte Li zum Husten. Die Hitze, die das Monstrum entwickelte, wurde unerträglich, und aus dem Ofenrohr, das durch die Schulbaracke lief und in ein offenes Fenster mündete, quoll rußiger Rauch4. Teer5 tropfte herab. Das alles hat der Junge von der letzten Bank nicht vergessen.

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Der große Sprung vom Dorf an die Universität. Über die na­tionale Hochschulaufnahmeprüfung gelang dem Hochbegabten 1977 der große Sprung vom Dorf an die Universität. In Forschungsaufent­halten in den USA und der Schweiz und als Humboldt-Stipendiat am Institut für Energietechnik der Universität Siegen bildete er sich zum Fachmann in Grundlagenforschung und Wirbelschichttechnik6 wei­ter. Seine Forschungen führten zum Patent für eine neue Ofentechno­logie, bei der Kohle durch ein Doppelkammersystem auf immer höhe­re Temperaturen erhitzt wird. So verbrennen Ruße und Teere7, statt in die Luft zu entweichen. Stickoxide werden erheblich reduziert.

Eine Armee kleiner und mittlerer Öfen belaste gerade in den unterentwickelten Gebieten Chinas die Umwelt extrem. Li geht von mindestens 140 Millionen Kleinöfen in den Haushalten und einer weiteren halben Million gewerblicher Boiler aus. Kohle trug 1999 noch 76 Prozent der Energieproduktion Chinas. Und fast zwei Drit­tel davon wurde in Kleinöfen (22 Prozent) und solchen Boilern (43 Prozent) verheizt. China ist der weltgrößte Kohleproduzent und wird im Jahr 2000 trotz Stillegung von 40000 unrentablen Gruben immer noch fast eine Milliarde Tonnen Kohle fördern und ver­brauchen. Im vorigen Jahr erzeugte die Kohleverbrennung in Öfen aller Art 80 Prozent des chinesischen Smogs, 90 Prozent des Schwe­feldioxids und 70 Prozent der Stickoxide und des Kohlendioxids, wie Energiedirektor Bai Rongchun von der staatlichen Wirtschafts­kommission (SETC) berichtet.

Eine revolutionäre Idee. Im deutschen Siegen kam Li die Idee, seinen revolutionären Ofen in seinem Heimatdorf zu testen. Wie Recht er hat, merkt, wer auf dem Weg in das über 1000 Meter hoch gelegene Dorf in der Bezirksregion Jingle aus dem Zug steigt. Hier schmeckt die Luft nach Kohle. 150 Tage im Jahr muss geheizt werden. Abends, wenn es eisig wird, steigt der Rauch nicht auf. Dann ziehen Smognebel durch die Straßen. Die Menschen tragen Gazemasken. Der Siegener Energiewissenschaftler Manfred Wirsum, der seit Anfang des Jahres als Humboldt-Stipendiat an Lis Institut über Kraftwerk­technik forscht, unterstützt dessen Projekt und hilft Li, die Wirkung alter und neuer Öfen zu messen. „Der Neue ist warm, sauber und be­quem zu bedienen", schwärmt der Apotheker des Dorfes. Seit Anfang November steht so ein Probeofen auch bei ihm im Laden.

An die Ersparnis denkt noch keiner der Bauern, so hoch sub­ventioniert8 ist die Kohle: keine zehn Mark pro Tonne. „Selbst für Armutsgebiete", sagt Wirsum, „ist dieser Preis zu billig, um ein An­

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reiz zum Energiesparen zu sein". Mit rund 150 Mark pro Ofen unterstützt die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) das im Sommer begonnene und an Chinas Verhältnisse angepassto Pilotprojekt. 30 Prozent der Kosten übernimmt die lokale Regierung, Professor Li hat in dem lokalen Erfinder und passionierten Bastler Li Xiaoqing und seinem 30 Kilometer vom Dorf entfernten Handwerks- betrieb einen pfiffigen Partner gefunden. In seinem Kleinstbetrieb hat er die 120 Öfen gegen Überlassung des Patents zum Selbstko- stenpreis für das Dorf hergestellt. Und sein Kalkül9 geht auf. 200

weitere Öfen hat er bis jetzt für andere Abnehmer gefertigt und daz

30 Leute eingestellt. Und er optimiert das Produkt durch ein von ih ausgetüfteltes Rohrsystem10 für Warmwasserleitungen.

Während aus den Rohren der benachbarten Häuser der sattsa

bekannte rußige Qualm ihrer alten Öfen quillt, kräuselt nur dünne

weißer Wasserdampf vor den Schulfenstern. Li wirkt zufrieden. „E ist ein Anfang gemacht." , ,., , ,

Texterläuterungen

      1. Universität Siegen - университет в городе Зиген (Северный

      2. Рейн - Вестфалия) ' *

      3. der Ofen - печка, печь ' ' ' "

      4. renommieren - хвастаться "

      5. rußiger Rauch - дым с сажей, копотью •

      6. der Teer - деготь, смола, гудрон 1

      7. die Wirbelschichttechnik - техника обжига в кипящем слое

      8. Ruße und Teere - сажа и смола

< 8. subventionieren - субсидировать, предоставлять дотацию 1 9. der Kalkül - вычисление, исчисление, счет

10. ausgetüfteltes Rohrsystem - тщательно продуманная систе- ма труб

к у

,, „ THEMA DES TAGES

J 16.08.2002 ' Am Boden zerstört

t

4,2 Millionen Menschen sind von der Katastrophe betroffen. Zehntausende Existenzen sind vernichtet, ganze Dörfer abbruchreif. Es wird Jahre dauern, bis die Infrastruktur1 in den ostdeutschen Städten wieder repariert ist. Die Kosten gehen in die Milliarden.

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Welche Dimension die Schäden am Ende erreicht haben wer­den, niemand wagt dazu eine genauere Prognose. Straßen sind un­terspült2, Brücken in ihrer Standsicherheit bedroht, Schienenanla­gen unpassierbar3, Maschinen durch Wasserschäden zerstört, Ladeneinrichtungen weggeschwemmt4, Akten zu Millionen aufge­weicht. Und damit nicht genug. Beinahe unvorstellbar, welche Auswirkungen es auf Unternehmen und auch private Haushalte hat, wenn Lieferverträge nicht eingehalten werden, tagelang nicht pro­duziert wird und einige Dörfer so gut wie flächendeckend unter­spült und damit dem Abriss5 preisgegeben sind. Gut 4,2 Millionen Menschen vor allem in Ostdeutschland, aber auch in Bayern, sind von der Katastrophe betroffen, schätzt man im Bundeskanzleramt. Wie groß die Schäden an Verkehrseinrichtungen am Ende sein wer­den, ist frühestens kommende Woche abzuschätzen. Eine halbe Milliarde Euro hat der Sonderbeauftragte der Deutschen Bahn AG am Donnerstag dem Krisenstab als erste vage6 Vermutung allein für sein Unternehmen angegeben. „Einzelne Strecken werden für Wochen bis Monate ausfallen." Und Oberbürgermeister in Dresden rechnet nur für seine Stadt mit Schäden im Infrastrukturbereich „im dreistelligen Millionenbereich". Allein der Schaden für die Re­paratur der Lichtanlagen und Straßen wird auf rund 15 Millionen Euro geschätzt. Das Allerdings war am Dienstag, da hatte das Wasser seinen Scheitelpunkt7 noch gar nicht erreicht.

Auch der Volkswagen-Konzern muss die Produktion der Luxus­karosse „Phaeton" in der „Gläsernen Fabrik" in Dresden zurück­fahren. Grund ist nicht eine Überschwemmung der Produktionsstätte - die liegt trocken - sondern die unterbrochene Materialzufuhr. 4,5 Kilometer liegen zwischen Materiallager und Manufaktur, das Material für den Bau des „Phaeton" wirdjust-in-time, also punktgenau nach Bedarf, per Straßenbahn durch die Innenstadt zur Produktions­stätte transportiert. Da die Stadt wegen Überflutung zu großen Teilen gesperrt ist, kann die Straßenbahn nicht fahren. Und auch die Be­schäftigten haben Probleme, zur Arbeit zu kommen.

Hilfe für die alten Meister

Gemälde wurden gerettet - aber viele historische Gebäude sind ruiniert. Das Hochwasser in Sachsen bedroht Denkmäler und Denk­malamt. Seit Dienstag steht an der Brühischen Terrasse in Dresden der Dienstsitz des sächsischen Landesamts für Denkmalpflege un­ter Wasser. Die Mitarbeiter durften noch einmal ins Haus, um die

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wichtigsten Akten zu bergen. Nicht viel besser erging es den I

stituten im benachbarten Schloss, der Semperoper und im Zwinge

Allein aus den Kellerdepots der Gemäldegalerie „Alte Meister

mussten innerhalb weniger Stunden 5000 Gemälde in die Obe

geschosse gebracht und provisorisch8 inmitten der Schausammlun

eingelagert werden.

Gegen die Natur

Zehntausende Menschen müssen mit ansehen, wie die Jahrhu

dertflut ihre Existenz vernichtet. Städte und Dörfer stehen unt

Wasser. Die Schäden sind horrend9. Solche Katastrophen werde

sich in Europa häufen, sagen die Forscher - es sei denn, die Gesel

Schäften denken langfristig und verringern ihren Energieverbrauc

Wir betrachten die Bilder der Fluten und sind entsetzt. Schlägt di

Natur jetzt zurück, ist das ihre Rache für die Misshandlungen un Schädigungen unserer Umwelt während der letzten 200 Jahre

Schüttelt die Erde den Menschen nun ab wie ein lästiges Insekt,; nachdem er sie lange genug attackiert hat?

Texterläuterungen

        1. Infrastruktur - инфраструктура (производственная - дороги, аэродромы, каналы, водохранилища, склады, транспорт, связь;

        2. социальная - образование, наука, здравоохранение)

        3. unterspülen - подмывать берег

        4. unpassierbar - непроходимый

        5. wegschwemmen - уносить, смывать водой

        6. der Abriss - снос (дома)

        7. vage - неопределенный, смутный ■■•■■■ „.

        8. der Scheitelpunkt - высшая точка , ' tJ\

        9. provisorisch - временно

        10. horrend - громадный, ужасающий

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NATÜRLICHES SCHWERES WASSER

Größere Vorkommen in den nördlichen Eismassen vermutet

Die Vermutung, dass es verhältnismäßige große,leicht auffind- bare und nutzbare Vorkommen an schwerem Wasser in arktischen Gewässern gibt, äußerten unlängst russische Wissenschaftler. Das Interesse, das diese Hypothese fand, erklärt sich einerseits aus der

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Tatsache, dass schweres Wasser heute auf entscheidenden Gebieten von Wissenschaft und Technik unentbehrlich ist und andererseits in der Natur in sehr geringer Konzentration vorkommt. 5000 1 Meer­wasser enthalten einen Liter schweres Wasser. Die Gewinnung von schwerem Wasser aus gewöhnlichem Wasser ist heute mit beträcht­lichem Energieaufwand verbunden.

