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[Wolfgang_J._Kox,_Claudia_D._Spies]_Check-up_Ans(BookFi.org)

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B-8 · Ernährung des Intensivpatienten

Dies entspricht z. B.: 1000 ml Glukose 10%,

500 ml Aminosäurelösung 10% + 20 ml NaCl 11,7% + 1000 ml Vollelektrolytlösung + 5 ml Multivitaminpräparat + Spurenelementkonzentrat

2. postoperativer Tag

Kohlenhydrate, Aminosäuren, Elektrolyte, Spurenelemente und Vitamine

Kohlenhydrate:

100% des errechneten Bedarfs = 3 g/kgKG/Tag Glukose oder Glukose/Xylit im Verhältnis von 1 : 1

Aminosäuren:

100% des errechneten Bedarfs = 1,5 g/kgKG/Tag

Na+: 2 mmol/kgKG/Tag

K+: 1 mmol/kgKG/Tag

Wasser: 40 ml/kgKG/Tag

3. postoperativer Tag

Wie 2. postoperativer Tag und

Fett: 50% des errechneten Bedarfs = 0,75 g/kgKG/Tag

Ab dem 4. postoperativen Tag

Kohlenhydrate, Aminosäuren, Fette, Spurenelemente und Elektrolyte

Kohlenhydrate: 100% des errechneten Bedarfs

Aminosäuren: 100% des errechneten Bedarfs

Fette:

100% des errechneten Bedarfs = 1,5 g/kgKG/Tag

Na+: 2 mmol/kgKG/Tag

K+: 1 mmol/kgKG/Tag

Wasser: 40 ml/kgKG/Tag

Das Überschreiten von Normgrenzen der angegebenen Laborparameter kann eine Verwertungsstörung für die betreffenden Nährstoffe anzeigen, sodass dann eine Reduktion der Nährstoffzufuhr erfolgen sollte, auch wenn damit eine nicht bedarfsgerechte Zufuhr von Kalorien erreicht wird.

CAVE

Es gilt, unbedingt eine längerfristige Hyperalimentation des Intensivpatienten zu vermeiden. Dies ist auch dann zu beherzigen, wenn bei gestörtem Ernährungsstoffwechsel durch die reduzierte Kalorienzufuhr der kalorische Bedarf nicht gedeckt werden kann.

497 B-8.2

Glutamin

Bei Patienten, bei denen eine langfristige parenterale Ernährung notwendig wird, sollte frühzeitig Glutamin substituiert werden [7, 8], welches in den herkömmlichen Aminosäurelösungen aufgrund von Inkompatibilitätsproblemen nicht vorhanden ist. Mittlerweile sind jedoch Glutaminkonzentrate bzw. glutaminhaltige Mischlösungen auf dem Markt

(z. B. Dipeptamin 20%), die diesem Mangel Rechnung tragen

Dosis: 0,3 g/kgKG/Tag i.v.

Vitamine

Die Substitution von Vitaminen [9] erfolgt üblicherweise mit einem Multivitaminpräparat (z. B. Cernevit). Da die meisten Vitamine lichtempfindlich und nur maximal 24 h in Lösung stabil sind, sollten diese lichtgeschützt (nach Möglichkeit in einer getrennten Kurzinfusion!) verabreicht werden. Das Multivitaminpräparat enthält kein Phyllochinon (Vitamin K1) und sollte deswegen einmal pro Woche in einer Dosierung von 10 mg p.o. verabreicht werden.

Bei Verbrennungspatienten sowie Patienten mit kontinuierlicher Nierenersatztherapie muss aufgrund des hohen Vitaminverbrauchs bzw. der Filtration von Vitaminen über die Dialysemembran die Dosis auf 2 Ampullen pro Tag erhöht werden.

B-8.2 Enterale Ernährung

des Intensivpatienten

Ernährungssonden

Die Ernährungssonden bestehen aus Polyurethan, Silikonkautschuk, Teflon (kein PVC, da im sauren Magenmilieu die Weichmacher herausgelöst werden).

