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erich_maria_remarque_drei_kameraden.doc
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13.04.2015
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Ich ging zu ihnen hin. »Was hat denn der Kleine da?« fragte Stefan und zeigte auf Georgie. »Der sieht mächtig traurig aus.«

»Der ist leicht glücklich zu machen«, sagte ich. »Der braucht nur etwas Arbeit.«

»Kunststück«, antwortete Stefan. »Heutzutage.«

»Er macht alles.«

»Machen alle alles heutzutage.« Stefan wurde nüchterner.

»Der Junge braucht fünfundsiebzig Mark im Monat.«

»Unsinn. Damit kommt er nicht aus.«

»Der kommt damit aus«, sagte Lenz.

»Gottfried«, erwiderte Grigoleit, »ich bin ein alter Säufer.

Gut. Aber Arbeit ist etwas Ernstes. Kann man jemand nicht heute geben und morgen wieder wegnehmen. So was ist schlimmer als heiraten lassen und morgen die Frau wieder wegnehmen. Aber wenn der Junge ehrlich ist und mit fünfundsiebzig Mark auskommt, hat er Schwein gehabt. Kann sich Dienstag acht Uhr bei mir melden. Brauche eine Hilfe für meine Laufereien mit dem Verein und so. Ab und zu ein Paket mit Geschlachtetem gibt's extra. Scheint was in die Rippen haben zu müssen.«

»Ist das ein Wort?« fragte Lenz.

»Es ist ein Wort von Stefan Grigoleit.«

»Georgie«, rief ich, »komm mal her.«

Er begann zu zittern, als er es hörte. Ich ging zu Köster zurück. »Hör mal, Otto«, sagte ich, »wenn du dein Leben noch einmal von vorn leben könntest, möchtest du das?« »Genauso, wie es war?« »Ja.« »Nein«, sagte Köster. »Ich auch nicht«, sagte ich.

XXIV

Es war drei Wochen später, an einem kalten Abend im Januar. Ich saß im International und spielte mit dem Wirt »Siebzehn und vier«. Das Lokal war leer, nicht einmal die Huren waren gekommen. Die Stadt war unruhig. Draußen marschierten alle Augenblicke Kolonnen vorüber, manche mit schmetternden Militärmärschen, andere mit der Internationale, und dann wieder schweigende, lange Züge, denen Schilder vorangetragen wurden mit Forderungen nach Arbeit und Brot. Man hörte die vielen Schritte auf dem Pflaster wie das Gehen einer riesigen, unerbittlichen Uhr. Nachmittags war es zwischen Streikenden und der Polizei bereits zu einem Zusammenstoß gekommen, bei dem zwölf Leute verletzt worden waren, und die ganze Polizei stand seit Stunden unter Alarm. Die Pfiffe der Überfallautos gellten durch die Straßen.

»Es gibt keine Ruhe«, sagte der Wirt und zeigte eine Sechzehn vor.

»Seit dem Krieg hat's keine Ruhe mehr gegeben. Und damals haben wir doch alle nichts anderes gewollt als Ruhe. Verrückte Welt!«

Ich zeigte Siebzehn vor und strich den Pott ein. »Die Welt ist nicht verrückt«, sagte ich. »Nur die Menschen.«

Alois, der hinter dem Stuhl des Wirtes stand und kiebitzte, erhob Einspruch. »Verrückt sind die nicht. Bloß habgierig. Einer gönnt dem andern nischt. Und weil zuviel von allem da ist, haben die meisten gar nischt. Es liegt bloß an der Verteilung.«

»Klar«, sagte ich und paßte bei zwei Karten. »Daran liegt's aber seit ein paar tausend Jahren.«

Der Wirt deckte auf. Er hatte fünfzehn und sah mich zweifelnd an. Dann kaufte er weiter ein, ein As, und war kaputt. Ich zeigte meine Karten vor. Es waren nur zwölf Augen, und er hätte mit fünfzehn gewonnen gehabt. »Verdammt, jetzt höre ich auf«, fluchte er. »So was an gemeinem Bluff! Ich dachte, Sie hätten mindestens achtzehn.«

Alois meckerte. Ich strich das Geld ein. Der Wirt gähnte und sah nach der Uhr: »Fast elf. Ich glaube, wir machen Schluß. Kommt doch keiner mehr.«

»Da kommt noch einer«, sagte Alois.

Die Tür ging auf. Es war Köster. »Gibt's was Neues draußen, Otto?«

Er nickte. »Eine Saalschlacht in den Borussiasälen. Zwei Schwerverletzte, ein paar Dutzend Leichtverletzte und ungefähr hundert Verhaftungen. Zwei Schießereien im Norden. Ein Schupo tot. Weiß nicht, wieviel Verletzte. Na, und jetzt geht's ja wohl erst noch los, wenn die großen Versammlungen zu Ende sind. Bist du hier fertig?«

»Ja«, sagte ich. »Wir wollten gerade Schluß machen.«

»Dann komm mit.«

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