Das auf der Erde vorkommende schwere Wasser unterscheidet sich von normalem Wasser hinsichtlich der Struktur und Masse seiner Wasserstoffisotope. Rein äußerlich ist kein Unterschied festzustellen.

Untersuchte Wasser- und Eisproben aus den Polargebieten wiesen auf bedeutende jahreszeitabhängige Schwankungen des Gehalts an schwerem Wasser in den nordlichen Gewässern hin, wonach die Winterwerte weit unter den sommerlichen liegen. Das, so meinen die russischen Wissenschaftler, sei eine Folge der physikalischen Eigenschaften von schwerem Wasser, das eine Gefriertemperatur von 3,81 Grad Celsius hat. Es ist um 10 Prozent dichter als das nor­male Wasser. Da gewöhnliches Wasser erst bei null Grad Celsius gefriert, ist leicht vorzustellen, dass sich das schwere Wasser absondert und im nördlichen Polargebiet zu „schwerem Eis" gefriert. In der warmen Jahreszeit taut das „Schwereis" wieder auf, und der normale Gehalt an schwerem Wasser in den Naturge­wässern pendelte sich ein.

In der Grönland-See, westlich der Insel Spitzbergen, befindet sich nach den Berechnungen von Wissenschaftlern das größte Schwerwasservorkommen der Erde: Jährlich könnten sich ihrer Meinung nach etwa drei Millionen Kubikmeter davon anhäufen. Die Ursachen dafür sind darin zu finden, dass fast das gesamte, mehrere Jahre alte arktische Drifteis in die Grönland-See hinaustreibt.

ANTARKTISCHE MIKROORGANISMEN - MODELL FÜR LEBEN AUF DEM MARS

Durch neue Forschungsergebnisse über die Entwicklung des Mars kann man annehmen, dass es früher auf dem Mars nicht nur wärmer war , sondern auch Wasser an der Oberfläche gäbe. Diese Bedingungen ähneln denen, die auf der Erde herrschten, als sich das Leben zu entwickeln begann. Daher ist es durchaus denkbar, dass

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früher auf dem Mars primitive Lebensformen existierten, die nach der starken Abkühlung und dem Verlust von Luft und Wasser ausstarben.

Untersuchungen in extremen Klimagebieten der Erde führten zu der Hypothese, dass in den Spalten und Ritzen der Mars-Felsen fossile Spuren frühen Lebens gefunden werden können, falls sie je existierten. Wie die amerikanischen Gelehrten meinen, könnten die Gebirge der Antarktis ein Modell däfur sein. Mikroben sind in der Lage, extreme Umweltbedingungen in winzigen Spalten porösen Gesteins zu überleben. Sie fanden vor 30 Jahren gesteinsbewohnen­de Mikroorganismen in heißen, trockenen Wüsten und später auch in der Antarktis. Die neuesten Untersuchungen erbrachten, dass solche Mikroorganismen Eisen aus Sandstein freisetzen können. Dadurch ensteht eine weiße Zone auf braunem Gestein. Dieser Wechsel in der Eisenkonzentration bleibt sichtbar, wenn die das verursachenden Mikroorganismen bereits ausgestorben sind. Da solche Konzentra­tionswechsel durch chemische oder physikalische Prozesse nicht entstehen können, hoffen die Wissenschaftler, dass anhand ihrer Be­funde mögliche frühe Lebensspuren im Marsgestein nachgewiesen werden können, sobald einmal Roboter von der Mars Oberfläche Gestein gewinnen und zur Erde bringen.

a WASSERSTOFF - EIN UMWELTFREUNDLICHER

TREIBSTOFF

- In der Raketentechnik wird Wasserstoff schon lange als Treib­stoff eingesetzt, und auch der Automobilkonzern Mercedes-Benz experimentiert schon seit einiger Zeit mit wasserstoffangetriebenen Fahrzeugen vom Typ Mercedes 230. Um reinen Wasserstoff aus Wasser zu gewinnen, muß man die beiden Wasserstoffatome vom Sauerstoffatom spalten. Beim Verbrennungsvorgang wird dem Was­serstoff wieder Sauerstoff zugeführt, wodurch als Abfallprodukt lediglich ungiftiges Wasser entsteht. Eine sehr umweltfreundliche Verbrennung also.

Die Abspaltung1 des Wasserstoffes gelingt allerdings auch wie­der nur unter Eisatz von elektrischem Strom, wird Wasser in Wasser­stoff und Sauerstoff zerlegt, wobei der Sauerstoff an die Umgebung abgegeben wird. Das alles ist nicht neu. Neu dagegen ist die Mög­

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lichkeit, den notwendigen Strom auf fotovoltaischem Wege direkt aus der Sonneneinstrahlung zu gewinnen.

Nun ist Wasserstoff zwar ein sehr umweltfreunlicher Treibstoff, doch um Autos damit zum Fahren zu bringen, benötigt man riesige Gastanks, denn mit 3,5 Kubikmetern würde ein Autofahrer nur etwa zehn Kilometer weit kommen. Verwendet man hingegen Flüssig­wasserstoff, muss er ständig unter - 250 °C abgekühlt werden. Das funktioniert nur mit doppelwandig evakuierten2 Spezialtanks. So be­wältigt z. B. einVersuchs - BMW 518 mit einem 120-Liter-Wasser­stofftank eine Fahrstrecke von 400 bis 500 Kilometern. Doch auch bei diesem Wagen ist die Tiefkühlung des Treibstoffes noch ein Problem. Den Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Kohle­forschung in Mühlheim an der Ruhr ist nun eine Entdeckung ge­lungen, die die Verwirklichung des Traums von der Nutzung des umweltfreundlichen und im Überfluß vorhandenen Treibstoffes in wirtschaftlichem Rahmen ermöglicht. Unter Leitung von Professor Boris Bogdanovich entwickelten sie ein Material zur chemischen Speicherung von Wasserstoff, das alle bislang bekannten Methoden in den Schatten stellt. Es handelt sich um die Verbindung von Magnesium und Wasserstoff zu Magnesiumhydrid, die mit Hilfe eines chemischen Tricks unter normalen Druck- und Temperaturbe­dingungen gelang.Bisher ließ sich das relativ häufig vorkommende Magnesium nur bei hohem Druck und hohen Temperaturen und dann auch nur sehr langsam mit Wassertstoff verbinden. Auch der umge­kehrte Vorgang vollzog sich so langsam, dass an einen Einsatz als Wasserstoffspeicher nicht zu denken war. Die Mühlheimer Forscher machten nun das Metall Magnesium durch Vereinigung mit dem im Steinkohlenteer vorkommenden Kohlenwasserstoff Anhracen (An­trateid) hochreaktiv, so dass es sich mit Chrom oder Titan als Kata­lysator mühelos mit Wasserstoff verbindet. Ein solcher Magnesium­speicher lässt sich schon bei Normaldruck innerhalb weniger Stunden mit Wasserstoff aufladen. Bei leicht erhöhtem Druck ist das sogar innerhalb von Minuten möglich. Der Speicher kann beliebig oft be- und entladen werden.

Auch bei der Mercedes-Benz AG erkannte man schnell die Be­deutung der Neuentwicklung und baute sie in einen Mercedes ein. Ergebnis: Mit einem 200 kg schweren Magnesiumhydridtank kann ein Fahrzeug genauso weit fahren wie mit einem 50 kg schweren

9

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Benzintank. Eine herkömmliche Batterie als elektrischer Antrieb musste für die gleiche Reichweite immerhin sechs Tonnen wiegen. Mercedes-Benz-Experten rechnen damit, dass sich in zehn bis 20 Jahren jedermann seinen Wasserstoff mit Hilfe eines Elektro lysegerätes selber herstellen kann, wobei das Gerät hauptsächlicli der Heizung des Hauses dienen wird und der Wasserstoff zum Ко chen und Autofahren sozusagen nebenbei entsteht. Doch die Ener­giewirtschaft auf Wasserstoffbasis wird erst dann rentabel, wenn als primäre Energie die Sonne anzapft3.

Texterläuterungen

  1. die Abspaltung - отщепление, откалывание, отделение

  2. evakuieren - тех. откачивать (воздух)

  3. anzapfen - тех. отобрать, отвести {пар)

KERAMIK, DER NEUE WERKSTOFF IM MOTORENBAU

Durch die Verwendung neuartiger keramischer Werkstoffe sol­len die Automotoren der Zukunft den Kraftstoff effektiver verbren­nen. Das Prinzip ist einfach. Energie kann, wenn sie bei höheren Temperaturen verbrannt wird, entschieden besser genutzt werden. Ein Benzinmotor setzt nur rund ein Drittel der Kraftstoffenergie in Antriebsbewegung um. Ein Drittel geht über die Kühlung und ein weiteres Drittel durch den Auspuff1 verloren. Höhere Temperaturen zur besseren Energienutzung sind bisher nur durch Verwendung teurer Metall-Legierungen möglich. Heute bieten sich dafür neu­artige keramische Werkstoffe an. Bei einigen Automobilfirmen lau­fen dazu schon Versuche. Über die Möglichkeiten ist man sich einig: Die Keramik erlaubt höhere Temperaturen im Brennraum der Mo­toren. Damit wird der Wirkungsgrad verbessert und der Energiever­brauch gesenkt. Gleichzeitig lassen sich die Schadstoffe im Abgas senken. Doch nicht nur hohe Temperaturfestigkeit und die gute Wär­meisolierung der keramischen Werkstoffe bieten Vorteile, außerdem ergibt sich eine Gewichtseinsparung. Das Material ist nämlich leichter als Metall und unanfällig2 gegenüber der Korrosion durch heiße Verbrennungsgase. Anstelle von relativ schwerem Grauguß wird jetzt Aluminium mit keramischer Auskleidung verwendet. Die

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Werkstoff-Forschung bietet der Automobilindustrie zwei kerami­sche Materialen an: nichtoxidische Karbide und Nitride mit Silizium sowie Oxide mit Aluminium, Titan oder Yttrium. Im Gegensatz zu früheren Keramiken überstehen diese Stoffe auch machanische Be­lastungen. Manche übertreffen sogar Stahl.

Hinzu kommen weitere Eigenschaften wie große Verschleiß­festigkeit3, sehr gute Gleiteigenschaften und eine Formgenauigkeit, die bei der Massenproduktion von Bedeutung werden kann. Sie lassen sich feucht pressen und bei Temperaturen über 1700 Grad zu­sammensintern. Bei Luftabschluß, hohem Druck und hohen Tempe­raturen ergeben sich Bauteile von so großer Präzision, dass eine Nachbearbeitung entfallen kann. Dabei stellte es sich heraus, dass sich mit dieser Technik porenfreie Werkstoffe schaffen und auch sonst nicht zu verbindende Stoffe sintern4 lassen.