Legen der Sonde

Nasogastral (in der Regel) außer bei Kontraindikationen (bekannte Sinusitis, Voroperationen im Bereich der Nasennebenhöhlen etc.)

Orogastrale Anlage (in Ausnahmefällen, s. oben)

PEG-Anlage (bei Langzeiternährung)

Intensivmedizin

498 B-8.2 · Enterale Ernährung des Intensivpatienten

Applikationsort

Magen

Bei konservativ nicht beherrschbarem Reflux frühzeitige gastroskopische Anlage einer Duodenaloder Jejunalsonde

CAVE

Duodenalund Jejunalsonden erfordern immer eine zusätzliche Magenableitung (doppellumige Sonde oder eine zweite Sonde)!

Probleme der Sondenernährung

Reflux

Gründe:

Magenatonie

Erhöhter Tonus des Pylorus Therapie:

Gastrokinetika

Metoclopramid i.v. 3- bis 4-mal 10–20 mg/Tag (maximale Tagesdosis: 0,5 mg/kgKG) und/oder

Domperidon (Motilium Tropfen 3-mal 20–40 mg/Tag)

Bei Therapieversagen nach spätestens 48 h Anlage einer Duodenalsonde.

Durchfall

Bedingt durch Hyperosmolalität der Sondenkost (SK)

Zu große Applikationsportionen, aber auch an Kontamination der SK denken

Allergie oder Unverträglichkeit der SK

Ausschluss einer infektiösen Genese

Ausschluss einer nekrotisierenden Enterokolitis

Therapie:

1. Erhöhung des Tee-/Brüheanteils am Portionsvolumen

2. Kleinere Portionen oder kontinuierliche Gabe mit 20 ml/h und evtl. steigern

3. Wechseln der Sondendiät

4. Medikamentöse Therapie (z. B. Loperamid)

Beginn der Sondenernährung

Frühzeitig, um Durchblutung, Barrierefunktion und Motilität des Gastrointestinaltrakts zu fördern [10] und damit

Einer septischen Komplikation [11] sowie einer Zottenatrophie [12] vorzubeugen

Beginn 6–12 h postoperativ oder bei abdominellen Eingriffen (in Absprache mit dem Operateur)

Ernährungslösungen

Nährstoffdefinierte Sondenkost (Regelfall)

Diese Diäten enthalten die Nährstoffe in hochmolekularer Form

Die Osmolarität sollte unter 450 mosmol/l H2O liegen

Der Energiegehalt muss angegeben sein und variiert meist zwischen 1 und 1,6 kcal/ml

Chemisch definierte Sondendiät

Spezielle Indikation, z. B. bei Zustand nach Dünndarmresektion, Kurzdarmsyndrom, Maldigestion, entzündlichen Darmerkrankungen, chemischer oder physikalischer Darmschädigung

Diese Sondendiäten enthalten die Nährstoffe in niedermolekularer Form, sind also »vorverdaut«

Chemische Diäten werden oftmals über Jejunalsonden appliziert

Das Hauptproblem stellt die meist hohe Osmolarität dar (sollte nicht über 600 mosmol/l H2O liegen)

Dosierung und Applikationsmodus der Sondenernährung

Bolusmethode als Modus der 1. Wahl.

1. Tag

6-mal 50 ml Sondenkost + 6-mal 50 ml Tee (Brühe bei Elektrolytmangel) + 50 ml Joghurt

Wenn unter diesem Regime kein Reflux beobachtet wird, kann zum Dosierschema des 2. Tages übergegangen werden

Bei Reflux trotz Gastrokinetika wird zur kontinuierlichen Applikation übergegangen

Ist diese Methode am 2. Tag ebenfalls mit Reflux verbunden, sollte die Indikation zur Duodenalsonde gestellt werden

Die kontinuierliche Gabe von Sondenernährung, beginnend mit 20–30 ml/h, ist alternativ zur Bolusernährung möglich. Bei guter Verträglichkeit ist eine schrittweise Steigerung auf 100–120 ml/h

