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Zum Seminaren 2, 3. Глушак.doc
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Archaismen

In der Gruppe veralteter Wörter existieren auch verschiedene Erscheinungsarten. Einige Wörter haben ihre ur­sprüngliche, alte Bedeutung verändert, aber sind in der Sprache geblieben, z.B.: die alte Bedeutung des Wortes Spießbürger („mit einem Spieß bewaffneter Bürger") hat abgelebt, ist zum Historismus geworden, während die Hülle des Wortes weiter lebt. In seiner neuen Bedeutung dient das Wort zum Ausdruck einer negativen Charakteristik: Spießbürger ist „beschränkter Kleinbürger", diese Benennung weist eine verächtliche Stilfärbung auf [35, S. 69].

Die Archaismen erfüllen in literarischen Texten folgende stilistische Funktionen:

1. Sie dienen zur zeitlich-historischen Kolorierung, das ist besonders charakteristisch für die Historismen, wie es z.B. in vielen Balladen von Fr. Schiller der Fall ist: Rit­ter, Knappen usw. Dazu auch die Textstellen, die D. Faulseit und G. Künn anführen:

„...und schon sausten von beiden Seiten die von den Soldatenfäusten geschwungenen Ladestöcke auf sei­nen Rücken herab. Die Stöcke klatschten im Takt des dumpfen Trommelklanges."

Daß es so etwas bei den Soldaten gab, davon hatte der alte Korporal in der Schule nichts erzählt." (C. Winter, Der Troßjunge.) [D. Faulseit, G. Kühn]

Zwei Wörter sind in dieser Schilderung Archaismen: Ladestöcke und Korporal. Sie zeichnen sehr überzeugend das geschichtliche Kolorit.

2. Die Archaismen können im Dienst der Satire stehen, vgl. folgendes Beispiel:

„Die Stadt Göttingen, berühmt durch ihre Würste und Universität, gehört dem König von Hannover und enthält 999 Feuerstellen..." (H. Heine, Harzreise.)

Das Wort Feuerstellen ist ein Archaismus. Es soll die Rückständigkeit dieser deutschen Kleinstadt betonen: sie ist rückständig, weil ihre Bewohner in der Mehrheit Kleinbürger oder Philister sind. Das ganze Werk bedeutet doch eine scharfe satirische Entlarvung des deutschen Philistertums.

3. Die Archaismen können in einer entgegengesetzten Richtung wirken — zum Ausdruck oder zur Betonung des Feierlichen einer Situation verwendet werden, wodurch der Beschreibung eine gehobene, offiziellfeierliche Stil­färbung verliehen wird. Die deutschen Stilforscher bezei­chnen diese Rolle der Archaismen als „feierliche Stilisie­rung ins Alte", wofür die hier nachstehenden Sätze als anschauliches Beispiel dienen sollen:

„Mit wilder Tränen Flut betroff sie weinend die Wal..."' (R. Wagner.)

„Der Tag der Vermählung...kam näher..." (Th. Mann.) [Die deutsche Sprache. Kleine Enzyklopädie]

4. Manchmal läßt der Verfasser eine Figur seines Werkes archaisierte Sprache sprechen und schafft auf solche Weise ein vorbedachtes Sprachporträt. Sein stilistischer Effekt kann verschieden sein — positiv, negativ, je nach der Einstellung des Autors zu der betreffenden Person. Wenn man zum Abschluß das Wichtigste über die stilistische Leistung der Archaismen zusammenfaßt, so wird es dasselbe sein, was D. Faulseit und G. Kühn in ihrem Buch hervorheben: „Altertümliche Wörter und Wendungen kann der Autor also benutzen, um das Kolorit vergangener geschichtlicher Epochen zu schaffen, um einer Aussage eine gewisse Gehobenheit zu verleihen... oder um Rückständigkeiten ironisierend, mit dem Mittel der Satire anzugreifen." [D. Faulseit, G. Kühn, S. 71]