Obwohl die Hauptbestandeile Silizium und Aluminium überall in der Welt in ausreichendem Masse vorhanden sind, ist die Herstellung so teuer, dass die technische Keramik bereits, wie früher das Por­zellan, das „weiße Gold" gennant wird. Die Preise übertreffen teil­weise die Goldpreise beträchtlich. Viele führende Firmen Deutsch­lands unterstützen finanziell Forschungen, damit die Aktivitäten zur Nutzung dieser Werksstoffe konsequent vorangehen können.

Texterläuterungen

    1. der Auspuff - выхлопная труба, выхлоп <

    2. unanfallig sein - быть невосприимчивым, неподвержейг ным (помехам)

    3. die Verschleißfestigkeit - прочность на износ г

    4. zusammensintern - спекать (о металлах)

ÖSTERREICH

Österreich liegt im südlichen Mitteleuropa und hat sowohl Anteil an den Ostalpen - beinahe zwei Drittel des Staatsgebietes werden von ihnen eingenommen - als auch am Donauraum. Die Bodenfläche beträgt 83858 km2. Durch seine Lage bedingt ist das Land seit jeher Kreuzungspunkt der Verkehrsrouten zwischen den großen europäi­schen Wirtschafts- und Kulturräumen. Mit acht Staaten hat Öster­reich gemeinsame Grenzen: mit Deutschland, Tschechien, der Slo-

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Parlament in Wien

wakei, Ungarn, Slowenien, Italien, der Schweiz und Liechtenstein. Wegen des Schengener Übereinkommens existieren inzwischen keine Grenzkontrollen mehr zwischen Österreich, Deutschland und Italien; als EU Außengrenzen gelten bislang noch die Grenzen zu den anderen Nachbarn. Für die Einreise nach Slowenien, Ungarn, die Schweiz und Liechtenstein genügt jedoch ein gültiger Personal-

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iiusweis. In diesem Kernland Europas überschneiden sich vielfältige I andschafts-, Klima- und Vegetationsformen.

Die österreichische Landschaft umfasst Hoch- und Mittelgebirgs- i cgionen ebenso wie Hügelland und Ebene. Das Alpen- und Karpaten- vorland1, das Wiener Becken und der österreichische Anteil am Pan- nonischen Tiefland im Osten sind die wichtigsten Siedlungs- und Wirtschaftsräume. Der höchste Berg ist der Großglockner (3797 m), der bedeutendste Fluss - die Donau, die das Land auf einer Länge von rund 350 km durchfließt.

Österreich liegt innerhalb der gemäßigten Zone. Sein Klima weist Übergangscharakter vom gemäßigten, atlantisch beeinflussten Westen bzw. Nordwesten zum kontinental geprägten Osten auf. Die Niederschlagsmenge zeigt ein deutliches West-Ost-Gefälle sowie steigende Werte bei zunehmender Höhe. Die Vielfalt des Reliefs und des Klimas bewirkt eine artenreiche Flora und Fauna. Österreich ist eines der waldreichsten Länder Europas (46 % der Gesamtfläche).

Österreich ist ein aus den neun selbständigen Ländern - Burgen­land, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steier­mark, Tirol, Vorarlberg und Wien - gebildeter Bundesstaat. Öster­reich hatte 1998 laut Bevölkerungsfortschreibung 8,1 Millionen Einwohner, die zu rund 98 % deutschsprachig sind. Im Süden und Osten des Bundesgebiets leben Angehörige der sechs in Österreich anerkannten Volksgruppen (Burgenländische Kroaten2, Roma3, Slo­waken4, Slowenen , Tschechen und Ungarn). 1998 betrug die mitt­lere Lebenserwartung eines männlichen Neugeborenen 74,3 Jahre, die eines weiblichen - 80,7 Jahre. Der Konfession6 nach sind 78 % der Österreicher römisch-katholisch, weitere 5 % - Protestanten (über­wiegend Augsburger Bekenntnis). 4,5 % der Bevölkerung haben ein anderes Religionsbekenntnis, 9 % sind konfessionslos und 3,5 % ha­ben keine näheren Angaben gemacht. ., , ...

*' Texterläuterungen v <! l?

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      1. das Alpen- und Karpatenvorland - предгорье Альп и Карпат

      2. der Kroate - хорват

у 3. Roma - романцы (население, говорящее на одном из роман- ещо: языков)

> 4. der Slowake - словак ■ t, ,

:-! 5. der Slowene - словенец <> . ■ -- .,!

6. die Konfession - вероисповедание ' •

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WERNER VON SIEMENS: EIN GROßER ERFINDER

Alles, was zum ersten Mal in Europa erfunden, entdeckt, ent­wickelt, gebaut und hergestellt worden ist, kann man im Deutschen Museum in München sehen und erleben. Den Namen und den Plan zu dieser Dauerausstellung, die nicht nur die Geschichte der Technik, sondern auch deren neuesten Stand zeigt, hielt schon 1877 ein Mann bereit, der einer der großen Erfinder unserer Zeit war: Werner von Siemens. Er schuf nicht nur den Begriff „Elektrotechnik"; er be­stimmte auch entscheidend das, was man unter diesem Wort bald verstand. Dem Original seiner Dynamomaschine, die er 1866 ent­warf und zusammensetzte, sieht man im Museum die ungeheure Be­deutung nicht an. Mit Hilfe von Drahtwindungen und weichem Eisen war es hier Siemens gelungen, Kraft - zum Beispiel menschliche Ar­beitskraft oder Wasserkraft - in elektrischen Strom umzuwandeln und umgekehrt elektrischen Strom in Arbeitsleistung umzusetzen. Damit hatte er die moderne Starkstromtechnik begründet.

Erfinder als Nebenberuf

Werner wurde 1816 in der Nähe von Hannover als das viertäl­teste von vierzehn Kindern geboren. Nachdem er ein Gymnasium in Lübeck besucht hatte, wollte er Ingenieur werden. Da die Eltern eine Ausbildung nicht bezahlen konnten, bewarb Werner sich um Auf­nahme in die Armee als Offiziersanwärter. Nach einer gut bestande­nen Prüfung wurde er Soldat. Wie glücklich war er, als er für eine dreijährige Ausbildung in die Artillerie- und Ingenieurschule nach Berlin kommandiert wurde! Jede verfügbare Freizeit verwendete der junge Soldat, um sich auch außerhalb des Dienstes mit Physik, Che­mie und Technik zu beschäftigen. Nach Ablauf der drei Jahre erhielt er den ersten Heimaturlaub. Aber da sah er Vater und Mutter zum letzten Mal, sie starben bald darauf. Werner hatte versprochen, für die jüngeren Geschwister zu sorgen. Um die Geschwister zu ver­sorgen, wurde er im Nebenberuf Erfinder. Auf ganz praktische Din­ge richtete er seine Gedanken, denn es musste ja Geld beschafft werden. So entstanden eine Kunststeinpresse, ein Dampfmaschinen­regler und ein neues Druckverfahren. Als er eine Methode für galva­nische Vergoldung und Versilberung erfand, verkaufte sein Bruder Wilhelm sie nach England. . ,

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Neue Möglichkeiten in Berlin

Während dann Wilhelm für immer nach England ging, gelang es Werner Siemens, aus Magdeburg heraus und endgültig nach Berlin zu kommen. Hier gab es schon mehrere Maschinenfabriken, an ihrer Spitze das Lokomotivbauunternehmen von August Borsig. Dessen Maschinen hatten sich bei Vergleichsfahrten sogar als besser er­wiesen als die englischen. Auch gab es eine Gewerbeschule, einen Polytechnischen Verein und eine Physikalische Gesellschaft, und der große Naturforscher Alexander von Humboldt hielt seine be­rühmten Vorträge. Die ganze Stadt interessierte sich für Naturwis­senschaft und Technik.

Siemens nutzte alle Möglichkeiten der Weiterbildung. Als er selbst in der Physikalischen Gesellschaft einen Vortrag über elek­trische Telegrafen hielt, wurde der Universitätsmechaniker Halske auf ihn aufmerksam. Er war ein Künstler in seinem Fach und so be­geistert von den von Werner Siemens entworfenen Zeigertelegrafen, dass er beschloß, mit dem begabten Leutnant zusammenzuarbeiten. Dieser entwickelte nun alle Einzelteile, die für eine brauchbare Nachrichtentechnik nötig sind: Blitzsicherungen, Porzellanisolato­ren und mit Guttapercha, einem gummiartigen Pflanzensaft, nahtlos isolierte unterirdische Leitungen. Am 1.10.1847 wurde dann die „Te­legraphenbau-Anstalt von Siemens und Halske" gegründet, dabei blieb Siemens im Hauptberuf noch Offizier.

Die erste Telegrafenleitung Europas

Bald kamen die ersten Aufträge für die Firma: Sie legte die Tele­grafenleitung Berlin - Frankfurt. Als hier die Nationalversammlung den preußischen König zum deutschen Erbkaiser wählte, war das in derselben Stunde noch in Berlin bekannt. Die Leute staunten, und Werner Siemens war der Held des Tages mit dieser ersten Telegra­fenleitung Europas. Es regnete jetzt Aufträge, zuerst in Deutschland, dann in Russland. Dorthin war der jüngere Bruder Carl gegangen. Werner Siemens ließ sich nun nach 15 Jahren militärischer Dienst­zeit beurlauben und widmete sich ganz den Aufträgen und immer neuen Verbesserungen und Erfindungen. Sie waren, ebenso wie die gediegene und dauerhafte Arbeit seiner Werkstatt, eine überzeugen­dere Reklame als Worte. Außerdem wollte Siemens nicht mit der

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Herstellung guter, aber gleichbleibender Waren sein Geld verdienen, sondern nach besten Kräften die von ihm entwickelte Elektrotechnik weiter vorantreiben. Darin sah er seine Aufgabe zum Nutzen aller, Auf der ersten Weltindustrieausstellung 1851 in London erhielt er für seine bewährten Telegrafen neben Alfred Krupp und nur wenigen anderen die höchste Preismedaille. Das gab seinem Unternehmen einen großartigen Schwung. Aus der Werkstatt zogen er und Halske in eine Fabrik um,

Abenteuerliche Aufgaben

In den nächsten zwei Jahren bauten die Brüder Carl und Werner Siemens Telegrafenlinien von Petersburg über Moskau und Kiew nach Odessa und von Petersburg nach Warschau und Schlesien, nach Finnland und Kronstadt. Dabei musste ein Kabel durch die Ostsee gelegt werden. Zusammen mit Wilhelm und Carl als „Siemens Bro­thers" bewältigte der unermüdliche Erfinder später die Riesen­strecke London-Kalkutta in Indien. Für diese Indo-Europäische Linie von fast 11000 km Länge entwickelte er neue, noch verbesserte Schreibtelegrafen. Über Kontinente und Meere, Gebirge und Step­pen arbeiteten sich die Bautrupps vor, wurden die eisernen Leitungs­masten befördert. Auch der Ozean war kein unüberwindbares Hin­dernis. Von Irland nach New York wurde ein Transatlantikkabel gelegt. Dazu ließ Siemens ein eigenes Kabelschiff „Faraday" bauen. Durch Störversuche feindlich gesinnter Firmen und dadurch, dass das Kabel auf hoher See riss und in 5000 m Tiefe verschwand, wurde die Expedition zu einem aufregenden Abenteuer. Fünf weniger aufreibende folgten. Der Name Siemens wurde weltbekannt.