über mehrere Tage möglich

B-8 · Ernährung des Intensivpatienten

2. Tag

6-mal 100 ml Sondenkost + 6-mal 50 ml Tee/Brühe + 50 ml Joghurt

Wenn die Ernährung vertragen wird, dann kann täglich die Sondenkostportion um mindestens 50 ml gesteigert werden

Bei Reflux sollte die kontinuierliche Gabe gewählt werden

Ernährungspausen: alle 3–4 h für 30 min

Die vollständige enterale Ernährung beim Erwachsenen ist in der Regel mit 1500–2000 ml/Tag

(d. h. 25 kcal/kgKG/Tag bezogen auf das Norm-, nicht das Istgewicht des Patienten) gewährleistet, muss aber dem Krankheitsbild angepasst werden. Im Regelfall enthält 1 ml Sondenkost die Energie von 1 kcal, einige Präparate weichen jedoch nicht unerheblich von dieser Daumenregel ab.

Basismonitoring

Täglich Bestimmung von Blutzucker, Kreatinin und Harnstoff im Serum

2- bis 3tägige Bestimmung von Triglyzeriden, Cholesterin, alkalischer Phosphatase, -GT

Magenulkusprophylaxe

Die enterale Ernährung selbst stellt bereits einen effektiven Ulkusschutz dar. Eine medikamentöse Ulkusprophylaxe sollte nur bei Patienten mit einem Ulkusleiden in der Anamnese oder bekannter Gastritis/Duodenitis erfolgen.

Sucralfat kann vor den Ernährungsportionen gastral appliziert werden

Dosierung: 4-mal 1–2 g/Tag, maximale Tagesdosis eines Erwachsenen 9 g (CAVE: Aluminiumbelastung)

H2-Pumpenblocker

Dosierung: z. B. 4-mal 50 mg Ranitidin

Protonenpumpeninhibitioren (PPI)

Dosierung: z. B. 2-mal 20–40 mg Omeprazol (p.o./ i.v.) oder 2- bis 3-mal 40 mg Pantoprazol (p.o./i.v.)

Bei der oralen Ulkusprophylaxe mit PPI kann auch auf eine tägliche Gabe reduziert werden

499 B-8.2

CAVE

Irreversible Sehstörungen bis zur Erblindung nach intravenöser Applikation von Omeprazol sind beschrieben.

In der Aufbauphase der enteralen Ernährung, d. h. die enterale Ernährung deckt noch nicht den Kalorienbedarf des Patienten, kann eine bedarfsund stoffwechseladaptierte parenterale Ernährung supplementiert werden: differenzierte Ernährung mit Glukose-, Aminosäuren- und Fettlösungen (vgl. auch Kap. B-8.1 »Parenterale Ernährung des Intensivpatienten«)

Sondenkost

Aus der Vielzahl an unterschiedlichen auf dem Markt erhältlichen Sondenkostangeboten können immer nur einige wenige auf einer Station zum Einsatz kommen. Daher sollte eine sorgfältige Auswahl der benötigten Präparationen für jede Intensivstation getroffen werden.

Inwiefern adaptierte Ernährungslösungen, die in ihrer Zusammensetzung (v. a. der Aminosäuren) einer bestimmten Grunderkrankung (Leberoder Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus) Rechnung tragen, für den Patienten von klinisch messbarem Benefit sind, kann zzt. noch nicht abschließend beurteilt werden. Hierzu verweisen wir auf die mittlerweile publizierte »Leitlinie Enterale Ernährung in der Intensivmedizin« der DGEM (Deutsche Gesellschaft für Ernährung in der Medizin)/ DIVI [14], vor allen Dingen auch deshalb, um eine unnötige Expansion der Kosten für solche Diäten zu vermeiden.

In den letzten Jahren haben sich unterschiedliche Ernährungslösungen mit sog. immunmodulierenden Ernährungskomponenten auf dem Markt etabliert, die zur Prägung des Begriffes »Immunnutrition« beigetragen haben. Auch hier sollte aufgrund des nicht unerheblichen Preisunterschiedes zu den Standardlösungen die Veröffentlichung der »Leitlinie Enterale Ernährung in der Intensivmedizin« der DGEM abgewartet werden, in der Empfehlungen hinsichtlich der Patientengruppen und Erkrankungsbilder ausgesprochen werden, die von einer solchen immunmodulierenden Ernährungstherapie profitieren könnten ( Abb. B-13).

