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Zwillinge.doc
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5 DaЯ die beiden glьcklich wьrden — что обе они будут счастливы


„Natьrlich weiЯ ich, was sie wollen! Sie wollen, daЯ auch du und ich zusammenbleiben!"

„Vater und Mutter wollen sie haben, unsere Kinder! Ist das unbescheiden?" fragt die junge Frau forschend.

„Nein! Aber es gibt auch bescheidene Wьnsche, die nicht erfьllbar sind!"

Er steht am Fenster wie ein Junge, der in die Ecke ge­stellt wurde und der aus Trotz nicht wieder hervorkommen will.

„Warum nicht erfьllbar?"

Ьberrascht wendet er sich um! „Das fragst du mich? Nach allem, was war?"

Sie schaut ihn ernst an und nickt, kaum merklich. Dann sagt sie: „Ja! Nach allem, was war!"

Luise steht an der Tьr und preЯt ein Auge ans Schlьssel­loch^247 Lotte steht daneben und hдlt beide kleinen Fдuste weit von sich.

„Oh, oh, oh!" murmelt Luise. „Vati gibt Mutti einen KuЯ!248"

Lottchen schiebt, ganz gegen ihre Gewohnheit, die Schwe­ster unsanft beiseite und starrt selbst durchs Schlьsselloch.

„Nun?" fragt Luise. „Noch immer?"

„Nein", flьstert Lottchen und richtet sich strahlend hoch. „Jetzt gibt Mutti Vati einen KuЯ!"

Da fallen sich die Zwillinge jauchzend in die Arme.249

Zwцlftes Kapitel

Herr Benno Grawunder, ein alter erfahrener Beamter im Standesamt Wiens, nimmt eine Trauung vor. Diese Trauung bringt ihn ein biЯchen aus der Fassung.250 Die Braut ist die ehemalige Frau des Brдutigams. Die beiden zum Verwech­seln дhnlichen zehnjдhrigen Mдdchen sind die Kinder des Brautpaars. Der eine Trauzeuge, ein Kunstmaler namens Anton Gabele, hat keinen Schlips um251. Dafьr hat der andere Zeuge, Doktor Strobl, einen Hund! Und der Hund hat im Vorzimmer, wo er eigentlich bleiben sollte, einen solchen

Lдrm gemacht, daЯ man ihn hereinholen muЯte252. Und so nahm auch er an der standesamtlichen Trauung teil. Ein Hund als Trauzeuge! Nein, so was!253

Lottchen und Luise sitzen auf ihren Stьhlen und sind glьcklich wie die Schneekцnige. Und sie sind nicht nur glьcklich, sondern auch stolz! Denn sie selber sind ja an dem herrlichen, unfaЯbaren Glьck schuld!254 Es war gar nicht leicht, dieses Glьck zu erkдmpfen. Abenteuer, Trдnen, Angst, Lьgen, Verzweiflung, Krankheit — alles war gewesen!

Nach der Zeremonie flьstert Herr Gabele mit Herrn Palfy. Dabei zwinkern die beiden einander geheimnisvoll zu.255 Aber warum sie flьstern und zwinkern, weiЯ auЯer ihnen niemand.

Palfy wendet sich an seine Frau und sagt: „Ich habe eine gute Idee! WeiЯt du was? Wir fahren zunдchst in die Schule und melden Lotte an!"

# ifc *

Herr Kilian, der Direktor der Mдdchenschule, ist sehr erstaunt, als Kapellmeister Palfy und seine Frau eine zweite Tochter anmelden, die der ersten aufs Haar gleicht256. Aber er hat als alter Schulmann manches erlebt, was nicht weniger merkwьrdig war.

Er hat die neue Schьlerin ordnungsgemдЯ in ein groЯes Buch eingetragen, dann lehnt er sich gemьtlich im Schreib­tischsessel zurьck und sagt: „Als ich ein junger Lehrer war, passierte mir einmal eine interessante Geschichte. Ich muЯ Ihnen und den beiden Mдdchen das erzдhlen! Da kam im Frьhling ein neuer Bub in meine Klasse. Ein Bub aus einer armen Familie, aber blitzsauber und, wie ich bald merkte, sehr fleiЯig. Er hat gut gelernt. Im Rechnen war er sogar in kurzer Zeit der Beste von allen. Das heiЯt: nicht immer! Erst dachte ich bei mir257: ,Wer weiЯ, woran's liegen mag258!c Dann dachte ich: ,Das ist doch seltsam! Manchmal rechnet er wie am Schnьrchen259 und macht keinen einzigen Fehler, andere Male geht es viel langsamer bei ihm.c"

Herr Kilian macht eine Pause und zwinkert Luise und Lotte wohlwollend zu.260 „Endlich verfiel ich auf eine selt­same Methode. Ich merkte mir in einem Notizbuch an, wann der Bub gut und wann er schlecht gerechnet hatte. Und da stellte sich ja nun etwas ganz Verrьcktes heraus.261 Montags, mittwochs und freitags rechnete er gut. — Dienstags, don­nerstags und sonnabends rechnete er schlecht."