Große Erfindungen

Für die Stahlgewinnung erfanden die Brüder das Siemens-Mar- tin-Verfahren. Für den Bergbau gedacht wurde eine elektrische Eisenbahn konstruiert und auf der Berliner Gewerbeausstellung vor­geführt. Fröhlich unternahmen 10000 Besucher eine Fahrt damit. Auch die von ihm entwickelten Lichtmaschinen wurden bald das große Geschäft. Glühlampen eroberten mit ihrem hellen Licht die Städte und wurden auch bald im Bergbau eingesetzt. In Berlin gab es bald elektrische Straßenbeleuchtung und Straßenbahnen. Seit 1877 wurden in Berlin die ersten Fernsprecher aufgestellt, die Siemens

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produzierte, und zuerst als technische Spielerei abgetan. Aber Siemens hatte, wie schon beim Telegrafen, das enorme Informa- i lonsbedürfnis der Zeit vorausgesehen.

Auch an andere denken ic

Bereits 1885 beschäftigte das Unternehmen 1100 Arbeiter in Herlin. Bald trug ein ganzer Stadtteil den Namen „Siemensstadt". Deshalb hielt er sich auch seinen Mithelfern, den Arbeitern des Wer­kes, gegenüber verpflichtet. Er schuf, viel früher als der Staat, für Krankheit, Unfälle und den Lebensabend eine Pensionskasse, denn „mir würde das verdiente Geld wie glühendes Eisen in der Hand brennen, wenn ich treuen Gehilfen nicht den erwarteten Anteil gäbe", so sagte Werner Siemens.

Auf der Weltausstellung der Elektrotechnik 1881 in Paris erhielt das Haus Siemens das Ehrendiplom. Werner Siemens erhielt un­zählige Ehrungen. Er bekam ein Ehrendoktor-Diplom und wurde zum Mitglied der Akademie der Wissenschaften ernannt. 1888 be­kam er den Adelstitel. Seither hieß er Werner von Siemens. Er starb am 6. Dezember 1892 in Berlin.

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LEONARDO DA VINCI

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Fast jeder Deutsche hat sie in seiner Brieftasche - die berühmte Zeichnung „Proportionsstudie nach Vitruv" von Leonardo da Vinci. Ein muskulöser Lockenkopf steht da mit ausgestreckten Armen sowohl in einem Quadrat als auch in einem Kreis. Bisher dachte man, das Bild solle den ideal gebauten Menschen symbolisieren. Deshalb prangt es als Logo für Gesundheit und Harmonie auf jeder Kranken­versicherungskarte. Seit Generationen lernen Kunststudenten am Beispiel des berühmten Werkes, was ein „Goldener Schnitt" ist.

Mathematik-Künstler Klaus Schröer aus Münster behauptet nun, der eigentliche Gehalt dieser über 500 Jahre alten Zeichnung sei ein anderer. Das 1492 entstandene Werk soll ein Lösungsvorschlag für das wohl berühmteste geometrische Problem der Antike und der frühen Neuzeit darstellen: die Quadratur des Kreises. Dieses Rätsel, das über Jahrhunderte den Scharfsinn der Mathematiker herausfor­derte, besteht in der Aufgabe, nur mit einem Zirkel und einem nicht skalierten Lineal einen Kreis in ein flächengleiches Quadrat zu ver­wandeln.

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In der Proportionsstudie des italienischen Malers und Naturwis* senschaftlers Leonardo da Vinci (1452-1519) sind die Flächen des Kreises und des Quadrats nur auf den ersten Blick verschieden groß, erklärt Schröer: „Wenn man den Kreis nicht an die schräg, sondern an die waagerecht ausgestreckten Arme anlegt, kommt die Kreis­fläche der Quadratfläche extrem nahe." Diese Beobachtung animier­te den 31 jährigen zu einer intensiven geometrischen Vermessung der Linien und Proportionen in dem Bild. Die kunsthistorische Begleitforschung übernahm ein Experte der italienischen Malerei des 16. Jahrhunderts Klaus Irle aus Kassel.

Ihr Ergebnis: Leonardo wollte nicht nur ein ästhetisch, sondern auch ein mathematisch perfektes Kunstwerk schaffen. Schröer und Irle sind sich allerdings nicht sicher, ob sich der Italiener für den Ent­decker oder nur für den Wiederentdecker der Kreisquadratur hielt. Denn der Text, der die Zeichnung rahmt, zitiert den antiken Archi­tekten und Cäsar-Gefolgsmann Vitruv, der im ersten vorchristlichen Jahrhundert Schriften über den ideal konstruierten Menschen verfaßt hatte (außerdem in zehn Büchern über Architektur das technische Wissen der griechisch-römischen Antike überlieferte). „Leonardo hält sich zwar an Vitruvs Vorgaben, spitzt ihn aber entscheiden zu", sagt Schröer.

Beifall für ihre These erhalten die beiden Forscher allerdings mehr aus mathematischen als aus kunsthistorischen Fachkreisen: „Eine interessante, überzeugende Interpretation", meint etwa der Heidelberger Mathematikhistoriker Klaus Volkert.

Fest steht in jedem Fall, dass die Mathematik Leonardos Glaube an die Lösung des alten Problems längst als Irrglauben entlarvt hat. Denn vor rund 100 Jahren wurde bewiesen, dass die Quadratur des Kreises in endlich vielen Schritten nicht zu leisten ist. Das italieni­sche Multi-Talent (Mona Lisa, Schwimmflossen) ermittelte nur einen Näherungswert, keineswegs die exakte Lösung. „Leonardos Verfahren ist aber so genau, dass die minimale Abweichung äußer­lich nicht sichtbar ist", betont Schröer. „Das muß ihm erst mal jemand nachmachen."

Nicht nur das Lächeln der Mona Lisa, auch Leonardo da Vincis berühmte anato­misch-geometrische Zeichnung von dem lockenköpfigen Mann im Inneren eines Kreises und eines Quadrats gibt nach über 500 Jahren noch Rätsel auf. Ein Mathemati­ker meldete sich nun mit einer neuen Theorie: Die Studie soll eine Quadratur des Kreises ermöglichen.

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Interessiert sich jemand für die Entwicklungsgeschichte der

Technik, so hat er sich an die Erfindung des Telegrafen zu erinnern.

Den ersten Telegrafen schuf 1809 der Münchener Arzt Samuel Thomas von Soemmering. Er nutzte die damals schon entdeckte clektrolytische Zersetzung von Wasser durch Gleichstrom aus und baute einen chemischen oder elektrolytischen Telegrafen, mit dem 35 Ziffern und Buchstaben übertragen werden konnten.

Es gab mehrere Versuche, neue Telegrafenarten zu erfinden, sie alle, sei es ein chemischer oder elektromagnetischer Telegraf, hatten einen großen Nachteil: Die übermittelten Zeichen konnten nur vi- suell aufgenommen werden. Dabei waren Fehler schwer zu kont- rollieren.

Vom Münchener Mathematikprofessor August Steinheil stammt die Idee, die empfangenen Zeichen auf einen Papierstreifen zu drucken, um sie zu beliebigen Zeitpunkten lesen zu können. 1837 wurden durch ihn die ersten Schreibtelegrafen an der Münchener Universität aufgebaut.

Von entscheidender Bedeutung für die weitere Entwicklung des Schreibtelegrafen waren die Arbeiten von Samuel Morse. Von Beruf Maler, machte der Amerikaner in Europa mit dem Telegrafen Be- kanntschaft. Zwei Jahre danach befaßte er sich mit seiner Idee, ehe sein „Morse Telegraf Praxisreife hatte. Mörses besonderes Ver- dienst war spezielles „Telegrafenalphabet". Jedem Zeichen entspra- chen darin bestimmte Kombinationen von Strichen und Punkten, die durch kurze und lange Stromimpulse übermittelt wurden. Infolge technischer Weiterentwicklungen erhielten die häufigsten Buch- staben die kürzesten Zeichen - das E z.B. einen Punkt. Die Funker nehmen die Zeichen akustisch auf, und die Geschwindigkeit der Aufnahme erreicht über 100 Zeichen je Minute in Klartext.

Mörses Alphabet, das laufend vervollkommnet wurde, findet noch heute in der ganzen Welt Verwendung.

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TELESKOP MIT 15-m-SPIEGEL

Ein Teleskop, dessen Spiegel aus flüssigem Quecksilber besteht und dessen Durchmesser 15 m aufweist, wird gegenwärtig in Kanada

DER MORSE-TELEGRAF

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gebaut. Quecksilberspiegel sind billiger und verschleißfester als Glasspiegel. Zudem sinkt die Reflektivität eines Glasspiegels im Laufe der Zeite ab. Quecksilber hingegen kann täglich gefiltert wer­den und behält dadurch seine guten Eigenschaften unverändert bei. Außerdem stieße ein 15-m-Glasspiegel schon von seinem Gewicht her auf größere technische Probleme als ein Quecksilberspiegel von gleichem Ausmaß. Bisher wurden bereits Quecksilberspiegel mit einem Durchmesser von 1; 1,65 und 5 Meter getestet.

Der jetzt in Arbeit befindliche kanadische 15-m-Spiegel besteht aus einer kreisförmigen flachen Wanne, die in Rotation versetzt wird. Bei einer extrem konstant gehaltenen Drehgeschwindigkeit bildet sich eine parabolische Symmetriefläche aus, wobei sich die Fokus­länge je nach Drehgeschwindigkeit verändern lässt.

Auch die Reaktion der Spiegeloberfläche auf starke Winde lässt sich ausschalten, wenn das Teleskop unter windgeschützter Kuppel untergebracht ist. Als Nachteil wird die feste Ausrichtung des Tele­skops angegeben. Es können damit nur Objekte beobachtet werden, die sich genau in der durch die Erddrehung im Laufe der Nacht über den Himmel wandernden Spiegelachse befinden.