Intensivmedizin

500 B-8.2 · Enterale Ernährung des Intensivpatienten

Abb. B-13. Übersicht über die enterale und parenterale Ernährung

Literatur

1.Zaloga GP. Early enteral nutritional support improves outcome: hypothesis or fact? Crit Care Med 1999; 27: 259–261

2.Lobo DN, Memon MA, Allison SP et al. (2000) Evaluation of nutritional support in acute pancreatitis. Br J Surg 87: 695–707

3.The Veterans Affairs Total parenteral Nutrition Cooperative Study Group (1991) Perioperative Total Parenteral Nutrition in Surgical Patients. New Engl J Med 325: 525–532

4.MacFie J, Woodcock NP, Palmer MD et al. (2000) Oral dietary supplements in preand postoperative surgical patients: a prospective and randomized clinical trial. Nutrition 16: 723– 728

5.Senftleben U, Felbinger T, Suchner U (2000) Pathophysiologie der Substratverwertung im Stressstoffwechsel: Bedeutung einer vollwertigen hypoenergetischen Ernährungstherapie. Akt Ernährungsmed 23: 207–223

6.Fürst P, Pogan K, Stehle P (1997) Glutamine dipeptides in clinical nutrition. Nutrition 13: 731–737

7.Cerra FB, Benitez MR, Blackburn GL et al. (1997) Applied nutrition in ICU patients. A consensus statement of the American College of Chest Physicians. Chest 111: 769–778

8.Goeters Ch, Wenn A, Mertes N et al. (2002) Parenteral L-alanyl- L-glutamine improves 6-month outcome in critially ill patients. Crit Care Med 30: 2032–2037

9.Jolliet P, Pichard C, Biolo G et al. (1998) Enteral Nutrition in Intensive Care Patients: A Practical Approach. Working Group on Nutrition and Metabolism, ESICM. European Society of Intensive Care Medicine. Intensive Care Med 24: 848–859

10.Moore FA, Feliciano DV, Andrassy RJ et al. (1992) Early enteral feeding, compared with parenteral, reduces postoperative septic complications. The results of a meta-analysis. Ann Surg 216: 172–183

11.Foitzik T, Stufler M, Hotz HG et al. (1997) Glutamine stabilizes intestinal permeability and reduces pancreatic infections in acute experimental pancreatitis. J Gastrointest Surg 1: 40–47

12.Messori A, Trippoli S, Vaiani M et al. (2000) Bleeding and pneumonia in intensive care patients given ranitidine and sucralfate for prevention of stress ulcer, meta-analysis of randomised controlled trials. BMJ 321 (7269): 1103–1110

13.Cook D, Heyland D, Griffith L et al. (1999) Risk factors for clinically important upper gastrointestinal bleeding in patients requiring mechanical ventilation. Canadian Critical Care Trials Group. Crit Care Med 27 (12): 2812–2817

14.Kreymann G, Ebener C, Hartl W, von Heymann C, Spies C (2003) Leitlinie Enterale Ernährung in der Intensivmedizin. Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensivund Notfallmedizin (DIVI). Aktuel Ernähr Med 28 (S1): S42–S50

B-9

Störungen der Nierenfunktion

– Prophylaxe und Therapie des akuten Nierenversagens (ANV)

O. Vargas Hein

B-9.1 Allgemeine Maßnahmen 502

B-9.2 Medikamentöse Therapie 502

B-9.3

Apparative Therapie/Nierenersatztherapie (RRT ) 503

Intensivmedizin

502 B-9.2 · Medikamentöse Therapie

Definition des akuten Nierenversagens (ANV)

Oligurie: Diurese < 0,5 ml/kgKG/h; < 500 ml/Tag

Anurie: Diurese < 100 ml/Tag

Relative Erhöhung der Retentionswerte (Kreatinin und Harnstoff) [1]

B-9.1 Allgemeine Maßnahmen

Korrektur von Schockzuständen durch adäquate Volumenund ggf. Katecholamintherapie

Korrektur einer Dehydratation

Ziel: Ausreichender Perfusionsdruck.