„Nein, so was!" sagt Herr Palfy. Und die zwei kleinen Mдdchen rutschen neugierig auf den Stьhlen.

„Sechs Wochen beobachtete ich das", fдhrt der alte Herr fort. „Es дnderte sich nie! Montags, mittwochs, freitags — gut! Dienstags, donnerstags, sonnabends — schlecht! Eines schцnen Abends ging ich in die Wohnung der Eltern und teilte ihnen meine rдtselhafte Beobachtung mit. Sie schauten einander halb verlegen, halb belustigt262 an, und dann meinte der Mann: ,Das was Sie, Herr Lehrer, bemerkt haben, ist richtig'/ Dann pfiff er auf zwei Fingern. Und schon kamen aus dem Nebenzimmer zwei Jungen. Zwei, gleich groЯ und auch sonst vollkommen дhnlich! ,Es sind Zwillinge', mein­te die Frau. ,Der Sepp ist der gute Rechner, der Toni — ist der andere/ Nachdem ich mich einigermaЯen erholt hatte263, fragte ich: „Ja, liebe Leute, warum schickt ihr denn nicht alle beide in die Schule?c Und der Vater antwortete mir: ,Wir sind arm, Herr Lehrer. Die zwei Buben haben zusam­men nur einen guten Anzug!c"

Das Ehepaar Palfy lacht. Herr Kilian schmunzelt. Luise ruft:

„Das ist eine Idee! Das machen wir auch!" Herr Kilian droht mit dem Finger.

* * *

Als das Ehepaar mit den Zwillingen durch den Schulhof geht, ist gerade Frьhstьckspause. Hunderte kleiner Mдdchen drдngen sich heran. Man bestaunt Luise und Lotte.

Endlich gelingt es Trude, sich bis zu den Zwillingen durch­zuboxen264. Schwer atmend blickt sie von einer zur anderen.

„Nanu!" sagt sie. Dann wendet sie sich gekrдnkt an Luise: „Erst verbietest du mir, hier in der Schule drьber zu reden, und nun kommt ihr so einfach hierher."

„Ich hab's dir verboten", berichtigt Lotte.

„Jetzt kannst du's ruhig allen erzдhlen", erklдrt Luise. „Von morgen an kommen wir nдmlich beide!"

Dann schiebt sich Herr Palfy wie ein Eisbrecher durch die Menge und fьhrt seine Familie durchs Schultor. Trude wird inzwischen das Opfer der allgemeinen Neugierde. Sie teilt der lauschenden Mдdchenmenge alles mit, was sie weiЯ.

Es lдutet. Die Pause ist zu Ende.

Die Lehrerinnen betreten die Klassenzimmer. Die Klas­senzimmer sind aber leer. Die Lehrerinnen treten an die Fenster und starren empцrt auf den Schulhof hinunter. Der Schulhof ist ьberfьllt. Die Lehrerinnen dringen ins Zimmer des Direktors, um im Chor sich zu beklagen.

„Nehmen Sie Platz, meine Damen!" sagt er. „Der Schul­diener hat mir soeben die neue Nummer der illustrierten Zeitschrift gebracht. Das Titelblatt ist fьr unsere Schule recht interessant. Darf ich bitten?265" Er reicht ihnen die Zeitschrift.

Und nun vergessen auch die Lehrerinnen, genau wie im Schulhof die kleinen Mдdchen, daЯ die Pause lдngst vorьber ist.

* * *

Frдulein Irene Gerlach steht, elegant wie immer, in der Nдhe der Oper und starrt betroffen auf das Titelblatt, wo zwei kleine bezopfte Mдdchen abgebildet sind266. Als sie hoch­blickt, starrt sie noch mehr. Denn an der Verkehrskreuzung hдlt ein Taxi, und in dem Taxi sitzen zwei kleine Mдdchen mit einem Herrn, den sie gut gekannt hat, und einer Frau, die sie nie kennenlernen mцchte267.

Lotte zwickt die Schwester. „Du, dort drьben!"

„Aua! Was denn?"

Lotte flьstert, daЯ es kaum zu hцren ist268: „Frдulein Ger­lach!" „Wo?"

„Rechts! Die mit dem Hut! Und mit der Zeitschrift in der Hand!" Luise schielt zu der eleganten Dame hinьber. Am liebsten mцchte sie ihr triumphierend die Zunge heraus­strecken.269

„Was habt ihr denn?"270

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