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NEUE SUPERSCHWERE ELEMENTE

■ ■ *" i» Die Suche nach neuen Elementen, die im Periodensystem der Elemente nach dem Uran (Ordnungszahl 92) einzuordnen sind und daher zusammenfassend „Transurane" genannt werden, gestaltete sich in den letzten Jahren zu einem Schwerpunkt der internationalen Kernforschung. Dabei geht es einmal darum, neue Erkenntnisse über den Aufbau der Atomkerne zu gewinnen und die mit Hilfe ver­schiedener theoretischer Kernmodelle berechneten Ergebnisse und Vorhersagen über die Existenz sowie die Eigenschaften Super­schwerer Atomkerne zu überprüfen. Zum zweiten geht es aber auch darum, die physikalischen und chemischen Eigenschaften neuer un­bekannter Elemente - eben jener Transurane - zu erforschen und Möglichkeiten für ihre Nutzung zu erschließen. Nicht zuletzt liefern die Transuranelemente auch Informationen über die kosmologische Entwicklung und insbesondere über die Entstehungsgeschichte un­seres Planetensystems.

Atomkerne sind aus zwei Arten von Kernteilichen aufgebaut, aus positiv geladenen Protonen und aus elektrisch neutralen Neutronen.

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Beide Teilchenarten werden gemeinsam als Nukleonen bezeichnet Die Zahl der Protonen stimmt mit der Ordnungszahl des betreffen­den Elements im Periodensystem der Elemente überein. -Kf Die positive Ladung des Atomkerns wird in einem neutralen Atom durch die gleiche Anzahl negativer Elektronen kompensiert. Die Anzahl der Elektronen bestimmt das chemische Verhalten eines Elementes. Die Gesamzahl der Nukleonen im Kern ergibt das Atom­gewicht, die relative Masse des Atoms. Enthalten zwei Atomkerne zwar die gleiche Anzahl von Protonen, aber verschieden viele Neutronen im Kern, so haben die Atome zwar gleiche chemische Eigenschaften, aber verschiedene Atomgewichte. Sie sind Isotope des betreffenden Elements. .,..,■,

1999 feiert Opel 100 Jahre Automobilbau. 1899 entsteht das erste Opel-Automobil. Die Adam Opel AG feierte 1999 einen ganz besonderen Geburtstag: Vor hundert Jahren entstand das erste Opel- Automobil. Die Basis für das heute weltweit operierende Unterneh­men legte Firmengründer Adam Opel, als er 1862 in Handarbeit seine erste Nähmaschine baute. 13 Jahre nach dem Start der Fahrrad­herstellung 1886 wird 1899 das erste Automobil, der Opel Patent- Motorwagen System Lutzmann, gefertigt. Nach einigen Monaten Li­zenzfertigung für den französischen Automobilhersteller Darracq1 entsteht 1902 das erste eigenständige Opel-Fahrzeug, das Modell 10/12 PS. Bis heute hat Opel rund 50 Millionen Fahrzeuge auf Opel- Basis produziert und war zusammen mit den technisch identischen, britischen Vauxhall-Modellen2 in Westeuropa 1997 mit über 1,56 Millionen Neuzulassungen zum sechsten Mal in Folge Marktführer (Marktanteil 11,6 Prozent). An dieser langen Erfolgsgeschichte ha­ben auch die rund 6500 Vertragspartner der flächendeckenden, europäischen Händlerorganisation großen Anteil. Sie bieten allen Opel-Fahrern einen umfassenden Service, der bereits 1924 mit standardisierten Wartungsarbeiten zu festen Preisen arbeitete.

Der Beginn der Fahrzeugfertigung im Jahre 1899 - Opel ist damit das Zweitälteste, bestehende Automobilunternehmen in Deutschland - markiert den entscheidenden Entwicklungsschritt in der Geschichte des Unternehmens. Nachdem Adam Opel mit dem

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OPEL

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Aufbau der Nähmaschinen- und Fahrradproduktion seinen Hand­werksbetrieb zu einem Industrieunternehmen mit rund 600 Mitar­beitern ausgebaut hat, suchen seine fünf Söhne Carl, Wilhelm, Hein­rich, Fritz und Ludwig neue Herausforderungen. Der Motorwagen, Ende des letzen Jahrhunderts eine ebenso revolutionäre Erfindung wie zuvor die Nähmaschine oder das Fahrrad, erregt ihre Aufmerk­samkeit. Nach einigen Informationsreisen erwerben die Opel-Brüder am 21. Januar 1899 die Anhaltische Motorwagenfabrik des Des­sauers Friedrich Lutzmann3 und beginnen mit dem Aufbau einer Automobilproduktion in Rüsselsheim. Trotz enormer Anstrengun­gen floriert das Geschäft mit dem jungen Fortbewegungsmittel jedoch nicht wie erwartet. 1901 folgt die Trennung von Lutzmann. Anfang 1902 beginnt dann die Lizenzfertigung der französischen Darracq-Modelle, die unter dem Markennamen Opel-Darracq ver­trieben werden. Doch auch damit wollen sich die Opel-Brüder auf Dauer nicht zufrieden geben.

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Texterlauterungen

  1. Darracq - Даррак Александр, французский автОйромыш- ленник, один из пионеров массового автомобилестроения >

  2. Vauxhall-Modellen- модели „Воксхолл" ' . ■,<

  3. Motorwagenfabrik des Dessauers Friedrich Lutzmann-н завод двигателей Фридриха Луцмана из Дессау

" VERZINKEN AUF INDUSTRIELLEM NIVEAU c Vom handwerklichen „Tauchen" zum modernen Verfahren

Feuerverzinken als Korrosionsschutz für Stahlteile wird von hoch spezialisierten Dienstleistungsunternehmen durchgeführt. Der Schutz von Stahlkonstruktionen vor Korrosion trägt dazu bei, Werte zu erhalten und Ressourcen zu schonen. Dies ist sowohl volkswirt­schaftlich als auch ökologisch von großer Bedeutung. Zur Prozess­kette des Stahlbaus gehört das Feuerverzinken als wirksamstes Ver­fahren für einen langfristigen Schutz gegen Korrosion. Bei vielen Konstruktionen werden jedoch die besonderen Erfordernisse dieses Prozessschritts mangels Erfahrung nur unzureichend berücksichtigt.

272

Anwender sollten deshalb möglichst frühzeitig die sachgerechte Be­ratung durch den Feuerverzinker in Anspruch nehmen.

„Korrosionsschutz ab Werk ist heute wichtig, denn nur dort sind optimale Voraussetzungen für eine fachgerechte und umweltgerech­te Durchführung der Korrosionsschutzarbeiten gewährleistet. Nach der Meinung des Vorsitzenden der Geschäftsführung der Verwal­tung GmbH&Co sei Feuerverzinken die wirksamste Art, Stahlkonst­ruktionen für lange Zeiträume gegen Korrosionsschäden zu sichern. Die Technologie habe sich in den letzten Jahrzehnten vom hand­werklichen „Tauchvorgang" zu einem weitgehend automatisierten Prozess gewandelt.

Der Begriff „schwarzes Material" steht für die noch unbe­handelten Bauteile. So dürfen sie nicht verarbeitet werden, denn einen guten Verbund zwischen Zink und Stahl wird nur auf sauberen Oberflächen erhalten. Die Behandlung erfolgt weitgehend pro­grammgesteuert, die Parameter der einzelnen Behandlungsschritte werden für die Qualitätskontrolle dokumentiert.

In seinem Werk mit modernsten Techniken des Umweltschutzes werden alle gesetzlichen Grenzwerte eingehalten. Dies gibt auch seinen Kunden zusätzlich die Sicherheit, die richtige Entscheidung zu treffen.

Zink - die „graue Maus" unter den Metallen ,, , ,*<

Jeder kennt es, kaum jemand nimmt von ihm Notiz: Zink ist nützlich, aber unscheinbar. In Deutschland wurden 1998 rund 710000 Tonnen dieses Metalls verwendet. Hauptanwendungsgebiet ist mit 29 % der Korrosionsschutz durch Verzinkung. Wenig spekta­kulär1, aber dafür sehr effektiv leistet Zink so einen ganz erheblichen Beitrag dazu, Stahl vor Korrosion zu schützen - und so Verluste zu begrenzen, die von Fachleuten auf eine Größenordnung von rund 4 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) geschätzt werden. Fast ebenso­viel Zink (27 %) landet als Legierungsbestandteil im Messing, einem beliebten Werkstoff für Gegenstände des täglichen Gebrauchs. Weitere 28 % werden zu Halbzeug - meist in Form von Blechen, Rohren und Drähten - verarbeitet. Diese werden bevorzugt in der Baubranche für Fassadenverkleidungen, Regenrinnen und Fallrohre2 eingesetzt. Ein weiteres Einsatzgebiet ist Zinkdruckguss, vor allem im Kfz- und Hausgerätebereich. Die Branche repräsentiert in

273

Deutschland rund16000 Arbeitsplätze sowie einen Umsatz von 1,5

bis 2 Mrd. Euro. 1 , ■ > ,-j,, -j

Texterläuterungen ( , , ( (

V'1 1. wenig spektakulär - малопривлекальный >■■ • 2. Regenrinnen und Fallrohre - дождевой желоб и водосточная труба

III )1

RAUMFÄHRE COLUMBIA

1.02.2003

Die Raumfähre1 Columbia war das erste Space Shuttle, das ins All flog. Am 12. April 1981 hob der Raumpendler2 von Cap Canaveral in Florida ab und eröffnete eine neue Stufe der weltweiten Raumfahrt.

Erstmals flogen Menschen mit einer Technik ins All, die wieder- verwendet werden konnte. Im Gegensatz zu Trägerraketen, deren Stufen im All verglühen und von denen nur eine kleineLandekapsel

zur Erde zurückkehrt, landen die Space Shuttles wie Flugzeuge auf einer Piste3.

Das gut 37 Meter lange Space Shuttle bildet mit den Raumfähren Atlantis, Discovery und Endeavour das Rückgrat4 der bemannten US- Raumfahrt. Der Orbiter mit der offiziellen Bezeichnung OV-102 trägt den Namen des amerikanischen Segelschiffs Columbia, das 1792 von Boston auslief, um die Mündung des Flusses Columbia zu erkunden. Den gleichen Namen trug eines der ersten amerikanischen Schiffe, dem eine Weltumsegelung gelang, und die Kommandokapsel der Apollo 11, mit der Neil Armstrong und Edwin Aldrian im Juli 1969 als erste Menschen auf dem Mond landeten. Auch Ulf Merbold, der erste Westdeutsche im All, flog im November 1983 mit der Columbia.

Texterläuterungen I vi d !

l-i' I ' / i"» 1'

1. die Raumfähre - космический корабль . . . л 2. der Raumpendler - космонавт , ,. .,„; (r-l(H>t,<:

    1. die Piste - взлетно-посадочная полоса j ,

    2. das Rückgrat - основа ( . <' , i,,

274

>f RAUMFÄHRE COLUMBIA i ÜBER TEXAS ABGESTÜRZT u

/ 01.02.2003

Katastrophe für die amerikanische Raumfahrt: Die US-Raum­fähre Columbia ist am Samstag (01.02.03) beim Anflug auf den NASA-Stützpunkt Cape Canaveral abgestürzt.