Korrektur von Elektrolytentgleisungen

Behandlung von Sepsisherden

Ausreichende Kalorienzufuhr; Vermeidung von Aminosäuren (AS) wie Lysin. AS: Glycin, Alanin hingegen renoprotektiv. Zurückhaltung bei AS-Zu- fuhr in den ersten 48 h des ANV. Verhältnis von essenziellen AS zu nicht essenziellen AS 2 : 1 bzw. 1 : 1 anstreben. Fettinfusionen möglich, jedoch auf das Doppelte verlängerte Eliminationskonstante bedenken

Ausschluss eines obstruktiven ANV (prärenal, postrenal) [2, 3]

Vermeidung nephrotoxischer Substanzen

Aminoglykoside, Gefahr der akuten Tubulusnekrose

Vancomycin, v. a. in Kombination mit Aminoglykosiden; wenn Indikation: Gabe nach Spiegelkontrollen

Amphotericin B, Tubulusschädigung, vermutlich durch renale Vasokonstriktion; Na-Zufuhr von 150–300 mmol/Tag als Prophylaxe

Jodhaltige Kontrastmittel, Vasokonstriktion der Vas afferens

ACE-Hemmer, bei Nierenarterienstenose Gefahr der Reduktion der GFR, Schädigung der Basalmembran, allergische Nephritis

Furosemid, in seltenen Fällen Tubulusschädigung v. a. in Kombination mit Aminoglykosiden

Nichtsteroidale Antiphlogistika, Reduktion des renalen Blutflusses durch Hemmung der Prostaglandinsynthese

Cyclosporin A, Zerstörung des glomerulären Endothels, Mikrothrombenbildung

Paracetamol und ASS, tubulotoxisch

Allopurinol, toxisch-allergische Reaktion u. a.

Dosisanpassung nierengängiger Medikamente (Antibiotika!)

Bestimmung der Medikamentenspiegel

Veränderung der Dosierung und/oder des Dosisintervalls [5]

Alkalisierung des Harns

Verringerung der tubulären Obstruktion

Förderung der renalen Elimination durch Steigerung der Löslichkeit der nierengängigen Substanzen [6]

Medikamentöse Prophylaxe

Mannit

Prävention der Schwellung ischämischer Tubuluszellen, osmotische Diurese, Radikalfänger, Induktion der intrarenalen Prostaglandinsynthese und Vasodilatation

Dosis:

0,5–1 g/kgKG als Bolus

Indikation:

Nierenischämie, Clamping der Aorta, Crush-Niere

Kontraindikationen:

Dehydratation, Überwässerung, Hypertonie, kardiale Insuffizienz, Hyperosmolarität, Hypernatriämie [8]

B-9.2 Medikamentöse Therapie

Furosemid

Diuretische Wirkung durch Hemmung der NaAufnahme im aufsteigenden Schleifenschenkel

Hemmung der Sensitivität der Macula densa gegenüber hohen Na-Konzentrationen mit indirekter Hemmung der präglomerulären Vasokonstriktion, dadurch bewirkt es eine Steigerung des renalen Blutflusses bei konstanter GFR

Dosis:

Bolus: maximal 4 mg/kgKG

Intermittierend: 5–20 mg/6 h

Kontinuierlich: maximal 20 mg/h

Bei Kindern: bis zu 10 mg/kgKG/Tag kontinuierlich

Bei Bolusgaben als Kurzinfusion über mindestens 30 min applizieren

Die Dosisanpassung erfolgt nach Wirkung

503 B-9.3

B-9 · Störungen der Nierenfunktion -- Prophylaxe und Therapie des akuten Nierenversagens

Kontraindikationen:

Bei Anurie absetzen [7, 8]

Etacrynsäure

Pro-drug-Wirkung über Metaboliten am Na-Kanal

Dosis:

0,5–1 mg/kgKG Einzelbolus initial, dann alle 12–24 h

Indikation:

