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Zum Seminaren 2, 3. Глушак.doc
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Mundartwörter (Dialektismen)

Dialektismen sind territorial begrenzte Wörter: sie sind nicht im gesamten deutschen Sprachraum geläufig, sondern werden nur von den Sprachträgern eines konkreten landschaftlichen Bezirks gebraucht. Im deutschen Sprachraum existieren bedeutende dialektale Unterschiede, die weniger in der grammatischen Seite und stärker im Wortschatz zum Vorschein kommen. Die Stilforscher müssen in ihren Werken dem noch sehr lebendigen mundartlichenWortschatz Rechnung tragen, wenn sie eine überzeugende, d.h. eine ausdrucksvolle Schilderung anstreben. Die Verwendung der Mundartwörter ist nur für zwei Funktionalstile charakteristisch: für die Alltagsrede und für die schöne Literatur. Der Alltagsrede verleihen sie nach E. Riesel „das natürliche Kolorit", d.h. sie betonen und bestimmen die landschaftliche Spezifik der Kommunikation.

Im Funktionalstil der schönen Literatur können die Mundartwörter verschiedene stilistische Dienste leisten. Die wichtigste ihrer Funktionen wird von den Stilforschern so bestimmt: die Mundartwörter dienen einer anschaulichen Zeichnung des lokalen Kolorits [E. Riesel, E. Schendels, S. 73]. Folgende Textauszüge können das veranschaulichen:

„Obwohl er gar keine Lust mehr hatte...nahm er doch wieder einen Apfel, aß ihn hastig auf und warf den Grützen [ = Kerngehäuse des Apfels] in den Garten." (A. Seghers, Das siebte Kreuz.)

„Unmerklich waren die Buben von ihrem Grasplacken [ = Grasflecken] weg auf den Sand dicht um Georg herumgerückt..." (Ebenda.) [D. Faulseit, G. Kühn]

Die speziell verwendeten Mundartwörter Placken und Grützen lassen sofort die rhein-fränkische Gegend als Ort der Handlung erkennen.

D. Faulseit und G. Kühn meinen, daß die Verwendung einzelner Wörter und Wendungen des Dialekts sehr wirk­sam sein kann, wenn sie einer bestimmten stilistischen Funktion untergeordnet ist; funktionslos eingesetzt, könn­ten sie dagegen Fremdkörper im Text sein [Е.С. Троянская, S. 54]. In den oben angeführten Beispielen sind die Dialektismen keine Fremdkörper in der Textgestaltung, sie stehen im Dienst einer knappen und realistischen Darstellungsweise. Die Knappheit des Ausdrucks ist dem thematischen Wesen der geschilderten Situation sehr gut angepaßt.

Eine andere stilistische Funktion der Mundartwörter in literarischen Texten ist ihre Verwendung zur Darstellung eines Sprachporträts. Bekannt ist der Gebrauch von Dialektismen zur Charakterisierung litera­rischer Figuren, zur Gestaltung der Figurenrede [W. Fleischer, G. Michel, S. 96]. Die Einführung der Mundartwörter in die Sprache einer Figur kann verschiedenes betonen: die territoriale Herkunft, den sozialen Stand, das Bildungsniveau u.a. Wenn der Held oder die Heldin einfache Menschen aus den niederen Schichten sind, sprechen sie in der Regel kein Hochdeutsch, sondern die Umgangssprache, vermischt mit der entspre­chenden Mundart. Dadurch kann in bestimmten Fällen ein notwendiger sozialer Kontrast erzielt werden. Ein interessantes Beispiel solcher Art enthält der Roman „Buddenbrooks". Th. Mann zeigt eine zufällige Begegnung der Vertreter zweier sozialer Stände der damaligen deut­schen Gesellschaft: des Kleinbürgers Permaneder aus München und der hochangesehenen großkaufmännischen Familie Buddenbrook aus Norddeutschland. Der Klein­bürger ist ein geistig beschränkter, wenig gebildeter Mann, der sich in solcher Gesellschaft wie Buddenbrooks nicht einmal richtig benehmen kann.

Die Angehörigen der Familie Buddenbrook halten dagegen sehr auf die Etikette, sind gut erzogen und gebildet. Das alles wird durch den Sprachunterschied zum Ausdruck gebracht: Permaneder spricht nur seine Mundart — das Bayrisch, während die Buddenbrooks es fast nicht verste­hen, weil sie an das Hochdeutsch gewöhnt sind. Der sprachliche Kontrast dient eigentlich zur Verdeutlichung, sogar Hervorhebung des tiefer wurzelnden sozialen Kontrastes. Wie W. Fleischer und G. Michel schreiben, handelt es sich in diesem und anderen ähnlichen Fällen um eine „durchgehend dialektale Gestaltung der Figurenrede" [W. Fleischer, G. Michel, S. 97], weswegen der Kontrast besonders stark hervortritt.

Beim Gebrauch der Mundartwörter in literarischen Texten können noch verschiedenartige zusätzliche Schattierungen erzielt werden: Humor, Ironie u.a. Das hängt von der Absicht des Autors ab, von seinem persön­lichen Verhalten zum betreffenden Sachverhalt. So charak­terisiert Th. Mann seinen Kleinbürger mit unversteckter Ironie, wodurch auch der Leser in seiner Empfindung beeinflußt wird.