Fast genau 17 Jahre nach der Challenger-Katastrophe ist die Welt von einem neuen Raumfahrt-Unglück erschüttert worden: Beim Landeanflug auf den Weltraumbahnhof Cape Canaveral zer­barst das Space Shuttle Columbia in mehrere Teile. Columbia hat sich US-Präsident George W. Bush vom Weißen Haus aus an die Na­tion gewandt. „Die Columbia ist verloren", sagte Bush in einer kur­zen Erklärung. Niemand der sieben Besatzungsmitglieder habe überlebt. Diese Männer und Frauen hätten im Dienste der ganzen Menschheit ein großen Risiko auf sich genommen, sagte der Prä­sident. Sowohl die US-Regierung als auch das FBI betonten, dass es keine Anzeichen für einen terroristischen Anschlag gebe. Die NASA nahm die Suche nach Wrackteilen auf. Sie warnte die Bevölkerung eindringlich davor, sich den Trümmern zu nähern.

Eine Viertelstunde vor der geplanten Landung im US-Bundes­staat Florida brach der Funkkontakt zu der Besatzung ab, wenig später zerberst1 das Raumschiff. Fernsehsender zeigten Bilder des auseinanderbrechenden Shuttles. Es zerbarst in mindestens drei Teile, die in immenser2 Geschwindigkeit am Himmel entlang rasten. An Bord waren sechs US-Bürger und mit dem Offizier Ilan Ramon auch der erste Israeli im All. Seinetwegen waren im Vorfeld der ge­planten Landung die Sicherheitsvorkehrungen3 in Cape Canaveral erheblich verschärft worden. Das am 16. Januar gestartete Shuttle hätte um 9.16 Uhr (15.16 Uhr MEZ) auf dem Weltraumbahnhof landen sollen. Kurz vor 9 Uhr Ortszeit (15 Uhr MEZ) brach laut NASA der Kontakt zur Columbia ab, als die Raumfähre sich über Texas befand. Die Raumfahrtbehörde setzte sofort den Notfallplan in Kraft. Die Explosion der Raumfähre beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre wurde laut Augenzeugen von hellen Lichtblitzen und ohrenbetäubendem Lärm begleitet. Augenzeugen im Bundesstaat Texas berichteten dem US-Nachrichtensender CNN zudem von dichtem Rauch: „Wir wurden von einem Donnern geweckt", erzählte

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Lynn Hern in Huntington, mehr als 200 Kilometer südöstlich von Dallas. „Es war, als würde ein Zug über unser Grundstück fahren, als wäre er direkt vor dem Haus."

Die NASA warnte die Bewohner von Texas vor den möglicher­weise giftigen Trümmern, von denen erste in Texas bereits kurz nach dem Unglück gefunden wurden. Sie rief dazu auf, Wrackteile zu fotografieren und zu filmen und das Material der Raumfahrtbehörde zur Verfügung zu stellen.

Nach Ansicht des deutschen Raumfahrtexperten Heinz-Hermann Koelle könnte das Unglück auf ein Versagen des Hitzeschildes zu­rückzuführen sein. Der italienische Astronaut Umberto Guidoni sagte, möglicherweise sei die Columbia im falschen Winkel in die Erdatmosphäre eingedrungen. „Die Rückkehr in die Erdatmosphäre ist einer der schwierigsten Momente bei der Mission der Raumfähre. Eine Abweichung um einige Grad kann eine Katastrophe wie die heutige provozieren", sagte Guidoni, der selbst an zwei Weltraum­flügen teilnahm. Die ersten Anzeichen für Unregelmäßigkeiten beim Flug der Raumfähre Columbia gab es, als es keine Meldungen mehr von den Temperatursensoren im Hydrauliksystem der linken Trag­fläche4 gab. Dies erklärte Ron Dittemore, der Verantwortliche für das Raumfähren-Programm der NASA, auf einer Pressekonferenz. Sekunden später seien weitere Probleme aufgetaucht, wie ein Druck­verlust in den Reifen und Anzeichen für übermäßige Hitze. Schon beim Start soll sich ein Stück einer Tankisolierung gelöst und die linke Tragfläche getroffen haben. Die Suche nach der Absturzur­sache werde aber noch Tage und Wochen dauern.

Ein US-Experte wiederum gab an, Space-Shuttles seien für hundert Flüge ausgelegt5. Für die Columbia sei es erst der 28. Flug gewesen. Der Absturz könne aber trotzdem mit dem Alter des Shuttles zusammenhängen. Die Columbia hatte ihren Jungfernflug im Jahr 1981.

An Bord der Columbia befanden sich auch vier Tonnen wissen­schaftlicher Ausrüstung im Gesamtwert von 78 Millionen Dollar (74 Millionen Euro). Die Astronauten hatten in der Erdumlaufbahn unter anderem getestet, welche Auswirkungen die Schwerelosigkeit auf lebende Organismen, die Zusammensetzung der Kristalle und das Wachstum der Proteine hat.

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Das Unglück weckte auf der ganzen Welt die Erinnerung an die Fxplosion der Challenger am 28. Januar 1986. Die Raumfahre explo- dierte nur 73 Sekunden nach dem Start. Alle sieben Astronauten an Mord starben. Auch damals handelte es sich wie jetzt um zwei Frauen und fünf Männer.

Ein irakischer Regierungssprecher ließ sich zitieren, dass der Absturz als Rache Gottes zu verstehen sei. „Gott wollte zeigen, dass seine Macht weiter reicht als die der Amerikaner."

Texterläuterungen .

  1. zerbersten - лопаться, раскалываться " - ';+ч

  2. immens - невероятный, огромный

  3. die Sicherkeitsvorkehrungen - меры предосторожности

  4. die Tragfläche - несущая поверхность

  5. auslegen - рассчитывать

GRUNDLAGEN DES SATELLITENEMPFANGS

Noch vor wenigen Jahren war der direkte Empfang der Fernseh- und Rundfunksendungen das ausschließliche Privileg der For­schungsinstitute, der Militärs und kommerzieller Nachrichtendiens­te, denn nur sie konnten den technischen Aufwand1 betreiben, den die erdumspannende2 Kommunikation via (durch) Satelliten erforderte. Der Empfang aus dem Weltall ist aber heute zu einer Alltäglichkeit geworden.

Wollen wir uns an etwas Historisches erinnern. Der Science- Fiction3 - Autor Arthur C. Clarke - beschrieb noch Mitte der vierzi­ger Jahre in einer der englischen Fachzeitschriften ein welt­umspannendes Kommukationsnetz auf der Basis von drei Satelliten. Diese sollten sich synchron mit der Erde drehen, also von der Erde aus gesehen an einer festen Himmelsposition stehen. Zur Zeit be­zeichnet man solche Satelliten als geostationär. Jeder dieser Satel­liten deckte ein Drittel der Erdoberfläche ab und konnte mit jedem anderen kommunizieren.

Damals konnte sich niemand vorstellen, wie schnell Clarkes Vision realisierbar sein wird. Bereits am 4. Oktober 1957 brachte

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man den Sputnik 1, den ersten künstlichen Himmelskörper, in eine Erdumlaufbahn. Danach entwickelte sich die Satellitentechnik rapi­de4. Satellitenserien mit den Namen Explorer, Lunik, Discoverer und Tiros sind heute bereits Legende.

Das Zeitalter der transkontinentalen Übertragung von Fernseh- und Telefonsignalen eröffnete am 10. Juli 1962 der amerikanische Relaissatellit Telstar 1. Er umrundete die Erde noch nicht auf einer geostationären Bahn. Darum mußte dieser mit drehbaren Antennen verfolgt werden, bis er hinter dem Horizont verschwand. Aber schon ein Jahr später, und zwar 1963, wurde eine Reihe erdsynchroner Kommunikationssatelliten (Syncom) gestartet. Heute sind über dem afrikanischen Äquator Dutzende von solchen „geparkt", ч ,

Texterläuterungen , ,,

    1. der Aufwand - затраты f ' '•E

    2. erdumspannend - охватывающий весь мир

    3. Science-Fiction - научно-фантастическая литература

    4. rapid - быстрый, стремительный

RETTUNG AUS DEM ORBIT

Erste Ideen zur Rettung aus dem Orbit entstanden schon im Jahre 1975. Nachdem zahlreiche Experimente auf diesem Gebiet durch­geführt worden waren, beschloßen am 12. April 1982 Vertreter der ehemaligen UdSSR, der USA, Frankreichs und Kanadas, gemeinsam ein Such- und Rettungssystem zu schaffen und es zuerst in der Nordhalbkugel zu erproben. Das auf solche Weise geschaffene System KOSPAS/SARSAT ist für das Flugwesen sowie für Expedi­tionen in Hochgebirgsregionen und Wüstengebieten vorgesehen.

Grundgedanke von KOSPAS/SARSAT ist es, Systemnutzen mit kleinen Notrufsendern oder speziellen Notruf-Funkbojen zu ver­sorgen. Dabei sollen diese möglichst billig sein. Im Katastrophenfall strahlen die Funkbojen automatisch Notrufsignale auf den inter­nationalen SOS-Frequenzen aus.

Ein System von Satelliten, in Umlaufbahn gebracht, „lauscht" ständig nach Notrufsignalen. Alle Regionen der Erdoberfläche werden dabei praktisch kontrolliert. Auf der Basis des Doppier- Effektes ortet man zuerst die Unglücksstelle mit 1 bis 2 km Genauig­

278

keit. Gleichzeitig werden Rettungsmaßnahmen begonnen. Zur Zeit sind schon in der ganzen Welt etwa 200000 Notruf-Funkbojen im Einsatz. Man hat aber zu erwarten, dass sich kurzfristig deren Zahl bedeutend erhöhen wird. Schon über 1000 Menschenleben wurden dadurch gerettet.

I * ,t :

„CHALLENGER" - KATASTROPHE

Am 28. Januar 1986 ereignete sich 8 Kilometer vor der Küste Floridas in 16 Kilometer Höhe das schwerste Unglück in der damals 25-jährigen Geschichte der bemannten Raumfahrt. Die Raumfähre „Challenger" explodierte, und ihre siebenköpfige Besatzung - zwei Fraunen und fünf Männer - fand dabei den Tod. Es handelte sich um die schwerste nichtnukleare Detonation, die mit einem Spreng­stoffäquivalent von mindestens 600 Tonnen TNT (Trinitrotoluol) der einen kleinen Atombombe gleichkam. Die amerikanische Welt­raumbehörde NASA verlor mit einem Schlag 7 Prozent ihres Astro­nautencorps und ein Viertel ihrer Schuttiekapazität im Wert von an­derthalb Milliarden Dollar.