Bei Nichtansprechen auf Furosemid als adjuvante Therapie

Kontraindikationen:

Bei Anurie absetzen, mögliche Kreuzallergie mit Sulfonamiden [9, 10]

Kaliumcanrenoat (Aldactone)

Aldosteronantagonist

Dosis:

2-mal 100–400 mg/Tag

Indikation:

Adjuvant bei Hypernatriämie und Hypokaliämie unter Furosemidtherapie [11]

Metolazon (Zaroxolyn)

Schleifendiuretikum mit synergistischer Wirkung bei der Therapie mit Furosemid

Dosis:

0,2 mg/kgKG/Tag

Indikation:

Adjuvant zur Furosemidtherapie beim kindlichen ANV [12, 13]

Hyponatriämie/Hypernatriämie (Na > 160 oder Na < 115 mmol/l)

Hyperkalzämie/Hyperphosphatämie

Kardiochirurgische Patienten mit ANV rechtzeitige CVVH [14]

Lasix absetzen.

Kontinuierliche venovenöse Nierenersatztherapie (CRRT )

Primär in der Intensivmedizin (Vorteil: kreislaufschonend, stabile und langsame Elimination der harnpflichtigen Substanzen, unproblematische parenterale Ernährung bei starker Katabolie)

CVVHF (kontinuierliche venovenöse Hämofiltration):

Routineverfahren, geeigneter bei Hyperhydratation, Hyperthermie

CVVHD (kontinuierliche venovenöse Hämodialyse): Höhere Eliminationsrate von niedermolekularen Substanzen (Kalium, Harnstoff, Kreatinin,

MG < 1000 D)

Durchführung

Übliche Blutflussrate: 120–150 ml/h

Substituat-/Dialysatmenge:

1–2 l/h, Substituatlösung richtet sich nach Laktatund K-Werten

Entzug:

Routinemäßig: 100 ml/h, richtet sich nach der nötigen Flüssigkeitsbilanz [14–16]

B-9.3 Apparative Therapie/Nierenersatztherapie (»renal replacement therapy«; RRT)

Indikation

Anurie/Oligurie

Hyperhydratation mit kardiorespiratorischer Insuffizienz

Relative Kreatininund Harnstofferhöhung; absolut: Kreatinin > 6 mg/Tag, Harnstoff > 300 mg/Tag

Bei intrakraniellem Druck > 20 mmHg, klinisch urämischer Zustand (Vigilanzstörung, Krampfanfälle): Harnstoff > 200 mg/Tag

Hyperkaliämie (K > 6,5 mmol/l)

Schwere metabolische Azidose (pH-Wert < 7,1)

Hyperthermie

Intermittierende venovenöse Nierenersatztherapie (IRRT )

Nach Stabilisierung der Kreislaufverhältnisse Umsetzen des Verfahrens auf ein diskontinuierliches Verfahren. Vorteil: freie Mobilisation und Verlegbarkeit des Patienten, geringere Blutungsgefahr durch diskontinuierliche Antikoagulation [14–16].

Antikoagulation zur CVVH

Die Antikoagulation wird vor den Filter als Bolus und als kontinuierliche Gabe appliziert.

Intensivmedizin

504 B-9.3 · Apparative Therapie/Nierenersatztherapie (»renal replacement therapy«; RRT )

Heparin

Die Heparintherapie richtet sich nach dem zellulären und plasmatischen Gerinnungsstatus des Patienten. Es sollte bei jedem Patienten individuell eine Antikoagulanziendosis festgelegt und nach den Erfordernissen und den entsprechenden Laboruntersuchungen angepasst werden. Weiterhin sollte eine AT III-Aktivität > 70% angestrebt werden.