40 Minuten später wurden im Kennedy-Raumflugzentrum, im Bodenkontrollzentrum von Houston sowie in allen beteiligten Her­stellerfirmen alle Produktionsunterlagen, Computerinformationen und Filmaufzeichnungen bis hin zu den Bleistiftnotizen des Kon­trollpersonals konfisziert1.

Alle diese Materialien gingen an den dreizehnköpfigen Unter­suchungsausschüsse der vom damaligen USA-Präsidenten Reagan beauftragt wurde, innerhalb von 120 Tagen einen ausführlichen Bericht über die Ursachen der Katastrophe zu erstatten. Zum Vor­sitzenden dieses Gremius3 bestimmte das Weiße Haus den ehemaligen Außenminister William Rogers, Mitglieder waren unter anderen der Physik-Nobelpreisträger und Miterbauer der Atombombe Richard Feynman, der Testpilot General Charles Jacger, der als erster die Schallmauer durchbrach, der Astronaut Neil Armstrong, der als erster den Mond betrat, und Sally Ride, die erste Amerikanerin im All.

Bereits zwei Wochen nach der Katastrophe hat die Kommission die Ursachen des Unglücks genannt. Offensichtlich führte ein man­gelhafter Dichtungsring zwischen den beiden unteren Segmenten der rechten Feststoffrakete zum Austritt einer zwölf Meter langen

279

Stichflamme. Diese zerstörte wie ein Schweißbrenner zunächst di

untere Halterung zwischen der Rakete und dem großen Außentank

Die Rakete, die als „Booster" bezeichnet wird, bohrte sich mit seine

Spitze in den Tank dort, wo die Behälter von Flüssigwasserstoff un Flüssigsauerstoff aneinander grenzten.

Zu diesem Zeitpunkt enthielt der 47,4 m lange Tank, der eine Durchmesser von 8,2 m hatte, noch etwa 470000 Liter flüssige Sauerstoff und 1,2 Millionen Liter flüssigen Wasserstoff. Die beide energiereichsten chemischen Raketentreibstoffe entzündeten sich i

einer gewaltigen Knallexplosion. Die beiden Feststoffraketen mi

der Gesamtmasse von über 1000 Tonnen rasten dabei ziellos weiter.

Am 26. Februar 1986 kam die Untersuchungskommission zu de

vorläufigen Schlussfolgerung, dass die Direktion der NASA eine

schwerwiegenden Fehler beging, als die am 28. Januar den Start

befehl erteilte, 37 Tage wurden die beiden Feststoffraketen, die

sogennanten „Booster", auf der Rampe4 nicht mehr kontrolliert. Die

Ingenieure, die wegen der anhaltenden Kälte gegen den Start waren

wurden unter Druck gesetzt, weil die NASA ihren Zeitplan erfüllen

wollte.

Obwohl die Spezialisten der NASA die Direktion seit 1981

gewarnt hatten, wurden gefährliche Experimente unter dem Druck von Pentagon wietergeführt. Viele amerikanische Kritiker des Space-Schuttle-Programms stellten nicht ohne Grund die Frage, ob

die Wiederverwendung des größten „Pulverfasses der Welt" - der Kombination von hochexplosiven festen und flüßigen Treibstoffen- überhaupt möglich ist.

Wenn wir also die Bilanz ziehen5 wollen, so kann man behaup- ten, dass die Ursachen für die Katastrophe der Raumfähre „Challen- ger", bei der sieben USA-Austronauten ums Leben kamen, konst- ruktive Mängel in den Feststoffraketen waren. Auf jeden Fall war es die schwerste Katastrophe im Weltall, die viele Starts zum Welt- raumerschließen von der NASA in zwei bis drei Jahre verzögert hat.

Texterläuterungen

      1. konfiszieren-конфисковать ,, i ,

      2. der Ausschuss - комитет

s 3. das Gremium- англ. комиссия, коллегия, консилиум

        1. die Rampe - ракетная пусковая установка

        2. die Bilanz ziehen - подвести итог • <, S

280

          1. der Lotse [-lo

          2. das Ausleben

SPRÜCHE VON MARK TWAIN

I don 't believe there is anything in the whole earth that you can't learn in Berlin except the German language (M ark Twain nach seinem Aufenthalt in Berlin im Winter 1891/92). Deutsche Übersetzung: Ich glaube nicht, dass es irgendetwas auf der ganzen Welt gibt, was man in Berlin nicht lernen könnte - außer der deutschen Sprache!

Versuchungen sind wie Vagabunden: Wenn man sie freundlich behandelt, kommen sie wieder und bringen andere mit.

MARK TWAIN

Mark Twain wurde als Samuel (Langhorne) Clemens am 30.11.1835 in Florida geboren. Erwuchs am Missisippi in Hannibal auf und verlor mit 12 Jahren seinen Vater. Die Schule konnte er nicht weiter besuchen, er begann eine Lehre als Schriftsetzer. Mit 17 Jahren ging er nach New York, danach reiste nach Philadelphia und schrieb dort seine ersten Reiseskizzen.

Er arbeitete als Lotse1 auf dem Missisippi (sein selbstgewählter Name Mark Twain bedeutet: „Zwei Faden Wassertiefe markieren "), nahm am Sezessionskrieg teil, suchte Silber in Nevada. Er lebte in San Francisco, arbeitete als Reporter auf Hawai und bereiste Europa und Palästina. Ab 1867 - mit 32 Jahren - wurde er als Schriftsteller erfolgreich und wohlhabend. Er starb am 21.4.1910 in Redding (Connecticut) im Alter von 74 Jahren.

Mark Twain war der erste amerikanische Schriftsteller von Weltrang aus dem Gebiet westlich des Missisippi. Sein Werk fußt auf der Tradition des literarischen Journalismus. Die Reise spielt in seinen Werken eine entscheidende Rolle. Die Protagonisten bewe­gen sich auf neue Schauplätze und neue Ereignisse zu. Das Aben­teuer als Ausdruck des Auslebens2 der Individualität und das Zulas­sen von Spontainität sind Merkmale in den Werken von Mark Twain.

Texterläuterungen

:-] - лоцман )W.

- проявление во всей полноте

281

Das Recht auf Dummheit gehört zur Garantie der freien Entfal­tung der Persönlichkeit.

Rauchen aufhören muss besonders leicht sein. Ich kenne viele, die das schon öfters gemacht haben.

Trenne dich nie von deinen Illusionen und Träumen. Wenn sie verschwunden sind, wirst du weiter existieren, aber aufgehört haben, zu leben.

Kein Breitengrad, der nicht dächte, er wäre Äquator geworden, wenn alles mit rechten Dingen zugegangen wäre.

Wenn Du wütend bist, zähl bis vier. Bist Du außer Dir vor Wut, fang an zu fluchen.

Es gibt nichts, was man auf ein Kompliment erwidern könnte. Ich habe selbst schon so oft Komplimente bekommen, und immer ma­chen sie mich verlegen. Ich habe immer das Gefühl, es wäre nicht ge­nug gesagt worden.

Nachdem wir das Ziel aus unseren Augen verloren hatten, ver­doppelten wir unsere Anstrengungen.

Wenn du einen verhungernden Hund aufliest und ihn satt machst, dann wird er dich nicht beißen. Das ist der Unterschied zwischen Hund und Mensch.

Schlagfertigkeit ist etwas, worauf man erst 24 Stunden später kommt.

Es gibt nur ein Problem, das schwieriger ist als Freunde zu ge­winnen. Sie wieder loszuwerden.

Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen.

Never put off til tomorrow what you can do today. (Never put off til tomorrow what you can do the day after tomorrow - Mark Twain.)

DIE SCHRECKLICHE DEUTSCHE SPRACHE *

Ein bisschen Bildung macht alle Welt verwandt. Ich ging oft ins Heidelberger Schloss, um mir das Raritätenkabinett anzusehen, und eines Tages überraschte ich den Leiter mit meinem Deutsch, und zwar redete ich ausschließlich in dieser Sprache. Er zeigte großes Interesse; und nachdem ich eine Weile geredet hatte, sagte er, mein Deutsch sei sehr selten, möglicherweise ein „Unikat"; er wolle es in sein Museum aufnehmen.

282

Wer nie Deutsch geiernt hat, macht sich keinen Begriff, wie verwirrend diese Sprache ist. Es gibt zehn Wortarten, und alle zehn machen Ärger. Ein durchschnittlicher Satz in einer deutschen Zeitung ist eine erhabene, eindrucksvolle Kuriosität; er nimmt ein Viertel einer Spalte ein; er enthält sämtliche zehn Wortarten - nicht in ordentlicher Reihenfolge, sondern durcheinander; er besteht hauptsächlich aus zusammengesetzten Wörtern, die der Verfasser an Ort und Stelle gebildet hat, so dass sie in keinem Wörterbuch zu finden sind - sechs oder sieben Wörter zu einem zusammengepackt, und zwar ohne Gelenk und Naht, das heißt: ohne Bindestriche; er be­handelt vierzehn oder fünfzehn verschiedene Themen, von denen jedes in seine eigene Parenthese eingeschlossen ist, und jeweils drei oder vier dieser Parenthesen werden hier und dort durch eine zusätz­liche Parenthese abermals eingeschlossen, am Ende des majestäti­schen Satzes kommt das Verb, und man erfährt zum ersten Mal, wovon die ganze Zeit die Rede war; und nach dem Verb hängt der Verfasser noch „haben sind gewesen, gehabt haben, geworden sein" oder etwas dergleichen an - rein zur Verzierung, soweit ich das ergründen konnte und das Monument ist fertig. Ich nehme an, dieses abschließende Hurra ist so etwas wie der Schnörkel an einer Unterschrift - nicht notwendig, aber hübsch.

Die Deutschen kennen noch eine weitere Form der Parenthese, die sie herstellen, indem sie ein Verb spalten und die eine Hälfte an den Anfang eines spannenden Kapitels setzen und die andere Hälfte an den Schluss. Kann man sich etwas Verwirrenderes vorstellen? Diese Dinger heißen „trennbare Verben". Die deutsche Grammatik ist geradezu übersät mit trennbaren Verben, und je weiter die beiden Teile auseinandergerissen werden, desto zufriedener ist der Urheber des Verbrechens mit seiner Leistung. Eines der beliebtesten Exemp­lare ist reiste ab.

„Als die Koffer endlich gepackt waren, reiste er - nachdem er Mutter und Schwester geküßt und noch einmal sein angebetetes Gretchen ans Herz gedrückt hatte, das, in schlichtes weißes Musse­lin gekleidet, eine einzige Rose in den anmutigen Wellen ihres vollen braunen Haares, hilflos schwankend die Treppe herunter­gekommen war, noch immer bleich vor der Angst und Erregung des vorangegangenen Abends, noch sehnsüchtigt bestrebt, ihr armes,

283

wehes Haupt noch einmal an die Brust des von ihr über alles Geliebten zu legen ab."