Dosis:

Bolus: 0–5000 IE »pre-filter« vor Beginn der CVVH

Kontinuierlich: 125–1500 IE/h

Monitoring: PTT; Zielbereich: 40–60 s

Hirudin

Hirudin ist ein direkter Thrombininhibitor. Hirudin ist eine Alternative bei vorliegender Kontraindikation gegen Heparin, z. B. bei der heparininduzierten Thrombozytopenie Typ II (HIT II). Zu bedenken ist, dass Hirudin unverändert renal ausgeschieden wird und deshalb bei ANV auch unter CVVH kumulieren kann. Besonders bei Hirudin sollte eine Dosisanpassung an die zelluläre und plasmatische Gerinnungssituation des Patienten durchgeführt werden

Dosis:

– Bolus »pre-filter«: 100 g vor Beginn der CVVH

Bolusweise: 2–10 g/kgKG

Kontinuierlich: 1–5 g/kgKG/h

Monitoring:

»Ecarin clotting time« (ECT); Zielbereich: 80–100 s; bei PTT < 60 s, TZ > 60%, Thrombozyten > 60/nl, Dosissteigerung bis zur Ziel-ECT

Es sollte mit einer Bolusapplikation begonnen werden und die ECT initial 2/h, dann 6/h gemessen werden. Steigt die ECT nach 3 Bolusgaben nicht adäquat an und ist die übrige zelluläre und plasmatische Gerinnung in den oben angegebenen Grenzen, so kann auf eine kontinuierliche Applikation gewechselt werden.

CAVE: Kumulation

Prostacyclin

Wirkt antikoagulatorisch über eine Thrombozytenaggregationshemmung.

Kann als Alternative zum Heparin bei z. B. HIT II eingesetzt werden, aber auch bei Patienten mit einer ausgeprägten Blutungsneigung, wenn auf eine weitere Antikoagulation verzichtet werden soll.

Dosis: 1–10 ng/kgKG/h kontinuierlich

CAVE: Periphere Vasodilatation mit Kreislaufinstabilität.

Natriumzitrat

Die Natriumzitratantikoagulation eignet sich sehr gut bei Patienten mit einer erhöhten Blutungsneigung (bei denen eine relative Kontraindikation gegen Heparin besteht)

Es handelt sich um eine regionale Antikoagulation durch eine Chelatbildung des Natriumzitrats mit dem Kalzium und damit Ungerinnbarkeit des Blutes im Dialysesystem

Dazu wird in den Ansaugschenkel dem Dialysesystem Natriumzitrat zugeführt

Um die Gerinnungsinaktivierung wieder aufzuheben, wird dem Patienten über einen separaten Infusionsschenkel systemisch Kalzium zugeführt

Die Kalziumkonzentration im Postfilterblut und im systemischen Blut muss in regelmäßigen Abständen überwacht werden. Bei Bedarf müssen die Infusionsgeschwindigkeiten des Natriumzitrats oder der Kalziuminfusion angepasst werden

Gefahr: metabolische Entgleisung im Sinne einer Hypernatriämie, Hypokalzämie und einer metabolischen Alkalose/Azidose

Da es sich um eine »regionale« Antikoagulation handelt, muss bei der HIT II zusätzlich eine systemische Antikoagulation durchgeführt werden

Literatur

1.Novis BK, Roizen MF, Aronson S et al. (1994) Association of Preoperative Risk Factors with Postoperative Renal Failure. Anesth Analg 78: 143–149

2.Sural S, Sharma RK, Singhal M et al. (2000) Etiology, prognosis and outcome of post-operative acute renal failure. Ren Fail 22 (1): 87–97

3.Druml W (2001) Nutritional management of acute renal failure. Am J Kidney Dis 37 (1 Suppl 2): 89–94

4.SelCuk NY, Odabas AR, Cetinkaya R et al. (2000) Frequency and outcome of patients with acute renal failure have more causes than one in etiology. Ren Fail 22 (4): 459–464

5.Appel GB (1990) Aminoglycoside nephrotoxicity. Am J Med 88 (3C): 16–20 and discussion 38–42

505 B-9.3

B-9 · Störungen der Nierenfunktion -- Prophylaxe und Therapie des akuten Nierenversagens

6.Abassi ZA, Hoffman A, Better OS (1998) Acute renal failure complicating muscle crush injury. Semin Nephrol 18 (5): 558–565

7.Aronson S, Blumenthal R et al. (1998) Perioperative Renal Dysfunction and Cardiovascular Anesthesia: Concerns and Controversies. J Cardiothorac Vasc Anesth 12 (5): 567–586

8.Lassnigg A, Donner E, Grubhofer G et al. (2000) Lack of renoprotective effects of dopamine and furosemide during cardiac surgery. J Am Soc Nephrol 11 (1): 97–104

9.Witte MK, Stork JE, Blumer JL (1986) Diuretic therapeutics in the pediatric patient. Am J Cardiol 24; 57 (2): 44A–53A

10.Lowenthal DT, Dickerman D (1983) The use of diuretics in varying degrees of renal impairment: an overview. Clin Exp Hypertens A 5 (2): 297–307

11.Doggrell SA, Brown L (2001) The spironolactone renaissance. Expert Opin Investig Drugs 10 (5): 943–954

12.Arnold WC (1984) Efficacy of metolazone and furosemide in children with furosemide-resistant edema. Pediatrics 74 (5): 872–875

13.Kroger N, Szuba J, Frenzel H (1991) Metolazone in the treatment of advanced therapy-resistant dilated cardiomyopathy. Med Klin 15; 86 (6): 305–308

14.Vargas Hein O, Spies C, Kox WJ (2000) Renal dysfunction in the Perioperative Periode. In: Gullo A (ed) Anaesthesia, pain, intensive care and emergency medicine (A.P.I.C.E.). Springer, Milano, Italy

15.Bellomo R, Ronco C (1998) Continuous vs. intermittent renal replacement therapy in the intensive care unit. Kidney Int 53 (S 66): 125–128

16.Vanholder R, Van Biesen W, Lameire N (2001) What is the renal replacement method of first choice for intensive care patients? J Am Soc Nephrol 12 (Suppl 17): S40–43

17.Vargas Hein O, Heymann C von, Diehl T et al. (2004) Intermittent hiridin versus continuous heparin for anticoagulation in continuous renal replacement therapy. Renal Failure (in press)

18.Vargas Hein O, Kox WJ, Spies C (2004) Anticoagulation in continuous renal replacement therapy. Nephrology (in press)

B-10

Antimikrobielle Therapie

bei ausgewählten Infektionen

B-10.1

Allgemeine Richtlinien

508

 

 

 

 

B-10.2

Vorgehensweise bei unklarem Fieber

510

 

 

B-10.3

Schwere ambulant erworbene Pneumonie

 

 

 

(»community acquired pneumonia«; CAP)

513

 

B-10.4

Therapiestrategien bei Verdacht auf nosokomiale

 

Pneumonie (»hospital acquired pneumonia«;

 

 

HAP) 514

 

 

 

 

 

 

B-10.5

Infektiöse Endokarditis (IE)

515

 

 

 

B-10.6

Urosepsis 518

 

 

 

 

 

B-10.7

Intraabdominale Infektionen

518

 

 

 

B-10.8

Fremdkörperassoziierte Infektionen

 

 

 

 

(plastikassoziierte Infektionen) 519

 

 

 

B-10.9

Weichteilinfektionen

519

 

 

 

 

B-10.10

Hämatogene Osteomyelitis, septische Arthritis

520

B-10.11

Posttraumatische/postoperative Osteitis 520

 

B-10.12

Bakterielle Meningitis/Enzephalitis 520

 

 

B-10.13

Hirnabszess

521

 

 

 

 

 

B-10.14

Meningitis nach Schädel-Hirn-Trauma

 

 

 

 

oder postoperativ, Liquorfistel nach Trauma

521

B-10.15

Ventrikulitis bei Liquorshunt

521

 

 

 

B-10.16

Pilzinfektionen 521

 

 

 

 

 

B-10.17

Perioperative Antibiotikaprophylaxe

522

 

 

B-10.18

Systematik der Präparate und alphabetisches

 

 

Verzeichnis der generischen und Handelsnamen

 

 

der in den Empfehlungen aufgeführten Präparate

522

B-10.19

Septischer Schock 531

 

 

 

 

B-10.20

Therapie mit Drotrecogin (aktiviertem Protein C)

 

in der Sepsis

533