Personalpronomen und Adjektive sind eine ewige Plage in dieser Sprache, und man hätte sie besser weggelassen. Das Wort sie zum Beispiel bedeutet sowohl you, als auch she, als auch her, als auch it, als auch they, als auch them. Man stelle sich die bittere Armut einer Sprache vor, in der ein einziges Wort die Arbeit von sechs tun muss - noch dazu ein so armes, kleines, schwaches Ding von nur drei Buchstaben. Vor allem aber stelle man sich die Verzweiflung vor, nie zu wissen, welche dieser Bedeutungen der Sprecher gerade meint. Das erklärt auch, warum ich im allgemeinen jeden, der Sie zu mir sagt, umzubringen versuche, sofern ich ihn nicht kenne. Der Erfinder dieser Sprache scheint sich einen Spaß daraus gemacht zu haben, sie auf jede Art, die ihm nur in den Sinn kam, zu kompli­zieren.

Im Deutschen beginnen alle Substantive mit einem großen Buch­staben. Das ist nun wahrhaftig mal eine gute Idee, und eine gute Idee fällt in dieser Sprache durch ihr Alleinstehen notwendigerweise auf. Ich halte diese Großschreibung der Substantive darum für eine gute Idee, weil man ihr zufolge ein Substantiv fast immer erkennen kann, sobald man es sieht. Hin und wieder irrt man sich allerdings und nimmt den Namen einer Person fälschlich für den einer Sache und verschwendet viel Zeit darauf, einen Sinn aus dem Ganzen heraus­zulesen. Deutsche Namen bedeuten fast immer etwas, und das för­dert die Täuschung des Lernbeflissenen. Ich übersetzte eines Tages einen Satz, in dem es hieß, die wütende Tigerin habe sich losgeris­sen und „den unglückseligen Tannenwald gänzlich aufgefressen". Schon rüstete ich mich, dies zu bezweifeln, da fand ich heraus, dass Tannenwald in diesem Falle der Name eines Mannes war.

Jedes Substantiv hat sein grammatisches Geschlecht, und die Verteilung ist ohne Sinn und Methode. Man muss daher bei jedem Substantiv das Geschlecht eigens mitlernen. Eine andere Möglich­keit gibt es nicht. Um das fertigzubringen, braucht man ein Ge­dächtnis wie ein Terminkalender. Im Deutschen hat ein Fräulein kein Geschlecht, eine Rübe dagegen schon. Welch eine übermäßige Hochachtung vor der Rübe und welch eine kaltherzige Missachtung des Mädchens verrät sich hier!

284

Um mit den deutschen Geschlechtern fortzufahren: Ein Baum ist männlich, seine Knospen sind weiblich, seine Blätter sächlich; Pferde sind geschlechtslos, Hunde sind männlich, Katzen weiblich - Kater natürlich inbegriffen; Mund, Hals, Busen, Ellenbogen, Finger, Nägel, Füße und Rumpf eines Menschen sind männlichen Ge­schlechts; was auf dem Hals sitzt, ist entweder männlich oder sächlich, aber das richtet sich nach dem Wort, das man dafür benutzt, und nicht etwa nach dem Geschlecht des tragenden Individuums, denn in Deutschland haben alle Frauen entweder einen männlichen Kopf oder ein geschlechtsloses Haupt. Nase, Lippen, Schultern, Brust, Hände, Hüften und Zehen eines Menschen sind weiblich, und sein Haar, seine Ohren, Augen, Beine, Knie, sein Kinn, sein Herz und sein Gewissen haben gar kein Geschlecht. Was der Erfinder der Sprache vom Gewissen wußte, wird er wohl vom Hörensagen ge­wußt haben.

Eine Frau ist zwar im Deutschen infolge eines Versehens des Erfinders der Sprache weiblich; ein Weib jedoch ist es zu seinem Pech nicht. Ein Weib hat hier kein Geschlecht, es ist ein Neutrum; laut Grammatik ist also ein Fisch er, seine Schuppen sie, ein Fisch­weib aber keins von beiden. Ein Weib geschlechtslos zu nennen darf wohl als eine hinter dem Sachverhalt zurückbleibende Beschreibung gelten. Schlimm genug - aber übergroße Genauigkeit ist sicherlich noch schlimmer. Ein Deutscher nennt einen Bewohner Englands einen Engländer. Zur Änderung des Geschlechts fügt er ein -in an und bezeichnet die weibliche Einwohnerin desselben Landes als Engländerin. Damit scheint sie ausreichend beschrieben, aber für einen Deutschen ist das noch nicht exakt genug, also stellt er dem Wort den Artikel voran, der anzeigt, dass das nun folgende Geschöpf weiblich ist, und schreibt: die Engländerin. Meiner Ansicht nach ist diese Person überbezeichnet.

Also!.. Falls es mir nicht gelungen ist zu beweisen, dass das Deutsche eine schwierige Sprache ist - versucht habe ich es jeden­falls. Ich hörte von einem amerikanischen Studenten, den jemand fragte, wie er mit seinem Deutsch vorankomme, und der ohne Zögern antwortete: „Überhaupt nicht. Drei volle Monate habe ich jetzt hart daran gearbeitet, und dabei ist nichts weiter heraus­gekommen als eine einzige deutsche Wendung: „Zwei Glas..." Er

285

hielt einen Augenblick lang inne und fügte dann mit Nachdruck hinzu: „Aber das sitzt!"

Auf Grund meiner philologischen Studien bin ich überzeugt, dass ein begabter Mensch Englisch (außer Schreibung und Aus- sprache) in dreißig Stunden, Französisch in dreißig Tagen und Deutsch in dreißig Jahren lernen kann. Es liegt daher auf der Hand, dass die letztgenannte Sprache zurechtgestutzt und repariert werden sollte. Falls sie so bleibt, wie sie ist, sollte sie sanft und ehrerbietig zu den toten Sprachen gestellt werden, denn nur die Toten haben

genügend Zeit, sie zu lernen. „;,,

< DAS ERSTE SELBSTVERDIENTE GELD

; ' Mark Twain

\ n,

Ich erinnere mich noch genau an diese Geschichte - so erzählt MarkTwain, - obwohl es schon sehr lange her ist.

Als ich ein kleiner Junge war, war es in meiner Schule streng ver- boten, die Tische mit Taschenmessern zu bearbeiten. Wer dabei erwischt wurde, der musste fünf Dollar zur Strafe bezahlen. Wenn er aber das Geld nicht hatte, wurde er von seinen Mitschülern ver- prügelt.

Eines Tages erwischte mich ein Lehrer, wie ich gerade ein na- gelneues Taschenmesser ausprobierte. Ich musste meinem Vater al- les erzählen, und ihm war die Sache sehr peinlich. „Verprügeln, sagst du? Das darf nicht sein. Ich möchte nicht, dass einem Mitglied unserer Familie so etwas passiert. Ich werde also bezahlen. Aber das ist natürlich nicht alles. Komm bitte mit in mein Arbeitszimmer!" Dort legte mich mein Vater übers Knie und verhaute mich kräftig. Da fühlte ich an einem meiner Körperteile, dass es auch in unserer Familie Gerechtigkeit geben musste. Als ich die Treppe wieder hinunterging, war ich abgehärtet. Mit der einen Hand drückte ich den schmerzenden Körperteil, denn in der anderen hielt ich den Fünfdollarschein. So überlegte ich die Lage. Die eine Situation hatte ich recht gut überstanden. Die andere konnte doch auch nicht viel schlimmer sein!

Ich beschloss deshalb, mich zur Prügelstrafe in der Schule zu melden und die fünf Dollar zu behalten. So habe ich mein erstes Geld verdient. ,

286

EIN WEIHNACHTSGESCHENK

Jo Hanns Rösler '':■"•

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t i * if

Es war am Nachmittag des 24. Dezember. Herr Obermeyer schmückte gerade den Weihnachtsbaum. Der Baum war nicht sehr groß, denn die Wohnung war ziemlich klein. Da klingelte es. Frau Obermeyer ging zur Tür, um zu öffnen. Nach ein paar Minuten kam sie ins Wohnzimmer. Doch sie war nicht allein. Hinter ihr stand ein älterer Mann in einem abgetragenen Wintermantel, und neben ihr erblickte Herr Obermeyer einen riesigen Hund. Wenn der den Kopf hob, konnte er aus dem Fenster gucken, so groß war er.

„Guten Tag", sagte der Mann, „ich soll Ihnen ein Weihnachts­geschenk bringen."

„Das ist sehr nett, aber könnten Sie den Hund bitte draußen las­sen", sagte Herr Obermeyer, der sich Sorgen um den Weihnachts­baum machte, als der Hund anfing, die bunten Kugeln zu be­schnüffeln.

„Das geht leider nicht", erwiderte der Mann, „er ist ja das Weih­nachtsgeschenk."

Herr Obermeyer schaute sprachlos auf den riesigen Hund, der jetzt freudig mit dem Schwanz wedelte. Im letzten Moment konnte Frau Obermeyer die Vase vom Tisch retten.

„Wer schenkt uns denn den Hund?" wollte Herr Obermeyer wissen. „Der Herr möchte seinen Namen nicht nennen. Er hat mir nur gesagt, ich soll den Hund mit besten Wünschen bei Ihnen abgeben."

Herr Obermeyer wurde ärgerlich. „Das kann doch nicht wahr sein. Ich nehme das Geschenk nicht an. Was sollen wir denn mit einem so großen Hund in der kleinen Wohnung anfangen?" - "Sie haben doch sicher Kinder. Vielleicht ist der Hund für die Kinder gedacht", sagte der Mann.

„Um Gottes Willen", rief die Frau Obermeyer, „die Kinder werden gleich kommen! Und wenn sie den Hund sehen, werden sie ihn nicht mehr hergeben wollen."

Herr Obermeyer sah, dass er jetzt schnell handeln musste.

„Bringen Sie den Hund wieder zu dem Herrn zurück, von dem Sie ihn bekommen haben", sagte er.

„Ich weiß aber nicht, wo er wohnt", erwiderte der Mann, v* < ! „Dann behalten Sie ihn. Ich schenke Ihnen den Hund."

287

Herr Obermeyer war ganz verzweifelt.

„Meine Wohnung ist auch sehr klein", sagte der Mann. „Außer­dem kostet es viel, so ein großes Tier zu halten."

Der Hund, der sich hingelegt hatte, stand plötzlich auf. Dabei fiel der Tisch um. „Lieber, guter Mann!" rief jetzt Herr Obermeyer und holte seinen Geldbeutel aus der Tasche. „Hier haben Sie 50 Mark. Aber nehmen Sie bitte den Hund wieder mit!"

Als der Mann den Hund wieder auf die Straße führte, sagte er „Ja, Bello, ich weiß, das ist ein dummes Spiel, aber es ist leider die einzige Möglichkeit, das viele Futter für dich zu bezahlen. Und wir wollen doch noch lange zusammenbleiben."

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